L 12 AL 220/03

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 14 (1) AL 139/99
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 12 AL 220/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 19.08.2003 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Höhe des Arbeitslosengeldes der Klägerin im Zeitraum vom 01.07.1999 bis zum 31.10.1999 und insbesondere darüber, welches Bemessungsentgelt der Berechnung zugrunde zu legen ist.

Die Klägerin stand vom 01.04.1989 bis 30.06.1999 in einem Teilzeitarbeitsverhältnis bei der Arbeiterwohlfahrt F (AWO) mit einer durchschnittlichen regelmäßigen Arbeitszeit von 26,25 Stunden pro Woche. Tatsächlich beschäftigt war sie bis zum 19.08.1998. An diesem Tage erfolgte eine fristlose Kündigung, die in der Folgezeit Gegenstand eines arbeitsgerichtlichen Rechtstreits war. Am 22.10.1998 schlossen die Klägerin und die AWO vor dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf (Az: 5 (11) Sa 1906/97) - nachdem die Klägerin erklärt hatte, dass sie zur Zeit noch keine neue Arbeit aufgenommen habe - folgenden Vergleich,:

"I. Die Parteien sind sich einig, daß ihr Arbeitsverhältnis aufgrund der Kündigung der Beklagten mit dem 30.06.1999 enden wird ... IV. Die Klägerin bleibt ab sofort unter Fortzahlung ihrer Bezüge von jeglicher Arbeitsleistung freigestellt. Durch die Freistellung bis zum 30.06.1999 ist der Urlaub der Klägerin in natura abgegolten. Im übrigen wird die Beklagte das Arbeitsverhältnis entsprechend der arbeitsvertraglichen und tarifvertraglichen Bestimmungen bis zum 30.06.1999 abrechnen.

V. Die Parteien sind sich einig, daß sich die Klägerin etwaigen Zwischenverdienst nicht anrechnen lassen muss."

Bereits am 24.08.1998 hatte sich die Klägerin arbeitslos gemeldet und Arbeitslosengeld beantragt. Vom 21.08. bis 02.09.1998 bezog sie Krankengeld. Mit Schreiben vom 23.10.1998 zog sie diesen Antrag auf Arbeitslosengeld unter Hinweis auf den Vergleich zurück. Die Beklagte lehnte den Antrag daraufhin mit bindendem Bescheid vom 28.10.1998 ab.

Vom 01.11.1998 bis 30.11.1998 war die Klägerin im Pflegezentrum T in N als Krankenschwester mit einer durchschnittlichen regelmäßigen Arbeitszeit von 32 Stunden pro Woche befristet beschäftigt. Vom 01.12.1998 bis 30.04.1999 war sie im Pflegezentrum Am X GmbH & Co. KG in S als Krankenschwester mit einer durchschnittlichen regelmäßigen Arbeitszeit von 32 Stunden pro Woche beschäftigt. Die Kündigung erfolgte während der Probezeit. Für die Zeit vom 01.11.1998 bis 30.04.1999 wurde von beiden Arbeitgebern ein monatliches Bruttoarbeitsentgelt von 3.700,57 DM bescheinigt.

Die Klägerin meldete sich am 22.06.1999 mit Wirkung vom 01.07.1999 bei der Beklagten arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld.

Mit Bescheid vom 05.08.1999 bewilligte die Beklagte der Klägerin Arbeitslosengeld ab 01.07.1999 nach einem wöchentlichen Bemessungsentgelt von 800,00 DM.

Hiergegen erhob die Klägerin am 11.08.1999 Widerspruch und führte zur Begründung aus, dass bei der Berechnung der Höhe des Bemessungsentgelts nicht alle im Bemessungszeitraum erzielten sozialversicherungspflichtigen Entgelte in zutreffender Höhe berücksichtigt worden seien.

Mit Widerspruchsbescheid vom 24.09.1999 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Sie führte im Wesentlichen aus, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin bei der AWO am 30.06.1999 geendet habe. Für die Ermittlung des Bemessungsentgelts seien jedoch lediglich die beitragspflichtigen Arbeitsentgelte maßgeblich, welche dem Leistungsempfänger bei Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis zugeflossen seien. Es sei zwischen dem Arbeitsverhältnis und dem Beschäftigungsverhältnis zu differenzieren. Das Beschäftigungsverhältnis der Klägerin bei der AWO habe ab dem Zeitpunkt der Freistellung geendet. Daher könne eine Berücksichtigung der später seitens der AWO zugeflossenen Bezüge nicht erfolgen. Maßgeblicher Bemessungszeitraum sei der Zeitraum vom 01.05.1998 bis 30.04.1999. Daher habe die Beklagte das Bemessungsentgelt zutreffend in Höhe eines Betrages von 800,00 DM errechnet.

Hiergegen hat die Klägerin am 25.10.1999 vor dem Sozialgericht (SG) Duisburg Klage erhoben. Bereits am 01.11.1999 hat sie eine neue Beschäftigung aufgenommen. Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, dass im für sie maßgeblichen Bemessungszeitraum vom 01.07.1998 bis 30.06.1999 alle ihr zugeflossenen sozialversicherungspflichtigen Entgelte, d.h. insbesondere auch die von der AWO F bis zum 30.06.1999 gezahlten Beträge zu berücksichtigen seien. Aufgrund des für sie maßgeblichen Tarifvertrages stehe fest, dass das Beschäftigungsverhältnis erst mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses ende. Da aufgrund der Freistellung bis zum 30.06.1999 ihr Urlaub in natura abgegolten wurde, bestehe das Beschäftigungsverhältnis bis zu diesem Zeitpunkt fort.

Mit Änderungsbescheid vom 08.09.2000 erhöhte die Beklagte aufgrund des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 24.05.2000 über die Berücksichtigung von Einmalzahlungen (1 BvL 1/98) das Bemessungsentgelt für den streitgegenständlichen Zeitraum um 10 % auf 880,00 DM.

Nach einem Erörterungstermin und Vorlage von Gehaltsabrechnungen seitens der Klägerin hat die Beklagte eine Neuberechnung des Bemessungsentgelts mit Änderungsbescheid vom 22.07.2002 in Höhe eines Betrages vom 810,00 DM vorgenommen. Mit weiterem Änderungsbescheid vom 25.10.2002 ist die Erhöhung dieses Bemessungsentgelts aufgrund der Berücksichtigung von Einmalzahlungen nach dem o.g. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts um 10 % auf einen Betrag von 890,00 DM erfolgt.

Die Klägerin hat das von der Beklagten insoweit abgegebene Teilanerkenntnis vom 29.10.2002 im Termin zur mündlichen Verhandlung am 19.08.2003 angenommen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 05.08.1999, des Widerspruchsbescheides vom 24.09.1999, des Änderungsbescheides vom 08.09.2000, des Änderungsbescheides vom 22.07.2002 und des Änderungsbescheides vom 25.10.2002 über das Teilanerkenntnis vom 29.10.2002 zu verpflichten, ihr für den Zeitraum vom 01.07.1999 bis zum 31.10.1999 Arbeitslosengeld nach einem Bemessungsentgelt von 1.240,00 DM nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu bewilligen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Urteil vom 19.08.2003 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung folgendes ausgeführt: "Die Beklagte hat das Bemessungsentgelt der Klägerin in Höhe eines Betrages vom 890,00 DM im Ergebnis zutreffend berechnet. Nach § 130 Abs. 1 Sozialgesetzbuch 3. Buch (SGB III) umfaßt der Bemessungszeitraum die Entgeltabrechnungszeiträume, die in den letzten 52 Wochen vor der Entstehung des Anspruches, in denen Versicherungspflicht bestand, enthalten sind und die beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem letzten Versicherungspflichtverhältnis vor der Entstehung des Anspruchs abgerechnet waren. Der Anspruch der Klägerin auf Arbeitslosengeld entstand am 01.07.1999, da an diesem Tag alle Voraussetzungen für die Entstehung dieses Anspruches vorlagen, denn die Klägerin meldete sich mit Wirkung zum 01.07.1999 arbeitslos. Der Bemessungszeitraum umfaßt damit den Zeitraum vom 01.07.1998 bis zum 30.06.1999. Innerhalb dieses Zeitraumes sind die Entgeltabrechnungszeiträume für die Beschäftigung der Klägerin bei der AWO F für den Zeitraum vom 01.07.1998 bis zum 30.10.1998 sowie für die Beschäftigung in den Pflegezentren Am T in N und Am X in S für den Zeitraum vom 01.11.1998 bis zum 30.04.1999 zu berücksichtigen. Dies sind 43 Wochen und 3 Tage (= 43,4 Wochen). Weitere Entgeltabrechnungszeiträume können keine Berücksichtigung finden. Die Klägerin schied am 30.04.1999 aus dem Versicherungspflichtverhältnis bei dem Pflegezentrum Am X GmbH & Co. KG in S aus. Hierbei handelt es sich um das letzte Versicherungspflichtverhältnis, aus welchem die Klägerin vor Entstehung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld am 01.07.1999 ausschied. Das Versicherungspflichtverhältnis der Klägerin bei der AWO F endete bereits am 31.10.1998. Nach § 24 Abs. 4 SGB III endet das Versicherungspflichtverhältnis für Beschäftigte mit dem Tag des Ausscheidens aus dem Beschäftigungsverhältnis. Nach Auffassung der Kammer endete das Beschäftigungsverhältnis der Klägerin bei der AWO F am 31.10.1998, wohingegen das Arbeitsverhältnis der Klägerin bei der AWO F bis zum 30.06.1999 aufgrund des arbeitsgerichtlichen Vergleichs vom 21.10.1998 bestehen blieb. Dies lässt sich auch dem Wortlaut des arbeitsgerichtlichen Vergleichs entnehmen. Nach Ziffer l und IV des Vergleichs sollte das Arbeitsverhältnis der Klägerin zum 30.06.1999 enden und bis zu diesem Zeitpunkt abgerechnet werden. Zwar wurde die Klägerin nach Ziffer IV des Vergleichs vom 21.10.1998 unter Fortzahlung ihrer Bezüge und Abgeltung des Urlaubsanspruches in natura bis zum 30.06.1999 von der Arbeitsleistung freigestellt, jedoch fand das Beschäftigungsverhältnis tatsächlich spätestens mit dem 01.11.1998 seine Beendigung. Besteht ein Arbeitsverhältnis formal zwar fort, ist der Arbeitnehmer jedoch nicht persönlich abhängig, weil entweder die Verfügungsbefugnis des Arbeitgebers oder die Dienstbereitschaft des Arbeitnehmers fehlt, so ist ein Beschäftigungsverhältnis zu verneinen (vgl. Gagel Rdnr. 8 zu § 25 SGB III). Die Arbeitskraft der Klägerin war nach Abschluß des Vergleichs vom 21.10.1998 nicht mehr der Verfügungsbefugnis (Direktionsrecht) der AWO F unterworfen. Der AWO F war auch nicht daran gelegen, die Arbeitskraft der Klägerin weiter in Anspruch zu nehmen. Hiervon ging die Klägerin auch selber aus, denn sie trat bereits am 01.11.1998 eine Beschäftigung bei dem Pflegezentrum Am T in N und ab dem 01.12.1998 bei dem Pflegezentrum Am X GmbH & Co. KG in S mit einem Umfang von 32 Stunden pro Woche an. Sowohl die AWO F als auch die Klägerin waren nach Abschluß des arbeitsgerichtlichen Vergleichs offensichtlich nicht gewillt, die Arbeitskraft der Klägerin bei der AWO F weiterhin in Anspruch zu nehmen bzw. diese dort zur Verfügung zu stellen. Nach § 134 Abs. 1 Satz 1 SGB III ist als Entgelt nur das beitragspflichtige Arbeitsentgelt für Zeiten einer Beschäftigung zu berücksichtigen, welches der Arbeitslose erzielt hat. Arbeitsentgelte, auf die der Arbeitslose beim Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis Anspruch hatte, gelten als erzielt, wenn sie zugeflossen oder nur wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers nicht zugeflossen sind (§134 Abs. 1 Satz 2 SGB III). Aufgrund dessen können die Arbeitsentgelte, welche die Klägerin in der Zeit vom 01.11.1998 bis zum 30.06.1999 von der AWO F erhalten hat, nicht in die Berechnung des Bemessungsentgeltes einfließen. Die Klägerin hatte beim Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis bei der AWO F zum 31.10.1998 lediglich Anspruch auf das dort bis zu diesem Zeitpunkt erzielte Arbeitsentgelt. Bei der Berechnung des Bemessungsentgelts sind daher folgende Entgelte zu berücksichtigen:

Zeitraum 01.11.1998 bis 30.04.1999 (Beschäftigungsverhältnis bei den Pflegezentren Am T bzw. Am X)

6 x 3.700,57 DM = 22.203,42 DM

Zeitraum vom 01.07.1998 bis 31.10.1998

(Beschäftigungsverhältnis bei der AWO F nach Maßgabe der von der Klägerin vorgelegten Gehaltsabrechnungen und der dort ausgewiesenen Sozialversicherungspflichtigen Bruttoentgelte)

Juli 1998 = 3.193,92 DM

August 1998 = 3.193,92DM

September 1998 = 3.390,23 DM

Oktober 1998 = 3.226.64 DM

Summe 13.004,71 DM

Die Berücksichtigung des Einmalbezuges im Monat Juli 1998 erfolgt durch die aufgrund des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 24.05.2000 (1 BvL 1/98) durch pauschale zehnprozentige Erhöhung des Bemessungsentgeltes gern § 434 c Abs. 1 SGB III. Weitere Lohnbestandteile konnten nicht berücksichtigt werden, da diese nicht als sozialversicherungspflichtiges Entgelt ausgewiesen waren. Die Summe der Beträge ergibt 35.208,13 DM. Diese ist durch die Anzahl der Wochen des Bemessungszeitraumes (43,4 Wochen) zu teilen, so daß sich ein ungerundetes Bemessungsentgelt in Höhe eines Betrages von 810,68 DM ergibt. Dieses ist aufgrund der Berücksichtigung von Einmalzahlungen um 10 % nach § 434 c Abs. 1 SGB IM um 10 % zu erhöhen. Es ergibt sich ein Betrag von 891,75 DM. Dieser war gemäß § 132 Abs. 3 SGB IM a.F. auf den nächsten durch 10 teilbaren DM-Betrag zu runden. Es errechnet sich ein Bemessungsentgelt von 890,00 DM. In Höhe dieses Betrages hat die Beklagte nach Erteilung entsprechender Änderungsbescheide Arbeitslosengeld für den Zeitraum vom 01.07.1999 bis zum 31.10.1999 bewilligt."

Das am 27.08.2003 abgesandte Urteil ist der Klägerin nach ihren Angaben am 28.08.2003 zugegangen.

Am 24.09.2003 hat sie dagegen Berufung eingelegt, die sie durch ihren Bevollmächtigten im Wesentlichen wie folgt begründet: Der Bemessungszeitraum umfasse gem. § 130 Abs. 1 SGB III die Zeit zwischen dem 01.07.1998 bis 30.6.1999. Versicherungspflicht habe im Bemessungszeitraum unstreitig für die Beschäftigung der Klägerin bei der Arbeiterwohlfahrt zwischen dem 01.07. bis 30.10.1998, bei dem Pflegezentrum T in der Zeit zwischen dem 01.11. und 30.11.1998 und beim Pflegezentrum Am X in der Zeit zwischen dem 01.12.1998 und 30.04.1999 bestanden. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts habe jedoch ein Beschäftigungsverhältnis und damit Versicherungspflicht auch hinsichtlich der Beschäftigung der Klägerin bei der AWO in der Zeit zwischen dem 01.11.1998 und 30.06.1999 bestanden. Das Beschäftigungsverhältnis bestehe so lange wie Arbeitsbereitschaft des Arbeitnehmers und Verfügungswille des Arbeitgebers vorhanden seien. Wenn das Sozialgericht insoweit die Auffassung vertrete, dass der Arbeitgeber in dem Vergleich am 22.10.1998 mit der Freistellung der Klägerin seinen Verfügungswillen aufgegeben habe und damit das Beschäftigungsverhältnis beendet worden sei, so sei dies unzutreffend. Entscheidend für die Versicherungspflicht sei dabei, dass das Arbeitsverhältnis wirksam begründet worden sein, der Arbeitnehmer arbeitsbereit sei und dem Direktionsrecht des Arbeitgebers unterstehe. Mit der Freistellung alleine sei nicht zwingend die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses verbunden. So bleibe das Beschäftigungsverhältnis bestehen in einer Vielzahl von Fällen, in denen eine Freistellung des Arbeitnehmers erfolge, etwa für Zeiten des bezahlten Erholungsurlaubs, der Entgeltfortzahlung wegen Arbeitsunfähigkeit sowie der Freistellung des Arbeitsnehmers zum Studium oder ähnliches, wenn Entgelt weiter gezahlt werde. Bereits mit diesen Fällen sei der vorliegende vergleichbar, da eine Freistellung unter Fortzahlung der Bezüge erfolgt und die AWO auch in der Zeit zwischen dem 01.11.1998 und dem 30.06.1999 unstreitig Sozialabgaben für die Klägerin entrichtet habe. Hinzu komme, dass Gegenstand des Arbeitsrechtsstreits Vergütungsansprüche der Klägerin für Leistungen waren, die von ihr bereits vor Abschluss des Vergleichs erbracht worden seien. Mit der im Vergleich vereinbarten Freistellung seien zumindest für die Zeit vom 23.10.1998 bis zum 30.04.1999 die Urlaubsansprüche der Klägerin für die Jahre 1998 und 1999 sowie noch nicht durch Zahlung oder Freizeit abgegoltene aufgelaufenen Mehrarbeitstage sowie Überstunden abgegolten worden. Dies bedeute, dass die Klägerin zum Zeitpunkt des arbeitsgerichtlichen Vergleichs bereits mit ihrer Arbeitsleistung in Vorleistung getreten und diese Vorleistungen mit der Vereinbarung im Vergleich abgegolten worden seien. Damit sei gerade in der Freistellung die Ausübung des Direktionsrechts des Arbeitgebers und nicht etwa ein Verzicht zu sehen. Die Freistellung unter Fortzahlung des Gehalts für die Monate Mai und Juni 1999 sei erfolgt nach dem Vergleichsvorschlag des Vorsitzenden des LAG als Ausgleich für die gegenüber dem Arbeitgeber bestehenden Schadensersatzansprüche der Klägerin aufgrund der unberechtigten Kündigung und positiver Vertragsverletzung in Höhe der jeweils erstinstanzlich selbst zu tragenden Anwaltskosten für die beiden seinerzeit anhängigen Verfahren, die jeweils einem Monatsgehalt ohne Zulagen entsprachen. Hierauf habe sich der Arbeitgeber auch eingelassen. Durch die Freistellung habe der Arbeitgeber gerade für diesen Zeitraum sein Direktionsrecht ausgeübt mit der Folge, dass zumindest im vorliegenden Fall das Ende des Arbeitsverhältnisses und das Ende des Beschäftigungsverhältnisses zusammengefallen seien. Zu berücksichtigen sei auch, dass nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts es mit dem Gleichheitsgrundsatz unvereinbar sei, dass gezahltes Arbeitseinkommen zu Sozialversicherungsbeiträgen herangezogen werde, ohne dass es bei der Berechnung von ... Lohnersatzleistungen berücksichtigt werde. Die Klägerin habe für den relevanten Zeitraum gerade keine entsprechenden Leistungen erhalten. Schließlich habe sich die Klägerin bereits zum 01.05.1999 arbeitslos melden wollen. Ihr sei erklärt worden, eine Arbeitslosmeldung habe erst zum 01.07.1999 zu erfolgen, da sie sich bis zum 30.06.1999 aufgrund des arbeitsgerichtlichen Vergleichs noch in einem Beschäftigungsverhältnis befinde.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 19.08.2003 zu ändern und nach dem erstinstanzlichen Antrag zu erkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend. Ergänzend trägt sie vor: Der Argumentation des Prozessbevollmächtigten, das Beschäftigungsverhältnis bei der AWO habe auch in der Zeit 01.11.1998 und 30.06.1999 bestanden, da der Arbeitgeber durch die im Wege des arbeitsgerichtlichen Vergleichs erfolgte Freistellung der Klägerin sein Direktionsrecht ausgeübt und darüber hinaus auch die Arbeitsbereitschaft der Klägerin vorgelegen habe, könne nicht gefolgt werden. Nach § 130 SGB III komme es unstreitig darauf an, dass ein Versicherungspflichtverhältnis vorgelegen haben müsse. Gemäß § 24 Abs. 4 SGB III ende das Versicherungspflichtverhältnis mit dem Tag des Ausscheidens aus dem Beschäftigungsverhältnis. Werde das Ende des Arbeitsverhältnisses durch Vergleich auf einen nach dem letzten Arbeitstag liegenden, genau bezeichneten Zeitpunkt unter Zubilligung von Arbeitsentgelt festgesetzt, ende das Beschäftigungsverhältnis des Arbeitnehmers im leistungsrechtlichen Sinne mit dem letzten Tag der tatsächlichen Arbeit. Nach der einschlägigen Kommentierung bleibe das Beschäftigungsverhältnis bestehen, solange Arbeitsbereitschaft des Arbeitnehmers und Verfügungswille des Arbeitgebers vorhanden seien. Die Arbeitsbereitschaft ende allerdings spätestens mit der Aufnahme einer anderen Beschäftigung. Danach stehe fest, dass spätestens durch die erneute Arbeitsaufnahme der Klägerin zum 01.11.1998 das Ende des hier maßgeblichen Beschäftigungsverhältnisses mit der AWO der 31.10.1998 gewesen sei und das wegen des Vergleichs darüber hinaus bis zum 30.06.1999 gezahlte Arbeitsentgelt bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes keine Berücksichtigung finden könne. Dem Vergleich vom 22.10.1998 sei nicht zu entnehmen, dass damit Urlaubsansprüche, Mehrarbeitstage und Überstunden abgegolten worden seien, was am faktischen Ende des Beschäftigungsverhältnisses ohnehin nichts ändere. Ferner sei die von der Gegenseite in den Vergleich hinein interpretierte Bedeutung als "Ausgleich für Schadensersatzansprüche der Klägerin aufgrund der unberechtigten Kündigung und positiver Vertragsverletzung" irrelevant. Auch sei das Vorbringen des Bevollmächtigten der Klägerin, man habe sie aufgefordert, sich wegen des angeblich noch bestehenden Beschäftigungsverhältnisses erst zum 01.07.1999 arbeitslos zu melden, nicht geeignet, das erstinstanzliche Urteil zu erschüttern. Hier lasse sich schon kein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch herleiten, da kein Beratungsfehler der Beklagten vorliege. Außerdem hätte der Anspruch auf Arbeitslosengeld nach § 143 Abs. 1 SGB III ohnehin bis einschließlich 30.06.1999 geruht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der die Klägerin betreffende Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Diese Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig. Die Klägerin begehrt Arbeitslosengeld nach einem Bemessungsentgelt von 1.240 DM statt 890 DM für die Zeit vom 01.07.1999 bis 31.10.1999. Dies übersteigt in der Summe einen Betrag von 500 Euro.

Die Berufung ist indes unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der Klägerin steht höheres Arbeitslosengeld nicht zu. Der Senat schließt sich nach eigener Überprüfung der Sach- und Rechtslage den Ausführungen des SG im Urteil vom 19.08.2003 an. Von einer weiteren Darstellung seiner Entscheidungsgründe sieht der Senat insoweit gem. § 153 Abs. 2 SGG ab.

Mit Aufnahme der neuen Beschäftigung der Klägerin am 01.11.1998 kann von einer Verfügungsbefugnis des Arbeitgebers und der Dienstbereitschaft des Arbeitnehmers als Voraussetzung für ein Beschäftigungsverhältnis bei der AWO im versicherungsrechtlichen Sinne nicht mehr ausgegangen werden. Soweit die Klägerin auf die Fallkonstellationen verweist, in denen die Rechtsprechung trotz Freistellung des Arbeitnehmers vom Fortbestehen des Beschäftigungsverhältnisses ausgegangen ist (vgl Schlegel in Hennig, SGB III, § 25 Rz 43), verkennt sie, dass jedenfalls der Wille der Arbeitsvertragsparteien bestanden haben muss, das Beschäftigungsverhältnis fortzusetzen (vgl BSG 18.04.1991 - 7 RAr 106/90 -, SozR 3-4100 § 104 Nr. 6). Von diesem Willen kann hier im Hinblick auf das im Vergleich bereits festgeschriebene Ende des Arbeitsverhältnisses nicht ausgegangen werden. Dagegen spricht auch die Regelung im Vergleich, dass sich die Klägerin Zwischenverdienste nicht anrechnen lassen musste und ihr Vortrag, die Freistellung unter Fortzahlung des Gehalts sei erfolgt als Ausgleich für die gegenüber dem Arbeitgeber bestehenden Schadensersatzansprüche. Im Übrigen hat der Arbeitgeber die Klägerin nicht in Ausübung seines Direktionsrechts freigestellt, sondern in Erfüllung des arbeitsgerichtlichen Vergleichs.

Soweit die Klägerin meint, zu Unrecht Beiträge entrichtet zu haben, hat sie die Möglichkeit, einen Beitragserstattungsanspruch geltend zu machen. Auch die behauptete Fehlberatung durch die Beklagte könnte vorliegend nur einen Amtshaftungsanspruch, jedoch keinen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch begründen. Die Arbeitslosmeldung kann als Tathandlung und wegen ihrer spezifischen Funktion nicht "hergestellt" werden (ständige Rechtsprechung, vgl. BSG SozR 3-4100 § 134 Nr. 14 mwN). Die Entscheidung über einen Amtshaftungsanspruch fällt allerdings in die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichtsbarkeit.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 183, 193 SGG.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
Saved