Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 2 KA 50/99
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 KA 35/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 26.01.2000 abgeändert. Der Beklagte wird unter teilweiser Aufhebung seines Beschlusses vom 19.04.1999 verurteilt, erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senates zu entscheiden. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Feststellung eines sonstigen Schadens wegen unzulässiger Sprechstundenbedarfsverordnung durch die Beigeladenen zu 1) und 2) im Quartal II/1996.
Die Beigeladenen zu 1) und 2) sind Ärztinnen für Allgemeinmedizin und in L zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Im streitigen Quartal verordneten sie als Sprechstundenbedarf u. a. die streitigen drei Anaphylaxie-Bestecke. Der Gesamtwert dieser streitigen Verordnung betrug 193,02 DM.
Im April 1997 beanstandete die Klägerin die Sprechstundenbedarfsverordnung seitens der Beigeladenen zu 1) und 2) und trug zur Begründung vor, dass das Anaphylaxie-Besteck nicht zum verordnungsfähigen Sprechstundenbedarf entsprechend der Sprechstundenbedarfsvereinbarung zwischen der Beigeladenen zu 3) und den Krankenkassen(verbänden) gehöre.
Der Prüfungsausschuss der Ärzte und Krankenkassen Köln forderte mit Bescheid vom 05.02.1998 von den Beigeladenen zu 1) und 2) hinsichtlich der streitigen Anaphylaxie-Bestecke einen Nettobetrag von 183,37 DM zurück.
Mit ihrem Widerspruch machten die Beigeladenen zu 1) und 2) geltend, die drei Anaphylaxie-Bestecke gehörten zur Notfallausrüstung ihrer Gemeinschaftspraxis. Ein Anaphylaxie-Besteck befinde sich im Notfallkoffer der Praxis und je ein solches Besteck in den Notfalltaschen der Beigeladenen zu 1) und 2).
Auf diesen Widerspruch der Beigeladenen zu 1) und 2) hob der Beklagte mit Bescheid vom 19.04.1999 die Festsetzung des Sprechstundenbedarfsregresses durch den Prüfungsausschuss der Ärzte und Krankenkassen Köln hinsichtlich der streitigen Anaphylaxie-Bestecke auf und führte zur Begründung aus, dass in Punkt IV Abs. 7 b der Sprechstundenbedarfsvereinbarung als Mittel zur Überwindung eines lebensbedrohlichen Zustandes Cardiaca (auch Adrenalin in schnell verfügbarer Form) genannt würde. Bei dem streitigen Anaphylaxie-Bestecks handele es sich um eine Spritze mit einer verdünnten Adrenalinlösung, so dass dieses Mittel in schnell verfügbarer Form vorliege. Deshalb werde das Anaphylaxie-Besteck vom Beklagten als ein über Sprechstundenbedarf verordnungsfähiges Arzneimittel in Notfällen und zur Sofortanwendung anerkannt. Es ermögliche die sofortige Behandlung ohne Zeitverlust, da ansonsten im Rahmen eines Notfalls die verdünnte Adrenalinlösung vom Arzt erst mühsam aufgezogen werden müssten und somit wertvolle Zeit im Ablauf der Notfallbehandlung vergehe.
Die Klägerin (als die im Auftrage der Krankenkassen(verbände) im Bezirk der Beigeladenen zu 3) abrechnenden Stelle) hat im Klageverfahren ausgeführt, dass es sich bei der Verordnung des streitigen Anaphylaxie-Besteckes um eine unzulässige Anforderung im Rahmen des Sprechstundenbedarfes handele. Die Anforderung von Sprechstundenbedarf sei in der Sprechstundenbedarfsvereinbarung in einem eng umgrenzten Bereich enumerativ aufgezählt; eine Erweiterung sei nicht zulässig. Ebenfalls verbiete sich eine erweiternde Auslegung, da es sich bei der Sprechstundenbedarfsverordnung um eine Ausnahmeregelung von dem Grundsatz handele, dass im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung erforderliche Medikamente patientenbezogen zu verordnen seien. Zwar sei entsprechend Absatz IV Ziffer 7 der Sprechstundenbedarfsvereinbarung "für die sofortige Anwendung" oder der Anwendung "im unmittelbaren ursächlichen Zusammenhang mit einem ärztlichen Eingriff" auch Adrenalin in schnell verfügbarer Form zulässig, jedoch handele es sich bei dem streitigen Anaphylaxie-Besteck um eine Mischung einer Einmalspritze und eines Arzneimittels. Ein derartiges Mittel zähle jedoch nicht zu den enumerativ aufgezählten verordnungsfähigen Präparaten gemäß der Sprechstundenbedarfsvereinbarung.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 19.04.1999 teilweise - soweit das Anaphylaxie-Besteck als ein über SSB verordnungsfähiges Mittel anerkannt wurde - aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, eine neue Entscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erlassen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid Bezug genommen und nochmals ergänzend darauf hingewiesen, dass andere Adrenalin-Darreichungsformen im Notfall erst noch entsprechend verdünnt werden müssten, was gerade beim Einsatz des Präparates im Notfall eine deutliche und damit nicht vertretbare Zeitverzögerung darstellen würde. Andere Präparate mit einer entsprechenden Verdünnung seien auf dem Arzneimittelmarkt nicht verfügbar.
Die Beigeladenen zu 1) bis 3) haben keinen Klageantrag gestellt.
Mit Urteil vom 26.11.2000 hat das Sozialgericht (SG) Düsseldorf die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der angefochtene Bescheid des Beklagten sei nicht rechtswidrig. Das streitbefangene Anaphylaxie-Besteck erfülle die Tatbestandsvoraussetzungen der Ziffer IV Nr. 7 der Sprechstundenbedarfsvereinbarung. Es enthalte als Mittel eine Injektionslösung mit Adrenalin, das in schnell verfügbarer Form vorliege. Es könne ohne zeitliche Verzögerung und ohne weitere Verdünnung sofort injiziert werden. Andere Mittel stellten keine Alternativen dar, da sie vor der entsprechenden Verwendung noch verdünnt werden müssten. Zwar würden unter Ziffer IV Nr. 7 der Sprechstundenbedarfsvereinbarung nur die Mittel selbst aufgelistet, jedoch falle gleichwohl auch die dazu gehörige Spritze unter den Sprechstundenbedarf. Denn die Auflistung in Ziffer IV Nr. 5 der Sprechstundenbedarfsvereinbarung führe ausdrücklich Einmalinfusionsbestecke, Einmalinfusionskatheter und Einmalinfusionsnadeln und damit die Spritzen als Instrumente zur Injektion flüssiger Arzneimittel auf. Zwar weise die Klägerin zutreffend darauf hin, dass es sich bei der Verordnung von Sprechstundenbedarf um eine Ausnahmeregelung von dem Grundsatz handele, dass Verordnungen patientenbezogen zu erfolgen hätten, jedoch sei zu beachten, dass es sich vorliegend um Arzneimittel für Notfälle und zur Sofortanwendung handele und hier speziell um Mittel zur Überwindung eines lebensbedrohlichen Zustandes. Diese in der Sprechstundenbedarfsvereinbarung verwandten Formulierungen machten - auch bei der gebotenen restriktiven Interpretation der Tatbestände der Sprechstundenbedarfsvereinbarung - die Verordnung der streitigen Bestecke zulässig, da ansonsten die Tatbestandsvoraussetzung bei restriktiver Auslegung überhaupt nicht erfüllbar sei und somit leerlaufen würde.
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie führt aus, die Annahme des Gerichts, das streitbefangene Anaphylaxie-Besteck erfülle als einziges Mittel die Ziffer IV Nr. 7 der Sprechstundenbedarfsvereinbarung aufgeführten Tatbestandsvoraussetzungen, weil nur dieses nicht mehr verdünnt werden müsse, treffe nicht zu. Denn das Mittel Suprarenin weise eine identische Konzentration auf. Rechtlich unzutreffend sei das SG auch davon ausgegangen, dass auch die dazu gehörige Spritze unter den Sprechstundenbedarf falle. Aus dem Hinweis auf Ziffer IV Nr. 5 der Sprechstundenbedarfsvereinbarung ergebe sich keinenfalls, dass damit auch Einwegspritzen erfasst werden sollten. Das Fehlen der Einwegspritzen in der entsprechenden Sprechstundenbedarfsvereinbarung verwundere auch nicht, da diese unter A I der allgemeinen Bestimmungen des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) ausdrücklich als Einmalartikel aufgeführt seien, die mit der Gebühr für die entsprechende Leistung abgegolten seien. Es sei auch unzutreffend, aus der Formulierung "Adrenalin in schnell verfügbarer Form" zu schließen, dass dieses Medikament sofort verfügbar sein müsse. Dem Herstellerhinweis sei zu entnehmen, dass es im Notfall von Patienten bzw. einer Begleitperson anzuwenden sei. Die zur Verfügungstellung als Fertigprodukt solle damit allein dem medizinischen Laien eine schnelle Verabreichung ermöglichen; einem Arzt würde es keine Schwierigkeiten bereiten, eine Spritze selbst aufzuziehen. Dabei sei weiter und abschließend zu berücksichtigen, dass "schnell" nicht mit "sofort" gleichzusetzen sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 26.01.2000 abzuändern und den Beklagten unter teilweiser Aufhebung seines Bescheides vom 19.04.1999 zu verpflichten, eine neue Entscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zu erlassen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
Die Beigeladenen haben sich im Berufungsverfahren nicht geäußert.
Die Verwaltungsakten des Beklagten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Auf den Inhalt dieser Akten und den der Streitakten wird - insbesondere im Hinblick auf das Vorbringen der Beteiligten - ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die kraft Zulassung durch das SG statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin ist begründet. Die Klägerin ist durch den angefochtenen Bescheid des Beklagten beschwert im Sinne von § 54 Abs. 2 SGG. Der Bescheid des Beklagten ist hinsichtlich des die streitigen Anaphylaxie-Bestecke betreffenden Sprechstundenbedarfsregresses rechtswidrig.
Der Beklagte hat zu Unrecht die Festsetzung eines von den Beigeladenen zu 1) und 2) zu leistenden Sprechstundenbedarfsregresses hinsichtlich der Verordnung der streitigen Anaphylaxie-Bestecke abgelehnt, denn diese ist aufgrund der vertraglichen Bestimmungen in der Sprechstundenbedarfsvereinbarung als unzulässige Anforderungen von Sprechstundenbedarf anzusehen (§ 15 Abs. 1 Nr. 4 der Prüfvereinbarung).
Nach Ziffer IV Nr. 7 der Sprechstundenbedarfsvereinbarung sind für die sofortige Anwendung oder für die Anwendung im unmittelbaren Zusammenhang mit einem ärztlichen Eingriff in geringen Mengen als Sprechstundenbedarf Mittel zur Überwindung eines lebensbedrohlichen Zustandes zulässig. Hierbei werden u. a. Cardiaca (auch Adrenalin in schnell verfügbarer Form) aufgelistet.
Das streitige Anaphylaxie-Besteck erfüllte diese Tatbestandsvoraussetzungen nicht. Zwar enthält es als Mittel eine Injektionslösung mit Adrenalin, das aufgrund der entsprechenden Verdünnung (1: 10.000) schnell verfügbar und damit im Notfall sofort injizierbar ist. Die Vorschriften der Sprechstundenbedarfsvereinbarung sind jedoch ihrem Wortlaut entsprechend eng auszulegen und nur in einem sehr begrenzten Maße einer (erweiternden) Auslegung zugänglich, da damit von dem Grundsatz abgewichen wird, dass Medikamentenverordnungen patientenbezogen zu erfolgen haben. Diese in der Sprechstundenbedarfsvereinbarung festgelegten Ausnahmetatbestände bestimmen damit abschließend die Fallgestaltungen, in denen die Verordnung von Medikamenten nicht patienten- bzw. versichertenbezogen erfolgen muss.
In Absatz IV Nr. 7 der Sprechstundenbedarfsvereinbarung sind enumerativ die Arzneimittel für Notfälle und zur Sofortanwendung aufgezählt. Wenn unter Buchstabe b auch Adrenalin in schnell verfügbarer Form genannt wird, ist damit aber allein das entsprechende Arzneimittel als Sprechstundenbedarf gemeint. Unter den Tatbestand dieser vertraglichen Bestimmung ist jedoch nicht auch die bei dem streitigen Anaphylaxie-Besteck als Verpackung und Injektionsmittel dienende Einwegspritze zu subsummieren. Denn Einwegspritzen sind nach den Bestimmungen des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) in den berechnungsfähigen Leistungen enthalten, soweit nichts anderes bestimmt ist (A I Nr. 2). Auch wenn unter Abschnitt IV Nr. 5 der Sprechstundenbedarfsvereinbarung einige Einmalinfusionsbestecke, Nadeln etc. genannt sind, kann daraus nicht abgeleitet werden, dass auch Einmalspritzen als Sprechstundenbedarf verordnet werden können. Aus der oben genannten Bestimmung des EBM ergibt sich vielmehr zwangsläufig, dass Einmalspritzen zumindest nicht als Sprechstundenbedarf verordnet werden können; die durch die Verwendung der Einmalspritzen entstandenen Kosten sind vielmehr in der durch den EBM vorgenommenen Bewertung der ärztlichen Leistung enthalten.
Die streitigen Anaphylaxie-Bestecke stellten in dem streitigen Quartal auch nicht das einzige Mittel dar, um im Notfall Adrenalin in schnell verfügbarer Form injizieren zu können. Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob im streitigen Quartal ein anderes Medikament schon zur Verfügung stand, was ebenfalls ohne weitere Verdünnung im Notfall vom herbeigerufenen Arzt injiziert werden konnte. Denn nach den Erläuterungen des Vorsitzenden des Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung steht fest, dass ein Vertragsarzt auch im streitigen Quartal in seinem Notfallkoffer Ampullen mit Adrenalin und Ampullen mit destilliertem Wasser vorrätig gehalten hat. Damit bestand dem Arzt Adrenalin in schnell verfügbarer Form zur Injektion im Notfall zur Verfügung. Denn die vorzunehmende Verdünnung des Adrenalin erfolgt - wie der Vorsitzende des Beklagten auf Befragen des Senates erklärte - dergestalt, dass der Arzt z. B. für eine 10 Milliliter Spritze erst 1 Mililiter Adrenalin aufzieht und dann den Rest mit destilliertem Wasser auffüllt. Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass einem aprobierten und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Arzt aufgrund seiner Ausbildung und Erfahrung auch in einer Notfallsituation zugemutet werden kann, diese auf einfachste Weise vorzunehmende Verdünnung des Adrenalins durchzuführen. Aus den Hinweisen zur sicheren und sachgerechten Handhabung des streitigen Anaphylaxie-Besteckes ist - wie die Klägerin zutreffend vorgetragen hat - im Übrigen zu entnehmen, dass das streitige Anaphylaxie-Besteck in erster Linie dazu dienen soll, dem Patienten bzw. einem medizinisch nicht ausgebildeten Begleiter die Injektion des Adrenalin im Notfall zu ermöglichen. Unter Berücksichtigung der oben dargelegten eingeschränkten Auslegungsmöglichkeiten kann auch unter Berücksichtigung dieser Umstände eine Verordnungsfähigkeit als Sprechstundenbedarf nicht angenommen werden.
Die Kostenentscheidung erfolgt gemäß §§ 183 und 193 SGG in der Fassung bis zum 01.01.2002.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Feststellung eines sonstigen Schadens wegen unzulässiger Sprechstundenbedarfsverordnung durch die Beigeladenen zu 1) und 2) im Quartal II/1996.
Die Beigeladenen zu 1) und 2) sind Ärztinnen für Allgemeinmedizin und in L zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Im streitigen Quartal verordneten sie als Sprechstundenbedarf u. a. die streitigen drei Anaphylaxie-Bestecke. Der Gesamtwert dieser streitigen Verordnung betrug 193,02 DM.
Im April 1997 beanstandete die Klägerin die Sprechstundenbedarfsverordnung seitens der Beigeladenen zu 1) und 2) und trug zur Begründung vor, dass das Anaphylaxie-Besteck nicht zum verordnungsfähigen Sprechstundenbedarf entsprechend der Sprechstundenbedarfsvereinbarung zwischen der Beigeladenen zu 3) und den Krankenkassen(verbänden) gehöre.
Der Prüfungsausschuss der Ärzte und Krankenkassen Köln forderte mit Bescheid vom 05.02.1998 von den Beigeladenen zu 1) und 2) hinsichtlich der streitigen Anaphylaxie-Bestecke einen Nettobetrag von 183,37 DM zurück.
Mit ihrem Widerspruch machten die Beigeladenen zu 1) und 2) geltend, die drei Anaphylaxie-Bestecke gehörten zur Notfallausrüstung ihrer Gemeinschaftspraxis. Ein Anaphylaxie-Besteck befinde sich im Notfallkoffer der Praxis und je ein solches Besteck in den Notfalltaschen der Beigeladenen zu 1) und 2).
Auf diesen Widerspruch der Beigeladenen zu 1) und 2) hob der Beklagte mit Bescheid vom 19.04.1999 die Festsetzung des Sprechstundenbedarfsregresses durch den Prüfungsausschuss der Ärzte und Krankenkassen Köln hinsichtlich der streitigen Anaphylaxie-Bestecke auf und führte zur Begründung aus, dass in Punkt IV Abs. 7 b der Sprechstundenbedarfsvereinbarung als Mittel zur Überwindung eines lebensbedrohlichen Zustandes Cardiaca (auch Adrenalin in schnell verfügbarer Form) genannt würde. Bei dem streitigen Anaphylaxie-Bestecks handele es sich um eine Spritze mit einer verdünnten Adrenalinlösung, so dass dieses Mittel in schnell verfügbarer Form vorliege. Deshalb werde das Anaphylaxie-Besteck vom Beklagten als ein über Sprechstundenbedarf verordnungsfähiges Arzneimittel in Notfällen und zur Sofortanwendung anerkannt. Es ermögliche die sofortige Behandlung ohne Zeitverlust, da ansonsten im Rahmen eines Notfalls die verdünnte Adrenalinlösung vom Arzt erst mühsam aufgezogen werden müssten und somit wertvolle Zeit im Ablauf der Notfallbehandlung vergehe.
Die Klägerin (als die im Auftrage der Krankenkassen(verbände) im Bezirk der Beigeladenen zu 3) abrechnenden Stelle) hat im Klageverfahren ausgeführt, dass es sich bei der Verordnung des streitigen Anaphylaxie-Besteckes um eine unzulässige Anforderung im Rahmen des Sprechstundenbedarfes handele. Die Anforderung von Sprechstundenbedarf sei in der Sprechstundenbedarfsvereinbarung in einem eng umgrenzten Bereich enumerativ aufgezählt; eine Erweiterung sei nicht zulässig. Ebenfalls verbiete sich eine erweiternde Auslegung, da es sich bei der Sprechstundenbedarfsverordnung um eine Ausnahmeregelung von dem Grundsatz handele, dass im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung erforderliche Medikamente patientenbezogen zu verordnen seien. Zwar sei entsprechend Absatz IV Ziffer 7 der Sprechstundenbedarfsvereinbarung "für die sofortige Anwendung" oder der Anwendung "im unmittelbaren ursächlichen Zusammenhang mit einem ärztlichen Eingriff" auch Adrenalin in schnell verfügbarer Form zulässig, jedoch handele es sich bei dem streitigen Anaphylaxie-Besteck um eine Mischung einer Einmalspritze und eines Arzneimittels. Ein derartiges Mittel zähle jedoch nicht zu den enumerativ aufgezählten verordnungsfähigen Präparaten gemäß der Sprechstundenbedarfsvereinbarung.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 19.04.1999 teilweise - soweit das Anaphylaxie-Besteck als ein über SSB verordnungsfähiges Mittel anerkannt wurde - aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, eine neue Entscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erlassen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid Bezug genommen und nochmals ergänzend darauf hingewiesen, dass andere Adrenalin-Darreichungsformen im Notfall erst noch entsprechend verdünnt werden müssten, was gerade beim Einsatz des Präparates im Notfall eine deutliche und damit nicht vertretbare Zeitverzögerung darstellen würde. Andere Präparate mit einer entsprechenden Verdünnung seien auf dem Arzneimittelmarkt nicht verfügbar.
Die Beigeladenen zu 1) bis 3) haben keinen Klageantrag gestellt.
Mit Urteil vom 26.11.2000 hat das Sozialgericht (SG) Düsseldorf die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der angefochtene Bescheid des Beklagten sei nicht rechtswidrig. Das streitbefangene Anaphylaxie-Besteck erfülle die Tatbestandsvoraussetzungen der Ziffer IV Nr. 7 der Sprechstundenbedarfsvereinbarung. Es enthalte als Mittel eine Injektionslösung mit Adrenalin, das in schnell verfügbarer Form vorliege. Es könne ohne zeitliche Verzögerung und ohne weitere Verdünnung sofort injiziert werden. Andere Mittel stellten keine Alternativen dar, da sie vor der entsprechenden Verwendung noch verdünnt werden müssten. Zwar würden unter Ziffer IV Nr. 7 der Sprechstundenbedarfsvereinbarung nur die Mittel selbst aufgelistet, jedoch falle gleichwohl auch die dazu gehörige Spritze unter den Sprechstundenbedarf. Denn die Auflistung in Ziffer IV Nr. 5 der Sprechstundenbedarfsvereinbarung führe ausdrücklich Einmalinfusionsbestecke, Einmalinfusionskatheter und Einmalinfusionsnadeln und damit die Spritzen als Instrumente zur Injektion flüssiger Arzneimittel auf. Zwar weise die Klägerin zutreffend darauf hin, dass es sich bei der Verordnung von Sprechstundenbedarf um eine Ausnahmeregelung von dem Grundsatz handele, dass Verordnungen patientenbezogen zu erfolgen hätten, jedoch sei zu beachten, dass es sich vorliegend um Arzneimittel für Notfälle und zur Sofortanwendung handele und hier speziell um Mittel zur Überwindung eines lebensbedrohlichen Zustandes. Diese in der Sprechstundenbedarfsvereinbarung verwandten Formulierungen machten - auch bei der gebotenen restriktiven Interpretation der Tatbestände der Sprechstundenbedarfsvereinbarung - die Verordnung der streitigen Bestecke zulässig, da ansonsten die Tatbestandsvoraussetzung bei restriktiver Auslegung überhaupt nicht erfüllbar sei und somit leerlaufen würde.
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie führt aus, die Annahme des Gerichts, das streitbefangene Anaphylaxie-Besteck erfülle als einziges Mittel die Ziffer IV Nr. 7 der Sprechstundenbedarfsvereinbarung aufgeführten Tatbestandsvoraussetzungen, weil nur dieses nicht mehr verdünnt werden müsse, treffe nicht zu. Denn das Mittel Suprarenin weise eine identische Konzentration auf. Rechtlich unzutreffend sei das SG auch davon ausgegangen, dass auch die dazu gehörige Spritze unter den Sprechstundenbedarf falle. Aus dem Hinweis auf Ziffer IV Nr. 5 der Sprechstundenbedarfsvereinbarung ergebe sich keinenfalls, dass damit auch Einwegspritzen erfasst werden sollten. Das Fehlen der Einwegspritzen in der entsprechenden Sprechstundenbedarfsvereinbarung verwundere auch nicht, da diese unter A I der allgemeinen Bestimmungen des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) ausdrücklich als Einmalartikel aufgeführt seien, die mit der Gebühr für die entsprechende Leistung abgegolten seien. Es sei auch unzutreffend, aus der Formulierung "Adrenalin in schnell verfügbarer Form" zu schließen, dass dieses Medikament sofort verfügbar sein müsse. Dem Herstellerhinweis sei zu entnehmen, dass es im Notfall von Patienten bzw. einer Begleitperson anzuwenden sei. Die zur Verfügungstellung als Fertigprodukt solle damit allein dem medizinischen Laien eine schnelle Verabreichung ermöglichen; einem Arzt würde es keine Schwierigkeiten bereiten, eine Spritze selbst aufzuziehen. Dabei sei weiter und abschließend zu berücksichtigen, dass "schnell" nicht mit "sofort" gleichzusetzen sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 26.01.2000 abzuändern und den Beklagten unter teilweiser Aufhebung seines Bescheides vom 19.04.1999 zu verpflichten, eine neue Entscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zu erlassen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
Die Beigeladenen haben sich im Berufungsverfahren nicht geäußert.
Die Verwaltungsakten des Beklagten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Auf den Inhalt dieser Akten und den der Streitakten wird - insbesondere im Hinblick auf das Vorbringen der Beteiligten - ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die kraft Zulassung durch das SG statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin ist begründet. Die Klägerin ist durch den angefochtenen Bescheid des Beklagten beschwert im Sinne von § 54 Abs. 2 SGG. Der Bescheid des Beklagten ist hinsichtlich des die streitigen Anaphylaxie-Bestecke betreffenden Sprechstundenbedarfsregresses rechtswidrig.
Der Beklagte hat zu Unrecht die Festsetzung eines von den Beigeladenen zu 1) und 2) zu leistenden Sprechstundenbedarfsregresses hinsichtlich der Verordnung der streitigen Anaphylaxie-Bestecke abgelehnt, denn diese ist aufgrund der vertraglichen Bestimmungen in der Sprechstundenbedarfsvereinbarung als unzulässige Anforderungen von Sprechstundenbedarf anzusehen (§ 15 Abs. 1 Nr. 4 der Prüfvereinbarung).
Nach Ziffer IV Nr. 7 der Sprechstundenbedarfsvereinbarung sind für die sofortige Anwendung oder für die Anwendung im unmittelbaren Zusammenhang mit einem ärztlichen Eingriff in geringen Mengen als Sprechstundenbedarf Mittel zur Überwindung eines lebensbedrohlichen Zustandes zulässig. Hierbei werden u. a. Cardiaca (auch Adrenalin in schnell verfügbarer Form) aufgelistet.
Das streitige Anaphylaxie-Besteck erfüllte diese Tatbestandsvoraussetzungen nicht. Zwar enthält es als Mittel eine Injektionslösung mit Adrenalin, das aufgrund der entsprechenden Verdünnung (1: 10.000) schnell verfügbar und damit im Notfall sofort injizierbar ist. Die Vorschriften der Sprechstundenbedarfsvereinbarung sind jedoch ihrem Wortlaut entsprechend eng auszulegen und nur in einem sehr begrenzten Maße einer (erweiternden) Auslegung zugänglich, da damit von dem Grundsatz abgewichen wird, dass Medikamentenverordnungen patientenbezogen zu erfolgen haben. Diese in der Sprechstundenbedarfsvereinbarung festgelegten Ausnahmetatbestände bestimmen damit abschließend die Fallgestaltungen, in denen die Verordnung von Medikamenten nicht patienten- bzw. versichertenbezogen erfolgen muss.
In Absatz IV Nr. 7 der Sprechstundenbedarfsvereinbarung sind enumerativ die Arzneimittel für Notfälle und zur Sofortanwendung aufgezählt. Wenn unter Buchstabe b auch Adrenalin in schnell verfügbarer Form genannt wird, ist damit aber allein das entsprechende Arzneimittel als Sprechstundenbedarf gemeint. Unter den Tatbestand dieser vertraglichen Bestimmung ist jedoch nicht auch die bei dem streitigen Anaphylaxie-Besteck als Verpackung und Injektionsmittel dienende Einwegspritze zu subsummieren. Denn Einwegspritzen sind nach den Bestimmungen des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) in den berechnungsfähigen Leistungen enthalten, soweit nichts anderes bestimmt ist (A I Nr. 2). Auch wenn unter Abschnitt IV Nr. 5 der Sprechstundenbedarfsvereinbarung einige Einmalinfusionsbestecke, Nadeln etc. genannt sind, kann daraus nicht abgeleitet werden, dass auch Einmalspritzen als Sprechstundenbedarf verordnet werden können. Aus der oben genannten Bestimmung des EBM ergibt sich vielmehr zwangsläufig, dass Einmalspritzen zumindest nicht als Sprechstundenbedarf verordnet werden können; die durch die Verwendung der Einmalspritzen entstandenen Kosten sind vielmehr in der durch den EBM vorgenommenen Bewertung der ärztlichen Leistung enthalten.
Die streitigen Anaphylaxie-Bestecke stellten in dem streitigen Quartal auch nicht das einzige Mittel dar, um im Notfall Adrenalin in schnell verfügbarer Form injizieren zu können. Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob im streitigen Quartal ein anderes Medikament schon zur Verfügung stand, was ebenfalls ohne weitere Verdünnung im Notfall vom herbeigerufenen Arzt injiziert werden konnte. Denn nach den Erläuterungen des Vorsitzenden des Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung steht fest, dass ein Vertragsarzt auch im streitigen Quartal in seinem Notfallkoffer Ampullen mit Adrenalin und Ampullen mit destilliertem Wasser vorrätig gehalten hat. Damit bestand dem Arzt Adrenalin in schnell verfügbarer Form zur Injektion im Notfall zur Verfügung. Denn die vorzunehmende Verdünnung des Adrenalin erfolgt - wie der Vorsitzende des Beklagten auf Befragen des Senates erklärte - dergestalt, dass der Arzt z. B. für eine 10 Milliliter Spritze erst 1 Mililiter Adrenalin aufzieht und dann den Rest mit destilliertem Wasser auffüllt. Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass einem aprobierten und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Arzt aufgrund seiner Ausbildung und Erfahrung auch in einer Notfallsituation zugemutet werden kann, diese auf einfachste Weise vorzunehmende Verdünnung des Adrenalins durchzuführen. Aus den Hinweisen zur sicheren und sachgerechten Handhabung des streitigen Anaphylaxie-Besteckes ist - wie die Klägerin zutreffend vorgetragen hat - im Übrigen zu entnehmen, dass das streitige Anaphylaxie-Besteck in erster Linie dazu dienen soll, dem Patienten bzw. einem medizinisch nicht ausgebildeten Begleiter die Injektion des Adrenalin im Notfall zu ermöglichen. Unter Berücksichtigung der oben dargelegten eingeschränkten Auslegungsmöglichkeiten kann auch unter Berücksichtigung dieser Umstände eine Verordnungsfähigkeit als Sprechstundenbedarf nicht angenommen werden.
Die Kostenentscheidung erfolgt gemäß §§ 183 und 193 SGG in der Fassung bis zum 01.01.2002.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
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