L 5 B 41/02 KR ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 3 RA 133/01 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 5 B 41/02 KR ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 05.04.2002 geändert. Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Beitragsbescheides vom 17.04.2001 wird abgelehnt. Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin (Ast.) wendet sich gegen die Vollziehung eines Beitragsbescheides.

Die Ast. ist eine M-OHG, die im Prüfzeitraum 12/1995 bis 12/1998 zahlreiche Arbeitnehmer beschäftigte, die aufgrund des Entgeltes als geringfügig Beschäftigte angesehen wurden. Die individualvertraglich vereinbarten Stundenlöhne, die nach Darstellung der Ast. anteilig Sonderzuwendungen enthielten, lagen unter dem Stundenlohn, den der Lohn- und Gehaltstarifvertrag im Tarifverbund des Einzelhandels in Nordrhein-Westfalen bestimmt. Dieser Tarifvertrag war in der jeweils geltenden Fassung mit Wirkung ab 01.04.1997 für allgemein verbindlich erklärt worden. Ferner war der Tarifvertrag über Sonderzahlungen (Urlaubsgeld und Sonderzuwendungen) vom 20.09.1996 ab 01.01.1997 allgemein verbindlich.

Aufgrund einer Betriebsprüfung am 00./00.00.2000 forderte die Antragsgegnerin (Ag.) nach Anhörung der Ast. mit Bescheid vom 17.04.2001 für die Zeit vom 01.01.1997 - 31.12.1998 Beiträge in Höhe von insgesamt 211.076,74 DM (107.921,82 Euro) von der Ast., weil unter Berücksichtigung der tariflich zustehenden Mindestlöhne (einschließlich der Sonderzuwendungen) Versicherungsfreiheit aufgrund einer geringfügig entlohnten Beschäftigung zu verneinen sei. Es habe ein Entgeltanspruch der betroffenen Arbeitnehmer in Höhe des tarifvertraglich festgesetzten Lohnes bestanden, der für den Beitragsanspruch auch dann verbindlich sei, wenn die Arbeitnehmer tatsächlich ein Entgelt in dieser Höhe nicht erhalten hätten. Die Beiträge seien nicht verwirkt, denn ein Vertrauensschutz der betroffenen Arbeitgeber sei wegen der schon seit Jahren eindeutigen höchstrichterlichen Rechtsprechung zu verneinen. Der Bescheid betrifft für die Jahre 1997 und 1998 jeweils 00 Arbeitnehmer.

Mit ihrem Widerspruch machte die Ast. geltend, Grundlage der Beitragsbemessung sei nur das tatsächlich gezahlte, also "zugeflossene" Arbeitsentgelt und nicht ein tarifvertraglich geschuldetes "fiktives" Arbeitsentgelt. Dies habe das Bundessozialgericht (BSG) bestätigt und diese Rechtslage habe sich auch durch das Inkrafttreten des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) nicht geändert. Aber selbst wenn man davon ausgehe, dass sich das BSG in späteren Entscheidungen von dem Zuflussprinzip abgewandt habe, stehe der Grundsatz von Treu und Glauben der rückwirkenden Inanspruchnahme der Ast. entgegen. Die jetzt von der Ag. vertretene Auffassung stehe im Widerspruch zu der bisherigen Prüfpraxis, auf deren Rechtmäßigkeit sie - die Ast. - habe vertrauen dürfen. Mit Widerspruchsbescheid vom 17.08.2001 wies die Ag. den Widerspruch zurück. Zugleich lehnte sie die von der Ast. beantragte Aussetzung der Vollziehung der Beitragsforderung ab; einer Stundung durch die hierfür zuständigen Einzugsstellen stimmte sie nur unter der Voraussetzung zu, dass der persönlich haftende Gesellschafter der Ast. eine selbstschuldnerische Bürgschaft übernehme.

Die Ast. hat am 05.09.2001 Klage in der Hauptsache erhoben. Mit einem an die Ag. gerichteten Schreiben vom 20.11.2001 hat sie die Aussetzung der Vollziehung beantragt, da ernste Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Beitragsforderung bestünden. Unter Hinweis auf zwei Entscheidungen des Sozialgerichts (SG) Gelsenkirchen, in denen ein Vertrauensschutz für die betroffenen Arbeitgeber bejaht worden ist, hat sie die Auffassung vertreten, der Beitragsbescheid sei offensichtlich rechtswidrig. Die Vollziehung habe zudem für sie eine unbillige Härte zur Folge. Die Einzugsstellen hätten nur zum Teil dem Antrag auf Stundung stattgegeben, eine Einzugsstelle mache die Stundung von der Stellung einer Bankbürgschaft abhängig, die sie aufgrund ihrer wirtschaftlichen Situation nicht erhalte. Sie verfüge nur über einen Überziehungskredit von 000.000,- Euro, den sie per 00.00.0000 in Höhe von rund 000.000,- Euro in Anspruch genommen habe. Der von der Ag. weitergeleitete Antrag ist am 06.12.2001 beim zuständigen SG eingegangen.

Mit Beschluss vom 05.04.2002 hat das SG die Vollziehung des Beitragsbescheids bis zur Entscheidung in der Hauptsache ausgesetzt. Zwar sei aufgrund der neueren Rechtsprechung des BSG nicht ernstlich zweifelhaft, dass die Ag. zu Recht Beiträge aus tariflich geschuldetem Entgelt fordere, auch soweit ein Lohn in dieser Höhe tatsächlich nicht gezahlt worden sei. Jedoch stehe in Frage, ob die Geltendmachung der Beitragsforderungen unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes rechtswidrig sei, weil sie im Widerspruch zu der vorangegangenen Verwaltungspraxis der Einzugsstellen stehe, auf deren Rechtmäßigkeit die Ast. habe vertrauen dürfen. Auch wenn die von der Ast. genannten Entscheidungen des SG Gelsenkirchen nicht die vorherrschende Meinung widerspiegelten, zeigten sie doch, dass die Rechtslage insoweit nicht eindeutig sei und einer obergerichtlichen Klärung bedürfe.

Die Ag. hat gegen den ihr am 15.04.2002 zugestellten Beschluss am 02.05.2002 Beschwerde eingelegt, der das SG nicht abgeholfen hat. Sie meint, dem Vertrauensschutz der Ast. sei durch die vierjährige Verjährungsfrist hinreichend Rechnung getragen, da spätestens seit 1994 durch das BSG das seit Inkrafttreten des SGB IV geltende Entstehungsprinzip, auf dem die Beitragsforderung beruhe, bestätigt worden sei. Soweit die Einzugsstellen früher bei Betriebsprüfungen keine Nachforderungen bei untertariflicher Bezahlung erhoben hätten, begründe dies keinen Vertrauensschutz. Zum einen sei insoweit keine verbindliche Aussage über die beitragsrechtliche Bewertung getroffen worden, zum anderen ergebe sich aus dem Zweck von Betriebsprüfungen, dass selbst die Nichtbeanstandung unterbliebener Beitragsabführungen bei früheren Betriebsprüfungen der Nachforderung von Beiträgen bei einer späteren Betriebsprüfung nicht entgegenstünden. Zudem sei das Vertrauen der betroffenen Arbeitgeber nicht schutzwürdig, wenn sie es bewusst und unter Verstoß gegen allgemein verbindlich erklärte Tarifverträge unterlassen hätten, den zustehenden Tariflohn zu zahlen.

Die Ast. hält demgegenüber an ihrer Auffassung fest, das tariflich geschuldete, aber nicht gezahlte Arbeitsentgelt sei nur dann beitragspflichtig, wenn der Arbeitnehmer seine weitergehenden Entgeltansprüche geltend mache. Soweit die Ag. darüber hinausgehend Beiträge auch dann erhebe, wenn der Arbeitnehmer das Entgelt nicht fordere, handele es sich um eine neue Prüfpraxis, für die eine Rechtsgrundlage nicht ersichtlich sei und die im Widerspruch zu der höchstrichterlichen Rechtsprechung stehe. Es sei davon auszugehen, dass in Fällen der vorliegenden Art die Sozialversicherungsbeiträge unverändert nach dem Zuflussprinzip zu beurteilen seien, so dass der Bescheid offensichtlich rechtswidrig sei. Jedenfalls greife aufgrund der Aufgabe einer "jahrzehntelangen praktizierten Verwaltungsübung" zugunsten der Ast. das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot ein. Das Vertrauen auf die bisherige Rechtsprechung und Verwaltungspraxis entfalle erst ab Bekanntgabe der geänderten Auffassung, die frühestens Anfang 2000 erfolgt sei.

II.

1.
Die zulässige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg, denn das SG hat zu Unrecht die Vollziehung des Bescheides vom 17.04.2001 ausgesetzt.

Zu Recht ist das SG bei seiner Entscheidung von § 86b Abs. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) (in der seit 02.01.2002 geltenden Fassung durch das Sechste Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes vom 17.08.2001 (6. SGG-ÄndG, BGBl. I, 2144) ausgegangen. Die Ast. hat ihren Antrag auf Aussetzung der Vollziehung zwar noch im Jahr 2001 gestellt, Änderungen des geltenden Prozessrechts greifen aber auch in schwebenden Verfahren ein (BSG SozR 3-1300 § 24 Nr. 6; SozR 3-2500 § 15 Nr. 1; SozR 3-2500 § 125 Nr. 1; LSG NRW, Beschluss vom 25.02.2002 - L 5 B 3/02 KR ER -), so dass hier die genannte Vorschrift anzuwenden ist.

2.
Der Antrag ist zulässig. Widerspruch und Klage gegen Beitragsbescheide haben nach § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG (in der Fassung des Sechsten SGG-Änderungsgesetzes) keine aufschiebende Wirkung; die von der Ast. beantragte Aussetzung der Vollziehung hat die Ag. abgelehnt. Da die Ag gemäß § 28p Abs. 1 Satz 5 Viertes Buch des Sozialgesetzbuches (SGB IV) den angefochtenen Bescheid erlassen und damit nach § 86a Abs. 3 Satz 1 SGG (in der Fassung des 6. SGG-ÄndG) auch über eine Aussetzung der Vollziehung zu entscheiden hat, ist sie auch in einem gerichtlichen Verfahren auf Aussetzung der Vollziehung passiv legitimiert. Soweit vor Inkrafttreten des 6. SGG-ÄndG eine andere Auffassung vertreten worden ist (s. Beschluss des LSG NRW vom 20.4.1998 - L 8 B 3/98 RJ) ist diese durch die gesetzliche Neuregelung des vorläufigen Rechtsschutzes überholt.

3.
Der Antrag ist unbegründet. Eine gerichtliche Aussetzung erfolgt nach Maßgabe des § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgabepflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Diese Voraussetzungen für eine Aussetzung der Vollziehung liegen nicht vor.

a)
Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts bestehen, wenn gewichtige Gründe für die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts sprechen. Es kann dahinstehen, ob ernstliche Zweifel nur dann anzunehmen sind, wenn ein Obsiegen in der Hauptsache wahrscheinlicher ist als ein Unterliegen (so die herrschende Meinung in der Verwaltungsgerichtsbarkeit, vgl. OVG Münster NVwZ 1989, 588; 1994, 198; VGH Baden-Württemberg NVwZ 1991, 1004, 1005; OVG Koblenz NJW 1986, 1004; Finkelnburg/Jank, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 4. Aufl., Rdn. 852; ebenso Meyer-Ladewig, SGG, 7. Aufl., § 86a Rdn. 27) oder ob es ausreicht, wenn ein Erfolg im Hauptsacheverfahren mindestens so wahrscheinlich ist wie ein Misserfolg (so vor allem Schoch in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 80 Rdn. 197 mwN;s.a. LSG Berlin, Beschluss vom 08.03.1996 - L 4 Ar-SE 115/95 ). Nach dem bisherigen Sachstand ist es nämlich nicht wahrscheinlich, dass die Klage gegen den Bescheid vom 17.04.2001 erfolgreich sein wird.

aa)
Dass im fraglichen Zeitraum die genannten Tarifverträge galten und ein Entgelt sowie Sonderzahlungen in der von der Ag. angenommenen Höhe festgesetzt haben, wird auch von der Ast. nicht in Frage gestellt. Aufgrund der Allgemeinverbindlicherklärungen der Tarifverträge (§ 5 Abs. 1 Tarifvertragsgesetz (TVG)) erfassten sie in ihrem Geltungsbereich auch die bisher nicht tarifgebundenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer (§ 5 Abs. 4 TVG). Die Ausdehnung der Tarifgebundenheit durch die Allgemeinverbindlicherklärung auf nicht organisierte Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist dabei unabhängig von deren Kenntnis (vgl. BAG DB 1984, 55). Die Rechtsnormen des Tarifvertrages gelten unmittelbar und zwingend zwischen den Tarifgebundenen (§ 4 Abs. 1 Satz 1 TVG), abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit der Tarifvertrag eine Öffnungsklausel enthält oder eine Abweichung zugunsten des Arbeitnehmers erfolgt (§ 4 Abs. 3 TVG). Die zwingende Ordnung eines Tarifvertrages verbietet jede nachteilige Regelung zu Lasten des Arbeitnehmers, sie schafft - etwa zur Höhe des Entgelts - eine nicht entziehbare tarifliche Rechtsposition (vgl. Löwisch/Rieble, TVG, § 4 Rdn. 58). Den betroffenen Arbeitnehmern stand somit ungeachtet der - unwirksamen - individualvertraglichen Vereinbarungen im fraglichen Zeitraum tariflich ein höheres als das tatsächlich gezahlte Entgelt zu. Unter Berücksichtigung dieses tariflich geschuldeten Entgelts wurde - was auch die Ast. nicht anzweifelt - in allen Fällen die Grenze einer geringfügig entlohnten Beschäftigung überschritten (§ 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV in der bis 31.03.1999 geltenden Fassung), so dass Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Rentenversicherung und zur Bundesanstalt für Arbeit eintrat.

Entgegen der Auffassung der Ast. hat die Ag. zu Recht der Beitragserhebung nicht das tatsächlich erzielte ("zugeflossene"), sondern das geschuldete Arbeitsentgelt zugrundegelegt. Die Entstehung von Beitragsansprüchen hängt nicht davon ab, dass der Arbeitgeber das Entgelt tatsächlich gezahlt hat, vielmehr ist ausreichend, dass zum Fälligkeitszeitpunkt der Beiträge ein Entgeltanspruch bestand (eingehend BSG, Urteil vom 30.08.1994, BSGE 75, 61, 65). Soweit aufgrund des Gemeinsamen Erlasses des Reichsministers des Finanzen- und des Reichsarbeitsministers betreffend weitere Vereinfachung des Lohnabzugs vom 10.04.1944 (Gemeinsamer Erlass) bis 1977 das steuerrechtliche Zuflussprinzip Eingang in das Beitragsrecht gefunden hatte (hierauf sind insbesondere die Urteile des BSG vom 21.11.1964, BSGE 22, 106, und vom 18.11.1980, SozR 2100 § 14 Nr. 7, gestützt), mag zwar zunächst auch in der Zeit nach Inkrafttreten des SGB IV, durch dessen Art. II § 21 Satz 2 Nr. 4 der Gemeinsame Erlass aufgehoben worden ist, zweifelhaft gewesen sein, ob und inwiefern das Zuflussprinzip weiter galt (s. etwa die Anmerkung von Wünnemann, DAngVers. 1981, 371 zum Urteil des BSG vom 18.11.1980 (a.a.O.); s. aber schon BSGE 54, 136; 59, 183). Spätestens durch die 1994 ergangenen Entscheidungen vom 22.06.1994 (SozR 3-4100 § 160 Nr. 1) und 30.08.1994 (a.a.O.) hat sich aber das BSG vom Zuflussprinzip gelöst; an dieser Auffassung hat es im Urteil vom 21.05.1996 (BSGE 78, 224) und zuletzt im Urteil vom 07.02.2002 (B 12 KR 13/01 R) festgehalten. Auch der Bundesgerichtshof (BGH) vertritt im Rahmen des § 266a Strafgesetzbuch (StGB) das Entstehungsprinzip und sieht ein Vorenthalten von Sozialversicherungsbeiträgen schon dann als gegeben an, wenn die unabhängig von der tatsächlichen Zahlung des Lohnes fällig gewordenen Beiträge nicht abgeführt worden sind (BGHZ 144, 311; zuletzt BGH NJW 2002, 2480).

Die Ast. verkennt diese Rechtsprechung, wenn sie meint, sie gelte nur, wenn der Arbeitnehmer das geschuldete Entgelt noch fordere. Das BSG hat im Urteil vom 30.08.1994 ausdrücklich ausgeführt, dem Gesetz sei nicht zu entnehmen, dass das Entstehen von Beitragsansprüchen davon abhänge, ob sie selbst oder der zugrundeliegende Entgeltanspruch geltend gemacht würden (a.a.O. S. 65). Mit der Auffassung der Ast. wäre auch nicht zu vereinbaren, dass das BSG in der genannten Entscheidung ungeachtet des Verfalls des arbeitsrechtlichen Lohnanspruchs aufgrund einer tariflichen Ausschlussklausel einen Beitragsanspruch bejaht hat. Es wäre sinnwidrig, wenn ein Arbeitnehmer einen tariflich verfallenen Entgeltanspruch fordern müsste, damit der Beitragsanspruch entstünde. Vielmehr ist nach der zitierten Rechtsprechung eindeutig, dass das zum Fälligkeitszeitpunkt individual- oder kollektivrechtlich geschuldete Entgelt den öffentlich-rechtlichen Beitragsanspruch auslöst, der nach seinem Entstehen in seinem rechtlichen Schicksal unabhängig von dem privatrechtlichen Entgeltanspruch ist. Ob und wann dieser erfüllt wird, untergeht oder verjährt, ist für den Beitragsanspruch ebenso ohne Belang, wie die Arbeitsvertragsparteien nicht durch nachträglichen vollständigen oder teilweisen Verzicht auf das Arbeitsentgelt den Beitragsanspruch in seinem Bestand (teilweise) zum Erlöschen bringen können (s. Senatsurteil vom 31.10.2000 - L 5 KR 27/00 -). Soweit sich die Ast. auf ältere Entscheidungen des BSG bezieht, kann dies wegen der seit 1977 geänderten Rechtslage und der eindeutigen Linie der neueren höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht ihre Auffassung stützen. Auch die zitierten leistungsrechtlichen Entscheidungen sprechen nicht für die Ansicht der Ast., da sowohl im Krankenversicherungsrecht wie im Recht der Arbeitsförderung für die Lohnersatzleistungen nach eindeutiger gesetzlicher Regelung nur das im Bemessungszeitraum erzielte (d.h. tatsächlich zugeflossene) Entgelt maßgeblich ist (s. § 47 Abs. 1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), § 129 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III)).

Der Auffassung des LSG Berlin im Beschluss vom 05.06.2002 (L 15 B 24/02 KR ER) vermag der Senat nicht zu folgen. Das LSG Berlin hat in einem vergleichbaren Fall ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Beitragsforderung angenommen, weil die Frage, ob sich die Beitragsforderung nach dem tatsächlich gezahlten niedrigeren oder dem tariflich geschuldeten höheren Lohn richte, nicht "abschließend" beantwortet werden könne. Es geht zunächst unzutreffend davon aus, die oben genannten Entscheidungen des BSG beträfen Fälle, in denen kein Entgelt gezahlt worden sei. Das ist nach den in den Entscheidungen mitgeteilten Sachverhalten ersichtlich falsch. Vor allem hat das BSG im Urteil vom 30.08.1994 ausdrücklich darauf hingewiesen, die Einzugsstelle habe bei entsprechendem Anlass auch die Höhe des in der Vergangenheit nicht gezahlten, aber geschuldeten Arbeitsentgelts zu ermitteln und über etwaige beitrags- und versicherungsrechtliche Auswirkungen zu entscheiden (a.a.O. S. 68). Daraus ergibt sich eindeutig, dass für den Beitragsanspruch maßgebend das geschuldete Arbeitsentgelt ist. Für fernliegend hält der Senat die Annahme, das Urteil des BSG vom 07.02.2002 (a.a.O.) könne darauf hindeuten, dass das tatsächlich gezahlte und nicht das geschuldete Entgelt maßgeblich sei. Das BSG hat in diesem Urteil vielmehr ausdrücklich seine bisherige Rechtsprechung zum Entstehungsprinzip bekräftigt. Es hat lediglich für den Fall, dass der Arbeitnehmer ein höheres als das arbeitsvertraglich geschuldete Entgelt erhalten hat, hinsichtlich des Beitragsanspruchs auf den Zufluss des Arbeitsentgelts abgestellt, da es nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV nicht darauf ankommt, ob ein arbeitsrechtlicher Anspruch auf das gezahlte Arbeitsentgelt bestand. Vor diesem Hintergrund ist nicht nachvollziehbar, weshalb nach dieser Entscheidung des BSG ernsthaft in Betracht kommen soll, dass Beiträge nur vom tatsächlich gezahlten Entgelt erhoben werden dürfen.

bb)
Auch unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes bestehen nach derzeitigem Sachstand keine ausreichend schwerwiegenden Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides.

Die Behauptung der Ast., "unstreitig" hätten die Rentenversicherungsträger Anfang 2000 ihre "jahrelange" Prüfungspraxis geändert, ist unzutreffend. Davon abgesehen, dass die Rentenversicherungsträger erst seit 01.01.1996 für Betriebsprüfungen zuständig sind (wobei ihre Zuständigkeit zunächst übergangsweise neben die der Krankenkassen als Einzugsstellen getreten ist, vgl. zur Entwicklung KassKomm.-Seewald, § 28f SGB IV Rdn. 1), belegen die von der Ag. mit der Beschwerde eingereichten Unterlagen, insbesondere der Artikel aus "impulse 9/1998", dass die Rentenversicherungsträger schon frühzeitig Beiträge aus tariflich geschuldetem Entgelt gefordert haben. Diese Praxis führte nicht nur zu Reaktionen von Arbeitgeberorganisationen (s. das Antwortschreiben des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung vom 04.02.1999 an den Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks), sondern war offenkundig auch in Kreisen der Steuerberater bekannt, wie das Ergebnisprotokoll des Gesprächs der Bundessteuerkammer mit Vertretern der BfA vom 12.04.1999 zeigt. Die Ast. kann sich allenfalls auf eine eventuell abweichende Verwaltungspraxis der bis 31.12.1995 allein zuständigen Einzugsstellen berufen. Die von ihr herangezogenen Urteile des SG Gelsenkirchen vom 02.11.2001 (S 24 KR 125/00) und 08.11.2001 (S 17 KR 56/01) gehen auch davon aus, die bis Dezember 1995 für Betriebsprüfungen allein zuständigen Einzugsstellen hätten bei den Prüfungen lediglich das tatsächlich gezahlte Entgelt berücksichtigt und somit das Zuflussprinzip praktiziert. Entsprechende Feststellungen werden allerdings in beiden Entscheidungen nicht getroffen. Das SG führt lediglich aus, die Einzugsstellen hätten "in der Regel" bei der Ermittlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages nur die den Arbeitnehmern tatsächlich zugeflossenen Entgelte berücksichtigt. Daraus ergibt sich freilich nicht, dass die Einzugsstellen das steuerrechtliche Zuflussprinzip vertreten hätten, es bedeutet nur, dass die Einzugsstellen die vom BSG geforderten Ermittlungen zur Höhe des nicht gezahlten, aber tatsächlich geschuldeten Entgelts unterlassen haben.

Das BSG hat im Urteil vom 18.11.1980 (BSGE 51, 31), auf das sich das SG Gelsenkirchen beruft, bei Änderung einer höchstrichterlichen Rechtsprechung den betroffenen Arbeitgebern Vertrauensschutz eingeräumt, bis ihnen diese Rechtsprechung und deren Folgen bekannt gegeben worden sei. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass im vorliegenden Fall keine Änderung der Rechtsprechung in Frage steht. Auf den Bestand des Urteils des BSG vom 25.11.1964 (BSGE 22, 106), das einen Fall der untertariflichen Bezahlung betrifft, konnten die Arbeitgeber angesichts der geänderten Rechtslage (Aufhebung des Gemeinsamen Erlasses, auf dem die Entscheidung beruhte) nicht vertrauen. Spätestens seit den oben genannten Entscheidungen aus dem Jahr 1994 war die Abkehr des BSG vom Zuflussprinzip eindeutig. Demgegenüber betraf der vom BSG im Urteil vom 18.11.1980 entschiedene Fall eine Konstellation, in der die Einzugsstellen in Anwendung einer höchstrichterlichen (steuerrechtlichen) Rechtsprechung eine bestimmte Rechtsauffassung vertreten hatten.

In dem genannten Urteil geht das BSG von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) aus, wonach Vertrauensschutz dann anerkannt werden kann, wenn die Verwaltung über einen längeren Zeitraum ein Verhalten gezeigt hat, durch das beim Steuerpflichtigen der Glauben erweckt worden ist, die Behandlung des Steuerfalles entspreche dem Recht (vgl. BFHE 77, 535; 81, 353; 84, 483; 99, 293). Nach dieser Rechtsprechung verstößt eine Nachforderung gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB), wenn sie in Widerspruch zu einem vorangegangenen nachhaltigen und einen Vertrauensschutz für den Steuerpflichtigen schaffenden Verhalten der Verwaltung steht. In den genannten Entscheidungen ist insoweit der Vertrauensschutz dann bejaht worden, wenn die Verwaltung über eine längere Zeit eine bestimmte Auffassung vertreten (s. BFHE 81, 353) oder in Kenntnis der tatsächlichen Umstände von der Geltendmachung einer Steuer- oder Abgabenforderung abgesehen hatte (s. BFHE 77, 535). In der letztgenannten Entscheidung hat der BFH aber ausdrücklich darauf hingewiesen, dass allein bloß nicht sorgfältige Prüfungen durch den (damaligen) "Steueraufsichtsdienst" für sich allein Vertrauensschutz nicht begründen könnten. Dem entspricht, dass nach der ständigen Rechtsprechung des BSG das bloße "Nichtstun", also ein Unterlassen der Einzugsstelle, als Verwirkungshandeln grundsätzlich nicht ausreicht (vgl. BSGE 47, 195, 197; BSG USK 80292). Ein Unterlassen kann ein schutzwürdiges Vertrauen nur begründen, wenn der Schuldner das Nichtstun des Gläubigers nach den Umständen als bewusst und planmäßig betrachten darf (BSGE 45, 38, 48; 45, 195, 198; LSG Celle RV 1991, 95). Für ein solches bewusstes und planmäßiges "Nichtstun" der Einzugsstellen gibt es bisher keine Belege. Dass die Einzugstellen die Rechtsauffassung vertreten hätten, beitragsrechtlich sei selbst bei höheren kollektivvertraglichen Entgeltansprüchen ausschließlich von den gezahlten Entgelten auszugehen, ist selbst von der Ast. nicht behauptet worden. Die bisherigen Ermittlungen des Senats in den Berufungsverfahren gegen die genannten Urteil des SG Gelsenkirchen, die bei ihm anhängig sind (L 5 KR 191/01, 197/01), deuten auch nur darauf hin, dass die Einzugsstellen zwar das Entstehungsprinzip vertreten, dessen konsequente Durchsetzung in der vom BSG geforderten Weise aber unterlassen haben und nicht von sich aus der Frage nach einer eventuellen höheren tariflich geschuldeten Vergütung nachgegangen sind. Höchst zweifelhaft aber ist, ob die betroffenen Arbeitgeber daraus herleiten konnten, die Einzugsstellen hätten es gebilligt, dass Beiträge auch bei untertariflicher Bezahlung nur aus dem tatsächlich gezahlten Arbeitsentgelt zu entrichten seien. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass Betriebsprüfungen nach der Rechtsprechung des BSG nur den Zweck haben, einerseits Beitragsausfälle zu verhindern und andererseits die Versicherungsträger vor ungerechtfertigter Leistungsinanspruchnahme infolge der Entgegennahme von Beiträgen zu bewahren. Eine darüber hinausgehende Bedeutung kommt ihnen nicht zu, sie haben insbesondere nicht die Funktion, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen und ihm "Entlastung" zu erteilen (BSGE 47, 195, 198). Aus diesem Grund hat es das BSG stets abgelehnt, das Vertrauen des Beitragsschuldners in die Nichtbeanstandung unterbliebener Beitragsentrichtung bei Betriebsprüfungen zu schützen (BSG Breith. 1976, 303, 305; BSGE 47, 195, 198). Von daher ist es nach dem bisherigen Sachstand nicht erkennbar, dass eine tragfähige Basis für den Vertrauensschutz der Ast. vorhanden wäre.

Darüber hinaus erschiene ein Vertrauen der betroffenen Arbeitgeber auf den Fortbestand der Verwaltungspraxis der Einzugsstellen nicht schutzwürdig. Wie oben dargelegt hat das BSG den Einzugsstellen eindeutig die Befugnis und damit - nach dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung - die Pflicht zugesprochen, nicht gezahlte, aber geschuldete Entgelte zu ermitteln und die beitrags- und versicherungsrechtlichen Konsequenzen zu ziehen. Die Einzugsstellen mögen diesem Auftrag in der Vergangenheit nicht konsequent nachgekommen sein und sich mit der Prüfung der Lohnkonten auf der Grundlage der tatsächlich gezahlten Entgelte begnügt haben. Die betroffenen Arbeitgeber konnten somit allenfalls vertrauen, die für die Betriebsprüfung nunmehr zuständigen Rentenversicherungsträger würden es weiter - rechtswidrig - unterlassen, entstandene Beitragsforderungen durchzusetzen. Es ist schon zweifelhaft, ob ein Vertrauen auf den Fortbestand eines fehlerhaften Verwaltungshandelns Schutz verdient. Vertrauensschutz ist jedenfalls dann zu verneinen, wenn zugleich das Verhalten des Vertrauensschutz beanspruchenden Schuldners sich als klarer Verstoß gegen die Rechtsordnung darstellt. Die Ast. hat die seit 01.01.1997 (Tarifvertrag über Sonderzuwendungen) bzw. 01.04.1997 (Lohn- und Gehaltstarifvertrag) allgemeinverbindlich geltenden tariflichen Bestimmungen ignoriert. Die Allgemeinverbindlicherklärung eines Tarifvertrages ist ein "Gesetzesersatz" (so Wiedemann, TVG, 6. Aufl., § 5 Rdn. 6), sie ist ein staatlicher Normsetzungsakt eigener Art, mit der der Staat die Tarifnormen in seinen Willen aufnimmt (Löwisch/Rieble, TVG, § 5 Rdn. 14). Da die Allgemeinverbindlicherklärung öffentlich bekannt gegeben werden muss (§ 5 Abs. 7 TVG) folgt aus dem Grundsatz der formellen Publizität von Normen, dass sich die Ast. auf eine fehlende Kenntnis der Allgemeinverbindlicherklärungen nicht berufen kann. Darüber hinaus kann angenommen werden, dass durch Organisationen wie Industrie- und Handelskammern, Arbeitgeberverbände, Gewerkschaften und Berufsorganisationen in der Ast. zugänglichen Publikationen auf die allgemein verbindliche Erklärung hingewiesen worden ist. Bei dieser Sachlage würde es auf eine Prämierung des Verstoßes gegen geltendes (Tarif-) Recht hinauslaufen, wenn die Ast. bei Nichterfüllung arbeitsrechtlicher Ansprüche einwenden könnte, in der Vergangenheit seien entsprechende Verstöße sozialversicherungsrechtlich ebenfalls ohne Konsequenzen geblieben. Vielmehr ist es geboten, dass jedenfalls die in Höhe des geschuldeten Entgelts entstandenen Beitragsansprüche durchgesetzt werden, zumal ein erhebliches öffentliches Interesse an der vollständigen Erhebung von Beitragsansprüchen besteht (§ 76 Abs. 1 SGB IV). Dem Vertrauensschutz der Ast. ist durch die Anwendung der vierjährigen Verjährungsfrist ausreichend Rechnung getragen.

cc)
Die Beitragsforderung ist auch nicht aus sonstigen Gründen rechtswidrig. Soweit bezweifelt wird, dass die Rentenversicherungsträger bei Betriebsprüfungen die Wirksamkeit arbeitsrechtlicher Regelungen uneingeschränkt überprüfen dürfen (so Schmiedl NZS 2001, 638, 639 f), geht diese Ansicht von der - wie dargelegt - unzutreffenden Ansicht aus, das BSG habe das Zuflussprinzip nur insoweit aufgegeben, als es um die Vermeidung "krasser sozialer Nachteile" gehe. Im Übrigen räumt auch diese Ansicht ein, dass Rentenversicherungsträger in einem gewissen Umfang die Wirksamkeit arbeitsvertraglicher Regelungen prüfen dürfen. Insoweit dürfte in der Nichtbeachtung eines zwingend geltenden (§ 4 Abs. 1 TVG) allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrages ein "offensichtlicher sozialrechtlicher Missbrauch" und eine "evidente Unwirksamkeit der arbeitsrechtlichen Regelung" zu sehen sein, wenn entgegen den Bestimmungen eines solchen Tarifvertrages ein untertariflicher Lohn gezahlt wird. Da nach dem Tarifvertragsrecht weder für den Arbeitnehmer nachteilige Abmachungen (§ 4 Abs. 3 TVG) noch ein Verzicht auf entstandene Rechte möglich sind (§ 4 Abs. 4 TVG), drängt sich die Unwirksamkeit der individualvertraglichen Vereinbarung eines untertariflichen Lohnes sofort auf, so dass ein Überprüfungsrecht der Ag. in Fällen dieser Art nicht in Frage gestellt werden kann.

Die Erhebung von Beiträgen aus tariflich geschuldetem Entgelt widerspricht auch nicht den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 11.01.1995 (BVerfGE 92, 53) und 24.05.2000 (BVerfGE 102, 127) zur beitragsrechtlichen Behandlung einmalig gezahlten Arbeitsentgelts (so aber Arens BB 2001, 94, 95). Unzutreffend ist die Aussage, wenn schon das verfassungswidrige Gesetz keine Rechtsgrundlage für die Heranziehung von Einmalzahlungen biete, seien fiktive Hinzurechnungen auf der Grundlage dieses Gesetzes erst Recht unzulässig. Das BVerfG hat in beiden Entscheidungen die Weitergeltung der für verfassungswidrig erklärten Normen angeordnet, so dass weiterhin Beiträge aus einmalig gezahltem Entgelt erhoben werden durften (vgl. BVerfGE 92, 53, 74; 102, 127, 145f). Ebenso wenig trifft die Ansicht zu, die genannten Beschlüsse des BVerfG beruhten auf dem Gedanken des Äquivalenzprinzips (Versicherungsprinzip), dass die Versicherten der Beitragsabführung entsprechende Leistungen erhalten müssten. Das BVerfG hat vielmehr in beiden Entscheidungen seine ständige Rechtsprechung bekräftigt, dass es von Verfassungswegen nicht geboten sei, dass bei der Bemessung kurzfristiger Lohnersatzleistungen eine versicherungsmathematische Äquivalenz zwischen den entrichteten Beiträgen und der Höhe der Leistungen erzielt werde (BVerfGE 92, 53, 71; 102, 127, 142). Die früheren Bestimmungen über die beitragsrechtliche Behandlung von Einmalzahlungen hat das BVerfG lediglich deshalb für verfassungswidrig gehalten, weil die Einmalzahlungen bei der Leistungsbemessung nicht berücksichtigt wurden und damit Versicherte mit gleich hoher Beitragsleistung leistungsrechtlich unterschiedlich behandelt wurden und ein sachlicher Grund für diese Ungleichbehandlung nicht erkennbar war (vgl. BVerfGE 92, 53, 71 f.; 102, 127, 143 ff.).

b)
Die Aussetzung der Vollziehung kommt auch nicht wegen einer mit der Vollziehung verbundenen unbilligen Härte in Betracht. Die Ast. hat zwar in der Antragsschrift wegen der Ausschöpfung des Dispositionskredits und des Fehlens sonstiger Mittel eine unbillige Härte geltend gemacht. Davon abgesehen, dass ein einmaliger Kontostand keine Beurteilung der wirtschaftlichen Verhältnisse erlaubt und daher nicht erkennen lässt, inwiefern die Zahlung der geforderten Beiträge zur Existenzgefährdung der Ast. führen könnte, fehlen aktuelle Angaben zur wirtschaftlichen Situation der Ast. Sie hat auf den Hinweis des Gerichts, dass der bisherige Vortrag nicht ausreichend substantiiert sei, im Schriftsatz vom 09.08.2002 ausdrücklich auf entsprechenden Vortrag verzichtet, weil sie davon ausgegangen ist, eine Aussetzung sei wegen der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geboten. Im Übrigen ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass nach dem eigenen Vortrag der Ast. jedenfalls ein Teil der beteiligten Einzugsstellen Stundung gewährt hat, so dass ohnehin keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Ast. bei eventueller Vollstreckung von "Teilbeträgen" irreparable Nachteile drohen.

5.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG in der bis Inkrafttreten des 6. SGG-ÄndG geltenden Fassung. Das neue Kostenrecht ist nur in den Verfahren anzuwenden, die nach dem Inkrafttreten des 6.SGG-ÄndG anhängig geworden sind (vgl. BSG, Urteil vom 30.01.2002 - B 6 KA 12/01 R -; Urteil vom 11.04.2002 - B 3 KR 46/01 R -). Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ist am 06.12.2001 beim SG eingegangen; obwohl er an die Ag. adressiert ist, ist angesichts der Tatsache, dass die Ag. bereits über den Widerspruch entschieden und eine Aussetzung der Vollziehung abgelehnt hatte, davon auszugehen, dass das Schreiben vom 20.11.2001 als Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemeint war. Da Gerichtskosten nach § 197a SGG n.F. somit nicht anfallen, ist kein Gegenstandswert festzusetzen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
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