L 2 KN 19/03

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 31 KN 63/02
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 2 KN 19/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 14.01.2003 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der 1935 geborene Kläger ist Marokkaner. Er war vom 13.07.1973 bis zum 31.01.1976 im deutschen Steinkohlenbergbau (Bergwerk F N, F Bergwerksverein/T) beschäftigt. Vom 23.06. - 09.09.1976 war er Arbeiter/Reiniger bei der Firma Industrie Kesselreinigung, Bodenverlegung, I F/O. Die Beklagte setzte auf Antrag des Klägers zu erstattende Beiträge für die Zeit vom 13.07.1973 bis zum 31.01.1976 fest (Bescheid vom 29.04.1980).

Im Juni 2000 beantragte der Kläger Altersrente aus der Beschäftigungszeit in Deutschland. Die Beklagte erhielt keine Unterlagen über das beitragspflichtige Entgelt bei I F (Auskunft vom 17.11.2000). Nach Mitteilung der Innungskrankenkasse (IKK) Nordrhein war der Kläger dort für die Zeit vom 01.01. - 31.01.1977 ebenfalls als Beschäftigter der Firma F gemeldet; die Abmeldung erfolgte am 23.02.1977 (Auskunft vom 09.10.2000). Die Beklagte lehnte den Rentenantrag ab: Die allgemeine Wartezeit sei nicht erfüllt. Überdies seien die Beiträge aus dem Zeitraum von 1973 bis 1976 in Höhe von DM 5977,70 mit Bescheid vom 29.04.1980 erstattet worden. Wegen der bisher noch nicht erstatteten Beiträge aus der Beschäftigung bei der Firma F werde eine Nacherstattung geprüft (Bescheid vom 30.01.2001; Widerspruchsbescheid vom 23.04.2001). Die Klage gegen diesen Bescheid blieb erfolglos (klageabweisendes Urteil des Sozialgerichts (SG) Dortmund vom 19.12.2001, Aktenzeichen (Az) S 31 KN 74/01).

Die Beklagte stellte für die Beschäftigungszeiten vom 25.06. bis 09.09.1976 und 01.01. bis 23.02.1977 einen Erstattungsbetrag in Höhe von Euro 341,09 fest (Bescheid vom 19.03.2002) und zahlte diesen Betrag an den Kläger aus. Den Widerspruch des Klägers, mit dem er geltend machte, er habe mehr Beiträge an die Beklagte bezahlt, wies sie zurück (Widerspruchsbescheid vom 29.04.2002).

Mit seiner Klage zum SG Dortmund hat der Kläger behauptet, er habe für die Zeit von 1973 bis 1976 eine Erstattung von DM 1893, danach nochmals 341 Euro erhalten.

Das SG hat die Klage abgewiesen, weil es bei der Berechnung der Beitragserstattung keinen Fehler hat feststellen können (Urteil vom 14.01.2003).

Mit seiner Berufung trägt der Kläger vor, sein Antrag sei abgelehnt worden, obwohl er an die Beklagte Rentenbeiträge gezahlt habe. Die Erstattung für die 5 Jahre, in denen er unter Tage gearbeitet habe, sei nicht genug. Er bitte, ihm auch noch den Restbetrag zu überweisen. Da er "Alphabetiker" sei, habe er damals seine gesamten Unterlagen an E N1 gegeben und bei ihr die Beitragserstattung unterschrieben. E N1 habe den gesamten Betrag genommen. Er habe die Beträge von DM 1893 und DM 1334 nicht erhalten.

Die Beklagte hält die Berufung für unbegründet. Sie hat vorgetragen, die Erstattungsbeträge für die Zeit vom 13.07.1973 bis 31.01.1976, vom 25.06. bis 09.09.1976 und 01.01. bis 23.02.1977 rechtmäßig errechnet und vollständig bezahlt zu haben (Schreiben vom 21.07.2003 mit Anlagen).

Die Landesversicherungsanstalt (LVA) Schwaben hat mitgeteilt, E N1 sei vor ca. 8-10 Jahren in einigen Fällen, insbesondere Beitragserstattungen, von marokkanischen Versicherten als Bevollmächtigte eingesetzt worden, wobei ihr auch Geldempfangsvollmacht erteilt worden sei. Versicherte hätten später mitgeteilt, Frau N1 sei in Marokko inhaftiert worden, weil sie Beträge, die ihren Vollmachtgebern zustanden, unterschlagen habe (Auskunft vom 15.06.2004).

Der Senat hat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass eine Entscheidung durch Beschluss nach § 153 Abs 4 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in Betracht komme.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, der beigezogenen Vorprozessakten (SG Dortmund Az. S 31 KN 74/01) sowie der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

II.

Nach seinem schriftlichen Vorbringen begehrt der Kläger sinngemäß, die Beklagte zu verurteilen, für die Zeiträume vom 25.6. bis 09.09.1976 und vom 01.01.bis 23.02.1977 höhere Beiträge zu erstatten und den mit Bescheid vom 29.04.1980 festgesetzten Erstattungsbetrag auszuzahlen. Der Senat geht nach dem Schreiben des Klägers vom 03.06.2003 davon aus, dass er jedenfalls im Berufungsverfahren nicht erneut Rentenleistungen begehrt.

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Der Senat kann über die Berufung durch Beschluss entscheiden, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung für nicht erforderlich hält, § 153 Abs 4 Satz 1 SGG. Es handelt sich um einen einfach gelagerten Fall. Die Beteiligten hatten ausreichend Gelegenheit, sich zu äußern; sie sind auch zu der beabsichtigten Verfahrensweise gehört worden, § 153 Abs 4 Satz 2 SGG.

Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) ist der Bescheid vom 19.03.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.04.2002 (§ 95 SGG). Mit diesem Bescheid hat die Beklagte eine Nacherstattung von Beiträgen für den Zeitraum vom 25.06.1976 bis zum 23.02.1977 verfügt. Eine Regelung zu den bereits mit Bescheid vom 29.04.1980 für den Zeitraum vom 13.07.1973 bis 31.01.1976 erstatteten Beiträgen enthält dieser Bescheid ausdrücklich nicht. Vielmehr führt die Beklagte im Gegenteil aus, dass die Bindungswirkung des Erstattungsbescheides vom 29.04.1980 (und damit für den dort geregelten Zeitraum) nicht aufgehoben werde, und es sich nunmehr um eine nachzuholende Nacherstattung bisher irrtümlich nicht berücksichtigter Beiträge für einen anschließenden Zeitraum handele.

Zu Recht hat das SG die Klage insoweit als unbegründet abgewiesen. Der Kläger ist durch den Bescheid vom 19.03.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.04. 2002 (§ 95 SGG) nicht beschwert, weil dieser Bescheid nicht rechtswidrig ist, § 54 Abs 2 SGG. Für die in der angefochtenen Entscheidung genannten Zeiten hat die Beklagte den Erstattungsbetrag zutreffend berechnet, §§ 210 Abs 1, 256c Abs 1 und 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) iVm den Anlagen 1 und 5 zum Fremdrentengesetz, und bereits ausgezahlt. Danach steht dem Kläger für die Zeit der Beschäftigung bei der Firma F ein Erstattungsbetrag von DM 667,11 = Euro 341,09 zu, den er, wie er selbst einräumt, auch tatsächlich erhalten hat. Wegen der Einzelheiten der Berechnung nimmt der Senat auf das dem Kläger im Wortlaut vorliegende Schreiben der Beklagten vom 21.07.2003 nebst Anlage Bezug. Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger für den im angefochtenem Bescheid geregelten Erstattungszeitraum ein höherer Erstattungsbetrag zustehen könnte, sind nach Lage der Akten nicht erkennbar und auch vom Kläger selbst nicht vorgetragen. Soweit er meint, DM 1334,22 verlangen zu können, übersieht er, dass Beiträge nur in der Höhe erstattet werden, in der die Versicherten sie getragen haben (§ 210 Abs 3 Satz 1 SGB V), also nur in Höhe des Arbeitnehmeranteils.

Aber auch, soweit der Kläger im Wege der allgemeinen Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG) Zahlung eines (Rest-)Erstattungsbetrags aus dem Bescheid vom 29.04.1980 begehrt, ist seine Klage unbegründet, weil die Beklagte den sich hieraus ergebenden Zahlungsanspruch des Klägers erfüllt hat.

Es kann dahinstehen, ob die Erfüllung der Erstattungsforderung allein durch die auf der Grundlage der noch verfügbaren Daten gemachten Angaben der Beklagten bewiesen ist, ob sich insbesondere aus dem dokumentierten Verwaltungsverfahren allein zweifelsfrei ergibt, dass die geschuldete Leistung auch tatsächlich erbracht wurde. Jedenfalls sieht es der Senat unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere durch die eigenen Angaben des Klägers und die Auskunft der LVA Schwaben vom 15.06.2004 als erwiesen an, dass die Beklagte die Erstattungsforderung wirksam getilgt hat.

Aus dem Datenbestand der Beklagten ergibt sich zunächst, dass sie eine Erstattungsforderung in Höhe von DM 5.977,70 festgestellt hat. Hätte der Kläger trotz positiven Bescheids keine Zahlung erhalten, hätte er sich nach allgemeiner Lebenserfahrung zeitnah bei der Beklagten gemeldet. Dies ist aber nicht geschehen. Dies spricht dafür, dass er jedenfalls eine Zahlung, die er als Beitragserstattung verstanden hat, auch tatsächlich erhalten hat. Offenbar weiß der Kläger - nach eigenen Angaben Analphabet ("Alphabetiker") - selbst nicht genau, wie hoch der Erstattungsbetrag war. So führt er einmal an, er habe einen Betrag in Höhe von DM 1893 und Euro 341 (Schriftsatz vom 18.07.2002)erhalten, ein anderes Mal, er habe weder einen Betrag von DM 1334 noch einen Betrag von DM 1.893 erhalten (Schreiben vom 30.10.2003) Letztlich gibt es keinen Grund anzunehmen, die Beklagte habe einen anderen als den aktenkundigen Erstattungsbetrag überwiesen. Empfängerin war die hierzu vom Kläger bevollmächtigte E N1. Insoweit hat der Kläger selbst erklärt, er habe wegen der Beitragserstattung im Jahre 1980 E N1 Vollmacht erteilt und wisse deshalb bis zum heutigen Tage nicht, wie hoch der Erstattungsbetrag gewesen sei (Schreiben vom 10.08.2001 im Vorprozess SG Dortmund S 31 KN 74/01). Diese Angaben hat er im Berufungsverfahren weiter präzisiert. Auf der Grundlage seiner ergänzenden Angaben und der Auskunft der LVA Schwaben ist der Senat überzeugt, dass die Beklagte den Anspruch auf Beitragserstattung aus ihrem Bescheid vom 29.04.1980 vollständig erfüllt hat, indem sie den gesamten Betrag in Höhe von DM 5.977,70 an die vom Kläger - auch zum Geldempfang - "bevollmächtigte" E N1 ausgekehrt hat, die dieses Geld offenbar - teilweise - nicht an den Kläger weitergeleitet hat. Anhaltspunkte dafür, dass sie sich im Fall des Klägers anders als in den von der LVA Schwaben geschilderten Fällen verhalten haben sollte, sind nicht erkennbar. Wegen der - teilweise - unterbliebenen Weiterleitung der Zahlung im Innenverhältnis zwischen E N1 und dem Kläger kann die Beklagte nicht - erneut - in Anspruch genommen werden. Insoweit ist der Kläger auf privatrechtliche Ansprüche gegen E N1 zu verweisen. Der Leistung an den empfangszuständigen Gläubiger steht für die Erfüllung ( § 362 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB)) die Leistung an einen Vertreter gleich. Nichts Anderes ergäbe sich, hätte der Kläger keine Vollmacht im rechtstechnischen Sinne, sondern eine Ermächtigung erteilt (§§ 362 Abs 2, 185 BGB).

Nach alledem sind begründete Zweifel, dass die Beklagte den von ihr selbst bescheidmäßig festgestellten Betrag tatsächlich nicht in voller Höhe mit Erfüllungswirkung für den Kläger an E N1 erstattet hat, nicht veranlasst. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Abs 1 SGG.

Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht, § 160 Abs 2 SGG.
Rechtskraft
Aus
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