L 11 KA 134/02

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 26 KA 281/00
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 KA 134/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 53/03 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufungen der Beklagten und der Beigeladenen zu 1) gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 23.07.2002 werden mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte über den Honoraranspruch der Klägerin für das Quartal I/2000 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senates neu zu entscheiden hat. Die Beklagte und die Beigeladene zu 1) tragen als Gesamtschuldner die außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Berufungsverfahren. Im Übrigen haben die Beteiligten einander keine Kosten zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Höhe des Honorars für psychotherapeutische Leistungen im Quartal I/2000.

Die Klägerin ist als psychologische Psychotherapeutin in T niedergelassen und nimmt an der vertragsärztlichen Versorgung Teil. Im Quartal I/2000 belief sich ihr anerkannter Leistungsbedarf auf 403.100 Punkte für genehmigungspflichtige und 70.750 Punkte für nicht genehmigungspflichtige Leistungen des Abschn. G IV Einheitlicher Bewertungsmaßstab (EBM-Ä) sowie 3.040 Punkte für sonstige Leistungen.

Die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) errechnete das der Klägerin zustehende Honorar auf der Grundlage des Beschlusses "des Bewertungsausschusses gemäß § 87 Abs. 1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zur Festlegung der angemessenen Höhe der Vergütung ausschließlich psychotherapeutisch tätiger Vertragsärzte und -therapeuten gemäß § 85 Abs. 4 SGB V" vom 16.02.2000 (DÄBl. 2000, A-556 ff.) sowie § 11 Abs. 1 ihres Honorarverteilungsmaßstabs (abgedruckt in Westf. Ärzteblatt, Beilage zu Heft 5/2000; im Folgenden: HVM a.F.).

Nach Ziff. 2.1 des Beschlusses vom 16.02.2000 setzen die KÄVen für antrags- und genehmigungspflichtige Leistungen nach Abschn. G IV EBM-Ä zugunsten ausschließlich psychotherapeutisch tätiger Vertragsärzte und -therapeuten einen Mindestpunktwert fest, der sich für das Jahr 2000 wie folgt errechnet: Die KÄV ermittelt den IST-Umsatz eines ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Vertragsarztes bzw. -therapeuten aus dem durchschnittlichen IST-Umsatz je Arzt bzw. Therapeut in DM des Jahres 1998 (Ziff. 2.3 des Beschlusses). Dieser IST-Umsatz wird zur Festsetzung der für die betroffenen Vertragsärzte bzw. -therapeuten zutreffenden Betriebsausgaben mit 1,47 multipliziert (Ziff. 2.4 des Beschlusses). Dieser Wert entspricht der Anhebung des bundesdurchschnittlichen Umsatzes der Hausärzte im Jahr 1998 um die Standardabweichung in der Umsatzverteilung dieser Arztgruppe. Wegen der Einzelheiten wird auf die Darlegung der Beigeladenen zu 1) im Schriftsatz vom 04.04.2003 Bezug genommen. 40,2 % dieses Betrages, höchstens jedoch 66.000 DM, werden als Betriebsausgaben zugrunde gelegt (Ziff. 2.5 des Beschlusses). Diese Beträge entstammen Anl. 3 zu Abschn. A I. Teil B EBM-Ä und entsprechen dem bundesdurchschnittlichen Kostensatz der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Vertragsärzte im Jahr 1994 in Prozent bzw. den Betriebsausgaben dieser Arztgruppe in den neuen Bundesländern in DM. Sodann ermittelt die KÄV den durchschnittlichen Ertrag eines Facharztes für Allgemeinmedizin in der hausärztlichen Versorgung, indem der durchschnittliche IST-Umsatz dieser Arztgruppe im Jahr 1998 um den Kostensatz von 59,3 % (Anl. 3 zu Abschn. A I. Teil B EBM-Ä) vermindert wird (Ziff. 2.6 des Beschlusses). Dieser Betrag zuzüglich der nach Ziff. 2.5 errechneten Betriebskosten ergibt den Soll-Umsatz eines voll ausgelasteten ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Vertragsarztes bzw. -therapeuten (Ziff. 2.7 des Beschlusses). Der Mindestpunktwert errechnet sich, indem dieser Soll-Umsatz durch 2.244.600 Punkte - das entspricht dem Punktevolumen für antrags- und genehmigungspflichtige Leistungen nach Abschn. G IV EBM-Ä bei 36 Sitzungen pro Woche und 43 Arbeitswochen im Jahr - geteilt wird.

Nach § 11 Abs. 1 HVM a.F. ergab sich sodann der Verteilungspunktwert für die von ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzten und Ärzten für psychotherapeutische Medizin, psychologischen Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten erbrachten genehmigungspflichtigen Leistungen nach Abschn. G IV EBM-Ä aus den mit den Partnern der Gesamtverträge getroffenen Vergütungsregelungen.

Auf der Grundlage dieser Bestimmung errechnete die Beklagte im Quartal I/2000 für genehmigungspflichtige Leistungen nach Abschn. G IV EBM-Ä einen Punktwert von 8,2 Pf, für die übrigen Leistungen einen Punktwert von 5,5 Pf im Primär- und 6,0 Pf im Ersatzkassenbereich. Danach ergab sich für die Klägerin ein Gesamthonorar von 00.000,00 DM, davon 00.000,00 DM für genehmigungspflichtige Leistungen nach Abschn. G IV EBM-Ä (Bescheid vom 26.07.2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.11.2000 aufgrund der Sitzung des Vorstandes vom 08.11.2000).

Mit der zum Sozialgericht Dortmund (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin vorgetragen, die Beklagte habe den Punktwert von 8,2 Pf unter Verstoß gegen § 85 Abs. 4 Satz 4 SGB V und den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit ermittelt. Indem der Gesetzgeber den KÄVen auferlegt habe, eine angemessene Vergütung je Zeiteinheit für psychotherapeutische Leistungen sicherzustellen, habe er ersichtlich an die hierzu ergangene Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) angeknüpft. Hiervon sei der Bewertungsausschuss jedoch ohne sachlichen Grund zu Lasten der Psychotherapeuten abgewichen. Statt mit dem BSG auf die Verhältnisse in einer voll ausgelasteten psychotherapeutischen Praxis abzustellen, habe er lediglich auf durchschnittliche Umsatzwerte zurückgegriffen und dabei außerdem das Jahr 1998 herangezogen, in dem die Honorare nach einem zu niedrigen Punktwert berechnet worden seien. Im Ergebnis sei der Bewertungsausschuss auf diese Weise von einer unzutreffenden Praxiskostenquote von lediglich 25 % statt des vom BSG und dem EBM-Ä zugrunde gelegten Kostensatzes von 40,2 % ausgegangen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Honorarbescheides vom 26.07.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 08.11.2000 zu verurteilen, über die Höhe ihrer vertragspsychotherapeutischen Vergütung im Quartal I/2000 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Die Beklagte und die Beigeladenen zu 1), 2), 5), 6) und 8) haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zu den Motiven des Bewertungsausschusses haben sie vorgetragen: Der Beschluss vom 20.02.2000 knüpfe an die Einkommensverhältnisse des Jahres 1998 an, weil sich der Begriff "angemessen" in § 85 Abs. 4 Satz 4 SGB V auf die möglichst aktuelle Umsatz- und Ertragsentwicklung im vertragsärztlichen Bereich beziehe und das Jahr 1998 bei Beschlussfassung der zeitnächste bereits statistisch erfasste Zeitraum gewesen sei. Der Umsatz einer fiktiv voll ausgelasteten psychotherapeutischen Praxis lasse sich nur ermitteln, indem man eine durchschnittlich ausgelastete Praxis unter Berücksichtigung der Standardabweichung einer vergleichbaren Arztgruppe unter die sog. Vollauslastungshypothese stelle. Zur Ermittlung der zutreffenden Betriebskosten könne man nicht auf einen Kostenanteil von 40,2 % des Umsatzes einer nach den Maßstäben des BSG fiktiv voll ausgelasteten psychotherapeutischen Praxis abstellen. Denn zum einen sei dieser Prozentsatz seinerzeit von einem IST-Umsatz von 136.000 DM, also einer nicht voll ausgelasteten Praxis, errechnet worden. Zum anderen entwickelten sich die Betriebskosten in Abhängigkeit zum steigenden Umsatz nicht linear, sondern degressiv und lägen bei einer voll ausgelasteten Praxis damit deutlich unter 40,2 %, zumal sich solche Praxen mit einem geringen Anteil variabler Kosten betreiben ließen und überdies die Kosten z.B. einer allgemeinärztlichen Praxis schon wegen der längeren Arbeitszeit höher seien. Auch sei das BSG von den unzutreffenden Annahmen ausgegangen, eine voll ausgelastete psychotherapeutische Praxis führe je Woche 36 Therapiestunden nach Abschn. G IV EBM-Ä durch. Vielmehr erbrächten voll ausgelastete Therapeuten typischerweise neben den genehmigungspflichtigen weitere, einer Mengenausweitung zugängliche Leistungen. Zu Lasten der Psychotherapeuten sei weiter zu berücksichtigen, dass die gesetzliche Krankenversicherung durch die private Krankenversicherung quer subventioniert werde und der Anteil privat versicherter Patienten bei den Psychotherapeuten besonders hoch sei. Dementsprechend hätten sie gegen den allgemein eher rückläufigen Trend in den Jahren 1995 bis 1998 durchgängig Honorarzuwächse im zweistelligen Bereich erzielt. Schließlich habe der Bewertungsausschuss das Rechenmodell des BSG schon deshalb weiterentwickeln müssen, weil ab dem 01.01.2000 die vom Gesetzgeber verfügten sektoralen Ausgabebudgets gegolten hätten. Die Beklagte hat ihre Bindung an die Vorgaben des Bewertungsausschusses hervorgehoben und zudem darauf hingewiesen, dass auch das BSG den Psychotherapeuten keinen Mindestpunktwert von 10,0 Pf garantiert habe.

Das SG hat eine Auskunft des Bundesministeriums für Gesundheit vom 15.11.2001 eingeholt, auf die Bezug genommen wird. Mit Urteil vom 23.07.2002 hat es die Beklagte verurteilt, über die Höhe der vertragspsychotherapeutischen Vergütung der Klägerin im Quartal I/2000 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Die Honorarberechnung beruhe auf rechtswidrigen Vorgaben des Bewertungsausschusses. Dieser habe sich bei der Berechnung der Betriebskosten an den Vorgaben des BSG orientieren müssen. Zudem habe er sich zu Unrecht auf die Vergütung des Jahres 1998 bezogen, die vom BSG in mehreren Entscheidungen als zu niedrig angesehen worden sei. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf das Urteil des SG Bezug genommen.

Die Beklagte hat im Anschluss an die Entscheidung des SG § 11 Abs. 1 HVM rückwirkend geändert (Beschluss der Vertreterversammlung vom 14.12.2002; Westf. Ärzteblatt 1/2003, S. 72). Die dort bezeichneten Leistungen werden nunmehr "mindestens mit dem Punktwert, der sich aus dem jeweils gültigen Beschluss des Bewertungsausschusses nach § 85 Abs. 4 Satz 4 SGB V errechnet", vergütet.

Mit ihren Berufungen gegen das Urteil des SG wiederholen und vertiefen die Beklagte und die Beigeladene zu 1) ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Die Beklagte sowie die Beigeladenen zu 1) und 2) beantragen,

das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 23.07.2002 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des SG für zutreffend.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die Niederschrift der mündlichen Verhandlung Bezug genommen. Der Verwaltungsvorgang der Beklagten ist beigezogen worden und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat kann verhandeln und entscheiden, obwohl die Beigeladenen zu 3) bis 9) und 13) in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten waren, weil sie mit der ordnungsgemäßen Terminsbenachrichtigung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden sind.

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das SG hat zu Recht entschieden, dass der angefochtene Honorarbescheid rechtswidrig ist und die Klägerin Anspruch auf Neufeststellung ihres Honorars hat, soweit die Beklagte die antrags- und genehmigungspflichtigen Leistungen der Klägerin nach Abschn. G IV EBM-Ä vergütet und dabei den Beschluss des Bewertungsausschusses zur Festlegung der angemessenen Höhe der Vergütung ausschließlich psychotherapeutisch tätiger Vertragsärzte und -therapeuten gemäß § 85 Abs. 4a SGB V vom 16.02.2000 zugrunde gelegt hat.

I.

Zwischen den Beteiligten steht außer Streit, dass die Klägerin dem Anwendungsbereich des Beschlusses vom 16.02.2000 unterfällt. Denn sie ist ausschließlich psychotherapeutisch tätige Vertragspsychotherapeutin im Sinne von Ziff. 2.2 des Beschlusses, weil sie mehr als 90 % ihres Gesamtleistungsbedarfs aus den Leistungen des Abschn. G IV EBM-Ä erzielt.

II.

Der Beschluss des Bewertungsausschusses vom 16.02.2000 ist rechtswidrig.

Er ist einer gerichtlichen Kontrolle zugänglich. Zwar ist er - ebenso wie die Bestimmungen des EBM-Ä einschließlich der bundesdurchschnittlichen Kostensätze (vgl. hierzu BSGE 81, 86, 89; BSGE 83, 218, 219 f. BSGE 88, 126, 133; BSG, SozR 3-2500 § 87 Nr. 34) - ein Akt der Normsetzung. Das ergibt sich schon aus dem gesetzgeberischen Auftrag, der in erster Linie zu einer verbindlichen Wertung, nämlich der Festsetzung einer angemessenen Vergütung, verpflichtet. Daraus folgt zugleich, dass der Bewertungsausschuss bei der ihm überantworteten Rechtsetzung eine Gestaltungsfreiheit hat (vgl z.B. BVerfGE 97, 271, 290 f.; BVerfGE 69, 150, 159 f. m.w.N.; BSGE 88, 126, 133 f.), die die Rechtsprechung respektieren muss und nur in Ausnahmefällen korrigieren darf. Indessen ist dieser Gestaltungsspielraum nicht unbeschränkt. Vielmehr ergeben sich seine Grenzen einmal aus den Vorgaben der Ermächtigungsgrundlage, die sich durch Auslegung ermitteln lassen und deren Einhaltung die Gerichte in vollem Umfang überprüfen können. Soweit der Bewertungsausschuss überdies im Rahmen seines eigenen Normprogramms auf tatsächliche Verhältnisse Bezug nimmt, dürfen die Gerichte überprüfen, ob dies in sachgerechter Weise geschehen ist (vgl. hierzu BSG, SozR 3-2500 § 87 Nr. 34).

Nach § 85 Abs. 4 Satz 1 letzter Halbsatz SGB V hat der Bewertungsausschuss den Inhalt der Regelungen zur Vergütung der Leistungen der Psychotherapeuten und der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte in den Honorarverteilungsmaßstäben der KÄVen zu bestimmen. Dabei muss er eine angemessene Höhe der Vergütung dieser Leistungen je Zeiteinheit gewährleisten (§ 85 Abs. 4 Satz 4 SGB V).

Wie bereits das SG im Einzelnen dargelegt hat, hat der Gesetzgeber mit diesen zum 01.01.2000 durch das Gesetz zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000 (GKV-GR 2000) in Kraft getretenen Regelungen die Rechtsprechung des BSG zur Vergütung psychotherapeutischer Leistungen in gesetzlicher Form verfestigt (Engelhard in Hauck/Haines, SGB V, § 85 Rdnr. 79; Hess in KassKomm, § 85 SGB V Rdnr. 79; Kleine-Cosack, PuR 2001, 105 ff.; Rath, MedR 2001, 60 ff.; Spellbrink in Schnapp/Wigge, Handbuch des Vertragsarztrechts, § 13 Rdnr. 69, 73). Die gegenwärtige Fassung geht zurück auf die Beschlussempfehlung und den Bericht des Ausschusses für Gesundheit zu § 87a des Entwurfs zum GKV-GR 2000. Sie soll sicherstellen, dass bei der Ausgestaltung des Honorarverteilungsmaßstabs die Besonderheiten des Leistungsspektrums der Psychotherapeuten und der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte berücksichtigt werden. Diese Besonderheiten sieht der Ausschuss darin, dass die genannten Leistungserbringer (fast) ausschließlich zeitgebundene Leistungen erbringen und damit von dem durch Mengenausweitungen im vertragsärztlichen Bereich hervorgerufenen Punktwertverfall in besonderem Maße betroffen sind (BT-Drucks. 14/1977, S. 165 zu Art 1 Nr. 45). Damit bezieht sich die amtliche Begründung ersichtlich auf die Rechtsprechung des BSG, wonach in einem solchen Fall das dem Gebot der Honorarverteilungsgerechtigkeit (Art 12 Abs. 1 i.V.m. Art 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG)) innewohnende Differenzierungsgebot verletzt sein kann. Aus diesem Grund hat das BSG den KÄVen eine Handlungs- und Korrekturpflicht auferlegt, wenn der vertragsärztliche Umsatz voll ausgelasteter psychotherapeutisch tätiger Ärzte, soweit sie überwiegend oder ausschließlich zeitabhängige und genehmigungsbedürftige Leistungen erbringen, erheblich sogar hinter dem durchschnittlichen Praxisüberschuss vergleichbarer Arztgruppen zurückbleibt (BSGE 83, 205, 213 ff.; BSGE 84, 235, 238 ff.; BSG, SozR 3-2500 § 85 Nr. 35; BSG, SozR 3-2500 § 85 Nr. 41). Diese ohne gesetzliche Grundlage zunächst nur bis zum Jahr 1998 bestehende Handlungs- und Korrekturpflicht ist durch die Verpflichtung, eine angemessene Vergütung zeitabhängiger psychotherapeutischer Leistungen zu gewährleisten, durch § 85 Abs. 4 Satz 4 SGB V nunmehr verfestigt worden. Einer dahingehenden Auslegung der Vorschrift steht nicht entgegen, dass für das Jahr 1999 in Gestalt von Art 11 des Gesetzes über die Berufe des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (EinfG-PsychThG) eine Sonderregelung gegolten hat. Denn hierbei hat es sich um eine zeitlich von vornherein begrenzte Übergangsbestimmung im unmittelbarem Zusammenhang mit der Neuordnung der psychotherapeutischen Berufsfelder gehandelt (ebenso BSG; SozR 3-2500 § 85 Nr. 49). Es bestehen daher keine Bedenken anzunehmen, dass der Gesetzgeber in Gestalt von § 85 Abs. 4 Satz 4 SGB V grundsätzlich an die vor dieser Neuordnung für richtig erkannten Vergütungsgrundsätze anknüpfen wollte.

Zur Konkretisierung der aus dem Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit abgeleiteten Handlungs- und Korrekturpflicht der KÄVen hat das BSG für die Zeit bis 1998 den mit einer voll ausgelasteten psychotherapeutischen Praxis erzielbaren Gewinn dem Gewinn einer durchschnittlichen allgemeinärztlichen Praxis gegenübergestellt. Ausgehend von einem im Jahr 1996 durchschnittlich erzielten Honorarumsatz von 320.700 DM habe dieser bei Praxiskosten von 57,9 % durchschnittlich 135.014 DM betragen. Bei Einsatz der vollen möglichen Arbeitszeit könne ein Psychotherapeut 43 Arbeitswochen jährlich 36 Therapiestunden wöchentlich durchführen. Da die maßgeblichen Leistungen des Abschn. G IV EBM-Ä mit 1.450 Punkten bewertet seien, ergebe dies einen jährlichen Leistungsbedarf von 2.244.600 Punkten. Bei einem Punktwert von 10,0 Pf und einem Praxiskostensatz von 40,2 % für psychotherapeutisch tätige Vertragsärzte sowie Ärzte mit psychotherapeutischer Medizin gemäß Anl. 3 zu Abschn. A I. Teil B EBM-Ä hat das BSG einen Gewinn von 134.227 DM errechnet, der in etwa demjenigen der Allgemeinmediziner und praktischen Ärzte entspreche (vgl. im Einzelnen BSGE 84, 235, 239 ff.).

Dieses überzeugende und in sich schlüssige Rechenmodell hat der Gesetzgeber in Gestalt einer bereits mit Urteil vom 20.01.1999 begründeten und mit Entscheidungen vom 25.08.1999 gefestigten Rechtsprechung vorgefunden, als er an die Rechtsprechung des BSG zur Honorarverteilungsgerechtigkeit mit § 85 Abs. 4 Satz 4, Abs. 4a Satz 1 SGB V angeknüpft hat. Dabei hat er darauf verzichtet, ein eigenständiges gesetzliches Modell zur Gewährleistung einer angemessenen Vergütung zeitabhängiger und genehmigungspflichtiger psychotherapeutischer Leistungen zu entwickeln, sondern den Bewertungsausschuss beauftragt, entsprechende Regelungen zu schaffen.

Hieraus ergibt sich eine Beschränkung des dem Bewertungsausschuss im Rahmen von § 85 Abs. 4a Satz 1 SGB V zustehenden Gestaltungsspielraums in doppelter Hinsicht: Zum einen muss jedes Regelungsmodell zur Verwirklichung der Honorargerechtigkeit und damit im Ergebnis dazu führen, dass eine voll ausgelastete psychotherapeutische Praxis ungefähr den gleichen Gewinn erwirtschaften kann wie eine durchschnittliche Praxis einer vergleichbaren Arztgruppe. Wenn und soweit er dabei zum anderen das Berechnungsmodell des BSG als Ausgangspunkt der nach § 85 Abs. 4a Satz 1 letzter Halbsatz SGB V zu treffenden Regelung nimmt, müssen etwaige Modifizierungen sachlich begründet und im Hinblick auf das zugrunde liegende Normkonzept in sich widerspruchsfrei sein.

Diesen Anforderungen wird der Beschluss des Bewertungsausschusses vom 16.02.2000 nicht gerecht.

Der Beschluss knüpft ersichtlich an das Rechenwerk des BSG an, verändert es jedoch in wesentlichen Punkten. Im Rechenwerk des BSG wie des Bewertungsausschusses gibt es drei zentrale Größen einer psychotherapeutischen Praxis: die Betriebskosten, den Gesamtleistungsbedarf und den zur Erzielung des Gewinns einer durchschnittlichen allgemeinärztlichen Praxis erforderlichen Umsatz. Während jedoch das BSG alle drei Größen einheitlich ausgehend von derselben Bezugsgröße ermittelt, nämlich einer fiktiv voll ausgelasteten Praxis mit 43 Arbeitswochen zu je 36 Therapiestunden, stellt der Bewertungsausschuss hierauf lediglich für den Gesamtleistungsbedarf ab. Demgegenüber errechnet er die Betriebskosten ausgehend von tatsächlichen Umsatzzahlen aus einem abweichenden Bezugszeitraum (1998) und den erforderlichen Umsatz aus einer Kombination beider Elemente. Diese Differenzierung erweist sich als nicht sachgerechte Anknüpfung an tatsächliche Umstände und in rechtlicher Hinsicht als widersprüchlich und systemwidrig.

Der Bewertungsausschuss hat zunächst in sachwidriger Weise die Modellrechnung des BSG zur fiktiv voll ausgelasteten psychotherapeutischen Praxis korrigiert, indem er für die Betriebskosten statt des mit einer solchen Praxis fiktiv erzielbaren Umsatzes auf die durchschnittlichen Umsätze einer psychotherapeutischen Praxis im Jahre 1998 abgestellt und diese anhand der für hausärztliche Praxen maßgebenden Standardabweichung hochgerechnet hat.

Bereits das Anknüpfen an die Umsätze des Jahres 1998 ist nicht sachgerecht, weil die Verhältnisse in der psychotherapeutischen Versorgung der gesetzlich Krankenversicherten in diesem Jahr diejenigen des Jahres 2000 in keiner Weise abbilden. Die Beigeladene zu 1) hat selbst vorgetragen, dass im Jahr 1998 insgesamt 9.830 Leistungserbringer (ärztliche Psychotherapeuten und psychologische Psychotherapeuten) zur Versorgung der gesetzlich Krankenversicherten zur Verfügung gestanden haben. Diese Zahl hat sich bis zum Jahr 2000 aufgrund der Überführung der psychologischen Psychotherapeuten sowie der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten in das System der vertragsärztlichen Versorgung auf 17.049 erhöht (KBV-Grunddaten 2001, Tabellen A-10 und A-36), also fast verdoppelt. Noch deutlicher wird die Divergenz im Zuständigkeitsbereich der Beklagten, wo nach den Feststellungen des Senates im Jahr 1998 532 Leistungserbringer (davon 396 im Delegationsverfahren) und im Jahr 2000 bereits 1.232 Leistungserbringer tätig waren. Überdies ist dem Senat aus zahlreichen Zulassungsstreitigkeiten bekannt, dass die Mehrheit der 1998 im Delegationsverfahren tätigen Psychotherapeuten in erheblichem Umfang anderen, teilweise hauptamtlichen Tätigkeiten nachgegangen ist. Schließlich hat schon im Jahr 1998, auch im Zuständigkeitsbereich der Beklagten, für zeitgebundene genehmigungspflichtige psychotherapeutische Leistungen eine Stützungsverpflichtung bestanden. Die bislang ermittelten Honorare spiegeln daher nicht das angemessene" Honorar der betroffenen Vertragsärzte und -psychotherapeuten wider. Dementsprechend hat die Beklagte auf Anfrage des Senates mitgeteilt, dass sich allein aufgrund einer Hochrechnung der im Jahr 1998 erzielten psychotherapeutischen Honorare auf einen Punktwert von 10,0 Pf bei ansonsten unveränderter Anwendung des Rechenmodells des Bewertungsausschusses der Punktwert für das Quartal I/2000 von 8,24 Pf auf 8,57 Pf erhöhen würde.

Ebenso wenig nachvollziehbar ist es, zur Ermittlung des Umsatzes einer fiktiv voll ausgelasteten Praxis die Honorare einer durchschnittlich ausgelasteten Praxis mit Hilfe der empirischen Standardabweichung hochzurechnen. Rein mathematisch betrachtet, erhält man auf diese Weise nicht den Umsatz einer voll ausgelasteten Praxis, sondern vielmehr einer Praxis, die im Durchschnitt der überdurchschnittlich ausgelasteten Praxen liegt. Es kommt hinzu, dass die für hausärztliche Praxen ermittelte Standardabweichung sich nicht schlüssig auf psychotherapeutische Praxen übertragen lässt. Wären die Verhältnisse insoweit vergleichbar, wäre es gar nicht zu den vorliegenden Streitigkeiten gekommen. Denn die Besonderheit der psychotherapeutischen Praxen besteht ja gerade darin, dass ihr Auslastungsgrad aufgrund der zeitabhängigen und vielfach genehmigungspflichtigen Leistungen nur in einem sehr beschränkten Maße vom Leistungserbringer beeinflusst werden kann. Überdies ist für den Senat nicht erkennbar und von den Beteiligten auch nicht nachvollziehbar dargelegt worden, dass die statistische Verteilung der Einkommensverhältnisse bei hausärztlichen Praxen denen bei psychotherapeutischen Praxen auch nur annähernd entspricht. Vielmehr legt der unterschiedliche Verlauf der Kurven betreffend die absolute Häufigkeitsverteilung nach Honorarklassen eher die Annahme nahe, dass bei den Psychotherapeuten ein erheblich höherer Prozentsatz der Leistungserbringer einen Verdienst oberhalb des oberen Durchschnitts erzielt als bei den Hausärzten.

Soweit das Rechenwerk des Bewertungsausschusses für fiktiv voll ausgelastete psychotherapeutische Praxen einen Kostensatz von weniger als 40,2 % ergibt (für den Bereich der Beklagten errechnen sich nach dem Rechenmodell lediglich Praxiskosten von 53.714 DM und damit eine Kostenquote von nur 23,9 %), ist dies ebenfalls rechtswidrig. Der Bewertungsausschuss ist damit einmal vom Berechnungskonzept des BSG und zum anderen von seinem eigenen, in Anl. 3 zu Abschn. A I. Teil B EBM-Ä zum Ausdruck gekommenen Normkonzept linearer Kostensätze abgewichen. Hierfür ist ein einleuchtender Grund nicht erkennbar. Er liegt vor allem nicht in dem zentralen Argument der Beklagten und der Beigeladenen zu 1), psychotherapeutische Praxen mit hohem Umsatz wiesen aufgrund ihrer geringen variablen Kosten eine atypische degressive Kostenentwicklung auf, der ein linearer Kostensatz von 40,2 % nicht gerecht werde.

Der auf der Grundlage von § 85 Abs. 4a Satz 1 letzter Halbsatz SGB V gefasste Beschluss vom 16.02.2000 kann nicht isoliert, sondern nur als Teil des dem Bewertungsausschuss insgesamt übertragenen Auftrags zur Normsetzung verstanden werden, zu dem neben der Entwicklung von Kriterien zur Verteilung der Gesamtvergütung auch die Bewertung der vertragsärztlichen Leistungen (§ 87 Abs. 2 SGB V) und die Einführung von Instrumenten zur Leistungssteuerung (§ 87 Abs. 2a SGB V) gehört. Zu den Grundbedingungen dieses Systems gehört dabei die Erkenntnis, dass sich die Betriebsausgaben einer vertragsärztlichen Praxis nicht proportional zum Umsatz entwickeln, sondern dass insbesondere umsatzstarke Praxen im Hinblick auf Rationalisierungsmöglichkeiten degressive Fixkosten haben. Im vertragszahnärztlichen Bereich hat dies sogar zur Einführung des degressiven Punktwertes geführt (§ 85 Abs. 4b bis 4f SGB V), den das BSG ausdrücklich gebilligt hat (vgl. BSGE 80, 223, 230). Gleichwohl und obwohl zu diesem Zeitpunkt das Instrument der Punktwertdegression bereits bekannt war, hat der Bewertungsausschuss bei der Einführung der Praxisbudgets auf eine Abstaffelung der Kostensätze verzichtet und statt dessen für alle Arztgruppen einen arztgruppenbezogenen linearen Kostensatz festgesetzt, der für die ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte 40,2 % beträgt.

Vor diesem systematischen Hintergrund ist die Entscheidung, im Rahmen der Praxisbudgets an einer linearen Kostenquote festzuhalten, demgegenüber aber für die Vergütung zeitabhängiger genehmigungspflichtiger psychotherapeutischer Leistungen von einer degressiven Kostenentwicklung im umsatzstarken Bereich auszugehen, nicht nachvollziehbar. Denn es ist nicht ersichtlich, wieso für die ins Praxisbudget fallenden psychotherapeutischen Leistungen (die von dem in Anl. 3 zu Abschn. A I. Teil B EBM-Ä geregelten Kostensatz betroffen sind) eine andere Kostenquote gelten sollte als für Leistungen nach Abschn. G IV EBM-Ä. Das gilt umso mehr, als die ins Praxisbudget fallenden Leistungen am Gesamtumsatz ohnehin nur einen Anteil von weniger als 10,0 % haben dürfen und daher die Umsatzentwicklung kaum maßgeblich beeinflussen werden.

Ebenso wenig hat der Bewertungsausschuss seine Entscheidung in tatsächlicher Hinsicht einleuchtend begründet. Bei Beschlussfassung haben ihm, soweit ersichtlich, keine Erhebungen vorgelegen, die die Annahme einer ungewöhnlich starken degressiven Entwicklung der Kosten im umsatzstarken Bereich stützten. Sie lässt sich auch nicht aus den im gerichtlichen Verfahren beigebrachten Unterlagen ableiten. Nach dem Bericht des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung zur Sonderauswertung für Psychotherapeuten zur Kostenstrukturanalyse 1999 beträgt der Kostensatz zwar bei durchschnittlich 20 bis 25 Wochenstunden nur 37,3 % und bei durchschnittlich 25 bis 30 Wochenstunden 37,9 %. Demgegenüber liegt er jedoch gerade im umsatzstarken Bereich von mehr als 30 Wochenstunden bei 42,3 %. Dem vom Bundesministerium für Gesundheit mit seiner Auskunft an das SG überreichten Bericht der KMPG Deutsche Treuhand-Gesellschaft über die Auswertung der empirischen Erhebung "Ärzte in freier Praxis" für die Beigeladene zu 1) ist für ärztliche Psychotherapeuten sogar eine Kostenquote von 42,6 % zu entnehmen. Danach bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass sich die Kostenquote in einer Größenordnung von 23,9 % bewegen könnte.

Die übrigen vornehmlich von der Beigeladenen zu 1) zur Rechtfertigung des Beschlusses vom 16.02.2000 vorgetragenen Argumente vermögen ihn nicht zu tragen.

Da der Bewertungsausschuss das Rechenmodell des BSG im Kern nur hinsichtlich des Kostensatzes einer voll ausgelasteten psychotherapeutischen Praxis modifiziert hat, können insoweit nur solche Gründe von Gewicht sein, die diese Kostenquote beeinflussen. Weder die zum 01.01.2000 eingeführte Trennung von haus- und fachärztlicher Vergütung noch die angeblich eher rückläufigen Einnahmen anderer Arztgruppen wirken sich jedoch auf den Kostensatz für psychotherapeutische Praxen aus. Diese Gesichtspunkte können allenfalls für die Zukunft dazu führen, von der Vergleichsgruppe der Allgemeinärzte Abstand zu nehmen und statt dessen z.B. auf den durchschnittlichen Gewinn aller Fachärzte oder aller Ärzte mit Praxisbudget abzustellen (vgl. hierzu Ziff. 2.2.4 des ab 01.07.2002 geltenden Beschluss des Bewertungsausschusses, DÄBl. PP 1, April 2002, S. 178 ff.).

Gleiches gilt für die Überlegung der Beigeladenen zu 1), das BSG habe den Psychotherapeuten und ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzten zu Unrecht die Möglichkeit der Leistungsausweitung abgesprochen. Abgesehen davon ist dem Bewertungsausschuss eine Berücksichtigung dieses Gesichtspunktes schon deshalb verwehrt, weil der Gesetzgeber ihn sich ausweislich der amtlichen Begründung ausdrücklich zu Eigen gemacht hat. Dies ist für den Bewertungsausschuss bindend.

Ebenfalls ohne Erfolg weist die Beigeladene zu 1) darauf hin, dass psychotherapeutische Praxen in einem besonders hohen Maß durch privatversicherte Patienten quer subventioniert würden. Abgesehen davon, dass sich dies gegebenenfalls auch auf den Kostensatz im Bereich der Praxisbudgets auswirken müsste, sind die zum Beleg dieser These angeführten Zahlen aus den Jahren 1991 bis 1998 schon deshalb nicht aussagekräftig, weil zum damaligen Zeitpunkt zahlreiche gesetzlich Krankenversicherte psychotherapeutische Leistungen als Selbstzahler in Anspruch genommen haben und dementsprechend als Privatpatienten geführt worden sind. Zudem wirkt die Annahme einer voll ausgelasteten psychotherapeutischen Praxis in der Modellrechnung insoweit gerade zu Lasten der Psychotherapeuten, weil sie im Hinblick auf das Erfordernis der zeitlichen Vollauslastung die Möglichkeit, Einnahmen aus Privatbehandlungen zu erzielen, anders als bei der Vergleichsgruppe der durch die Behandlung gesetzlich Versicherter nur durchschnittlich ausgelasteten Allgemeinmediziner ausschließt. Auch im Übrigen ist der Ansicht, die Psychotherapeuten bzw. ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte würden durch einen Kostensatz von 40,2 % unangemessen begünstigt, entgegenzuhalten, dass sie durch die meisten Annahmen in der Modellrechnung des BSG (z.B. die Beschränkung der Praxistätigkeit auf 43 Wochen im Jahr und den Vergleich einer optimierten psychotherapeutischen Praxis mit einer lediglich durchschnittlichen allgemeinärztlichen Praxis) eher benachteiligt werden (vgl. zu diesen Aspekten bereits BSGE 84, 235, 241, BSG, SozR 3-2500 § 85 Nr. 41).

Der Beschluss vom 16.02.2000 ist schließlich auch nicht als Anfangs- und Erprobungsregelung im Hinblick auf die zu Beginn des Jahres 2000 gerade erst vollzogene Eingliederung der Psychotherapeuten in das vertragsärztliche System und die zeitgleich wirksam werdende Trennung in haus- und fachärztliche Vergütung zu halten. Denn das Berechnungsmodell des Bewertungsausschusses ist bereits im Ansatz verfehlt, und seine strukturellen Mängel sind überdies, wie bereits dargelegt, durch diese Besonderheiten nicht zu erklären.

III.

Bei einer Neufassung des Beschlusses nach § 85 Abs. 4a Satz 1 letzter Halbsatz SGB V wird der Bewertungsausschuss sicherzustellen haben, dass der Gewinn einer voll ausgelasteten psychotherapeutischen Praxis nicht wesentlich hinter dem durchschnittlichen Überschuss einer vergleichbaren ärztlichen Praxis zurückbleibt. Jedenfalls für das Quartal I/2000 bestehen dabei keine Bedenken, auf die Vergleichsgruppe der Allgemeinärzte zurückzugreifen.

Der Bewertungsausschuss wird dabei davon ausgehen müssen, dass eine voll ausgelastete psychotherapeutische Praxis einen Kostensatz von 40,2 % aufweist. Selbst wenn sich insoweit die Berechnungen des Zentralinstituts, das jedenfalls im gehobenen Umsatzbereich von 37,3 % ausgegangen ist, als zutreffend erweisen sollten, ist eine abweichende Beurteilung nicht gerechtfertigt. Denn im Hinblick darauf, dass eine rückwirkende Anpassung des Kostensatzes für die Berechnung der Praxisbudgets nicht in Betracht kommt, kann aus Gründen der Widerspruchsfreiheit im System für den Beschluss nach § 85 Abs. 4a Satz 1 letzter Halbsatz SGB V nichts anderes gelten. Abgesehen davon wiche ein Kostensatz von 37,3 % nicht so signifikant von der normativen Vorgabe 40,2 % ab, dass eine Anpassung bereits geboten wäre (vgl. dazu BSG, SozR 3-2500 § 85 Nr. 41; BSG, SozR 3-2500 § 87 Nr. 34).

Die auf der Grundlage des Beschlusses gemäß § 85 Abs. 4a Satz 1 letzter Halbsatz SGB V in den Honorarverteilungsmaßstäben zu treffenden Regelungen müssen hingegen nicht sicherstellen, dass zeitgebundene genehmigungspflichtige Leistungen nach Abschn. G IV EBM-Ä zwingend mit einem Punktwert von 10,0 Pf vergütet werden. Das BSG hat bereits dargelegt, dass die Forderung nach einem Punktwert in dieser Höhe nur insoweit gilt, als der Gesamtvergütungsanteil für psychotherapeutische Leistungen allein durch den HVM bestimmt wird (wie dies bis zum 31.12.1998 der Fall war) und nicht unmittelbar durch Gesetz festgelegt ist. Auch bloße gesetzliche Rahmenbestimmungen wie § 85 Abs. 4 Satz 4 i.V.m. Abs. 4a Satz 1 letzter Halbsatz SGB V können danach zur Folge haben, dass sich ein niedrigerer Punktwert ergibt, ohne dass damit Rechte der Psychotherapeuten verletzt werden (BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 49). Dieser Beurteilung schließt sich der Senat an.

Der Bewertungsausschuss wird bei seiner erneuten Beschlussfassung berücksichtigen dürfen, dass die Psychotherapeuten und ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte zusätzlich zu den Honoraren aus zeitgebundenen genehmigungspflichtigen Leistungen des Abschn. G IV EBM-Ä auch sonstige Einnahmen aus der Behandlung von Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung erzielen. Die zwischenzeitlich im Wesentlichen abgeschlossene Einbeziehung der Psychotherapeuten in die vertragsärztliche Versorgung und die aufgrund dessen nunmehr zur Verfügung stehenden Erkenntnisse über die Leistungsstrukturen psychotherapeutischer Praxen erlauben nämlich eine dahingehende Verfeinerung der vom BSG entwickelten typisierenden Modellrechnung. Nach den Feststellungen des Senates ist davon auszugehen, dass etwa 85 % des Honorarumsatzes der von dieser Modellrechnung begünstigten Therapeuten aus zeitgebundenen genehmigungspflichtigen Leistungen erzielt werden, während etwa 15 % aus sonstigen Leistungen stammen, wie auch der vorliegende Fall zeigt. Zu diesen gehören z.B. die Erhebung des psychodynamischen Status (Nr. 860 EBM-Ä), Berichte (Nrn. 866, 868 EBM-Ä) und probatorische Sitzungen (Nr. 870 EBM-Ä). Diese Leistungen treten dabei nicht etwa an die Stelle von zeitgebundenen genehmigungspflichtigen Leistungen, sondern zu ihnen hinzu. Sie führen damit zu einer Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit (vgl. bereits BSGE 84, 235, 240), ermöglichen auf diese Weise aber auch zusätzliche Einkünfte. Die Schätzung eines Anteils dieser Leistungen am Gesamthonorar erfolgt dabei eher zugunsten der Psychotherapeuten, nachdem die Beklagte auf Anfrage des Senates für das Jahr 2000 einen durchschnittlichen Honoraranteil der genehmigungspflichtigen Leistungen nach Abschn. G IV EBM-Ä in Höhe von "nur" 79,96 % des Gesamthonorars errechnet hat.

Sollte sich aufgrund des für eine erneute Beschlussfassung heranzuziehenden bundesweiten Datenmaterials diese Schätzung bestätigen, würde es zur Wahrung der Honorargerechtigkeit ausreichen, wenn 85 % des für den vom BSG erforderlich gehaltenen Honorarumsatzes von 224.460 DM, also rund 190.800 DM, mit dem aus zeitgebundenen genehmigungspflichtigen Leistungen erzielbaren Gesamtleistungsbedarf von 2.244.600 Punkten erwirtschaftet würden. Das entspräche einem Punktwert für solche Leistungen von 8,5 Pf.

Lediglich der Klarstellung halber weist der Senat darauf hin, dass er sich der Auffassung des SG anschließt, wonach die Garantie eines Mindestpunktwertes nicht für probatorische Sitzungen gilt. Da über diese Frage im Berufungsverfahren nicht mehr gestritten worden ist, wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die entsprechenden Ausführungen im Urteil des SG Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) analog).

IV.

Nach erneuter Beschlussfassung des Bewertungsausschusses wird die Beklagte den Honoraranspruch der Klägerin auf der Grundlage ihres mit Beschluss vom 14.12.2002 neu gefassten § 11 Abs. 1 HVM neu zu berechnen haben. Anhaltspunkte dafür, dass in ihrem Bereich die Umsätze einzelner Arztgruppen aus vertragsärztlicher Tätigkeit signifikant hinter den vom Bewertungsausschuss zugrunde zu legenden bundesweiten Durchschnittswerten zurückblieben, sind weder erkennbar noch vorgetragen. Mit Rücksicht darauf kann dahingestellt bleiben, ob derartige Besonderheiten im HVM der jeweiligen KÄV geregelt werden könnten oder einer gesonderten Regelung, z.B. im Sinne einer Öffnungsklausel, im Beschluss des Bewertungsausschusses nach § 85 Abs. 4a Satz 1 letzter Halbsatz SGB V bedürften.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG in der bis zum 01.01.2002 geltenden Fassung. Die Revision war wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Rechtskraft
Aus
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