L 17 U 216/02

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 1 (14) U 236/00
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 17 U 216/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 44/03 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 06. August 2002 geändert und die Klage abgewiesen. Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob der Kläger am 18.06.2000 einen entschädigungspflichtigen Arbeitsunfall erlitten hat.

Der 1959 geborene Kläger ist von Beruf ...beamter und seit 1997 Mitglied des Pfarrgemeinderates (PGR) der Katholischen Kirchengemeinde " ..." in C. Als solcher war er - neben anderen PGR- und Gemeindemitgliedern - Angehöriger des "Pfarrfestausschusses", der für die Vorbereitung und Durchführung des in regelmäßigen Abständen stattfindenden Pfarrfestes der Gemeinde zuständig ist. Sinn und Zweck des Pfarrfestes ist es insbesondere, Gemeindemitglieder, die nicht in der Gemeindearbeit eingebunden sind, dazu anzuhalten, am Gemeindeleben teilzunehmen und den Zusammenhalt der Gemeinde zu festigen. Außerdem sollen Freizeitmöglichkeiten für die Familien geboten werden.

Das Pfarrfest 2000 der Kirchengemeinde wurde am 00.00.2000 nach einem Gottesdienst durchgeführt. Es fanden verschiedene Aktivitäten statt; es gab einen Getränkeverkauf, eine Würstchenbude, ein Kinderkarussell und eine Hüpfburg. Außerdem wurden Lose für eine Tombola verkauft und Seniorentänze durchgeführt. Der Kläger war als Mitglied des PGR u.a. bei der Beaufsichtigung des Kinderkarussells, beim Verkauf von Losen und Getränkeverkauf eingesetzt. Außerdem nahm er als Mitspieler im Team des PGR an einem "Human-Table-Soccer-Turnier" teil. Dabei wird ein Tischfußballspiel in der Form nachgestellt, dass sich die Mitglieder der einzelnen Mannschaft während des Spiels an langen Stangen festhalten, was dazu führt, dass die Bewegungsfähigkeit der einzelnen Spieler eingeschränkt wird und sie sich nur nach rechts oder links bewegen können. An diesem "Human-Table-Soccer-Turnier" nahmen fünf bis sieben Mannschaften mit jeweils sechs Spielern teil. Der Kläger spielte im Eröffnungsspiel in der Mannschaft des PGR, der zwei einfache Gemeindemitglieder angehörten, gegen eine Mannschaft aus Mitgliedern der Stadtverwaltung. Weitere Mannschaften wurden straßenweise aus Mitgliedern der Kirchengemeinde gebildet. Der Sieger wurde durch ein K.O.-System ermittelt. Der Kläger versuchte während des Eröffnungsspieles, mit dem rechten Fuß an den Ball zu gelangen, rutschte mit weit gespreiztem rechten Bein auf einer Bodenunebenheit aus und zog sich nach dem Bericht des Priv.-Doz. Dr. T., Chefarzt der Orthopädischen Abteilung des C.-krankenhauses St. K, P., vom 25.06.2000 eine traumatische Patellaverrenkung mit Ruptur des Innenbandes und des medialen Kniekapselapparates am rechten Kniegelenk mit Außenmeniskusauffaserung zu. Es besteht nach Angabe des Klägers noch eine erhebliche Funktionseinbuße im rechten Kniegelenk.

Nach Beiziehung der Unfallanzeige vom 27.06.2000, des Entlassungsberichtes von Priv.-Doz. Dr. T. vom 25.06.2000 sowie der Durchgangsarztberichte der Dres. F. und L. vom 28.06. und 06.07.2000 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 20.07.2000 die Gewährung von Entschädigungsleistungen ab, weil ein Arbeitsunfall i.S.v. § 8 Abs. 1 des Siebten Sozialgesetzbuches - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII) nicht vorgelegen habe, da Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 10 SGB VII bei der Teilnahme an dem Spiel nicht bestanden habe. Dieses habe nämlich nicht zum Kernbereich der übernommenen Amtspflichten eines ehrenamtlich für die Körperschaft Kirche tätigen Mitglieds des PGR gehört. Zu solchen Aufgaben gehörten insbesondere die eigene Selbstverwaltung, die Teilnahme an kirchlichen Riten sowie die Glaubensunterweisung. Außerhalb dieses Kernbereichs ausgeübte Tätigkeiten beurteilten sich wie vergleichbare Tätigkeiten für nicht öffentlich-rechtliche Organisationen und könnten demgemäß nicht Gegenstand eines Ehrenamtes sein. Das in Rede stehende Fußballspiel und die persönliche Mitwirkung des Klägers könne nicht als Grundlage für eine (versicherte) Amtstätigkeit angesehen werden, denn der Kläger habe die Gemeinde insoweit weder rechtlich vertreten noch gesellschaftlich repräsentiert. Wenn dies z.B. noch bei der Überbringung eines Grußwortes vor einem solchen Spiel bzw. beim Anspielen zu Spielbeginn denkbar sei, werde die Grenze zur nicht mehr amtlich verknüpften Tätigkeit dann überschritten, sobald der Kläger als Amtsperson voll an dem Spiel teilnehme. Er nehme dann nicht die Rolle eines Körperschaftsvertreters, sondern die eines - privaten - Fußballspielers wahr. Die Teilnahme an dem Spiel sei freiwillig gewesen, aus eigenem Antrieb erfolgt und es habe ihm auch nicht durch die Kirchengemeinde auferlegt werden können, an dem Fußballspiel teilzunehmen. Die Bereiterklärung zur Mitwirkung sei auch nicht als Stimmabgabe wie bei einem PGR-Beschluss anzusehen, sondern als persönliche private Zusage als Mitglied des PGR. Das Fußballspiel vom 18.06.2000 habe somit nicht in einem wesentlichen inneren Zusammenhang mit der Tätigkeit als ehrenamtliches Mitglied des PGR bestanden, sondern den privaten Interessen des Klägers gedient.

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 28.07.2000 Widerspruch. Er trug zur Begründung vor, er habe bei dem Fußballspiel keinerlei private Interessen verfolgt, sondern sei nur aufgrund seines Engagements als Mitglied des PGR für die Kirchengemeinde tätig geworden. Vom Vorliegen einer "eigenwirtschaftlichen Verrichtung" könne daher keine Rede sein, so dass ein versicherter Arbeitsunfall vorgelegen habe. Mit Widerspruchsbescheid vom 20.09.2000 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück und verwies ergänzend darauf, dass auch Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 S. 1 SGB VII nicht in Betracht komme, weil die Teilnahme am Fußballspiel nicht als arbeitnehmerähnliche Tätigkeit angesehen werden könne.

Dagegen hat der Kläger am 17.10.2000 vor dem Sozialgericht (SG) Detmold Klage erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, die Teilnahme an dem "Human-Table-Soccer-Turnier" habe zum Kernbereich seiner ehrenamtlichen Tätigkeit als Mitglied des PGR gehört. Dessen Aufgabe sei es u.a. auch, das Anliegen der Pfarrgemeinde in der Öffentlichkeit zu vertreten, Kontakte zu denen zu suchen, die dem Gemeindeleben fernstünden, was auch Sinn des Pfarrgemeindefestes gewesen sei. Er habe an dem Spiel auch nicht aus Spaß am Fußballspielen teilgenommen, sondern ausschließlich deshalb, weil er sich als Mitglied des PGR als austragendes Gremium des Pfarrfestes nicht von der Teilnahme an dem Spiel habe ausschließen können. Er habe deshalb in der Mannschaft des PGR diesen auch nach außen hin offiziell repräsentiert. Damit habe er im Rahmen der allgemeinen Zweckbestimmung des PGR gehandelt, weshalb er unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden habe. Dazu hat der Kläger u.a. das Statut der Pfarrgemeinderäte im Erzbistum Q vom 07.05.1985 vorgelegt.

Die Beklagte hat auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide verwiesen und die Auffassung vertreten, der Kläger habe im Unfallzeitpunkt keine Tätigkeit ausgeübt, bei der Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 10 SGB VII bestanden habe, denn die Teilnahme an einem Fußballspiel gehöre nicht zum Kernbereich der Tätigkeit der Mitglieder von PGR, auch nicht im Rahmen einer "Repräsentation" oder "Werbung" für die Gemeinde.

Das SG hat nach Anhörung des Klägers weiteren Beweis erhoben durch die Vernehmung des Vorsitzenden des PGR K.S. und des Gemeindepfarrers C. T. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 12.02.2002 verwiesen.

Mit Urteil vom 06.08.2002 hat das SG die angefochtenen Bescheide aufgehoben und der Klage stattgegeben. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

Gegen das ihr am 26.08.2002 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 04.09.2002 Berufung eingelegt. Sie ist der Ansicht, der Unfallversicherungsschutz i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 10 SGB VII erfasse nur den Kernbereich der ehrenamtlichen Tätigkeit. Es gehöre aber unzweifelhaft nicht zu den generellen Amtspflichten eines Mitglieds des PGR, Fußball zu spielen. Allenfalls der Anstoß des Ausrichters eines Festes könne nach der Rechtsprechung noch als Ausfluss der ehrenamtlichen Tätigkeit angesehen werden (Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 23.09.1987 - L 3 U 75/86 -). Das gelte aber dann nicht, wenn - wie vorliegend - ein Turnier stattgefunden habe, mehrere Spiele zu absolvieren gewesen seien und die Möglichkeit bestanden habe, bis ins Endspiel zu kommen. Insoweit unterscheide sich der vorliegende Sachverhalt auch von dem des vom SG in Bezug genommenen Urteils des LSG NRW vom 28.02.2001 (L 17 U 259/00), wo es sich nur um das Eröffnungsspiel gehandelt habe, bei dem der dortige Kläger als Ratsherr die Stadtverwaltung repräsentiert habe.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 06.08.2002 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Er pflichtet dem angefochtenen Urteil bei und trägt ergänzend vor, Aufgabe des PGR sei es, Anliegen der Pfarrgemeinde in der Öffentlichkeit zu vertreten und Kontakt zu denen zu suchen, die dem Gemeindeleben fernstünden. Genau diesem Zweck habe das Pfarrfest und insbesondere auch das "Human-Table-Soccer-Turnier" gedient. Die Repräsentationsfunktion habe auch im weiteren Spiel und hätte auch in allen weiteren Spielen des Turniers im Vordergrund gestanden. Bei objektiver Betrachtungsweise habe er - der Kläger - auch davon ausgehen dürfen, dass seine Teilnahme an dem Turnier der Repräsentation des PGR bzw. der Gemeinde dienen würde und damit seine Tätigkeit "dem Unternehmen dienlich sein werde". Auch unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt sei daher der Versicherungsschutz zu bejahen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte verwiesen. Die Verwaltungsakten der Beklagten lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten ist auch begründet. Zu Unrecht hat das SG die angefochtenen Bescheide aufgehoben, denn diese sind rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung von Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung, denn er hat am 18.06.2000 keinen Arbeitsunfall i.S.v. § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII erlitten.

Nach dieser Vorschrift sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer der den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Grundlage des Versicherungsschutzes des Klägers kann hier - da § 2 Abs. 1 Nr. 1 und § 2 Abs. 2 S. 1 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 SGB VII von vornherein nicht in Betracht kommen - nur § 2 Abs. 1 Nr. 10 SGB VII sein. Danach sind kraft Gesetzes versichert u.a. Personen, die für Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts oder deren Verbände oder Arbeitsgemeinschaften oder für öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften ehrenamtlich tätig sind. Diese Regelung hat den Versicherungsschutz der ehrenamtlich für öffentlich-rechtliche Einrichtungen Tätigen aus der Vorgänger-Vorschrift des § 539 Abs. 1 Nr. 13 der Reichsversicherungsordnung (RVO) übernommen und auf "deren Verbände oder Arbeitsgemeinschaften", die privatrechtlichen Zusammenschlüsse dieser öffentlich-rechtlichen Einrichtungen erweitert. Gleichzeitig werden jetzt ausdrücklich öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften den genannten Körperschaften des öffentlichen Rechts im engeren Sinne gleichgestellt (so Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 10.10.2002 - B 2 U 14/02 R - = HVBG - INFO 2002, 3468 - 3478). Da sich der Versicherungsschutz für die ehrenamtliche Tätigkeit in Verbänden oder Arbeitsgemeinschaften ausdrücklich auf diejenigen von Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts bezieht und bei den daneben genannten öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften keine entsprechende Erweiterung aufgeführt wird, fällt die ehrenamtliche Tätigkeit in deren privatrechtlichen Verbänden oder Arbeitsgemeinschaften nicht unter § 2 Abs. 1 Nr. 10 SGB VII (BSG, a.a.O.).

Der Kläger gehört zwar als Mitglied des PGR zu dem nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versicherten Personenkreis, denn er hat insoweit für die römisch-katholische Kirche als öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaft ein Ehrenamt ausgeübt. Ehrenamtliche Tätigkeit ist ein Unterfall der unentgeltlichen Tätigkeit, die zwar vorausgesetzt wird, aber nicht schon ohne weiteres den Begriff der ehrenamtlichen Tätigkeit erfüllt, weil sonst jede unentgeltliche Tätigkeit für die öffentliche Hand zugleich eine ehrenamtliche Tätigkeit wäre (BSG SozR 3-2200 § 539 Nr. 14; BSG, Urteil vom 10.10.2002, a.a.O.). Die ehrenamtliche Tätigkeit im vorgenannten Sinne erfordert danach einen bestimmten, qualifizierten Aufgaben- und organisatorischen Verantwortungsbereich der öffentlich-rechtlichen Körperschaft, innerhalb dessen die ehrenamtliche Tätigkeit für die Körperschaft ausgeübt werden muss (BSG, a.a.O. sowie BSG SozR 3-2200 §§ 539 Nr. 11 und 14). Wenn dieser ohne Bezug auf die fragliche Veranstaltung nicht bereits gesetz- oder satzungsmäßig von vornherein festgelegt ist, bedarf es für die betreffende einzelne Veranstaltung eines gesamtbezogenen, eigenständigen Annahmeaktes der Körperschaft als Zuordnungsgrund (BSG SozR 3-2200 § 539 Nr. 10 und Nr. 31, Brackmann/Wiester, SGB VII, § 2 Rdnr. 560). Wie das BSG im Urteil vom 10.10.2002 (a.a.O.) unter Hinweis auf diese Rechtsprechung dargelegt hat, ist es weiter erforderlich, dass die Veranstaltung für die Körperschaft insgesamt bedeutsam sein muss; das nur auf einzelne Bürger oder Kirchengemeindemitglieder beschränkte Interesse genügt danach nicht. Ehrenamtlich i.S.v. § 539 Abs. 1 Nr. 13 RVO und § 2 Abs. 1 Nr. 10 SGB VII wird danach derjenige tätig, der entweder einen ausdrücklichen oder einen stillschweigenden Auftrag zum Tätigwerden erhalten hat, wobei letzterer einen klaren Zuordnungsgrund zum Aufgaben- und organisatorischen Verantwortungsbereich der Körperschaft (BSG SozR 3-2200 § 539 Nr. 10) erfordert. Nicht jeder, der mit Arbeiten befasst ist, die zugleich auch der Veranstaltung einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft dienen, wird für diese auch ehrenamtlich tätig, denn ohne die Zuordnungsvoraussetzungen zur öffentlich-rechtlichen Körperschaft können allein die Handlungstendenz einer Person und ihre subjektive Vorstellung, für wen sie ehrenamtlich tätig ist, keinen Unfallversicherungsschutz begründen (so ausdrücklich BSG, Urteil vom 10.10.2002, a.a.O.). Diese subjektiven Tatsachen indizieren danach nur den inneren Zusammenhang zwischen der unfallbringenden Handlung und dem Kernbereich der den Unfallversicherungsschutz begründenden Tätigkeit (vgl. BSG SozR 2200 § 539 Nr. 10).

Von diesen rechtlichen Voraussetzungen ausgehend hat das BSG im Urteil vom 10.10.2002 (a.a.O.) entschieden, dass die dortige Klägerin, die Mitglied der katholischen Frauengemeinschaft war und sich bei einem Pfarrfest beim Betreiben eines Waffelstandes Verletzungen zugezogen hatte, nicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 10 SGB VII versichert war, weil sie keine ehrenamtliche Tätigkeit im vorgenannten Sinne ausgeübt hat, aufgrund einer Mitgliedschaft in einer eigenständigen Organisation auf vereinsrechtlicher Grundlage tätig geworden ist und es an der erforderlichen personenbezogenen individuellen Zuordnung eines Ehrenamtes gefehlt habe. Der Umstand, dass ihre Tätigkeit mittelbar der Pfarrgemeinde und damit der römisch-katholischen Kirche zugute gekommen sei, habe nicht den erforderlichen Aufnahmeakt dieser öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaft ersetzt. Dabei hat das BSG ausdrücklich offengelassen, ob die Veranstaltung eines Pfarrgemeindefestes durch langjähriges Brauchtum überhaupt zum klar zuzuordnenden Aufgaben- und Verantwortungsbereich der römisch-katholischen Kirche zählt. Diese Frage ist auch bei einer früheren Entscheidung des 8. Senats des BSG vom 07.12.1976 - 8 RU 18/76 - (SozR 2200 § 539 Nr. 29) nicht entschieden worden. Dort war bei einem Fußballspiel zwischen einem Pfarrgemeinderat einer katholischen Kirchengemeinde und dem Gemeinderat der betreffenden Stadt ein Spieler, der für die Kirchengemeinde eingesetzt war, verletzt worden. Das BSG hat insoweit ausgeführt, er habe nicht in Ausübung einer ehrenamtlichen Tätigkeit i.S.v. § 539 Abs. 1 Nr. 13 RVO gehandelt, weil er nicht Mitglied eines kirchlichen Organs gewesen sei, sondern als einfaches Gemeindemitglied für den PGR mitgespielt habe. Ob das Fußballspielen im Einzelfall zu den amtlichen Aufgaben eines kirchlichen Organes gehören und damit versichert sein könne, ist ausdrücklich offengelassen worden.

Der Senat verneint vorliegend diese Rechtsfrage. Die Durchführung von Pfarrgemeindefesten als Bestandteil des durch kirchliche Regelung vorgesehenen Aufgaben- und Pflichtenkreises der PGR ist dem entsprechenden Statut des Erzbistums Q nicht zu entnehmen. Der PGR soll nach § 1 das Leben der Pfarrgemeinde mitgestalten und mittragen, er soll alle Kräfte der Gemeinde zur Wahrnehmung ihrer gemeinsamen Verantwortung zusammenführen, wobei der PGR "der Erfüllung der Sendung der Pfarrgemeinde, nämlich der Verkündigung, Heiligung, Caritas und der Welt, dient". Nach § 2 besteht seine Aufgabe vor allem darin, den Pfarrer in seinem Amt zu unterstützen sowie die die Pfarrgemeinde betreffenden Fragen mit ihm zu erforschen und zu beraten, gemeinsam zu beschließen und für deren Durchführung Sorge zu tragen, falls kein anderer Träger zuständig oder zu finden ist. Dies bedeutet insbesondere, das Bewusstsein für die Mitverantwortung in der Gemeinde zu wecken und die Mitarbeiter zu aktivieren, Anliegen der Pfarrgemeinde in der Öffentlichkeit zu vertreten sowie Kontakte zu denen zu suchen, die dem Gemeindeleben fernstehen.

Wenn man mit dem SG aufgrund der vorgenannten kirchlichen Regelungen die Durchführung des Gemeindefestes gleichwohl als eine durch langjähriges Brauchtum gekennzeichnete Veranstaltung ansieht, die zum Aufgaben- und Verantwortungsbereich der römisch-katholischen Kirche zählt, ist zu beachten, dass für die Durchführung dieser Veranstaltung ein Pfarrfestausschuss gebildet wurde, an dem Mitglieder des PGR - darunter der Kläger - beteiligt waren. Dass der Kläger als PGR-Mitglied grundsätzlich zu dem nach § 2 Abs. 1 Nr. 10 SGB VII versicherten Personenkreis gehört, wurde bereits dargelegt. Der Versicherungsschutz umfasst soweit neben allen Tätigkeiten in Ausübung des Ehrenamtes auch solche Tätigkeiten, die mit der eigentlichen ehrenamtlichen Tätigkeit in einem rechtlich wesentlichen inneren Zusammenhang stehen. Dabei kommt es jedoch darauf an, dass die Tätigkeit mit dem Kernbereich der nach § 2 Abs. 1 Nr. 10 SGB VII versicherten Tätigkeit in einem rechtlich wesentlichen inneren Zusammenhang stand (BSG SozR 3-2200 § 539 Nr. 31 und 45 sowie zuletzt Urteil vom 10.10.2002). Entscheidend für die Beurteilung dieser Frage ist dabei die Gesamtheit aller tatsächlichen Umstände des Einzelfalls. Kann nach dem o.a. angeführten Statut die Durchführung eines Pfarrfestes Aufgabe auch des PGR sein, so ergibt sich aus der Niederschrift über die Sitzung vom 13.01.2000, dass die eigentliche Planung und Durchführung einem Pfarrfestausschuss übertragen wurde, bei dem mitzuwirken neben 4 anderen PGR-Mitgliedern auch der Kläger bereit war. Außer diesen PGR- Mitgliedern sollten aber noch andere Gemeindemitglieder angesprochen werden, die an dem Pfarrfestausschuss mitwirken sollten. Inwieweit diese bei der Vorbereitung und Durchführung des Pfarrfestes unter Versicherungsschutz standen, ist unter Berücksichtigung der vom BSG im Urteil vom 10.10.2002 gemachten Rechtsausführungen zweifelhaft, kann aber hier dahinstehen. Bezogen auf den Kläger wird man seine Mitarbeit im Pfarrfestausschuss in einem inneren Zusammenhang mit der ehrenamtlichen Tätigkeit als PGR-Mitglied ansehen müssen. Daraus folgt indes zunächst nur, dass Versicherungsschutz des Klägers bei den Verrichtungen bestand, die mit der Planung und organisatorischen Durchführung des Pfarrgemeindefestes verbunden waren. Wenn dementsprechend bezogen auf diesen Pflichtenkreis des Klägers für ihn am 18.06.2000 bei dem Gemeindefest Versicherungsschutz bestand, gilt dies nach der Rechtsauffassung des Senates aber nicht mehr in Bezug auf seine Mitwirkung bei dem "Human- Table-Soccer-Turnier". Sein Mitwirken als Spieler bei diesem Fußballspiel diente ausschließlich dem eigenen und/oder dem Vergnügen und Interesse der Zuschauer. Wie dadurch gemäß § 2 Buchst. a des Statutes das Bewusstsein für die Mitverantwortung in der Gemeinde geweckt oder die Mitarbeiter aktiviert werden sollen oder entsprechend § 2 Buchst. g Anliegen der Pfarrgemeinde in der Öffentlichkeit vertreten werden oder gemäß § 2 Buchst. k Kontakte zu denen gesucht werden sollen, die dem Gemeindeleben fernstehen, ist - entgegen der Auffassung des SG - nicht zu erkennen. Der innere Zusammenhang ergibt sich auch nicht aus dem Gesichtspunkt, dass der Kläger als Mitspieler in der Mannschaft des PGR diesen repräsentiert hat. Abgesehen davon, dass in der Mannschaft auch noch zwei Mitglieder des Pfarrfestausschusses mitgespielt haben, die keine PGR-Mitglieder waren, kann von einer bloßen Repräsentation schon deshalb keine Rede sein, weil die Mannschaft nicht nur das Eröffnungsspiel bestreiten, sondern grundsätzlich am ganzen Turnier teilnehmen wollte. Tatsächlich hat sie auch zwei Spiele bestritten. Insoweit unterscheidet sich der hier vorliegende Sachverhalt entscheidend von dem, der dem Urteil des Senats vom 28.02.2001 (L 17 U 259/00) zugrundelag, wo es sich um die bloße Teilnahme des dortigen Klägers, eines Ratsmitgliedes, am sog. Einlage-(Eröffnungs-)Spiel, nicht aber an einem Turnier handelte. Wenn der Senat damals aufgrund der dort vorliegenden Besonderheiten auf den repräsentativen Charakter des Spieles und die Teilnahme des dortigen Klägers abgestellt hat, so hat er als entscheidend für die Annahme des Versicherungsschutzes angesehen, dass der dortige Kläger aufgrund der objektiv vorliegenden bzw. nachvollziehbaren Umstände, u.a. einem Gemeinderatsbeschluss, davon ausgehen konnte, dass er insoweit als Gemeinderatsmitglied repräsentative Funktionen wahrnahm. Ein damit vergleichbarer Sachverhalt liegt hier - entgegen der Auffassung des SG - aber nicht vor. Im Übrigen hat das BSG im Urteil vom 10.10.2002 (a.a.O.) klargestellt, dass ein klarer Zuordnungsgrund zum Aufgaben- und organisatorischen Verantwortungsbereich der Körperschaft erforderlich ist und ohne diese Zuordnungsvoraussetzungen allein die Handlungstendenz einer Person und ihre subjektive Vorstellung, sie sei ehrenamtlich tätig, einen Unfallversicherungsschutz nicht begründen kann.

Der Senat sieht sich in der rechtlichen Bewertung des vorliegenden Sachverhaltes, wonach der Kläger bei dem Spiel nicht im Rahmen seines Ehrenamtes tätig war, durch weitere Entscheidungen des BSG bestätigt.

In der Entscheidung vom 18.10.1994 - 2 RU 15/94 - (= SozR 3-2200 § 39 Nr. 31) hat das BSG herausgestellt, dass die Mitglieder eines Kirchenchores im Rahmen des Chorgesanges den Aufgaben der eigenen Kirchengemeinde dienen und insoweit ehrenamtlich tätig sind, der Kirchenchor dagegen als Vereinigung außerhalb der Zweckbestimmung seines Trägers tätig wird, wenn er Konzertreisen, geselliges Beisammensein nach Konzerten oder Ausflüge und gesellige Reisen veranstaltet. Dies stellt sich dann als eigenwirtschaftliche Verrichtung im privaten Freiraum dar (vgl. auch BSG SozR 2200 § 539 Nr. 101; Brackmann/ Wiester, a.a.O. Rdnr. 573). Bei der Entscheidung vom 08.12.1998 - B 2 U 37/97 R - (= SozR 3-2200 § 539 Nr. 45) hat das BSG bestätigt, dass Ministranten im Rahmen des Gottesdienstes ein kirchliches Amt bekleiden und insoweit auch bei anderen kirchlichen Veranstaltungen einen durch kirchliche Regelung bestimmten Wirkungskreis wahrnehmen und daher nach § 2 Abs. 1 Nr. 10 SGB VII versichert sind, ein innerer Zusammenhang zu diesem Wirkungskreis aber dann nicht mehr gegeben ist, wenn sie auf einer von der Pfarrei veranstalteten Jugendherbergsfahrt teilnehmen und dabei einen Unfall erleiden. Die bloße Einübung sozialen Verhaltens und die Vermittlung christlicher Werte auf einer solchen Reise begründen ebensowenig den Versicherungsschutz wie die Tatsache, dass die Fahrt durch die Kirchengemeinde finanziell gefördert worden ist.

Entspricht nach alledem der angefochtene Verwaltungsakt der Sach- und Rechtslage, konnte das Urteil des SG keinen Bestand haben. Auf die Berufung der Beklagten war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Der Senat hat die Revision zugelassen, weil er die hier entschiedene Rechtssache für eine solche von grundsätzlicher Bedeutung hält (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Rechtskraft
Aus
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