L 12 AL 213/02

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 29 AL 205/01
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 12 AL 213/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 18.10.2002 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Auszahlung eines Eingliederungszuschusses.

Die Klägerin, die einen Freizeitpark betreibt, beantragte am 15.03.1998 für die Einstellung der 1941 geborenen ... K ... (K) einen Eingliederungszuschuss für ältere Arbeitnehmer für die Dauer von 60 Monaten in Höhe von 70 % des für die Bemessung berücksichtigungsfähigen Arbeitsentgelts.

Der am 03.07.1998 unterzeichnete schriftliche Antrag enthält die Angabe, dass die Arbeitsaufnahme der K am 10.04.1998 erfolgte und auch an diesem Tag ein unbefristeter Arbeitsvertrag abgeschlossen wurde.

Mit Bescheid vom 05.11.1998 bewilligte die Beklagte einen Zuschuss in Höhe von 2.545, 20 DM monatlich für den Förderungszeitraum 10.04.1998 bis 09.04.2000. Der Bescheid enthielt verschiedene Nebenbestimmungen, unter anderem den Hinweis, dass der Eingliederungszuschuss zurückzuzahlen ist, wenn das Beschäftigungsverhältnis während des Förderungszeitraums beendet wird.

Im November 1998 übersandte die Klägerin einen Versicherungsnachweis. Danach erfolgte die Beschäftigung nur bis zum 18.10.1998. Die Klägerin gab ergänzend an, der Arbeitsvertrag mit K sei vom 10.04.1998 bis 18.10.1998 befristet gewesen. Ausweislich der Akte erfolgte noch im November eine Abrechnung des Eingliederungszuschusses unter Berücksichtigung der tatsächlichen Beschäftigungszeit. Für einen Zeitraum nach dem 18.10.1998 wurden keine weiteren Leistungen erbracht.

Mit Schreiben vom 10.05.1999 - Eingang bei der Beklagten am 11.05.1999 - übersandte die Klägerin einen neuen Arbeitsvertrag mit K (befristet vom 02.04.1999 bis 17.10.1999) und bat darum, den Zuschuss ab 01.04.1999 wieder zu gewähren.

Unter dem 07.07.1999 erteilte die Beklagte unter Bezugnahme auf den Antrag vom 10.05.1999 einen Ablehnungsbescheid. Sie führte aus, dem Antrag der Klägerin auf Förderung könne nicht entsprochen werden. Die Förderung sei wegen der Vorbeschäftigung der K ausgeschlossen. Dieser Bescheid wurde bindend.

Nach Anhörung der Klägerin erteilte die Beklagte des weiteren unter dem 09.09.1999 einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid, mit dem die Leistungsbewilligung für die Zeit vom 10.04.1998 ganz aufgehoben und ein Erstattungsanspruch in Höhe von 16.034,76 DM geltend gemacht wurde. Der Widerspruch der Klägerin gegen diesen Bescheid war erfolglos. In dem sich anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Dortmund (Az. S 29 AL 98/00) wurde am 28.05.2001 der für K zuständige Arbeitsvermittler als Zeuge gehört. Er gab unter anderem an, er habe gewusst, dass ein Saisonarbeitsvertrag geschlossen werden würde. Es sei auch richtig, dass er den Förderungsantrag ausgefüllt habe und dieser von einem Vertreter der Klägerin nur unterschrieben worden sei. Die Beklagte hob daraufhin nach einem Hinweis des SG den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 09.09.1999 auf.

Mit Schriftsätzen vom 18. und 28. Juni 2001 forderte die Klägerin die Auszahlung eines weiteren Eingliederungszuschusses, und zwar für die Beschäftigung der K ab dem 01.04.1999.

Die Beklagte lehnte dies ab.

Daraufhin hat die Klägerin am 06.08.2001 Leistungsklage vor dem SG Dortmund erhoben und die Auffassung vertreten: Ein Zahlungsanspruch ergebe sich aus dem Bewilligungsbescheid vom 05.11.1998. Etwas anderes folge auch nicht aus dem Ablehnungsbescheid vom 07.07.1999. Mit diesem Bescheid sei lediglich ein "Antrag" beschieden worden, der gar nicht gestellt worden sei. Deshalb habe sie damals auch keine Veranlassung gesehen, gegen den Bescheid Widerspruch einzulegen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, ihr die mit Bescheid vom 05.11.1998 bewilligten Lohnkostenzuschüsse für die Arbeitnehmerin K auch für den Beschäftigungszeitraum im Jahr 1999 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, die Förderungszusage habe lediglich für das am 10.04.1998 begonnene Beschäftigungsverhältnis gegolten, aber nicht für weitere Beschäftigungsverhältnisse zwischen der Klägerin und der K. Für das nachfolgende zweite Beschäftigungsverhältnisse sei die Förderung mit Bescheid vom 07.07.1999 bestandskräftig abgelehnt worden.

Mit Urteil vom 18.10.2000 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Bei Würdigung des Wortlauts der Bewilligungsentscheidung und der Nebenbestimmungen könne der Bewilligungsbescheid vom 05.11.1998 nur so ausgelegt werden, dass die gewährten Zuschüsse für das ab dem 10.04.1998 begründete Arbeitsverhältnis gewährt werden sollten. Andernfalls mache auch der im Bescheid festgelegte Förderungszeitraum (10.04.1998 bis 09.04.2000) keinen Sinn, denn für das Jahr 2000 wäre zu erwarten gewesen, dass saisonbedingt kaum ein Einsatz der Arbeitnehmerin erfolgen würde. Von einer ununterbrochenen Beschäftigung der K könne nach dem Wortlaut des Arbeitsvertrages nicht ausgegangen werden. Der mit der Arbeitnehmerin abgeschlossene Arbeitsvertrag sei schon laut Überschrift des Vertrages befristet gewesen. Eine Einstellungszusage bzw. Weiterbeschäftigungszusage für den Beginn der neuen Saison im Frühjahr des folgenden Jahres habe der Arbeitsvertrag nicht enthalten. Entsprechend könne auch in den Bewilligungsbescheid vom 05.11.1998 keine Leistungszusage für die Saisonbeschäftigung im Jahre 1999 hineininterpretiert werden. Im Übrigen wäre der Bescheid dann rechtswidrig, denn gem. § 223 Abs. 1 Ziff. 2 SGB III verbiete sich eine Förderung, wenn die Einstellung bei einem früheren Arbeitgeber erfolgt, bei dem der Arbeitnehmer während der letzten 4 Jahre vor Förderungsbeginn mehr als 3 Monate versicherungspflichtig beschäftigt war. Die Kammer sei sich bewusst, dass mit dieser Vorschrift Saisonbetriebe, die nur befristete Arbeitsverträge abschließen, von der Förderung nach §§ 217 ff SGB III praktisch ausgeschlossen seien. Dies sei jedoch verfassungsrechtlich unbedenklich, denn die Förderung solle nicht den Betrieben zugute kommen, sondern die Eingliederung von Arbeitnehmern fördern, also dem Arbeitslosen zu einem neuen Arbeitsplatz verhelfen.

Das Urteil ist der Klägerin am 18.11.2002 zugestellt worden. Am 25.11.2000 hat sie dagegen Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt: Der Inhalt des Bewilligungsbescheides vom 05.11.1998 sei klar und unmissverständlich und deshalb einer Auslegung überhaupt nicht zugänglich. Danach sei der Klägerin für den Förderungszeitraum vom 10.04.1998 bis 09.04.2000 ein monatlicher Zuschussbetrag in Höhe von 2.545,20 DM bewilligt worden. Dem erstinstanzlichen Gericht könne auch nicht in der Einschätzung gefolgt werden, der Arbeitsvertrag habe keine Einstellungszusage bzw. Weiterbeschäftigungszusage für den Beginn der neuen Saison im Frühjahr des folgenden Jahres enthalten. Richtig sei lediglich, dass eine solche Erklärung nicht in dem schriftlichen Arbeitsvertrag enthalten sei. Die Parteien des Arbeitsverhältnisses seien sich jedoch von Anfang an einig gewesen, dass K auch im Frühjahr des Jahres 1999 zu Beginn der Saison ihre Arbeit wieder aufnehmen würde. Entgegen der Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts müsse in den Bewilligungsbescheid vom 05.11.1998 auch keine Leistungszusage für die Saisonbeschäftigung im Jahr 1999 "hineininterpretiert" werden. Vielmehr ergebe sich diese Leistungszusage unmissverständlich aus dem vorgenannten Bescheid. Im Übrigen sei für den Ausgang des Rechtsstreits unerheblich, ob der Bewilligungsbescheid vom 05.11.1998 objektiv rechtswidrig gewesen sei oder nicht. Er sei jedenfalls nicht nichtig, sondern stelle als bestandskräftiger Bewilligungsbescheid die Rechtsgrundlage für den mit der Klage geltend gemachten Zahlungsanspruch der Klägerin dar. Auf Mängel des Bewilligungsbescheides könne sich die Beklagte schon deshalb nicht berufen, weil er seinem ganzen Inhalt nach unter aktiver Mitwirkung der Beklagten in der Person des Mitarbeiters A ... und in Kenntnis aller Umstände zustande gekommen sei.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 18.10.2002 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr die mit Bescheid vom 05.11.1998 bewilligten Lohnkostenzuschüsse für die Arbeitnehmerin K auch für die Zeit vom 02.04. bis 17.10.1999 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das erstinstanzliche Urteil für überzeugend. Ergänzend trägt sie vor: "Soweit die Klägerin die wörtliche Umsetzung des Bewilligungsbescheides begehrt, ist ihr entgegenzuhalten, dass sie durch die Befristung des ersten Arbeitsvertrages selbst die Ursache dafür gesetzt hat, dass eine Leistungsgewährung für die Saisonbeschäftigung im Jahr 1999 nicht erfolgen kann. Die wörtliche Umsetzung umfasst auch die ergänzenden Bestimmungen, aus denen sich der Wegfall des Anspruchs mit dem Ende der ersten Saisonbeschäftigung im Oktober 1998 ergibt. Daran ändert auch der Sachvortrag der Klägerin nichts, zwischen ihr und der Arbeitnehmerin K sei von vornherein der wiederholte Einsatz als Saisonarbeitskraft vorgesehen gewesen. Letztendlich muss die rechtliche Würdigung auch in einer Gesamtschau die Gründe für das Anerkenntnis im Rechtsstreit S 29 AL 98/00 einbeziehen. Es geht nicht an, dass die Klägerin nach der "Rosinentheorie" jeweils nur die ihr genehmen Umstände berücksichtigt wissen will. Bereits in dem Verfahren S 29 AL 98/00 wurde klar herausgestellt, dass das Arbeitsverhältnis mit der Arbeitnehmerin Kämmerling als von vornherein befristet zu berücksichtigen ist. Gerade dieser Umstand führte ja dazu, dass die Rücknahme der Bewilligungsentscheidung aus der Sicht der Kammer nicht möglich war. Diese Sichtweise führt aber gleichermaßen zwingend dazu, den Bewilligungsbescheid auch nur begrenzt auf das erste Saisonarbeitsverhältnis in 1998 zu sehen, da die Bewilligung immer nur für ein Beschäftigungsverhältnis erfolgen kann und dieses im Oktober 1998 endete."

Wegen der weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Vorprozessakte des Sozialgerichts Dortmund mit dem Aktenzeichen S 29 AL 98/00 sowie der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Diese Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

Zu Recht hat das SG die Klage als allgemeine Leistungsklage im Sinne des § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) für zulässig gehalten. Nach § 54 Abs. 5 SGG kann mit der Klage die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte. Die Klägerin macht hier einen Anspruch geltend, der nach ihrer Auffassung bereits bindend durch Verwaltungsakt festgestellt worden ist, so dass ein weiterer Verwaltungsakt nicht mehr zu ergehen hatte.

Im Ergebnis ebenfalls zu Recht hat das SG die Klage für unbegründet gehalten. Es besteht kein Anspruch der Klägerin auf Zahlung eines Lohnkostenzuschusses für die Beschäftigung der Arbeitnehmerin K in der Zeit vom 02.04. bis zum 17.10.1999.

Einem solchen Anspruch steht bereits entgegen, dass durch bindenden Bescheid vom 07.07.1999 die Gewährung und Zahlung eines weiteren Zuschusses abgelehnt worden ist. Der Regelungsinhalt dieses Ablehnungsbescheides ist eindeutig. Der Bescheid bezieht sich auf das Schreiben der Klägerin vom 10.05.1999, in dem wiederum auf den Arbeitsvertrag zwischen der Klägerin mit K für die Zeit vom 02.04.1999 - 17.10.1999 Bezug genommen wird.

Ein anderes Ergebnis ergibt sich auch dann nicht, wenn man mit der Klägerin und entgegen der Auffassung des SG von einer Wirksamkeit des Bewilligungsbescheides vom 05.11.1998 über den 18.10.1998 hinaus ausgehen würde. In diesem Falle ist in dem Ablehnungsbescheid vom 07.07.1999 aufgrund seines klaren Regelungsinhalts eine bindende Änderung bzw. Aufhebung des Bewilligungsbescheides vom 05.11.1998 zu sehen. Damit hat der Bewilligungsbescheid vom 05.11.1998 seine Wirksamkeit verloren (vgl. § 39 Abs. 2 SGB X) mit der Folge, dass Rechte daraus nicht mehr abgeleitet werden können.

Anhaltspunkte dafür, dass der Bescheid vom 07.07.1999 nichtig sein könnte, bestehen nicht. Nach § 40 Abs. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt nichtig, soweit er an einem besonderes schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Selbst wenn man in dem Bescheid vom 07.07.1999 eine Änderung bzw. Aufhebung des Bewilligungsbescheides vom 05.11.1998 sehen würde, hätte dies allenfalls die Rechtswidrigkeit mangels ausreichender Rechtsgrundlage zur Folge. Ein besonders schwerwiegender und offensichtlicher Fehler läge jedoch nicht vor.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.

Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht. Die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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