L 2 KN 120/02 U

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 31 KN 59/01 U
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 2 KN 120/02 U
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 02.07.2002 aufgehoben und der Rechtsstreit an das Sozialgericht zurückverwiesen. Die Kostenentscheidung bleibt dem Sozialgericht vorbehalten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die (teilweise) Rückzahlung von als Berufshilfe gewährten Geldleistungen.

Der im J ... 1959 geborene Beklagte ist britischer Staatsangehöriger. Er war bis 1994 als Hauer im Bergwerk S ... J .../H ... beschäftigt, wurde dann bis 1998 zum Groß- und Außenhandelskaufmann umgeschult und war danach arbeitslos. Von der Klägerin, die die Kosten für die genannte Umschulung getragen hatte, bezieht er wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls von 1987 Verletztenrente (Bescheid vom 02.12.1997).

Im April 1999 beantragte er bei der Klägerin die Gewährung von Geldleistungen zur Gründung einer selbständigen Existenz (Übernahme eines Kiosks). Nach Prüfung und positiver Bewertung des Vorhabens durch die Klägerin schlossen die Beteiligten einen "öffentlich-rechtlichen Vertrag gemäß § 53 SGB X" (02.06.1999). Die Klägerin verpflichtete sich, zur Aufnahme der selbständi gen Tätigkeit "Erwerb des Kiosks am Ortseingang von W ..." einen Zuschuss von DM 15.000,-- zu zahlen und dem Beklagten weitere DM 15.000,- als Darlehen zur Sicherung eines ausreichenden Erwerbseinkommens in zwei gleichen Raten zu gewähren. Den Zuschuss zahlte die Klägerin zur Tilgung der Kaufpreisforderung für Inventar und Warenbestand im Einverständnis mit dem Beklagten unmittelbar an die frühere Pächterin, die erste hälftige Darle hensrate zahlte sie an den Beklagten aus.

Bereits nach einer Woche gab der Beklagte die selbständige Tätigkeit wieder auf, veräußerte Inventar und Waren für DM 5.000,--, meldete sich erneut arbeitslos und bezog Arbeitslosengeld. Nachdem die Klägerin davon erfahren hatte, kündigte sie das Darlehen und forderte die geleisteten DM 22.500,-- zurück. Im Januar 2000 kamen die Beteiligten überein, dass die Rückzahlung durch Aufrechnung mit der monatlichen Verletztenrente und durch Zahlung des von der Käuferin geschuldeten Kaufpreises unmittelbar an die Klägerin erfolgen sollte. Nachdem sich der Forderungsbetrag durch Aufrechnung und Teilleistungen der Käuferin auf DM 16.205,87 reduziert hatte, nahm die Klägerin aus Rechtsgründen von einer weiteren Aufrechnung Abstand.

Zwischenzeitlich trennte sich der Beklagte von seiner Familie und lebt nun wieder in S ..., wo er unter der Anschrift seiner Eltern gemeldet ist.

Im April 2001 hat die Klägerin wegen der Restforderung Zahlungsklage zum Sozialgericht (SG) D ... erhoben. Nach einem Hinweis des SG, wegen des Wohnsitzes des Beklagten bestünden Bedenken gegen die Zuständigkeit der deutschen Gerichte, hat sie dargelegt, dass sie die deutsche Gerichtsbarkeit und auch die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für gegeben halte, und sich insoweit auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) bezogen.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, ihr 8.285,91 Euro nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit 24.April 2001 auf den Betrag von 616,54 Euro zu zahlen.

Der Beklagte hat sich nach Zustellung der Klage nicht gemeldet.

Das Sozialgericht (SG) hat die Klage als unzulässig abgewiesen: Die deutsche Gerichtsbarkeit sei nicht gegeben, weil der Beklagte nicht in Deutschland wohne (Urteil vom 02.07.2002).

Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihren Zahlungsanspruch weiter.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts D ... vom 02.07.2002 zu ändern und nach dem Schlussantrag erster Instanz zu erkennen, hilfsweise, das Urteil des Sozialgerichts D ... vom 02.07.2002 aufzuheben und die Sache an das Sozialgericht zurückzuverweisen.

Der Beklagte, der sich auch im Berufungsverfahren nicht gemeldet hat, ist per Einschreiben mit Rückschein (zur Post gegeben am 08.04.2003) vom Termin benachrichtigt worden.

Für die Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat kann aufgrund mündlicher Verhandlung entscheiden, obwohl für den Beklagten niemand zum Termin erschienen ist. Denn der Beklagte ist durch die ordnungsgemäße Ladung zum Termin auf diese Möglichkeit hingewiesen worden. Dabei kann dahinstehen, ob durch den vom Vater unterzeichneten Rückschein die ordnungsgemäße Ladung zum Termin nachgewiesen ist. Denn der Senat ist nach §§ 63 Abs 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG), 184 Abs 1 Satz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) verfahren (Beschluss vom 10.02.2003, zugestellt am 08.03.2003), so dass die Zustellung der Ladung mit der Aufgabe des Briefes zur Post bewirkt ist, § 184 Abs 1 Satz 2 ZPO, und die Ladung zwei Wochen nach diesem Zeitpunkt (hier also am 22.04.2003) als zugestellt gilt, § 184 Abs 2 Satz 1 ZPO.

Die Berufung ist im Sinne des Hilfsantrags begründet.

Die Voraussetzungen für eine Zurückverweisung liegen vor, weil das SG die Klage abgewiesen hat, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, § 159 Abs 1 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Entgegen der Auffassung des SG ist die Klage zulässig. Das SG als zuständiges deutsches Gericht ist zur Entscheidung in der Sache berufen.

Das Rechtsschutzbegehren der Klägerin fällt in den Zuständigkeitsbereich der deutschen Gerichtsbarkeit. Primäre Zuständigkeitsvoraussetzung in Sachen mit Auslandsberührung ist das Bestehen der deutschen Gerichtsbarkeit (BSGE 54, 250, 251 = SozR 1500 § 51 Nr. 28 mwN). Bei dieser handelt es sich - lediglich - um die Befugnis des deutschen Staates, seine Rechtsprechung in diesem Falle auszuüben. Der Begriff der deutschen Gerichtsbarkeit (facultas iurisdictionis) beinhaltet die aus der staatlichen Souveränität fließende, durch den Staat seinen Gerichten generell verliehene Entscheidungsgewalt, d. h. die Befugnis, Recht zu sprechen (BGH JZ 1958, 241, 242). Sie zeichnet die Grenzen nach, die staatsvertragliche Vereinbarungen, Völkergewohnheits recht und anerkannte allgemeine Rechtsgrundsätze des Völkerrechts der Befugnis eines Staates setzen, auf seinem hoheitlichen Territorium Gerichtszwang auszuüben (OLG Köln, VIZ 1998, 213ff = ROW 1998, 242ff). Deutsche Gerichte entscheiden u.a. über nach deutschem Recht zu beurteilende Sachverhalte des öffentlichen Rechts innerhalb der räumlichen Grenzen des deutschen Staatsgebietes. Ihrer Kontrolle unterliegen dabei Verwaltungsakte und andere Handlungen/Unterlassungen deutscher Behörden (Meyer-Ladewig, SGG mit Erläuterungen, 7. Auflage 2002, § 51 Rdnr 3). Nur eine hinreichende, nicht aber notwendige Bedeutung ist der - unter Umständen zufällige - Wohnsitz des Beklagten im Zeitpunkt der Klageerhebung. Denn im Grundsatz ist von einer unbeschränkten Gerichtsbarkeit auszugehen, die nur ausnahmsweise bei räumlichen, gegenständlichen oder persönlichen Beschränkungen entfällt (BSG aaO). Die dieser Begriffsbestimmung innewohnende territoriale Komponente bezieht sich ausdrücklich auf den Bereich, für den die Befugnis besteht, Recht zu sprechen. Sie bestimmt sich nicht etwa ausschließlich nach Wohnsitz und/oder Staatsangehörigkeit der diesem Recht unterworfenen Rechtssubjekte.

Die - einer solchen Entscheidung vorgelagerte - Befugnis eines Staates, Rechtsprechung zu einem konkreten Sachverhalt überhaupt ausüben zu dürfen, ergibt sich aus der staatlichen Souveränität und erstreckt sich grundsätzlich auf alle dem räumlichen Machtbereich unterworfenen Personen (BSGE aaO; Patzina in Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung, § 12 Rdnr 61; Stein-Jonas-Schumann, Kommentar zur ZPO, 20. Auflage 1984, Einleitung Rdnr 655ff, 744ff). Diese Voraussetzungen sind hier gegeben, obwohl der Beklagte nicht (mehr) in Deutschland wohnt.

Dem räumlichen Machbereich eines Staates können auch Personen unterworfen sein, die dort keinen Wohnsitz haben. Dies zeigen bereits die besonderen Gerichtsstände der ZPO (vgl. §§ 20ff ZPO, insbesondere § 23a ZPO). Dabei kann sogar die deutsche Gerichtsbarkeit gegeben sein, wenn keiner der Prozessbeteiligten einen Wohnsitz im Inland hat (vgl. z.B. §§ 27, 29 ZPO). Voraussetzung ist in solchen Fällen lediglich eine sachliche Verbindung zum deutschen Recht oder eine Beteiligung von Personen, die diesem unterworfen sind (vgl. Geimer in Zöller, Zivilprozessordnung 22. Auflage, Rdnr. 36 IZPR m.w.N.). In Parallele hierzu bedarf es für die Auferlegung von Abgaben gegen einen im Ausland lebenden Ausländer, die an einen Sachverhalt anknüpft, der ganz oder teilweise im Ausland verwirklich worden ist, soll er nicht eine völkerrechtswidrige Einmischung in den Hoheitsbereich eines fremden Staates sein, hinreichender sachgerechter Anknüpfungsmomente für die Abgabenerhebung in dem Staat, der die Abgaben erhebt (vgl. F.A. Mann, The doctrine of jurisdiction in international law, in: Recueil des Cours, 111 (1964-I), S. 9ff., 44ff., 109ff.). Diese Anknüpfungsmomente und ihre Sachnähe müssen von Völkerrechts wegen einem Mindestmaß an Einsichtigkeit genügen (BVerfG, Beschluss vom 22.03.1983, 2 BvR 475/78, E 63, S. 343ff., unter B II 4b).

Dieses besteht hier ohne Weiteres: Die Klägerin als eine deutsche juristi sche Person des öffentlichen Rechts macht unter Berufung auf deutsche Rechtsvorschriften einen im Geltungsbereich deutscher Gesetze entstandenen Anspruch geltend, der tituliert durch ein deutsches Urteil die Vollstreckung in Inlandsvermögen des Beklagten erlaubt. In solchen Fällen ist ein Betei ligter dem räumlichen Machtbereich der deutschen Gerichtsbarkeit auch dann unterworfen, wenn er selbst keinen Wohnsitz (mehr) in Deutschland hat. Besteht (kraft eines Sachzusammenhangs im aufgezeigten Sinn) die deutsche Gerichtsbarkeit im Sinne der grundsätzlichen Befugnis deutscher Gerichte, sich mit einem an sie herangetragenen Rechtsschutzbegehren überhaupt zu befassen, so kann es gleichwohl - ausnahmsweise - an dieser Befugnis fehlen, wenn räumliche, gegenständliche (vgl. Schumann aaO Rdnr 656) oder persönliche (vgl. §§ 18ff Gerichtsverfassungsgesetz) Beschränkungen eingreifen. Solche Ausnahmen liegen hier erkennbar nicht vor.

Auch die weitere Sachurteilsvoraussetzung der deutschen internationalen Zu ständigkeit ist erfüllt. Das SG D ... ist für die Sache international zu ständig. Die internationale Zuständigkeit eines Gerichts regelt, in welchem Umfang ein Staat von seiner Gerichtsbarkeit Gebrauch machen darf. Die Vor schriften über die internationale Zuständigkeit bestimmen darüber, ob ein Rechtsstreit in Deutschland auch dann geführt werden darf, wenn eine Auslandsberührung gegeben ist, etwa weil Wohnsitz und/oder Staatsangehörigkeit eines oder mehrerer Beteiligten einen Auslandsbezug aufweisen. Die Bestim mung der internationalen Zuständigkeit richtet sich dabei nach den Vor schriften des jeweiligen nationalen Rechts. Danach ist zunächst maßgeblich, ob ein völkerrechtliches Abkommen vorliegt, ob das Gericht aufgrund interna tionaler Prorogation berufen ist oder im deutschen Prozessrecht eine aus drückliche internationale Zuständigkeitsnorm enthalten ist (BSG aaO S 252). Ist all dies zu verneinen, ist maßgeblich darauf abzustellen, ob nachinnerstaatlichem Prozessrecht wenigstens eine örtliche Zuständigkeit des an gerufenen Gerichts besteht. In diesem Falle begründet die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts regelmäßig zugleich dessen - zumindest konkurrierende - internationale Zuständigkeit. Bei Fehlen eines entgegen stehenden internationalen Abkommens und einer ausdrücklichen internationalen Zuständigkeitsvorschrift ist die örtliche Zuständigkeit im allgemeinen maßgeblich für die Grenzziehung zwischen der Zuständigkeit deutscher und ausländischer Gerichte (BSG aaO S 252 mwN). Nach allgemeiner Auffassung ist trotz Inlandsberührung und örtlicher Zuständigkeit die deutsche internationale Zuständigkeit im Allgemeinen ausgeschlossen, wenn Gegenstand ein ausländischer öffentlich- rechtlicher Anspruch ist. Dies ist auf den Grund satz der Territorialität des öffentlichen Rechts zurückzuführen, nach dem Bestimmungen dieses Rechtsgebiets grundsätzlich nicht über die Landesgrenzen des Recht setzenden Staates hinaus wirken. Dieser Begrenzung liegt die Vorstellung zugrunde, dass das öffentliche Recht eines Staates nur Sachverhalte auf dem Gebiet dieses Staates erfassen kann (BSG aaO S 254ff).

Die internationale Zuständigkeit gründet sich hier weder auf völkerrechtliche Abkommen noch eine - hinsichtlich ihrer Zulässigkeit mit Blick auf § 59 SGG zweifelhafte - internationale Prorogation noch eine ausdrückliche deutsche Prozessnorm zur internationalen Zuständigkeit. An anwendbaren völkerrechtlichen Abkommen fehlt es. Insbesondere ist nicht das Überein kommen der Europäischen Gemeinschaft über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlichen Entscheidungen im Zivil- und Handelssachen vom 27.09.1968 (BGBl. II 1972, S. 774 U EGVÜ) einschlägig, weil es den Bereich der Sozialen Sicherheit ausdrücklich aus seinem Anwendungsbereich ausschließt, Art 1 Abs 2 Nr 3 EUGVÜ (BSG aaO S. 253f; zur Auslegung des Begriffs vgl. zuletzt EuGH, ABl EG 2003 Nr. C 323, S. 14f. = FamRZ 2003, S. 85 ff.). Nach dem Recht der Europäischen Union (EU) gehören zum Bereich der Sozialen Sicherheit jedenfalls Leistungen bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten (Art 42 EGV, Art 4 Abs 1 e) der EG-Verordnung 1408/71). Dies gilt auch dann, wenn es nicht um die originäre Gewährung solcher Leistungen, sondern um die Rückforderung bereits gewährter Leistungen durch den Sozialleistungsträger geht (vgl. sinngemäß BSG aaO S 253). Maßgebend ist der engesachliche und rechtliche Zusammenhang mit der eigentlichen Leistung (vgl. ebenda). An einer internationalen Prorogation fehlt es. Das inner staatliche Prozessrecht enthält eine ausdrückliche internationale Zuständigkeitsnorm ebenfalls nicht. Das SGG enthält keine ausdrücklichen internationalen Zuständigkeitsnormen. Ebensowenig weist die ZPO eine auf den vorliegenden Sachverhalt anwendbare internationale Zuständigkeitsvorschrift auf. Danach ist die internationale Zuständigkeit aus der innerstaatlichen Regelung der örtlichen Zuständigkeit herzuleiten. Abzustellen ist insoweit auf den Sinngehalt des § 57 SGG. Dessen Regelungsgehalt ist für das sozialgerichtliche Verfahren spezifisch und erlaubt allenfalls bedingt, die Vorschriften der ZPO über § 202 SGG heranzuziehen (vgl. BSG, Beschluss vom 08.08.2001 - B 7 SF8/01 S, SozR 3-1500 § 57 SGG Nr. 1, S. 1ff., 3, m.w.N.). Nach dem Sinngehalt des § 57 SGG ist für die Klage einer Körperschaft des öffentlichen Rechts wie der Klägerin (§ 29 Abs. 1 Sozialgesetzbuch 4. Buch (SGB IV)) gegen eine beklagte natürliche Person mit Wohnsitz im Ausland wie dem Beklagten (Wohnsitz in Schottland) im sozialgerichtlichem Verfahren das Sozialgericht zuständig, in dessen Bezirk der Kläger zur Zeit der Klageer hebung seinen Sitz hat. Darüber besteht in der Literatur, soweit sie sich mit dem Problem befasst, Einigkeit (vgl. Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, S. 238o I; Danckwerts in Hennig, SGG, § 57 Rdnr. 11;

Meyer-Ladewig, § 57 Rdnr. 9; Peters/Sautter/Wolf, Kommentar zur Sozial gerichtsbarkeit, § 57 SGG Rdnr. 33 a.E.; Rohwer-Kohlmann, Aufbau und Verfahren der Sozialgerichtsbarkeit, § 57 SGG Rdnr. 91, Fn. 140 m.w.N.; Zeihe, § 57 SGG Rdnr. 20c). Insoweit bedarf es keiner Entscheidung, ob dies aus § 57 Abs. 1 Satz 1 SGG und einer teleologischen Reduktion von § 57 Abs. 1 Satz 2 SGG auf die Fälle folgt, in denen Sitz, Wohnsitz oder Aufenthaltsort des Beklagten im Inland liegen, oder aus einer entsprechenden Anwendung von § 57 Abs. 3 SGG. Der Normgeber des § 57 SGG hat Fälle von im Übrigen zulässigen Klagen von Körperschaften des öffentlichen Rechts gegen Personen des Privatrechts mit Auslandssitz, Wohnsitz oder Aufenthaltsort nicht bedacht. Verbliebe es beim Wortlaut des § 57 Abs. 1 Satz 2 SGG, begründete dies scheinbar die internationale Zuständigkeit des für die Sache berufenen Gerichts am Sitz, Wohnsitz oder Aufenthaltsort des Beklagten im Ausland. Das ließe unbeachtet, dass grundsätzlich dessen internationale Zuständigkeit nach allgemeiner Meinung ausgeschlossen ist, wenn Streitgegenstand ein ausländischer öffentlich-rechtlicher Anspruch ist (vgl, BSG, aaO, S 254f, m.w.N.; zu einem Ausnahmefall vgl. BVerfG, aaO). Die Folge wäre, dass der erhobene Anspruch generell nicht durchsetzbar wäre, weder im In- noch im Ausland. Das ist aber nicht Sinn und Zweck des § 57 SGG. Die Norm bezweckt, nur insoweit auf Sitz, Wohnsitz oder Aufenthaltsort der Person des Privatrechts abzustellen, als sie dies gegenüber Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts begünstigt, ohne damit den erhobenen Anspruch undurchsetzbar zu machen. So liegt es hier.

Bei dem von der Klägerin geltend gemachten Anspruch handelt es sich um einen öffentlich rechtlichen Anspruch. Die Klägerin hat die Handlungsform des öffentlich-rechtlichen Vertrags (§§ 53ff 10. Buch Sozialgesetzbuch (SGB X)) gewählt. Einzubeziehen sind auch die Bestimmungen über die Rückforderung von Leistungen, § 50 SGB X, hier: von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 26 Abs 1, Abs 2 Ziffern 2 und 3, 35ff 7. Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII), seit dem 01.07.2001 geregelt in §§ 33ff 9. Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX)). Wie die Bezeichnung und die Regelung in den hier maßgeblichen (vgl. BSG aaO) öffentlich-rechtlichen Vorschriften (nämlich solchen des SGB X) zeigen, handelt es sich um öffentliches Recht. Maßgeblich ist nach alledem der Sitz der Klägerin, Bochum (§ 1 Abs. 1 Satzung der Klägerin), gelegen im Bezirk des SG Dortmund (§ 1 Abs. 2 Ziffer 3 des Gesetzes zur Ausführung des Sozialgerichtsgesetzes im Lande NRW).

Die Rechtswegzuständigkeit ergibt sich aus § 51 Abs 1 Ziff 3 SGG. Danach entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit über öffentlich- rechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der gesetzlichen Unfallversicherung. Um eine solche Streitigkeit handelt es sich nach dem zuvor Gesagten unabhängig davon, ob es um die Gewährung solcher Leistungen oder deren Rückforde rung durch den Sozialleistungsträger geht. Ohne Bedeutung für die Zulässig keit des Rechtsweges ist auch, dass die Beteiligten hier die Rechtsform des - subordinationsrechtlichen - öffentlich-rechtlichen Vertrages gewählt haben.

Die Klage ist auch im Übrigen als allgemeine Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG) ohne Vorverfahren zulässig. Insbesondere fehlt der Klägerin nicht das Rechtsschutzinteresse für eine solche Klage, weil sie ihr Ziel einfacher - nämlich durch Erlass eines Verwaltungsaktes - erreichten könnte. Denn die Klägerin hat sich durch die - zulässige - Wahl der Handlungsform "öffentlich-rechtlicher Vertrag" in Ausübung ihres Ermessens insoweit freiwillig in ein Gleichordnungsverhältnis begeben. Mit der Wahl dieser Hand lungsform ist ihre grundsätzlich alternativ bestehende (vgl. § 8 SGB X) Befugnis, das Rechtsverhältnis zum Beklagten einseitig durch Verwaltungsakt zu regeln, entfallen. Damit ist sie auch in Fällen des subordinationsrecht- lichen öffentlich-rechtlichen Vertrags zur Durchsetzung ihrer Ansprüche auf gerichtliche Hilfe angewiesen (vgl. Krasney in: Kassler Kommentar, § 60 SGB X, Rdnr. 2, m.w.N.; Peters/Sautter/Wolff aaO, § 54 Rdnr 380, 185/13 - 4/8).

Der Senat hält in Anwendung des ihm eingeräumten pflichtgemäßen Ermessens die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das SG für sachgerecht, um der Klägerin den gesetzlich vorgesehenen Rechtszug vor zwei Instanzen zu erhalten. Deshalb ist eine Entscheidung über den - grundsätzlich vorrangigen - Hauptantrag hier entbehrlich.

Das SG wird in seiner Kostenentscheidung auch über die Kosten dieses Berufungsverfahrens zu befinden haben.

Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht, § 160 Abs 2 SGG. Insbeson dere hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung.
Rechtskraft
Aus
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