L 11 KA 70/03

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Münster (NRW)
Aktenzeichen
S 2 KA 129/00
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 KA 70/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 28.04.2003 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten der Beklagten auch im Berufungsverfahren. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger, der als Vertragszahnarzt in N an der vertragszahnärztlichen Versorgung teil nimmt, wendet sich gegen die im Jahr 1999 von der Beklagten im Rahmen der Honorarverteilung praktizierte Begrenzung der für die Gebührentarife KCH (konservierend-chirurgisch) und KB (Kieferbruch) durchschnittlich pro Fall abrechenbaren Punktzahl.

Gemäß § 7 Abs. 1 des Honorarverteilungsmaßstabs der Beklagten (HVM) i.V.m. der darin bezeichneten Anlage zum HVM wurde die Gesamtvergütung im Jahr 1999 getrennt nach den Leistungsbereichen der Gebührentarife KCH und KB (konservierend-chirurgisch bzw. Kieferbruch), PAR (Parodontose), ZE (Zahnersatz) und KfO (Kieferorthopädie) verteilt (Beschlüsse der Vertreterversammlung vom 16.01.1999 und 07.05.1999). Die Leistungen der Gebührentarife KCH/KB wurden mit Ausnahme der Individualprophylaxe bis zu einem Grenzwert mit den vertraglich vereinbarten Punktwerten vergütet (§ 2 Abs. 1 der Anlage). Diesen Grenzwert ermittelte die Beklagte in Punkten pro Fall auf der Grundlage der Abrechnungswerte (Punktmengen und Fallzahlen) des Jahres 1997 (§ 2 Abs. 2, Abs. 3 Sätze 1 bis 3 der Anlage). Dabei unterschied sie zum einen nach Arztgruppen (Zahnärzte, MKG-Chirurgen, Oralchirurgen, Paradontologen und Kieferorthopäden), zum anderen nach Kassenarten (§ 2 Abs. 3 Satz 4 Anlage). Die durchschnittliche Fallzahl setzte die Beklagte für die Gruppe der Zahnärzte mit 501 bis 550 Fälle pro Quartal fest. Praxen mit unterdurchschnittlicher Fallzahl erhielten, gestaffelt nach fünf Fallzahlgruppen, Zuschläge zum Grenzwert von bis zu 50 %. Praxen mit überdurchschnittlicher Fallzahl erhielten, gestaffelt nach vier Fallzahlgruppen, einen Abschlag vom Grenzwert für alle über die durchschnittliche Fallzahl hinaus abgerechneten Fälle von bis zu 40 % (§ 2 Abs. 5 der Anlage). In einem Quartal nicht verbrauchte Punktmengen wurden auf die Folgequartale übertragen (§ 2 Abs. 4 der Anlage). Darüberhinaus fand ein Jahresausgleich statt (§ 9 der Anlage).

Der seit 1998 niedergelassene Kläger hatte in den Quartalen des Jahres 1999 über alle Kassenarten 116, 179, 213 bzw. 249 Fälle. Er erhielt daher Zuschläge zum Grenzwert von 50 % in den Quartalen I und II/1999 bzw. 40 % in den Quartalen III und IV/1999. Aufgrund dieser Berechnungen wurden ihm von den insgesamt angeforderten 92.499 Punkten über alle Quartale 16.891 Punkte nicht zum vereinbarten Punktwert vergütet. Bei einer HVM-abhängigen Vergütung von 123.039,29 DM für die Leistungsbereiche KCH/KB blieben dementsprechend 27.105,11 DM "unvergütet" (Bescheid vom 17.04.2000 für das Quartal IV/1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.11.2000).

Mit der Klage zum Sozialgericht Münster (SG) hat die Kläger vorgetragen, die Regelung in § 2 der Anlage zum HVM benachteilige kleine Praxen und gestehe ihnen keine angemessene Vergütung mehr zu. Zu Unrecht enthalte er keine Sonderregelungen für neue bzw. neu übernommene Praxen und lasse keinen Ausgleich zwischen den Gebührentarifen zu.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid vom 17.04.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14.11.2000 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihn unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat den HVM verteidigt und insbesondere vorgetragen, die beanstandten Regelungen beruhten auf ihrer durch Art 15 Abs. 1 des Gesetzes zur Stärkung der Solidarität in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-SolG) angeordneten Bindung an die - nach Gebührentarifen getrennten - Abrechnungswerte des Jahres 1997.

Während des erstinstanzlichen Verfahrens hat die Beklagte den Jahresausgleich durchgeführt. Dabei hat sich für die Gebührentarife KCH/KB im Bereich der Primärkassen eine Rückforderung gegenüber dem Kläger von 422,65 DM, im Bereich der Ersatzkassen eine Restvergütung von 2.308,46 EUR (4.514,96 DM) ergeben (Bescheide vom 14.10.2002 bzw. 01.03.2002).

Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 28.04.2003) und ausgeführt, die Beklagte habe die Budgetierungsregelungen des Art 15 Abs. 1 GKV-SolG im Rahmen der Honorarverteilung an die Zahnärzte weitergeben dürfen, ohne deren Grundrecht der Berufsfreiheit (Art 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG)) zu verletzen. Das von ihr gewählte System der Honorarverteilung sei zulässig und die dabei erfolgte Differenzierung nach Fachgruppen ausreichend. Den Besonderheiten kleiner Praxen habe die Beklagte hinreichend Rechnung getragen, zumal jeder Zahnarzt seinen Leistungsbedarf bis zum Fachgruppendurchschnitt steigern könne. Weitergehender Sonderregelungen habe es nicht bedurft. Einen Ausgleich zwischen den verschiedenen Budgets habe Art 15 Abs. 1 GKV-SolG zwingend ausgeschlossen.

Mit der Berufung gegen dieses Urteil wiederholt und vertieft der Kläger seinen erstinstanzlichen Vortrag. Er beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 28.04.2003 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 17.04.2000 und 14.11.2000 in der Fassung der Jahresausgleichsbescheide vom 14.10.2002 und 01.03.2002 zu verurteilen, ihn unter Beachtung der Rechtsaufffassung des Senates neu zu bescheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des SG für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, den Inhalt der Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die der Senat beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht hat.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Gegenstand des Rechtsstreits ist die gesamte Vergütung des Klägers für vertragszahnärztliche Leistungen nach den Gebührentarifen KCH und KB im Jahr 1999 und in der konkreten Höhe, wie sie zuletzt durch durch die Jahresausgleichsbescheide festgesetzt worden ist. Der Bescheid vom 17.04.2000, der sich formal nur auf das Quartal IV/1999 bezieht, trifft gleichzeitig eine Regelung über das gesamte dem Kläger zustehende Jahreshonorar. Das ergibt sich schon daraus, dass der HVM der Beklagten einen auf das Jahr bezogenen Ausgleich zwischen den Grenzwert-Punktmengen der einzelnen Quartale im Sinne einer "Vortrags-Punktemenge" vorsieht. Dieser ist z.B. im Fall des Klägers im Quartal IV/1999 (Ersatzkassenbereich) wirksam geworden, indem die Beklagte ihm über die 15.359 angeforderten Punkte hinaus weitere 574 Punkte vergütet hat. Der Bescheid vom 17.04.2000 in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid vom 14.11.2000 gewonnen hat, ist darüberhinaus ergänzt worden durch die Jahresausgleichsbescheide vom 01.03. und 14.10.2002, mit denen der Honoraranspruch der Kläger für das Jahr 1999 abschließend festgesetzt worden ist und die daher ebenfalls Gegenstand des Verfahrens geworden sind (§ 96 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).

Die gegen diese Bescheide gerichtete Klage ist zulässig, aber unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind nicht rechtswidrig. Sie stehen im Einklang mit den für die Honorarverteilung im Jahr 1999 hinsichtlich der Leistungen für die Gebührentarife KCH und KB maßgeblichen satzungsmäßigen Bestimmungen der Beklagten. Diese sind ihrerseits mit höherrangigem Recht vereinbar.

Honorarverteilungsregelungen einer Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigung sind in erster Linie an den gesetzlichen Vorgaben des § 85 Abs. 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zu messen. Zentrale Bedeutung kommt dabei der Bestimmung des § 85 Abs. 4 Satz 3 SGB V zu, wonach bei der Verteilung der Gesamtvergütung Art und Umfang der Leistungen des Vertrags(zahn)arztes zugrunde zu legen sind. Dieser Vorschrift kann indessen nicht die Forderung entnommen werden, die Leistungen müssten nach ihrer Art und ihrem Umfang stets gleichmäßig, d.h. mit einem für alle Leistungen einheitlichen Punktwert honoriert werden. Vielmehr schließt das Gesetz eine unterschiedliche Vergütung nach Teilbudgets, abhängig von der Mengenentwicklung im jeweiligen Leistungsbereich, nicht aus, solange dabei der Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit gewahrt bleibt. Damit haben die Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen insbesondere die Möglichkeit, auf gesetzlich angeordnete Beschränkungen des Anstiegs der Gesamtvergütung flexibel zu reagieren (BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 4; BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 23).

Eine derartige Beschränkung für den Bereich der vertragszahnärztlichen Vergütung enthielt Art 15 Abs. 1 GKV-SolG für das Jahr 1999. Danach durfte in der Gesamtvergütung das Ausgabenvolumen für zahnärztliche Leistungen ohne ZE und KfO die Gesamtheit der über die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen abgerechneten entsprechenden Vergütungen für das Jahr 1997 nicht überschreiten (Art 15 Abs. 1 Satz 1 GKV-SolG). Das Ausgabenvolumen für ZE und KfO durfte (ohne zahntechnische Leistungen) die Gesamtheit der über die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen abgerechneten entsprechenden Ausgaben für das Jahr 1997 abzüglich 5 % nicht überschreiten (Art 15 Abs. 1 Satz 2 GKV-SolG). Darin liegt eine strikte Budgetierung der Gesamtvergütung, hinsichtlich der Ausgaben für ZE und KfO sogar in Gestalt einer Absenkung gegenüber dem Jahr 1997, die als legitimer Grund für ein Abweichen vom Gebot der strikt proportionalen Leistungsvergütung anzusehen ist. Denn sie stellte die Beklagte vor die Entscheidung, entweder die abrechenbaren Einzelleistungen zu begrenzen oder aber auf feste Punktwerte zu verzichten. Angesichts dessen ist es nicht zu beanstanden, dass sich die Beklagte für ein Modell entschieden hat, das beide Elemente vereinigt und dabei der Garantie eines festen Punktwertes für ein bestimmtes Kontingent pro Praxis den Vorzug vor einer Honorierung aller abgerechneten Punkte mit einem schwankenden Punktwert gegeben hat. Wie das SG bereits dargelegt hat, kommt die angegriffene Regelung der Bildung eines praxisbezogenen fallzahlabhängigen Budgets gleich, das einerseits ein in hohem Maße berechenbares Einnahmevolumen gewährleistet, andererseits schwankenden Fallzahlen und Behandlungsnotwendigkeiten aber durch die Übertragbarkeit nicht ausgeschöpfter Punktevolumina auf andere Fälle und sogar Quartale hinreichend Rechnung trägt.

Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit (Art 12 Abs. 1 i.V.m. Art 3 Abs. 1 GG) in seiner konkreten Ausgestaltung des Verbotes, wesentliches Ungleiches ohne sachlichen Grund gleich zu behandeln (vgl. BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 28 m.w.N.), liegt ebenfalls nicht vor.

Wie das SG bereits zutreffend ausgeführt hat, brauchte die Beklagte über die vorgenommene Differenzierung zwischen den Zahnarztgruppen hinaus keine weiteren Unterscheidungen vorzunehmen, nachdem sich das Behandlungsspektrum innerhalb der einzelnen Gruppen als hinreichend homogen erweist.

Die Beklagte hat auch rechtsfehlerfrei der aus diesem Grundsatz abgeleiteten Forderung des BSG Rechnung getragen, kleinen Praxen innerhalb angemessener Zeit, d.h. binnen längstens fünf Jahren (vgl. zu diesem Zeitraum BSG, Urt. v. 10.12.2003 - B 6 KA 54/02 - S. 10 des Umdrucks), eine Steigerung ihres Umsatzes bis zum Fachgruppendurchschnitt zu ermöglichen (vgl. BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 28; BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 45). Denn das Recht hierzu ist den Vertragszahnärzten durch den HVM der Beklagten in keiner Weise beschnitten worden.

Die Beklagte brauchte des weiteren keine gesonderte Ausnahmevorschrift zugunsten von Anfängerpraxen, d.h. entweder neu begründeten oder in jüngerer Vergangenheit übernommenen Praxen, zu schaffen.

Es ist bereits höchstrichterlich geklärt, dass solche Praxen keinen Anspruch darauf haben, von Maßnahmen der Leistungsmengen- oder Fallzahlsteuerung generell ausgenommen zu werden (BSG USK 98181). Zwar darf der HVM-Geber sie für einen begrenzten Zeitraum privilegieren, indem er ihnen z.B: einen höheren Zuschlag auf den Grenzwert zugesteht (BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 28). Entschließt er sich hierzu, so geht er jedoch keinesfalls fehl, wenn er diesen Zuschlag in Höhe des Höchstzuschlags festsetzt, den er auch etablierten kleinen Praxen zubilligt (BSG USK 98181). Im Hinblick darauf wird der Kläger durch das Fehlen einer gesonderten Regelung für Anfängerpraxen im Quartal I/1999 schon deshalb nicht beschwert, weil er in diesem Zeitraum ohnedies als Inhaber einer besonders kleinen Praxis in den Genuss des Höchstzuschlags von 50 % auf den Grenzwert gekommen ist.

Auch für die Folgequartale II bis IV/1999 ist es indessen nicht zu beanstanden, dass die Beklagte im Rahmen des ihr bei der Gestaltung des HVM zustehenden normativen Spielraums (vgl. aus neuerer Zeit BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 38 m.w.N.). auf eine generelle Begünstigung von Anfängerpraxen verzichtet hat. In der Rechtsprechung ist seit jeher anerkannt, dass den Gremien der vertrags(zahn)ärztlichen Selbstverwaltung bei der Frage, inwieweit den Besonderheiten von Anfängerpraxen Rechnung zu tragen ist, ein weites Beurteilungs- und Entscheidungsermessen zukommt, das insbesondere auch die Möglichkeit der Nichtberücksichtigung dieses Umstands mit einschließt (vgl. BSG SozR 2200 § 368n Nr. 52; BSG, MedR 1996, 136, 137; jeweils m.w.N.). Diese zunächst für Wirtschaftlichkeitsprüfungen entwickelten Überlegungen lassen sich auf die Honorarverteilung übertragen, zumal auch bei der Ausgestaltung der Praxisbudgets im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen, denen die hier zu beurteilende HVM-Regelung in groben Zügen entspricht (vgl. BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 23), auf eine gesonderte Privilegierung von Anfängerpraxen verzichtet worden ist. Angesichts dessen durfte sich die Beklagte darauf beschränken, solche Praxen nur insoweit zu begünstigen, als sie gleichzeitig unterdurchschnittlich abrechnen und aus diesem Grund einen nach Fallzahlen gestaffelten Zuschlag zum Grenzwert erhalten.

Selbst wenn man dies jedoch anders sehen wollte, hätte der Kläger im konkreten Fall gleichwohl in den Quartalen II bis IV/1999 keinen Anspruch auf einen über die bereits gewährten Vergünstigungen hinaus gehenden Zuschlag auf den Grenzwert. Denn es besteht in keinem Fall eine Verpflichtung der kassenzahnärztlichen Vereinigungen, Anfängerpraxen bei der Honorarverteilung einen Fallwert zuzugestehen, der noch über der bei 40 % Überschreitung des Fachgruppendurchschnitts anzusiedelnden Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis liegt (BSG USK 98181). Einen Zuschlag in dieser Höhe hat der Kläger jedoch für die Quartale II bis IV/1999 aufgrund der von ihm beanstandeten HVM-Regelungen bereits erhalten.

Die von der Beklagten im Rahmen der Gewährung von Zuschlägen zum Grenzwert gewählte Typisierung nach Fallzahlgruppen ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Zwar führt sie dazu, dass eine Praxis mit einer Fallzahl am unteren Rand ihrer Fallzahlgruppe unter Umständen einen insgesamt niedrigeren Grenzwert erhält als eine Praxis mit weniger Fällen am oberen Rand der nächsthöheren Fallzahlgruppe. So wird eine Praxis mit 150 Fällen aller Voraussicht nach einen höheren Grenzwert bekommen als eine solche mit 151 Fällen. An der darin zum Ausdruck kommenden Typisierung war die Beklagte jedoch nicht gehindert. Insbesondere war sie nicht verpflichtet, für jede Fallzahl einen "gleitenden" Grenzwert festzusetzen. Im Rahmen der in Gestalt der Zuschläge gewählten Vergünstigungen stand ihr nämlich ein weit gehender Gestaltungsspielraum zu, der auch gröbere Pauschalierungen rechtfertigte. Dies gilt nicht zuletzt einmal deshalb, weil eine im einen Quartal nachteilig betroffene Praxis aufgrund der quartalsweise schwankenden Fallzahlen im nächsten Quartal ohne weiteres die "Chance" hat, zu den begünstigten Praxen zu gehören, und weil zum anderen auch insoweit der quartalsübergreifende Jahresausgleich zum Tragen kommt.

Zu Unrecht bestandet der Kläger schließlich, dass die Beklagte keinen Ausgleich zwischen den für die Gebührentarife gebildeten Teilbudgets, insbesondere eine Übertragung der für die Gebührentarife ZE, KfO und PAR nicht benötigten Punkte auf die Gebührentarife KCH und KB zugelassen hat.

Für die Vereinbarung der Gesamtvergütung des Jahres 1999 schloss Art 15 Abs. 1 GKV-SolG einen Ausgleich zwischen den Gebührentarif ZE und KfO einerseits sowie KCH/KB und PAR andererseits zwingend aus. Diesen Ausschluss durfte die Beklagte im Rahmen der Honorarverteilung an die Vertragszahnärzte weitergeben. Nur so konnte sie nämlich sicherstellen, dass das Ziel des Gesetzgebers, die Ausgaben auch bezogen auf die einzelnen Leistungsbereiche zu begrenzen, nicht durch die Übertragung nicht verbrauchter Punktmengen auf andere Leistungsbereiche unterlaufen wurde. Dass demgegenüber im Jahr 2000 ein Ausgleich unter den Gebührentarifen wieder möglich war, rechtfertigt für das Jahr 1999 keine abweichende Beurteilung, weil die Geltung des Art 15 Abs. 1 GKV-SolG auf dieses Jahr beschränkt war (vgl. Senat, Urt. v. 07.01.2004 - L 11 KA 69/02 - www.sozialgerichtsbarkeit.de).

Art 15 Abs. 1 GKV-SolG verstößt nicht gegen Art 12 Abs. 1 GG (vgl. bereits Senat, Urt. v. 20.08.2001 - L 11 KA 168/00 - rkr.). Wie zuvor schon die im Jahr 1993 vorgenommene Absenkung der Punktwerte für Leistungen bei ZE und KfO um sogar 10 % (§ 85 Abs. 2b Satz 1 SGB V), diente auch die für das Jahr 1999 erfolgte Reduzierung des Vergütungsvolumens um 5 % der Stabilisierung der Beitragssätze und der "Normalisierung" der Leistungsverhältnisse in der vertragszahnärztlichen Versorgung (vgl. zur verfassungsrechtlichen Beurteilung von § 85 Abs. 2b SGB V ausführlich BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 13). Der Gesetzgeber wollte auf diese Weise einer als langfristig angesehenen Entwicklung Rechnung tragen, die sich durch ein hohes Niveau zahnerhaltender Maßnahmen bei gleichzeitigem Rückgang prothetischer Leistungen auszeichnete (vgl. BT-Drucks. 14/157, S. 38). Angesichts dessen erweist sich die Absenkung der Vergütung als verhältnismäßig, zumal sich der Kläger selbst zumindest inzidenter darauf beruft, das für die Bereiche ZE und KfO zur Verfügung gestellte Leistungsvolumen nicht ausgeschöpft zu haben. Demgegenüber kommt dem Verbot, einen Ausgleich zwischen den einzelnen Leistungsbereichen zuzulassen, kein eigenständiger Eingriffscharakter, sondern nur die Bedeutung zu, die Umsetzung der unterschiedlich festgelegten Vergütungsobergrenzen abzusichern.

Auch zwischen den Gebührentarifen KCH/KB und PAR brauchte die Beklagte einen Ausgleich nicht zu ermöglichen, obwohl insoweit Vorgaben weder des Gesetzgebers noch aufgrund der Gesamtverträge bestanden. Die Beklagte hat Leistungen nach dem Gebührentarif PAR im Jahr 1999 quartalsweise unterschiedlich vergütet: in den Quartalen I und II/1999 entsprechend den Grundsätzen über die Vergütung von ZE-Leistungen, danach gemäß § 2a der Anlage zum HVM bis zu einem betragsmäßig festgelegten Jahresgrenzwert. Unabhängig hiervon hat sie die Vergütung für PAR-Leistungen in allen Quartalen getrennt von den Vergütungsmengen für die übrigen Leistungsbereiche und ohne Ausgleich mit diesen gezahlt. Dies ist im Ergebnis nicht rechtswidrig. Im Rahmen ihres Gestaltungsspielraums durfte sich die Beklagte vielmehr von der Überlegung leiten lassen, dass die im Bereich der KCH/KB-Leistungen gewollte Budgetierung in erheblichem Umfang leer lief, wenn zahnärztliche Praxen die dort nicht vergüteten Punkte auf den nicht oder nur in geringem Maße genutzten Bereich der PAR-Leistungen übertragen durften. Insofern hat sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat unwidersprochen dargelegt, dass rund 1.000 Vertragszahnärzte in ihrem Zuständigkeitsbereich solche Leistungen nicht oder nur gelegentlich erbringen. Hierzu gehört auch der Kläger, der ausweislich des Bescheides vom 14.10.2002 im Bereich der Primärkassen für PAR-Leistungen nur ein Honorarvolumen von 4.547,37 DM abgerechnet hat. Die betreffenden Vertragszahnärzte würden gegebenenfalls von der Möglichkeit, nicht vergütete Punktmengen auf den Gebührentarif PAR zu übertragen, in erheblichem Umfang profitieren. Darin läge jedoch eine mit Blick auf den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit zumindest bedenkliche Benachteiligung solcher Praxen, die sich auf PAR-Leistungen spezialisiert haben und damit eine gesundheitspolitisch erwünschte Leistung erbringen. Denn sie müssten hinnehmen, aufgrund dessen im Bereich der KCH/KB-Leistungen stärker budgetiert zu werden als eine Praxis, die auf PAR-Leistungen weitgehend verzichtet.

Schließlich brauchte der HVM der Beklagten auch keine Sonderregelungen für bestimmte untypische, nicht konkret vorhersehbare Umstände oder aus Gründen der Sicherstellung zu schaffen. Derartige Vorschriften sind in erster Linie dann veranlasst, wenn vertrags(zahn)ärztliche Praxen an in der Vergangenheit erzielten eigenen Honoraren oder Fallzahlen festgehalten werden sollen (vgl. BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 27). Derartiges ist im HVM der Beklagten jedoch nicht vorgesehen. Unabhängig davon hat der Kläger im vorliegenden Fall Besonderheiten, die eine Ausnahmeentscheidung zu ihren Gunsten rechtfertigen könnten, auch nicht dargelegt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG in der bis zum 01.01.2002 geltenden Fassung (BSG SozR 3-2500 § 116 Nr. 24). Gründe, die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, bestehen nicht, nachdem das BSG alle wesentlichen Fragen bereits vorentschieden hat.
Rechtskraft
Aus
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