L 14 (18) RA 21/02

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Gelsenkirchen (NRW)
Aktenzeichen
S 5 RA 8/01
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 14 (18) RA 21/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufungen des Klägers gegen die Urteile des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 13.03.2002 und 15.04.2003 werden zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die im Vergleich zu einer früheren Rentenauskunft geringere Berücksichtigung von Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung sowie gegen die Rentenanpassungen zum 01.07.2001 und 01.07.2002.

Der am 00.00.1938 geborene Kläger schloss im März 1958 seine Schulausbildung mit der Reifeprüfung ab und absolvierte von Oktober 1958 bis zum 30.09.1963 eine Hochschulausbildung, die er im August 1964 erfolgreich abschloss. Ausweislich des Versicherungsverlaufs zum Rentenbescheid vom 20.07.2001 (Bl. 256 der Gerichtsakten -GA-) entrichtete er für das Jahr 1954 sowie für die Zeit vom 01.01.1958 bis 30.09.1958 und vom 01.11.1961 bis zum 30.09.1964 freiwillige Beiträge. Ab 01.10.1964 bis zum Beginn der Rente im Jahr 1998 weist der Versicherungsverlauf durchgehend Pflichtbeiträge auf. Vom 13.04.1970 bis zum 30.09.1971 absolvierte der Kläger nach dem Versicherungsverlauf eine weitere Hochschulausbildung.

Im Rahmen eines Kontenklärungsverfahren stellte die Beklagte in einem dem Kläger unter dem 30.10.1990 erteilten Versicherungsverlauf (Bl. 11 d. GA) vom 19.01.1954 bis 31.12.1957 48 Monate Schulausbildung sowie in der Zeit vom 01.10.1958 bis 30.09.1963 60 Monate Hochschulausbildung, insgesamt also 108 Monate Ausbildungszeiten gemäß § 104 Abs. 3 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG a.F.) fest.

Unter dem 20.07.1998 (Bl. 527 der Verwaltungsakten -VA-) beantragte der Kläger bei der Beklagten Altersrente als Schwerbehinderter, hilfsweise Erwerbsunfähigkeitsrente ab 01.02.1999. Mit Rentenbescheid vom 31.03.1999 gewährte die Beklagte dem Kläger Altersrente für Schwerbehinderte, Berufs- oder Erwerbsunfähige ab 01.02.1999, bei der die Zeit vom 19.01.1955 bis 31.12.1957 sowie vom 01.10.1958 bis zum 28.02.1961 (= 65 Monate) als Anrechnungszeit wegen Schul- und Hochschulausbildung berücksichtigt wurde.

Dagegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 08.04.1999 Widerspruch. Er beanstandete, dass bei der Rentenberechnung Anrechnungszeiten lediglich in einem Umfang von 65 Monaten berücksichtigt worden seien, obwohl er eine Schul- und Hochschulausbildung von 108 Kalendermonaten zurückgelegt habe. Beim Eintritt in die Rentenversicherung im Jahr 1964 sei ihm zugesichert worden, dass Ausbildungszeiten in einem Umfang von 9 Jahren anerkannt würden. Im Vertrauen hierauf habe er seinerzeit nicht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, sich von der Versicherungspflicht befreien zu lassen. Im Übrigen würden die Ausbildungszeiten schlechter bewertet als bei Eintritt in die Versicherung im Jahre 1964. Die auf den Vorschriften des Rentenreformgesetzes 1992 und des Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetzes (WFG) beruhende Kürzung von Schul- und Hochschulausbildungszeiten als Anrechnungszeiten verstoße nach seiner Auffassung gegen höherrangiges Recht.

Mit Bescheid vom 31.05.1999 stellte die Beklagte die Altersrente des Klägers neu fest, weil die Zeit der nicht abgeschlossenen Hochschulausbildung vom 13.04.1970 bis zum 30.09.1971 zusätzlich zu berücksichtigen sei. Die Zeit vom 19.01.1954 bis 18.01.1955 könne nicht als Anrechnungszeit anerkannt werden, weil die Ausbildung vor Vollendung des 17. Lebensjahres zurückgelegt worden sei.

Mit Schriftsatz vom 23.06.2000 legte der Kläger gegen die Rentenanpassung zum 01.07.2000 Widerspruch ein. Insoweit hat er mit Schriftsatz vom 10.09.2003 (Bl. 655 d. GA) die Klage zurückgenommen, nachdem das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsbeschwerde gegen das diese Rentenanpassung betreffende Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 31.07.2002 (Az.: B 4 RA 120/00 R) nicht zur Entscheidung angenommen hatte.

Mit Bescheiden vom 25.07.2000, 27.07.2000 und 20.07.2001 bewilligte die Beklagte dem Kläger auf seinen Antrag vom 20.07.1998 Rente wegen Berufsunfähigkeit vom 01.08.1998 bis zum 31.01.1999 und erkannte den Anspruch des Klägers auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab 01.02.1999 an. Dabei berücksichtigte sie mit dem letztgenannten Bescheid (im Hinblick auf den früheren Rentenbeginn) Anrechnungszeiten wegen Schul- bzw. Hochschulausbildung in einem Umfang von 73 Monaten.

Mit Widerspruchsbescheid vom 13.02.2001 (GA Bl. 240) wies die Beklagte - soweit jetzt noch streitig - die Widersprüche des Klägers zurück und führte zur Begründung i.W. aus, dass sich die rentensteigernde Berücksichtigung von Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung nach § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 des 6. Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) i.V.m. der Übergangsregelung des § 252 Abs. 4 SGB VI in der Fassung des WFG richte, das gemäß § 300 SGB VI auf den Rentenanspruch des Klägers Anwendung finde. Diese Bestimmungen habe die Beklagte zutreffend angewandt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Widerspruchsbescheid Bezug genommen.

Dagegen hat der Kläger am 20.02.2001 Klage erhoben und geltend gemacht, er habe Anspruch auf Anerkennung von Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung in einem Gesamtumfang von 108 Kalendermonaten. Es sei zumindest nicht nachvollziehbar, dass im Rahmen der ihm ab 01.08.1998 bewilligten Rente wegen Berufsunfähigkeit 73 Monate Anrechnungszeit berücksichtigt worden seien, während bei der nahtlos anschließend ab 01.02.1999 gezahlten Altersrente nur Anrechnungszeiten von 65 Monaten in Ansatz gebracht worden seien. Die Minderung der Höchstdauer der Ausbildungsanrechnungszeiten durch §§ 58 Abs. 1 Nr. 4, 252 Abs. 4 SGB VI im Wege der Abschmelzung auf 3 Jahre sei mit dem Grundgesetz nicht vereinbar.

Der Kläger hat vor dem Sozialgericht Gelsenkirchen im Verfahren S 8 RA 8/01 beantragt,

die Beklagte unter Abänderung ihrer Bescheide vom 31.03.1999, 31.05.1999, 25.07.2000, 27.07.2000 und 20.07.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13.02.2001 zu verurteilen, Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung in einem Umfang von 108 Kalendermonaten rentensteigernd zu berücksichtigen und die Rentenanpassung zum 01.07.2000 nach § 68 SGB VI in seiner bis zum 31.12.1999 geltenden Fassung vorzunehmen, hilfsweise das Verfahren wegen Verfassungswidrigkeit des § 58 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI in der Fassung des Rentenreformgesetzes 92, der §§ 58 Abs. 1 Nr. 4, 252 Abs. 4 SGB VI in der Fassung des WFG und des § 255 c SGB VI in der Fassung des Haushaltssanierungsgesetzes nach Artikel 100 Grundgesetz (GG) auszusetzen und eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat sie erneut vorgetragen, die Berücksichtigung von Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung in den angefochtenen Bescheiden entspreche der jeweiligen Rechtslage.

Mit Urteil vom 13.03.2002 (Az.: S 5 RA 8/01) hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung i.W. ausgeführt, die angefochtenen Bescheide der Beklagten seien rechtmäßig, denn die Beklagte habe bei der Gewährung der Rente wegen Berufsunfähigkeit ab 01.08.1998 und der Altersrente für Schwerbehinderte, Berufs- und Erwerbsunfähige ab 01.02.1999 zu Recht Anrechnungszeiten in einem Umfang von (lediglich) 73 Monaten bzw. 65 Monaten in Ansatz gebracht. Der Kläger habe keinen Anspruch auf die rentensteigernde Berücksichtigung weiterer Anrechnungszeiten, denn der Höchstumfang der Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung sei nach § 58 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI i.V.m. der Übergangsregelung des § 252 Abs. 4 SGB VI und mit Anlage 18 zum SGB VI in der Fassung des WFG vom 25.09.1996 - abhängig vom Rentenbeginn - im Falle des Klägers auf den vorgenannten zeitlichen Umfang begrenzt. Die Berechnung der Anrechnungszeiten nach den genannten Vorschriften, die vom Sozialgericht nochmal ausführlich dargelegt wird, sei vom Kläger auch nicht beanstandet worden. Der Umfang der berücksichtigungsfähigen Anrechnungszeiten richte sich nach dem im Zeitpunkt des Rentenbeginns maßgeblichen Recht. Da das WFG hinsichtlich der hier in Rede stehenden Änderungen des SGB VI am 01.01.1997 in Kraft getreten sei und der Beginn der Rente wegen Berufsunfähigkeit und der Altersrente nach dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des WFG gelegen habe, seien dessen Bestimmungen für den Rentenanspruch einschlägig. Der Kläger vermöge auch nicht mit seiner Rechtsansicht durchzudringen, bei der Berechnung der Altersrente seien ebenso viele Kalendermonate an Ausbildungsanrechnungszeiten zu berücksichtigen, wie bei der nahtlos vorangehenden gezahlten Rente wegen Berufsunfähigkeit. Maßgeblich für die Berechnung der Rente seien die gesetzlichen Bestimmungen, die bei Rentenbeginn, d.h. im Zeitpunkt der Entstehung der Fälligkeit und des ersten (monatlichen) Einzelanspruchs auf Zahlung einer Rente gegolten hätten. Der Einzelanspruch habe seine Wurzel in dem subjektiven Rentenstammrecht, das - am Versicherungsfall orientiert - entstehe, wenn alle Anspruchsvoraussetzungen für die jeweilige Rente vorlägen. Nach den Bestimmungen des SGB VI fielen die Entstehung des Stammrechts auf eine Rente einerseits und die Entstehung und Fälligkeit des ersten Einzelanspruchs (Rentenbeginn) auseinander (Hinweis auf BSG, Beschluss vom 16.12.1999 - B 4 RA 11/99 R). Da der am 01.02.1999 beginnende (Einzel-)Anspruch auf Zahlung einer Altersrente auf dem Stammrecht auf Altersrente und damit auf einem anderen Stammrecht als die bis zum 31.01.1999 bewirkten Zahlungen der Berufsunfähigkeitsrente (aus dem Stammrecht der Rente wegen Berufsunfähigkeit) beruhe, sei zum 01.02.1999 ein neuer Einzelanspruch mit der Folge entstanden, dass für diesen die am 01.02.1999 maßgebliche Gesetzeslage einschlägig gewesen sei. Zu diesem Zeitpunkt habe für den Kläger jedoch nur noch ein Anspruch auf rentensteigernde Berücksichtigung von Ausbildungsanrechnungszeiten in einem Umfang von 65 Kalendermonaten bestanden. Um eine Minderung des Zahlbetrags nacheinander gezahlter Renten entgegen zu wirken, sehe allerdings § 88 Abs. 1 SGB VI unter bestimmten Voraussetzungen einen Bestandsschutz bereits anerkannter Entgeltpunkte voraus. Dieser Besitzschutz sei jedoch nicht dahingehend ausgestaltet, dass die Entgeltpunkte für die jeweiligen einzelnen rentenrechtlichen Zeiten - hier z.B. die bei der Berechnung der Rente wegen Berufsunfähigkeit separat für die Anrechnungszeiten ausgewiesenen Entgeltpunkte - besitzgeschützt seien. Der Besitzschutz des § 88 SGB VI habe vielmehr den Charakter einer Zahlbetragsgarantie mit der Folge, dass die der früheren Rentenberechnung insgesamt zu Grunde liegenden Entgeltpunkte bei der nachfolgenden Rente in Ansatz zu bringen seien (Hinweis auf BSG-Urteil vom 22.10.1996 - 13/4 RA 111/94). Da die dem Kläger mit der Rente wegen Berufsunfähigkeit zuerkannten Gesamtentgeltpunkte jedoch geringer seien als die Entgeltpunkte, die der Berechnung der ab 01.02.1999 gezahlten Altersrente zugrunde lägen, habe die genannte Bestandsschutzbestimmung zugunsten des Klägers keine Anwendung finden können. Der Anspruch des Klägers auf Anerkennung höherer Ausfallzeiten lasse sich auch nicht auf die in den Jahren 1990 und 1997 erteilten Rentenauskünfte stützen, die Ausbildungsanrechnungszeiten in einem Umfang von 108 bis 84 Kalendermonate auswiesen. Diese Auskünfte seien ausdrücklich nicht rechtsverbindlich. Ihnen komme nach dem Willen des Gesetzgebers keine Bindungswirkung zu. Entgegen der Ansicht des Klägers verstoße die mit den §§ 58 Abs. 1 Nr. 4, 252 Abs. 4 SGB VI i.V.m. der Anlage 18 SGB VI vorgenommene Abschmelzung der rentensteigernden Berücksichtigung von Ausbildungsanrechnungszeiten nicht gegen das Grundgesetz (wird vom Sozialgericht ausgeführt). Das Sozialgericht habe daher keine Veranlassung gesehen, den Rechtsstreit gemäß Art. 100 Abs. 1 GG auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorzulegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Gegen das ihm am 16.03.2002 zugestellte Urteil hat der Kläger am 08.04.2002 Berufung eingelegt, mit der er sein Begehren hinsichtlich der Berücksichtigung zusätzlicher Ausbildungsanrechnungszeiten weiter verfolgt. Er hält die durch das WFG gekürzte Berücksichtigung von Ausbildungsanrechnungszeiten für verfassungswidrig und verweist insbesondere darauf, dass in der Rentenversicherung nur noch 3 Jahre für die gesamte Ausbildung anerkannt würden, während sich die Kürzung bei Beamten nur auf die Fachschul- oder Hochschulausbildung beziehe. Darin sieht er eine willkürliche Ungleichbehandlung.

Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Im Verlaufe des erstinstanzlichen Verfahrens hat der Kläger bei der Beklagten gegen die Rentenanpassungen zum 01.07.2001 und 01.07.2002 jeweils Widerspruch eingelegt. Den Widerspruch gegen die Rentenanpassung vom 01.07.2002 wies die Widerspruchsstelle der Beklagten mit Bescheid vom 06.09.2002 zurück; der Widerspruch gegen die Rentenanpassung zum 01.07.2001 wurde mit Widerspruchsbescheid vom 12.11.2002, der gemäß § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des bereits hinsichtlich des Bescheides vom 06.09.2002 anhängigen Klageverfahrens geworden ist, zurückgewiesen. Auf die Begründung der Widerspruchsbescheide wird verwiesen.

Mit der am 11.09.2002 erhobenen Klage (S 8 RA 107/02 SG Gelsenkirchen) hat der Kläger sein Begehren hinsichtlich der beiden Rentenanpassungen weiter verfolgt. Er hat insbesondere vorgetragen, dass die Rentenanpassung ab 01.07.2002 willkürlich sei, da sie von den Anpassungsverfahren der Jahre 1992 bis 1999 zu seinen Lasten abweiche. Es sei auch nicht einzusehen, warum die Renten in den neuen Bundesländern stärker als in den alten Bundesländern stiegen, weil diese ausschließlich durch Transferleistungen der alten Bundesländer ermöglicht würden. Es sei darüber hinaus zweifelhaft, ob eine Rentenanpassung durch eine Verordnung geregelt werden könne. Die Rentenanpassungen ab 01.07.2000 und ab 01.07.2001 sollten nach der Inflationsrate angepasst werden. Ab 01.07.2000 seien die Renten entsprechend der Inflationsrate um 0,6 % angepasst worden. Die Inflationsrate habe im Jahr 2000 2,04 % betragen, die Renten seien jedoch lediglich um 1,91 % angepasst worden, so dass er einen Nachteil von 0,13 % erlitten habe. Die Rentenanpassungen der Jahre 2000 bis 2002 seien willkürlich vorgenommen worden und nicht durch den Ermessenspielraum des Gesetzgebers gedeckt. Nach Erlass des Widerspruchsbescheides vom 02.11.2002 hat der Kläger die Klage auch auf die Rentenanpassung zum 01.07.2001 erstreckt und ergänzend vorgetragen, dass die Erhöhungen der Beamtenpensionen unter Berücksichtigung von 86 % Weihnachtsgeld zum 01.01.2001 um 1,93 % und zum 01.01.2002 um 2,36 % erfolgt seien. Die Pensionen seien unter Umständen zu versteuern, andererseits hätten Pensionäre allein durch die Steuerreform erhebliche Vorteile.

Der Kläger hat vor dem Sozialgericht Gelsenkirchen im Verfahren S 8 RA 107/02 schriftsätzlich sinngemäß beantragt, 1. die Rentenanpassung zum 01.07.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.11.2002 und die Rentenan- passung zum 01.07.2002 in der Gestalt des Widerspruchs- bescheides vom 06.09.2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, neue Bescheide unter Beachtung der Rechts- auffassung des Gerichts zu erteilen,

2. die Sprungrevision zuzulassen,

3. nach Art. 100 GG zu verfahren.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat sich auf ihre Ausführungen in den Widerspruchsbescheiden bezogen.

Mit Urteil vom 15.04.2003 (Az.: S 8 RA 107/02) hat das Sozialgericht unter Bezugnahme auf die Begründungen der Widerspruchsbescheide die Klage abgewiesen und weiter ausgeführt, der Kläger übersehe in seinem Vorbringen, dass die Rentenanpassung zum 01.07.2001 nicht mehr im Rahmen eines Inflationsausgleichs erfolgt sei. Der Gesetzgeber sei vielmehr vorzeitig mit den Regelungen der §§ 68, 255 e und 255 f SGB VI zu einer modizifizierten Bruttoanpassung zurückgekehrt. Soweit der Kläger einen fehlenden vollständigen Inflationsausgleich moniere, bestehe kein Bezug zu der ab 01.07.2001 geltenden Rechtslage. Es sei nicht ersichtlich, dass die Rentenanpassungen der Jahre 2000 - 2002, wie vom Kläger behauptet, willkürlich vorgenommen seien. Auch sei die Auffassung des Klägers, die höheren Rentensteigerungen in den neuen Bundesländern würden ausschließlich durch Transferleistungen der alten Bundesländer ermöglicht, nicht nachvollziehbar. Hier übersehe der Kläger, dass die Sozialversicherungspflichtigen in den neuen Bundesländern mit ihren Beitragszahlungen aufgrund des umlagefinanzierten Rentensystems die Rentenzahlungen an Rentner in den neuen Bundesländern mitfinanzierten. Der Kläger übersehe desweiteren, dass eine prozentual höhere Rentenanpassung (Ost) letztlich nur dazu führe, dass sich die Differenz des aktuellen Rentenwertes (Ost) gegenüber dem aktuellen Rentenwert verringere. Welche Rechte der Kläger hieraus für sich herleiten wolle, erschließe sich dem Sozialgericht nicht. Die §§ 68, 255 e und 255 f SGB VI in der Fassung des Altersvermögensergänzungsgesetzes (AVmEG) seien nach Auffassung des Sozialgerichts auch nicht verfassungswidrig, so dass für eine Aussetzung des Rechtsstreits und die Einleitung eines Normenkontrollverfahrens nach Art. 100 GG kein Raum sei. Insoweit hat das Sozialgericht auf das frühere Urteil vom 13.03.2002 (Az.: S 5 RA 8/01), das auch Gegenstand dieses Berufungsverfahrens ist, sowie das Urteil des BSG vom 31.07.2002 (Az.: B 4 RA 120/00 R) verwiesen. Auch die gegenüber den Erhöhungen der Pensionen der Beamten bestehenden Unterschiede rechtfertigten keine andere Beurteilung. Hier handele es sich um zwei völlig verschiedene Systeme sozialer Sicherung, bei deren Ausgestaltung dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum zukomme. Darüber hinaus sei eine isolierte Betrachtung einzelner Unterschiede der verschiedenen sozialen Sicherungssysteme nicht geeignet, eine gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßende Ungleichbehandlung des Klägers zu belegen. Vielmehr sei hier eine Gesamtbetrachtung der Vor- und Nachteile der zu vergleichenden sozialen Sicherungssysteme erforderlich. Geringfügige Unterschiede in den Prozentpunkten, mit denen die Erhöhungen der sozialen Sicherungssysteme der Rentner und Beamtenversorgungsberechtigten 2001 und 2002 vorgenommen worden seien, führten daher allein nicht zu einer gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßenden Ungleichbehandlung des Klägers. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe auch dieses Urteils Bezug genommen.

Gegen das ihm am 16.05.2003 zugestellte Urteil hat der Kläger am 16.05.2003 Berufung eingelegt und zur Begründung insbesondere auf die nach seiner Auffassung verfassungswidrige Ungleichbehandlung von Pensionären und Rentnern in der gesetzlichen Rentenversicherung verwiesen. Dazu hat er umfangreiche Unterlagen und Gutachten vorgelegt, auf die verwiesen wird.

Mit Beschluss vom 26.06.2003 sind die beiden Berufungsverfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden worden.

Der Kläger beantragt mit Schriftsatz vom 05.07.2003 sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 13.03.2002 (S 5 RA 8/01) abzuändern und die Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 31.03.1999, 31.05.1999, 25.07.2000, 27.07.2000 und 20.07.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.02.2001 zu verurteilen, Zeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung in einem Umfang von 108 Kalendermonaten rentensteigernd zu berücksichtigen sowie die Rentenbezugszeiten ab 01.02.1999 für die ersten Berufsjahre unter Berücksichtigung des Rechts vor dem WFG vom 25.09.1996 neu zu berechnen und zu zahlen,

das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 15.04.2003 (S 8 RA 107/02) abzuändern und die Rentenanpassung zum 01.07.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.11.2002 und die Rentenanpassung zum 01.07.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.09.2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, neue Bescheide unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erteilen,

hilfsweise, das Verfahren wegen Verfassungswidrigkeit des § 58 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI in der Fassung des Rentenreformgesetzes 1992, der §§ 58 Abs. 1 Nr. 4, 252 Abs. 4 SGB VI in der Fassung des WFG und der §§ 68, 255 e sowie 255 f SGB VI in der Fassung des AVmEG auszusetzen und eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen, desweiteren das Verfahren auszusetzen und eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen, ob es mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar sei, dass Pensionen und Renten unterschiedlich erhöht werden und die Beamtenversorgung und die Renten der gesetzlichen Rentenversicherung in einem angemessenen Verhältnis zu einander stehen oder ob es übermäßige Diskrepanzen gebe.

Die Beklagte beantragt,

die Berufungen zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtenen Urteile für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, den der beigezogenen Rentenakten der Beklagten (5 Bände) sowie den der beigezogenen Vorprozessakte S 5 RA 38/00 SG Gelsenkirchen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte die Streitsache verhandeln und entscheiden, obwohl der Kläger zum Termin nicht erschienen ist. Er ist mit der ordnungsgemäß erfolgten Terminsbenachrichtigung auf diese zulässige Verfahrensweise (§§ 124 Abs. 1, 153 Abs. 1 SGG) hingewiesen worden.

Die zulässigen Berufungen des Klägers sind nicht begründet. Der Kläger hat auch nach Auffassung des Senats keinen Anspruch auf Berücksichtigung weiterer Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung. Auch die Rentenanpassungen für die Jahre 2001 und 2002 verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Senat sieht auch keine Veranlassung für eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 GG.

Die Beklagte hat bei den dem Kläger nacheinander gewährten Renten wegen Berufs- und Erwerbsunfähigkeit sowie bei der Altersrente die Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung des Klägers in dem gemäß §§ 58 Abs. 1 Nr. 4, 252 Abs. 4 SGB VI vorgesehenen Umfang jeweils zutreffend berücksichtigt. Fehler bei der Anwendung der genannten Vorschriften sowie bei der Berechnung der Renten sind nicht ersichtlich. Das Sozialgericht hat auch zutreffend entschieden, dass der Kläger aus den ihm zuvor erteilten Rentenauskünften bzw. Vormerkungsbescheiden keine Rechte herleiten kann, da über die Anrechnung der vorgemerkten bzw. festgestellten Ausbildungszeiten erst im Leistungsfall entschieden wird. Das Sozialgericht hat auch zutreffend dargelegt, dass die im Rahmen der Berufsunfähigkeitsrente berücksichtigten Anrechnungszeiten für die Ausbildung des Kläger nicht auch für die unmittelbar anschließende Altersrente maßgebend sind, weil bei der Umwandlung der Renten lediglich die bisherigen Entgeltpunkte in ihrer Gesamtheit und nicht einzelne Versicherungszeiten geschützt sind.

Das Sozialgericht hat auch ausführlich begründet, dass die vom Gesetzgeber gegenüber dem früheren Recht vorgenommene kürzere Berücksichtigung von Anrechnungszeiten der Ausbildung den Kläger nicht in seinen Grundrechten verletzt. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die umfangreichen Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils, denen er sich nach Überprüfung in vollem Umfang anschließt. Insbesondere verweist der Senat jedoch nochmals auf die Ausführungen des Sozialgerichts, dass es sich bei der Anerkennung von Anrechnungszeiten um beitragsunabhängige Vergünstigungen handelt, bei denen die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers deutlich größer ist als bei Eingriffen in den sozialversicherungsrechtlichen Schutzbereich des Eigentums, der durch eigene Beitragsleistungen geprägt ist. Soweit der Kläger auf die unterschiedliche Berücksichtigung von Ausbildungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung und bei den Regelungen für die Versorgung von ehemaligen Beamten hinweist und daraus eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes des Art. 3 GG herleiten will, ist darauf hinzuweisen, dass es sich um völlig unterschiedliche Versorgungssysteme handelt, die sich über lange Zeiträume jeweils eigenständig entwickelt haben. In beiden Versorgungssystemen war und ist der Gesetzgeber bedingt durch die schlechte Lage aller öffentlichen Kassen gezwungen, Einschnitte bei den Leistungen vorzunehmen. Diese Einschnitte müssen sich an den unterschiedlichen Strukturen der Versorgungssysteme des öffentlichen Dienstes und der gesetzlichen Rentenversicherung andererseits orientieren. Dabei hat der Gesetzgeber einen erheblichen Gestaltungsspielraum. Der Senat sieht daher darin, dass der Gesetzgeber nicht, wie vom Kläger gewünscht, die verkürzte Anrechnung von Ausbildungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung in gleicher Weise auf die Beamtenversorgung übertragen hat, keine willkürliche Regelung, die gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 GG verstoßen würde.

Soweit der Kläger in seinem Antrag vom 05.07.2003 im Zusammenhang mit der Berücksichtigung von Ausbildungszeiten nunmehr auch begehrt, die Rentenbezugszeiten ab 01.02.1999 für die ersten Berufsjahre unter Berücksichtigung des Rechts vor dem WFG vom 25.09.1996 neu zu berechnen und zu zahlen, kann der Senat keine Verletzung des Klägers in seinen Rechten feststellen. Soweit ersichtlich hat der Kläger dies erstmals mit dem Schriftsatz vom 05.07.2003 geltend gemacht und nicht weiter begründet. Bei der Prüfung der dem Kläger erteilten Rentenbescheide, insbesondere des zuletzt erteilten Rentenbescheides vom 20.07.2002 (Bl. 256 der GA) vermochte der Senat nicht festzustellen, dass die Berücksichtigung der ersten Berufsjahre des Klägers durch die Beklagte dem geltenden Recht widerspricht. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 13.03.2002 (Az.: S 5 RA 8/01) konnte daher keinen Erfolg haben.

Auch die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 15.04.2003 (Az.: S 8 RA 107/02), mit dem das Sozialgericht die Klagen gegen die Rentenanpassungen zum 01.07.2001 und 01.07.2002 abgewiesen hat, kann keinen Erfolg haben. Die Anpassungen der Rente zum 01.07.2001 und 01.07.2002 entsprechen den gesetzlichen Vorgaben der §§ 68, 255 e, 255 f SGB VI. Dies ist auch vom Kläger nicht in Zweifel gezogen worden. Da sich die Berechnungsmodalitäten für die Rentenanpassungen aus den gesetzlichen Bestimmungen ergeben, hat das Sozialgericht auch zutreffend entschieden, dass Rentenanpassungen grundsätzlich gemäß § 69 Abs. 1 SGB VI durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates erfolgen können. Der Senat ist auch mit dem Sozialgericht der Auffassung, dass die beiden Rentenanpassungen auch im Hinblick auf die unterschiedlichen Erhöhungen der Renten in der gesetzlichen Rentenversicherung einerseits und der Beamtenpensionen andererseits nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 GG verstößt und der Kläger daher auch nicht in seinen Grundrechten verletzt ist. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen, denen sich der Senat anschließt.

Zwar zeigen nach Auffassung des Senats die umfangreichen vom Kläger vorgelegten Unterlagen, Stellungnahmen und Gutachten, dass die unterschiedliche Ausgestaltung der gesetzlichen Rentenversicherung und der Beamtenversorgung unter rechtspolitischen Gesichtspunkten durchaus der Diskussion und Prüfung bedarf. Dabei ist jedoch, worauf der Senat schon im Zusammenhang mit der unterschiedlichen Berücksichtigung von Ausbildungszeiten hingewiesen hat, eine Gesamtwürdigung der historisch gewachsenen unterschiedlichen Strukturen der beiden Versorgungssysteme zu berücksichtigen. So hat auch der Petitionsausschuss in der vom Kläger vorgelegten Beschlussempfehlung (BT-Drucksache 14/4610; Bl. 422 ff der GA) ausgeführt, dass punktuelle Betrachtungen und Einkommensvergleiche zwischen Ruhestandsbeamten und Rentnern aufgrund der Systemunterschiede grundsätzlich nicht als Vergleichsgrundlagen geeignet sind. Ob und wie der Gesetzgeber die beiden unterschiedlichen Versorgungssysteme angleicht, obliegt letztlich der Entscheidung des Gesetzgebers, bei der er angesichts der historisch über lange Zeiträume gewachsenen unterschiedlichen Strukturen der Systeme einen weiten gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum hat. Der vom Kläger vorgelegten Beschlussempfehlung des Deutschen Bundestages ist allerdings zu entnehmen, dass kurzfristig wohl nicht mit entsprechenden gesetzgeberischen Maßnahmen zu rechnen ist. Im Rahmen des hier anhängigen Berufungsverfahrens ist durch die Gerichte lediglich zu entscheiden, ob durch die beiden konkreten Rentenanpassungen, die Gegenstand des Verfahrens sind, der Kläger in seinen Grundrechten verletzt sein kann. Insoweit schließt sich der Senat den Ausführungen des Sozialgerichts im Urteil vom 15.04.2003 an, dass geringfügige Unterschiede in den Prozentpunkten, mit denen die Erhöhungen der Leistungen der sozialen Sicherungssysteme der Rentner und Beamtenversorgungsberechtigten vorgenommen wurden, allein nicht zu einer gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßenden Ungleichbehandlung des Klägers führen können. Es besteht daher für den Senat keinerlei Veranlassung, das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 anzurufen.

Die Berufungen des Klägers konnten daher keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 bzw. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
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