L 12 AL 27/03

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 19 AL 67/02
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 12 AL 27/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Düsseldorf vom 25.10.2002 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Förderung der Teilnahme des Klägers an einer beruflichen Weiterbildungsmaßnahme und zwar den Erwerb der Berufspiloten-Linzenz beim Maßnahmeträger RWL in Mönchengladbach.

Der am ...1950 geborene Kläger ist gelernter Diplomingenieur für Nachrichtentechnik und seit 1992 arbeitslos. Er bezieht Arbeitslosenhilfe. Der Kläger besaß bis Ende des Jahres 2000 eine Privatpiloten-Lizenz, die er eigenen Angaben zufolge nicht verlängerte, weil er hierzu nicht die nötigen Mittel hatte. Seit 1993 beantragte er fast jährlich die Förderung der Weiterbildung zum Erreichen der Verkehrsflugzeugführer-Lizenz, hilfsweise zum Berufsflugzeugführer. Die entsprechenden Anträge blieben im Verwaltungsverfahren ohne Erfolg, auch die eingelegten Rechtsmittel waren erfolglos (vgl. z. B. Verfahren des LSG NRW L 9 Ar 115/95 bezüglich des ersten Antrages vom 29.04.1993; Verfahren L 9 AL 34/97 bezüglich eines Antrages aus März 1995; Verfahren L 9 AL 55/02 bezüglich eines Antrages vom 14.12.2000). In einigen Fällen scheiterte der Antrag des Klägers bereits daran, dass er sich weigerte, an einem von der Beklagten für notwendig gehaltenen Eignungstest teilzunehmen. Der Kläger vertrat die Auffassung, seine Eignung stehe seit 1993 definitiv fest und bedürfe keiner neuen Überprüfung. Aus den gesamten vorherigen Verfahren wird deutlich, dass der Kläger insbesondere die erste Ablehnung aus dem Jahre 1993 für fehlerhaft - ja sogar für nichtig - hält und hierüber sehr ungehalten ist.

Der im vorliegenden Verfahren zu beurteilende Antrag (Erwerb der Berufspiloten-Lizenz) datiert vom 21.01.2002 und wurde von der Beklagten mit Bescheid vom 20.02.2002 mit der Begründung abgelehnt, eine Umschulung des Klägers zum Berufspiloten sei nicht zweckmäßig im Sinne von § 77 Sozialgesetzbuch 3. Buch (SGB III) in Verbindung mit § 1 der Anordnung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Arbeit über die Förderung der beruflichen Weiterbildung (A FbW). Der eingelegte Wiederspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 07.03.2002 zurückgewiesen. Die Beklagte stützte ihre Ablehnung weiterhin auf die fehlende Zweckmäßigkeit der Förderung, wies aber auch darauf hin, dass die Eignung des Klägers nicht feststehe, weil er sich seit Jahren weigere, an einem Eignungstest, der weiterhin für notwendig gehalten werde, teilzunehmen.

Hiergegen hat der Kläger am 20.03.2002 Klage vor dem Sozialgericht Düsseldorf erhoben. Er hat vorgetragen: Die Zweckmäßigkeit seiner Förderung sei bereits vom Fachvermittlungsdienst der Beklagten in Frankfurt bestätigt worden. Ein psychologischer Eignungstest sei hierfür nicht erforderlich; zudem sei ihm zu der jetzigen Antragstellung vom Arbeitsamtsleiter in Viersen geraten worden. Jede andere Entscheidung als die Förderung der beantragten Maßnahme sei ermessensfehlerhaft.

Der Kläger hat sinngemäß beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 20.02.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 07.03.2002 abzuändern und die mit Antrag vom 21.01.2002 beantragte Weiterbildungsmaßnahme zum Erwerb der Berufspiloten-Lizenz positiv zu bescheiden.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten hat an ihrer im Verwaltungsverfahren vertretenen Rechtsauffassung festgehalten.

Mit Gerichtsbescheid vom 25.10.2002 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Das Sozialgericht hat die Auffassung der Beklagten bestätigt und ausgeführt, maßgeblich für die Ablehnungsentscheidung sei die Weigerung des Klägers, sich einem Eignungstest zu unterziehen. Die Beklagte sei im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens berechtigt, einen solchen Eignungstest zu verlangen.

Gegen diesen ihm am 30.10.2002 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 31.10.2002 eingegangene Berufung des Klägers. Er weist erneut darauf hin, dass ein psychologischer Eignungstest nicht erforderlich sei. Für die von ihm angestrebte Weiterbildung werde ein solcher auch gar nicht angeboten. Zudem habe die Beklagte im vorliegenden Verfahren überhaupt keinen Eignungstest verlangt und er habe auch keinen abgelehnt. Er halte ihn allerdings auch weiterhin für nicht erforderlich. Bezüglich der Zweckmäßigkeit der Förderung sei die Argumentation der Beklagten ebenfalls unzutreffend. Berufspiloten würden zur Zeit wieder gesucht. Wenn die Beklagte darauf hinweise, dass derzeit 530 junge ATP-Lizenzinhaber arbeitslos seien, so müsse man angesichts der Arbeitsmarktlage im Übrigen geradezu von Vollbeschäftigung im Bereich Berufspiloten sprechen. Seine Eignung und die Zweckmäßigkeit seiner Förderung seien seit 1993 bereits vom Arbeitsamt anerkannt, so dass alle Förderungsvoraussetzungen vorlägen. Das Ermessen der Beklagten sei auf Null reduziert. Nur eine Entscheidung der Beklagten, nämlich seine Förderung komme in Betracht.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid vom 25.10.2002 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung es Bescheides vom 20.02.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 07.03.2002 zu verurteilen, die beantragte Förderung zum Erwerb der Berufspilotenlizenz zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält ihre getroffene Entscheidung weiterhin für zutreffend.

Ergänzend verweist sie darauf, dass nach offiziellen Statistiken derzeit 530 hochqualifizierte ATP-Lizenzinhaber im Alter von 23 bis 35 Jahren arbeitslos gemeldet seien. Angesichts des Alters des Klägers von 53 Jahren müsse auch weiterhin davon ausgegangen werden, dass eine Förderung des Klägers arbeitsmarktpolitisch nicht zweckmäßig sei. Von Herrn Lenk vom Fachvermittlungsdienst Frankfurt sei dem Kläger zu keinem Zeitpunkt eine Förderung zugesichert worden.

Die Beklagte hat im Termin vom 27.08.2003 eine Gesprächsnotiz vom 26.03.2003 über ein Gespräch von Frau B ... vom Landesarbeitsamt mit Herrn L ... von der Fachvermittlungsstelle in Frankfurt zu den Akten gereicht. Auf den genauen Inhalt wird Bezug genommen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der den Antrag des Klägers vom 21.01.2002 betreffenden Verwaltungsakte der Beklagte Bezug genommen. Diese Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Kläger ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Förderungsanspruch nach §§ 77, 96 SGB III i. V. m. § 1 Satz 1 AFBW, weil die beantragte Förderung arbeitsmarktpolitisch nicht zweckmäßig ist und nicht prognostiziert werden kann, dass der Kläger im Anschluss an die Maßnahme voraussichtlich innerhalb angemessener Zeit eine dem Maßnahmeziel entsprechende Beschäftigung finden kann.

Gemäß § 77 Abs. 1 Nr. 3 SGB III können Arbeitnehmern bei Teilnahme an Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung durch Übernahme der Weiterbildungskosten und Leistung von Unterhaltsgeld gefördert werden, wenn vor Beginn der Teilnahme eine Beratung durch das Arbeitsamt erfolgt ist und das Arbeitsamt der Teilnahme zugestimmt hat. Die Zustimmung des Arbeitsamtes setzt voraus, dass der Arbeitnehmer geeignet ist und im Anschluss an die Maßnahme voraussichtlich innerhalb angemessener Zeit eine dem Maßnahmeziel entsprechende Beschäftigung finden kann (§ 1 Abs. 1 AFBW). Das Arbeitsamt hat zutreffend entschieden, dass eine Zustimmung im vorliegenden Fall nicht erteilt werden konnte, weil die Umschulung zum Berufspiloten nach Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes im Fall des Klägers nicht zweckmäßig ist, da durch die Teilnahme an der Maßnahme die berufliche Situation nicht wesentlich verbessert wird.

Der Senat lässt dahinstehen, ob die Förderung schon daran scheitert, dass die Eignung des Klägers nicht festgestellt werden kann, wie dies im vorausgegangenen Verfahren über den Antrag von 14.12.2000 der Fall gewesen ist (LSG NRW L 9 AL 55/02 Urteil vom 27.03.2003). Dem Kläger ist darin zuzustimmen, dass er im vorliegenden Verfahren weder zu einem Eignungstest aufgefordert worden ist noch er einen solchen abgelehnt hat. Aus einer früher ausgesprochenen Weigerung, sich einem Eignungstest zu unterziehen, kann nicht gefolgert werden, dass er dies in Zukunft weiterhin tun werde. Ebenso wenig kann aus einer im Jahre 1993 festgestellten Eignung geschlossen werden, dass diese auch im Jahre 2002 noch bestehe. Auch die Äußerungen des Klägers im Termin vom 27.08.2003 lassen nicht den Schluss zu, dass er weiterhin strikt jeglichen Eignungstest ablehnen werde. Er hat vielmehr bekundet, dass er seine Entscheidung von der Art des verlangten Eignungstests abhängig machen werde. Damit kann zumindest bezogen auf den vorliegenden Antrag nicht von einer Ablehnung eines - gar nicht angebotenen - Eignungstests ausgegangen werden.

Der Senat stimmt der Beklagten aber darin zu, dass die Ablehnung deshalb gerechtfertigt ist, weil die Förderung arbeitsmarktpolitisch nicht zweckmäßig ist. Zumindest ist diese Entscheidung nicht ermessenfehlerhaft. Der Kläger ist inzwischen 53 Jahre alt und besitzt seit mehr als 2 Jahren nicht einmal mehr die Privatpiloten-Lizenz, wie er im Termin vom 27.08.2003 selbst bekundet hat. Bei Beendigung der Ausbildung wäre er wohl 55 Jahre alt und damit in einem Alter, in dem viele Unternehmen ihre Piloten in den Ruhestand entlassen und in dem nach den Erfahrungen des Fachvermittlungsdienstes in Frankfurt eine Vermittlung in eine neue Arbeitsstelle praktisch ausgeschlossen ist. Zudem sind offiziell 530 junge Piloten im Altern vorn 23 bis 35 Jahren arbeitslos gemeldet, so dass man - im Gegensatz zur Auffassung des Klägers - nicht von einer Vollbeschäftigung im Arbeitsmarktssektor Berufspiloten sprechen kann. Angesichts der aufgezeigten Zahlen des Arbeitsmarktes und des Alters des Klägers hält der Senat die angefochtene Entscheidung jedenfalls für vertretbar und damit nicht ermessensfehlerhaft. Eine Ermessensreduzierung auf Null vermag der Senat im Gegensatz zu der Auffassung des Klägers nicht zu erkennen. Dann aber konnten Klage und Berufung keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 183, 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, da die hierfür in § 160 Abs. 2 Ziffer 1 und 2 SGG aufgestellten Voraussetzungen nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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