L 17 U 15/02

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Gelsenkirchen (NRW)
Aktenzeichen
S 10 U 274/99
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 17 U 15/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 10. Dezember 2001 geändert und die Klage abgewiesen. Die im Berufungsverfahren erhobenen Klagen werden abgewiesen. Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist der Anspruch auf Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 28.05.1997.

Die 1935 geborene Klägerin, die im Unternehmen ihres Ehemannes als geringfügig Beschäftigte tätig war, bezog von der Beklagten wegen eines am 06.11.1992 im Rahmen eines Verkehrsunfalls erlittenen sogen. Schleudertraumas der Halswirbelsäule (HWS) von Oktober 1993 bis September 1995 vorläufige Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 v. H. (Bescheid vom 18.01.1994 sowie gerichtlicher Vergleich im Berufungsverfahren L 15 U 195/98 vom 18.05.1999).

Am 28.05.1997 wurde die Klägerin auf einer Betriebsfahrt mit ihrem Pkw auf der Autobahn von der Fahrbahn abgedrängt und geriet in eine Leitplanke. Dr. C, Leitender Arzt der Abteilung Unfallchirurgie am Knappschaftskrankenhaus C C in H diagnostizierte im Durchgangsarztbericht vom Unfalltage eine HWS-Distorsion mit vegetativen Begleiterscheinungen. Der Neurologe und Psychiater Dr. T konnte im Bericht vom 04.06.1997 keinen Anhalt für eine Commotio cerebri oder sonstige Hirnmitbeteiligung feststellen. Er nahm eine HWS-Distorsion mit Prellungen und eine diskrete Hypästhesie im Bereich der ersten beiden Trigeminusäste links an. In einem weiteren Bericht vom 12.06.1997 schloss er eine intercerebrale Raumforderung aus und diagnostizierte cervicale Wurzelreizbeschwerden mit diskreten Sensibilitätsstörungen. Dr. C schloss die berufsgenossenschaftliche Heilbehandlung am 24.06.1997 mit Arbeitsfähigkeit ab 30.06.1997 ab.

Die Klägerin wurde sodann von der praktischen Ärztin S behandelt, die in der Folgezeit vorwiegend wegen einer unfallbedingten Schwindelsymptomatik Arbeitsunfähigkeit bescheinigte. Am 29.07.1997 stellte sich die Klägerin bei Prof. Dr. Q, Chefarzt der Neurochirurgischen Klinik am Knappschaftskrankenhaus C C in H vor, der als Folge des Unfalls eine erneute HWS-Distorsion mit Commotio cerebri und nachfolgenden Kopfschmerzen, Taubheitsgefühlen und Dyästhesien im Bereich der Dermatome V 1 und 2 links sowie eine gelegentliche unfallbedingte Schwindelsymptomatik beschrieb. Er berichtete unter dem 16.01.1998, die Klägerin sei im Rahmen eines Schwindelanfalls am 30.11.1997 gestürzt und habe sich dabei eine Sprunggelenkfraktur rechts beigezogen. Diese sei als mittelbare Unfallfolge anzusehen. Die Beklagte zog die Behandlungsunterlagen vom Chefarzt Dr. C1, Chirugische Abteilung des St. C Hospitals D bei und holte einen Bericht des behandelnden Chirurgen Dr. T1 vom 11.02.1998 ein. Außerdem zog sie das Vorerkrankungsverzeichnis sowie die Verkehrsunfallakte bei und veranlasste eine Untersuchung und Begutachtung der Klägerin durch Oberarzt Dr. C2, Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik E. Dieser kam im Gutachten vom 18.05.1998 zusammenfassend zu dem Ergebnis, Behandlungsmaßnahmen wegen des Sprunggelenkverrenkungsbruches sei nicht mehr erforderlich; hinsichtlich der unfallbedingten Entstehung sei ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten erforderlich. Dieses wurde auf Veranlassung der Beklagten von dem Neurologen und Psychiater Dr. B in N am 13.11.1998 erstattet. Ihm gegenüber hatte die Klägerin angegeben, sie habe seit dem streitigen Unfall längere Zeit starke Schwindelbeschwerden gehabt, die jetzt - im September 1998 - aber völlig abgeklungen seien. Dr. B stellte als Unfallfolgen eine HWS-Distorsion mit Wurzelreizung C2 mit Miss- und Minderempfindungen, tourenweise auftretende Kopfschmerzen sowie vegetative Begleiterscheinungen wie Übelkeit, Erbrechen fest, die jetzt abgeklungen seien. Die unfallbedingte MdE schätzte er für drei Monate nach dem Unfallergebnis mit 20 v. H. und dann mit 10 v. H. ein. Ob der Sturz vom 30.11.1997 Folge einer unfallbedingten Schwindelattacke gewesen sei, lasse sich - so der Gutachter - nicht eindeutig klären.

Mit Bescheid vom 25.03.1999 lehnte die Beklagte die Gewährung von Verletztenrente ab, weil der Arbeitsunfall vom 28.05.1997 über die 26. Woche nach dem Arbeitsunfall hinaus keine MdE in rentenberechtigendem Grade hinterlassen habe. Den gegen diesen Bescheid fristgerecht eingelegten Widerspruch, mit dem die Klägerin geltend machte, die Schwindelattacken seien erst im März 1998 abgeklungen und der Sturz vom 31.11.1997 sei Folge des streitigen Arbeitsunfalles, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17.09.1999 als unbegründet zurück.

Dagegen hat die Klägerin am 18.02.1999 vor dem Sozialgericht (SG) Gelsenkirchen Klage erhoben. Sie hat die Ansicht vertreten, mit Prof. Dr. Q und der behandelnden Ärztin S sei davon auszugehen, dass die Schwindelsymptomatik, die zu dem Sturz am 30.11.1997 geführt habe, Folge des Arbeitsunfalles sei. Der gegenteiligen Auffassung des Chirurgen Dr. T1 könne nicht gefolgt werden. Die Sprunggelenkfraktur sei daher als mittelbare Unfallfolge anzuerkennen.

Das SG hat nach Beiziehung eines Behandlungs- und Befundberichtes der Ärztin S vom 14.03.2000 weiteren Beweis erhoben durch die Einholung medizinischer Gutachten. Dr. L, Ärztlicher Direktor der Fachklinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Neurologie der Klinik L in L ist im Gutachten vom 02.10.2000 zusammenfassend zu dem Ergebnis gelangt, eine eindeutige kausale Beziehung zwischen dem Schwindelereignis und dem Arbeitsunfall sei nicht herzustellen. Gleichwohl sei mit 50 %iger Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass der Sturz vom 30.11.1997 auf eine arbeitsunfallbedingte Schwindelattacke zurück zu führen sei. Die Schwindelerscheinungen seien nach medikamentöser Behandlung erst im Februar 1998 zum Stillstand gekommen. Der auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gehörte Sachverständige (SV) Dr. T2, Chefarzt der Neurochirurgischen Abteilung des M-Stiftes in N, ist im Gutachten vom 01.06.2001 zu der Feststellung gelangt, die Schwindelattacke, die am 30.11.1997 zu dem Sturz geführt habe, sei wahrscheinlich Folge eines zentral-vestibulären Schwindels gewesen, den man nicht selten nach Schleudertraumen der HWS beobachte. Da hier ein zeitlicher Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall vom 28.05.1997 vorgelegen habe, sei die haftungsausfüllende Kausalität gegeben.

Hinsichtlich der Folgen des im Streitverfahren S 10 U 189/00 erhobenen Anspruchs auf Weitergewährung von Verletztenrente wegen der Folgen des Wegeunfalls vom 06.11.1992 ist Dr. T2 zu dem Ergebnis gekommen, es liege ein in Gleitfehlstellung verheiltes Bewegungssegment HWK 5/6 nach traumatisch discoligamentärer Instabilität mit Bandscheibenzerreißung und vorderem und hinterem knöchernen Bandausriss sowie traumatischer Zerreißung der Wirbelbogengelenke mit posttraumatischem cervikocephalen Syndrom und rezidivierenden Kopf- und Nackenschmerzen und allgemeiner Belastungsinsuffizienz der HWS vor. Die unfallbedingte MdE sei insoweit auf Dauer mit 20 v. H. einzuschätzen.

Mit Urteil vom 10.12.2001 hat das SG die Beklagte verurteilt, der Klägerin wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 28.05.1997 Verletztenrente nach einer MdE um 20 v. H. zu gewähren. Begründet hat es seine Auffassung damit, dass im Hinblick auf die längere Zeit nach dem Unfall bestehende Schwindelsymptomatik die MdE-Einschätzung durch Dr. B nicht überzeugen könne und die rechtsseitige Sprunggelenksfraktur Folge des Arbeitsunfalls vom 28.05.1997 sei. Mit Urteil vom gleichen Tage hat das SG in dem Parallelrechtsstreit die Beklagte zur Weitergewährung von Verletztenrente nach einer MdE um 20 v. H. wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 06.11.1992 verurteilt und sich insoweit auf die Darlegungen von Dr. T2 gestützt. Die dagegen eingelegte Berufung ist vor dem 15. Senat (L 15 U 15/02) anhängig.

Gegen das ihr am 18.12.2001 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 16.01.2002 Berufung eingelegt. Unter Vorlage eines Aktengutachtens des Orthopäden Dr. T3 in L vom 29.05.2002 ist sie der Auffassung, der streitige Unfall habe nicht mit Wahrscheinlichkeit zu einer Distorsionsbelastung der HWS geführt. Daher könne auch die Schwindelattacke vom 30.11.1997 nicht mittelbare Folge des streitigen Arbeitsunfalls sein.

Der Senat hat ein Gutachten von Priv.-Dozent (PD) Dr. U, Chefarzt der Neurologischen Abteilung der Fachklinik S in F eingeholt. Darin ist dieser gemeinsam mit Oberärztin Dr. L1 am 14.05.2003 zusammenfassend zu dem Ergebnis gelangt, bei der Kläger lägen Folgen des Arbeitsunfalles vom 28.05.1997 nicht mehr vor. Die zu einem Sturz führende Schwindelattacke vom 30.11.1997 sei mittelbar unfallbedingt im Rahmen des durch den Unfall verursachten benignen paroxysmalen Lagerungsschwindels. Soweit Dr. B ein Carpaltunnelsyndrom und eine C7-Irritation vorgefunden habe, könnten diese Befunde nicht nachvollzogen werden und seien auch nicht zu bestätigen. Auch liege eine Irritation der Nervenwurzel C2 bzw. C1 nicht vor. Der am 30.11.1997 erfolgte Bruch des rechten Sprunggelenkes sei folgenlos ausgeheilt und die noch bestehende Neigung zu Spannungskopfschmerzen und subjektiven Missempfindungen im Bereich des Hinterkopfes seien im Zusammenhang zu sehen mit einem HWS-Verschleiß und HWS Funktionsstörungen. Der Zustand nach unfallbedingtem Lagerungsschwindel habe bis einschließlich März 1998 vorgelegen, weshalb die insoweit hausärztlich attestierte Arbeitsunfähigkeit für diesen Zeitraum gerechtfertigt sei. In ergänzenden Stellungnahmen vom 08.12.2003 und 09.01.2004 hat SV PD Dr. U seine Auffassung verdeutlicht und ausgeführt, bereits vor dem Unfall habe ein Vorschaden an der HWS bestanden. Es gebe auch keine Befunde, die eine Verletzung am Kopf oder an der HWS bei dem Unfall vom 28.05.1997 wahrscheinlich machten. Nach dem unstreitigen Unfallhergang sei es zu keiner abrupten Geschwindigkeitsänderung gekommen. Ein verkehrsanalytisches Gutachten sei zur Klärung des medizinischen Sachverhaltes hier ungeeignet. Die anhaltenden Beschwerden in Form von Spannungskopfschmerzen hätten vor und nach dem Unfall unverändert bestanden und die nach dem Unfall zeitweilig aufgetretenen neuen Beschwerden in Form eines anfallsartigen Schwindels seien als paroxysmaler Lagerungsschwindels einzustufen, der mit der HWS nichts zu tun habe. Mangels entsprechenden Primärschadens scheide mithin ein Dauerschaden aus; nach Ende der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit im März 1998 habe keine messbare MdE mehr vorgelegen.

In der mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten folgenden Teilvergleich geschlossen:

Die Beklagte erkennt unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit bis 31.03.1998 an. Sie erkennt weiter an, dass als mittelbare Unfallfolge ein Zustand nach ausgeheiltem Bruch des rechten Sprunggelenkes nach Unfall vom 30.11.1997 vorliegt.

Die Beklagte, die sich in ihrer Rechtsauffassung durch die Beweisaufnahme im Berufungsverfahren bestätigt sieht und im Übrigen der Ansicht ist, durch die Einholung des Aktengutachtens von Dr. T3 weder gegen § 200 Abs. 2 Satz 1 des Siebten Sozialgesetzbuches - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII) noch gegen die Vorschriften des Sozialdatenschutzes verstoßen zu haben, beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 10.12.2001 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin, die dem Urteil des SG beipflichtet, ist der Auffassung, die Beklagte habe durch das Gutachten von Dr. T3 ihr Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt. Dazu hat sie eine Stellungnahme des Bundesdatenschutzbeauftragten vom 18.03.2003 vorgelegt. Wenn die Beklagte durch § 200 Abs. 2 Satz 1 SGB VII auch nicht gehindert werde, zu Gerichtsgutachten beratungsärztliche Stellungnahmen vorzulegen, so gelte dies - so hat sie in der mündliche Verhandlung vorgetragen - aber nicht für die Vorlage von Aktengutachten. Insoweit habe sie - die Klägerin - im Sinne von § 76 Abs. 2 des X. Sozialgesetzbuches - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) der Weitergabe ihrer Sozialdaten an Dr. T3 widersprochen, weshalb dessen Gutachten aus der Gerichtsakte zu entfernen sei. Entsprechendes gelte für das vom Senat eingeholte Gutachten von PD Dr. U nebst ergänzenden Stellungnahmen und der Beweisanordnung vom 30.12.2002, mit der der SV aufgefordert worden sei, auch zu den - unter Verstoß gegen die Datenschutzvorschriften gewonnenen - Erkenntnissen von Dr. T3 Stellung zu nehmen.

Die Klägerin beantragt,

1) die Berufung zurückzuweisen,

2) das von der Beklagten vorgelegte Gutachten von Dr. T3 vom 29.05.2002 aus der Gerichtsakte zu entfernen sowie das von Dr. U eingeholte Gutachten nebst Beweisanordnung und den ergänzenden Stellungnahmen aus der Gerichtsakte zu entfernen,

hilfsweise stellt sie die Anträge nach Ziffer 2) bis 8) aus dem Schriftsatz vom 13.11.2003 und beantragt weiter hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte verwiesen. Die Unfallakten sowie die Streitakten S 10 U 189/00 = L 15 U 15/02 lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

I.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Das SG hat sie zu Unrecht verurteilt, der Klägerin wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 28.05.1997 Verletztenrente nach einer MdE von 20 v. H. zu gewähren. Der streitige Arbeitsunfall, der nach dem Teilvergleich Arbeitsunfähigkeit bis zum 31.03.1998 bedingt und als dessen mittelbare Folge es zu einem ausgeheilten Bruch des rechten Sprunggelenks gekommen ist, hat keine bleibenden Gesundheitsstörungen hinterlassen, die die Erwerbsfähigkeit der Klägerin in messbarem Grade mindern.

Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalles über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall um wenigstens 20 v. H.

gemindert ist, haben nach § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Anspruch auf eine Rente. Bei Verlust der Erwerbsfähigkeit wird Vollrente, bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit wird Teilrente geleistet. Sie wird in der Höhe des Vomhundertsatzes der Vollrente festgesetzt, der dem Grad der MdE entspricht (§ 56 Abs. 3 Satz 2 SGB VII).

Die Gewährung von Entschädigungsleistungen aus der Gesetzlichen Unfallversicherung wegen eines Arbeitsunfalles im Sinne von § 8 SGB VII setzt voraus, dass die versicherte Tätigkeit, das Unfallereignis und der geltend gemachte Gesundheitsschaden im Sinne des Vollbeweises mit einem der Gewissheit nahe kommenden Grade der Wahrscheinlichkeit feststehen (BSG Soz R 3-2200 § 548 Nrn. 38, 64; Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung [Handkommentar], § 8 SGB VII Rdnr. 10). Die haftungsausfüllende Kausalität als Voraussetzung des Entschädigungsanspruchs beurteilt sich nach der unfallrechtlichen Kausalitätslehre von der wesentlichen Bedingung. Danach sind von den Bedingungen im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne als Ursache oder Mitursache unter Abwägung ihres verschiedenen Wertes nur diejenigen Bedingungen anzusehen, die wegen ihrer besondere Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (BSGE 61, 127, 129; 63, 262, 268; Mehrtens, a. a. 0. Rdnr. 8). Dabei muss der Zusammenhang zwischen dem Arbeitsunfall und dem Gesundheitsschaden dessen Entschädigung begehrt wird, zwar nicht nachgewiesen aber hinreichend wahrscheinlich sein; die bloße Möglichkeit reicht nicht aus (BSG SozR 2200 § 548 Nr. 38; BSG Urteil vom 25.08.2000 - B 2 U 33/99 R -; Mehrtens, a. a. 0. Rdnr. 10.1). Dieser Zusammenhang ist unter Zugrundelegung der herrschenden unfallmedizinischen Lehrauffassung, die bei der Beurteilung maßgebend ist, erst dann gegeben, wenn mehr für als gegen den Zusammenhang spricht und ernste Zweifel an einer anderen Verursachung ausscheiden (BSG Breithaupt 1963, 60, 61; BSGE 32, 303, 309; 45, 285, 286). Die für den Kausalzusammenhang sprechenden Umstände müssen danach die gegenteiligen deutlich überwiegen (Schulz-Weidner, SGb 1992, 59).

Von diesen rechtlichen Voraussetzungen ausgehend sind nach dem Gesamtergebnis der medizinischen Ermittlungen des Verwaltungs- und Gerichtsverfahrens die Voraussetzungen eines Verletztenrentenanspruchs wegen des streitigen Arbeitsunfalls nicht erfüllt. Es ist nämlich nicht der Nachweis geführt, dass nach Ende der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit Unfallfolgen vorgelegen haben, die einen Rentenanspruch begründen könnten. Der Senat stützt sich insoweit auf das im zweiten Rechtszug eingeholte, ausführlich und überzeugend begründete wissenschaftliche Gutachten von PD Dr. U. Dieses konnte - anders als die Klägerin meint - hier auch als Beweismittel Verwendung finden (vgl. dazu die Ausführungen unter II). Soweit das SG unter Bezugnahme auf das nach § 109 SGG eingeholte Gutachten von Dr. T2 zu einer anderen Auffassung gelangt ist, ist dieser Beurteilung, die im Übrigen durch das Gutachten des vorgenannten SV gar nicht gedeckt ist, nicht zu folgen. Dafür sind im Einzelnen folgende Gründe maßgebend:

Die Klägerin hat bei dem Unfall keine Verletzung der HWS erlitten. Zum Unfallzeitpunkt bestanden bei ihr bereits erhebliche Verschleißerscheinungen der HWS, vor allem im unteren Abschnitt mit Randkantenanbauten und Zeichen des Bandscheibenverschleißes und dadurch bedingter Minderung der Beweglichkeit und Belastbarkeit der HWS mit wiederkehrenden Schulter-, Nacken- und Kopfschmerzen. Ob und inwieweit dieser Zustand auf den Wegeunfall im Jahre 1992 zurückzuführen ist, ist im vorliegenden Verfahren weder Streitgegenstand noch - worauf PD Dr. U zutreffend hingewiesen hat -, entscheidungserheblich. Es gibt, wie der SV ausführt, keinerlei medizinische Befunde - weder in den Akten noch bei den gutachterlichen Untersuchungen - die dafür sprechen, dass es bei dem Unfall am 28.05.1997 überhaupt zu Primärschäden an der HWS gekommen ist. Denn außer Verspannungen und angegebenen Druckschmerzen im Nacken, qualitativ wie schon zuvor, ist kein auffälliger pathologischer Befund dokumentiert worden. Auch Dr. T2 hat die bei der Klägerin bestehenden Veränderungen im Bereich der HWS nicht auf das hier streitige Unfallereignis zurückgeführt; sein Gutachten verhält sich vielmehr dazu, ob diese Veränderungen Folgen des Unfalls aus dem Jahre 1992 sind. Im Übrigen war - worauf PD Dr. U hinweist - auch das Unfallereignis vom 28.05.1997 nicht dazu prädestiniert, eine Verletzung der HWS durch ein Beschleunigungs- oder Verzögerungstrauma herbeizuführen, weil es nach dem unstreitigen Unfallhergang zu keiner abrupten Geschwindigkeitsänderung des Fahrzeugs der Klägerin gekommen ist. Der PKW ist im Vorwärtsgang geblieben und letztlich von der Klägerin zum Stehen gebracht worden. Eine abrupte Geschwindigkeitsänderung wie bei einem Auffahrunfall hat nicht stattgefunden und die Richtungs- und Geschwindigkeitsänderung trafen die Klägerin nicht von Hinten oder sonst wie unerwartet, sondern sie reagierte - wie PD Dr. U einleuchtend dargetan hat - aktiv, so dass alle Schutzreflexe in Aktion waren (vgl. zu derartigen Unfallhergängen auch Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit 7. Aufl., S. 553). Soweit im Durchgangsarztbericht eine HWS-Distorsion mit vegetativen Begleiterscheinungen diagnostiziert wurde, hat PD Dr. U zutreffend darauf hingewiesen, dass mit vegetativen Begleiterscheinungen nur das bei der Klägerin nach dem Unfall aufgetretene Erbrechen gemeint sein kann, was aber nicht durch eine HWS-Verletzung ausgelöst wurde. Erbrechen nach einem Unfall deutet vielmehr auf eine Verletzung von Innenohr und/oder Gehirn, nämlich auf eine Störung des Gleichgewichtssystems hin. Die von der Klägerin geschilderten Schwindelattacken in Form eines ausgeprägten Drehschwindels mit Erbrechen und später auch mit Stürzen ohne Vorboten für den einzelnen Anfall und ohne Intervallsymptome und mit abnehmender Intensität und Häufigkeit sind - worauf der vom Senat gehörte SV einleuchtend hinweist - typisch für einen sog. benignen paroxysmalen Lagerungsschwindel. Es gibt keine andere Krankheit, bei der Schwindelattacken von solcher kurzer Dauer aber auch Heftigkeit, anfangs durchaus auch mit Erbrechen, ohne Intervallsymptome oder sonstige Krankheitszeichen von Seiten des Gehör- und Gleichgewichtssystems mit diesem gutartigen Spontanverlauf auftreten. Die zugrundeliegende Cupulolithiasis, die Ablösung eines kleinen Partikels der Utrikulusotolithen im Innenohr, kann spontan oder durch ein Trauma - auch einen nur leichten Kopfanprall - ausgelöst werden Bei einer Erstmanifestation der Beschwerden am Unfalltag mit zweimaligem Erbrechen ist von einer Auslösung durch das Ereignis auszugehen, wie PD Dr. U ausgeführt hat. Die von der Hausärztin attestierte Arbeitsunfähigkeit wegen der Schwindelanfälle bis Ende März 1998 ist deshalb - was die Beklagte in der mündlichen Verhandlung anerkannt hat - als unfallbedingt anzusehen. Nach diesem Zeitpunkt traten - wie die Klägerin selbst angegeben hat - keine Schwindelanfälle auf. Der von ihr am 30.11.1997 in Folge eines Schwindelanfalls erlittene Sturz mit Weber-A-Fraktur des rechten Sprunggelenkes ist mithin als mittelbare Unfallfolge (vgl. dazu Mehrtens, a. a. O., Rdnr. 9.7) anzusehen. Der Sprunggelenksbruch ist - wie sowohl der behandelnde Arzt Dr. T1 in seinem Befundbericht vom 11.02.1998 als auch Dr. C2 in seinem von der Beklagten eingeholten und urkundsbeweislich zu verwertenden Gutachten festgestellt haben - folgenlos ausgeheilt und bedingt seit April 1998 keine MdE. Auch er ist von der Beklagten als Folge des streitigen Unfalls anerkannt worden.

Soweit der im ersten Rechtszug gehörte SV Dr. T2 einen zentral-vestibulären Schwindel diagnostiziert hat, ist dieser Beurteilung, die im Übrigen auch fachfremd erfolgte, nicht zu folgen. PD Dr. U hat zutreffend darauf hingewiesen, dass ein zentral-vestibulärer Schwindel eine Gehirnschädigung bedeutet, die bei der Klägerin befundmäßig jedoch nicht festzustellen ist. Vielmehr waren bei ihr sämtliche neurologisch-psychiatrischerseits erhobenen Befunde unauffällig und regelhaft. Außerdem hat ein solcher Schwindel niemals reinen Anfallscharakter, sondern produziert wegen der Schädigung des zentralen Nervensystems reproduzierbare Befunde. Soweit Dr. B als von der Beklagten gehörter Gutachter eine Wurzelreizung C2 als Folge des Unfalls und der behandelnde Arzt Prof. Dr. Q eine unfallbedingte Beschädigung des sensiblen Nerven mit Gefühlsstörung im Gesicht angenommen hat, ist ihren Beurteilungen, wie PD Dr. U überzeugend nachgewiesen hat, nicht zu folgen. Dieser SV hat nämlich zutreffend darauf hingewiesen, dass der Beurteilung des Dr. B schon deshalb nicht beigetreten werden kann, weil für das Gesicht sensibel ein Hirnnerv und keine cervikale Nervenwurzel zuständig ist und zum Anderen Verletzungen im Bereich der beiden unteren Halswirbel in der Regel mit dem Leben schwer vereinbar sind. Das sensible Versorgungsgebiet der Nervenwurzel C2 ist nahezu identisch mit dem des periphären Hautnerven (Nervus occipitalis major), der aber nur den Hinterkopf, nicht jedoch den vorderen Abschnitt des behaarten Oberkopfes versorgt. Für diesen ist vielmehr der erste Ast des sensiblen Gesichtsnerven (Nervus trigeminus) zuständig. Dieser Nerv war sowohl bei der Untersuchung durch Dr. B als auch durch PD Dr. U intakt und verlässt zudem den knöchernen Schädel ohne Beziehung zur HWS, sodass er traumatisch nur isoliert, ohne größere Hirnläsion betroffen sein kann bei Frakturen im Bereich der Gesichtsknochen. Eine Schädigung dieses Nerven durch eine Distorsion der HWS ist anatomisch - so der vom Senat gehörte SV - gar nicht möglich. Die bei der Klägerin bestehenden Kopfschmerzen mit subjektiven Missempfindungen im Bereich der typischen Schmerzausstrahlung vom Hinterkopf nach vorn bis in die Augengegend sind als von der HWS ausstrahlende Spannungskopfschmerzen einzustufen, die bereits vor dem Unfall bestanden und sich danach auch nicht verändert haben, so dass sie nicht als unfallbedingt anzusehen sind.

Nach alledem lässt sich mangels fortbestehender unfallbedingter Funktionseinbußen - wie PD Dr. U überzeugend dargelegt hat - keine messbare MdE begründen.

Eine andere Beurteilung lässt sich entgegen der Ansicht des SG und der Klägerin auch nicht im Gutachten des Dr. T2 entnehmen. Dieser hat vielmehr bezüglich des hier allein streitigen Unfalls vom 28.05.1997 weder dauerhafte Unfallfolgen noch eine unfallbedingte MdE benannt; er war dazu in der Beweisanordnung des SG auch gar nicht befragt worden. Für die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung einer Verletztenrente nach einer MdE um 20 v. H. durch das SG fehlte es da nach an jeglicher medzinischer Beweisgrundlage.

Zu weiteren Ermittlungen im Sinne der Hilfsanträge bestand kein Anlass. Ein technisches bzw. verkehrsanalytisches Sachverständigengutachten (Hilfsantrag der Klägerin zu 2)) war nicht einzuholen. Ein solches ist - wie der vom Senat gehörte SV dargelegt hat - zur Klärung des medizinischen Sachverhalts nicht sachdienlich. Es ist angesichts der unmittelbar nach dem Unfall ärztlicherseits erhobenen und in der Folgezeit beschriebenen Befunde für den Nachweis der Schwere der Verletzung und das Fortbestehen von Unfallfolgen ungeeignet. Oberarzt Dr. Q1 war zur Richtigkeit der im Arztbrief vom 29.07.1997 gestellten Diagnose von Sensibilitätsstörungen nicht zu befragen (Beweisantrag zu Ziff. 5)). Er hat als Neurochirurg nicht die dafür notwendige Kompetenz wie der im Berufungsverfahren gehörte neurologisch-psychiatrische SV. Im Übrigen kann unterstellt werden, dass er seine Diagnose bestätigen würde, was deshalb entscheidungsunerheblich ist, weil über die auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet bestehenden Gesundheitsstörungen eingehender medizinischer SV-Beweis sowohl im Verwaltungs- wie im Gerichtsverfahren erhoben wurde. Wie vorstehend bereits ausgeführt, ist es anatomisch nicht möglich, dass eine Distorsion der HWS zu einer Schädigung des sensiblen Gesichtsnerven mit Gefühlsstörungen im Gesicht führen kann. Im Übrigen ist der Nervus trigeminus - wie oben dargestellt - ein der apparativen Diagnostik gut zugänglicher Nerv und die von dem SV insoweit erhobenen apparativen Befunde waren stets normwertig, während die Diagnose von Prof. Dr. Q bzw. Dr. Q1 nur auf subjektiven Angaben der Klägerin bei der Untersuchung beruhten. Im Hinblick auf die durchgeführte medizinische Beweisaufnahme war eine gutachterliche Anhörung von Dr. Q1 nicht erforderlich. Er war auch nicht nach § 109 SGG zu hören, denn dieses Antragsrecht ist durch das Gutachten von Dr. T2 verbraucht (vgl. Meyer-Ladewig, SGG 7. Aufl., § 109 Rdnr. 10 a). Der Senat hat auch keine Veranlassung gesehen, entsprechend dem Hilfsantrag zu 3) ein weiteres medizinisches Sachverständigengutachten zur Frage der unfallbedingten MdE einzuholen. Ein solches ist durch PD Dr. U erstattet worden. Dieser SV war auch nicht entsprechend dem Hilfsantrag zu 4) zur Frage der unfallbedingten MdE mündlich zu hören. Er hat vielmehr in seinen ergänzenden Stellungnahmen vom 08.12.2003 und 09.01.2004 im Einzelnen zu den Einwänden der Klägerin im Schriftsatz vom 13.11.2003 Stellung genommen und insbesondere in seiner letzten Stellungnahme eingehend und überzeugend dargelegt, dass nach Ende der Arbeitsunfähigkeit der Klägerin im März 1998 keine unfallbedingte MdE verblieben ist. Es bestand auch kein Grund, entsprechend den Hilfsanträgen nach Nr. 6), 7) und 8) Dr. T2 zu einer mündlichen Verhandlung zu laden, ihn zur Frage der unfallbedingten MdE ergänzend bzw. zu dem Ergebnis des Gutachtens von PD Dr. U zu hören. Zum einen ist ein entsprechender Beweisantrag in der ersten Instanz, wo Dr. T2 nach § 109 SGG gehört worden ist, nicht gestellt worden (vgl. BSG SozR 1750 § 411 Nr 2; BSG SGb 2000,269ff.) und zum zweiten besteht kein Rechtsanspruch darauf, dass der in einem Gerichtsverfahren nach der vorgenannten Vorschrift gehörte SV, der zu einer positiven Beurteilung der Zusammenhangsfrage oder der MdE-Einschätzung gelangt ist, zu später eingeholten Gutachten abschließend erneut gehört werden muss und so "das letzte Wort hat" (vgl. Urteil des Senats vom 09.07.2003 - L 17 U 244/02 -). Im Übrigen hat - wie vorstehend ausgeführt - Dr. T2 keine zusätzliche Schädigung der HWS durch den Unfall vom 28.05.1997 angenommen und die Beurteilung des Schwindels fällt - wie ebenfalls bereits dargelegt - nicht in den Bereich der fachlichen Zuständigkeit eines Neurochirurgen.

II.

Soweit die Klägerin gegen die Verwertbarkeit des von der Beklagten zur Berufungsbegründung vorgelegten Aktengutachtens von Dr. T3 Zweifel geäußert und diese damit begründet hat, die Beklagte habe insoweit gegen die Bestimmungen des Sozialdatenschutzes im Sinne von § 35 des Ersten Buches des Sozialgesetzbuches - Allgemeiner Teil - (SGB I) bzw. §§ 199, 200 SGB VII und der §§ 67 a ff. SGB X verstoßen, weshalb auch das vom Senat eingeholte SV-Gutachten von PD Dr. U nicht verwertbar sei, weil diesem die Ausführungen von Dr. T3 zugänglich gemacht worden seien, teilt der Senat diese Auffassung nicht. Die Ausführungen des letztgenannten, die - wie sich aus den Urteilsgründen zu I. ergibt -, für die Entscheidung des Senates keine Relevanz hatten, sind rechtlich als qualifiziertes Parteivorbringen zu werten (vgl. BSG Urteil vom 06.04.1989 - 2 RU 55/88 - = USK 8999). Ein solches Aktengutachten, das nach herrschender Meinung prozessrechtlich ein zulässiges Mittel zur Wahrnehmung des auch für den Sozialleistungsträgers bestehenden grundgesetzlich verbrieften Anspruchs auf rechtliches Gehör (vgl. dazu BSG SozR 3-1500 § 62 Nr. 5, 14 ferner zum Ganzen Meyer-Ladewig, a.a.O. § 62 Rdnr. 10 a ff.) darstellt (so zutreffend Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung 11. Aufl. S. 244 x; Meyer-Ladewig, a.a.O. § 109 Rdnr. 3; Rohwer-Kahlmann, Aufbau und Verfahren der Sozialgerichtsbarkeit § 109 SGG Rdnr. 8), ist von einem Gutachten, das der Sozialleistungsträger nach Maßgabe der §§ 22, 21 SGB X im Rahmen des Feststellungsverfahrens zur Entscheidung über den geltend gemachten Anspruch auf Sozialleistungen einholt, zu unterscheiden. Die letztgenannten Gutachten, auf die sich allein § 200 Abs. 2 1. Halbsatz SGB VII bezieht, stellen keine "Parteigutachten" dar, können nach der Rechtssprechung des BSG im Wege des Urkundsbeweises verwertet werden und ggf. auch alleinige medizinische Grundlage der gerichtlichen Entscheidung sein (BSG SozR § 118 SGG Nr. 3; SozR § 128 Nr. 66; Urteil vom 08.12.1988 - 2/9 b RU 66/87; = MESO B40/39, Urteil vom 06.04.1989 a.a.O.; vgl. dazu ferner Meyer-Ladewig, a.a.O. § 118 Rdnr. 12 b; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens 3. Aufl. Abschnitt III Rdnr. 49, 50). Daraus folgt, dass derartige beratungsärztliche Stellungnahmen zu den im Gerichtsverfahren eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten - auch wenn sie über eine kurze Stellungnahme hinaus gehen und den Charakter eines Aktengutachtens haben - nicht dem § 200 Abs. 2 1. Halbsatz SGB VII unterfallen. Diese Vorschrift ist auch keine datenschutzrechtliche Bestimmung, sondern dient nach der amtlichen Begründung (vgl. BT-Drucksache 13/4853 S. 22) dazu, die Rechte des Versicherten im Verwaltungsverfahren zu stärken und die Transparenz des Verfahrens zu verbessern (Urteil des Senats vom 15.10.2003 - L 17 U 85/00 -; vgl. ferner Brackmann/Burchardt, Handbuch der Sozialversicherung - Gesetzliche Unfallversicherung - § 200 SGB VII Rdnr. 14,18; Kass. Komm. - Ricke -, § 200 SGB VII Rdnr. 4; Kater/Leube, Gesetzliche Unfallversicherung - SGB VII - Kommentar § 200 Rdnr. 9, 10; Mehrtens, a.a.O. § 200 Rdnr. 4). Sie ist daher weder im Gerichtsverfahren, wo ausschließlich die Bestimmungen des § 202 SGG i. V. m. §§ 404 ff. Zivilprozessordnung (ZPO) gelten, noch in Bezug auf ärztliche Stellungnahmen auch mit gutachterlichem Inhalt, z. B. zu Heilbehandlungsmaßnahmen, zur Beratung des Unfallversicherungsträgers bei der Entscheidungsvorbereitung durch eigene Ärzte oder sonstige beratende Ärzt oder auch zu bereits eingeholten Gutachten - einschließlich derer im Gerichtsverfahren - anwendbar. Sie betreffen insoweit interne Entscheidungsprozesse, die dem Unfallversicherungsträger im Hinblick auf ihre Entscheidungsverantwortung unbeschränkt möglich seien müssen; dementsprechend ist die vorgenannte Bestimmung eng auszulegen (so zutreffend Kass.Komm. - Ricke - a.a.O.; im Ergebnis ebenso Brackmann/Burchardt, a.a.O.). Es besteht daher - im Gegensatz zur Auffassung des Bundesdatenschutzbeauftragten im Schreiben vom 18.03.2003 - weder ein Bedarf noch gar eine (datenschutzrechtliche) Notwendigkeit, § 200 Abs. 2 1. Halbsatz SGB VII über seinen Regelungsinhalt hinaus auf sonstige ärztliche Stellungnahmen anzuwenden und insoweit dem Versicherten ein Mitspracherecht bei der Auswahl des Arztes einzuräumen. Dies würde zudem mit dem sich aus Art. 103 Abs. 1 Grundgesetz (GG) und § 62 SGG ergebenden Rechten der Beklagten kollidieren, was der Bundesdatenschutzbeauftragte unberücksichtigt gelassen hat.

Ist daher in der Vorgehensweise der Beklagten ein Verstoß gegen die vorgenannte Verfahrensvorschrift des SGB VII nicht zu sehen - sie würde nach zutreffender Ansicht auch regelmäßig nicht zur Nichtigkeit der Verwaltungsentscheidung in der Sache führen (vgl. Brackmann/Burchardt, a.a.O. Rdnr. 21; Kass.Komm. - Ricke -, a.a.O. Rdnr. 7; Kater/Leube, a.a.O. Rdnr. 14; Ricke, NZS 2002, 357, 358) -, so sind auch die Vorschriften des Sozialdatenschutzes der §§ 67 a ff. SGB X nicht verletzt worden. Der Senat hat in dem den Prozessbeteiligten bekannten Urteil vom 11.12.1991 - L 17 U 54/90 - eingehend dargelegt, dass die Einholung beratungsärztlicher Stellungnahmen durch den Unfallversicherungsträger und die damit einhergehende Information über besonders schutzwürdige Sozialdaten des Versicherten keine Übermittlung bzw. Offenbarung im Sinne von §§ 69, 76 SGB X darstellt. An dieser Rechtsauffassung, die durch die Reform des Sozialdatenschutzes durch das 2. SGB ÄndG vom 13.06.1994 (BGBl I 1229) und die nachfolgenden Änderungen nicht berührt wird, hält der Senat nach erneuter Überprüfung fest. Soweit § 76 Abs. 2 SGB X ein Widerspruchsrecht des Versicherten statuiert - die Klägerin wurde von der Beklagten entsprechend § 200 Abs. 2 2. Halbsatz SGB X am 29.01.1998 darauf hingewiesen - handelt es sich, wie im o.a. Urteil vom 11.12.1991 im einzelnen dargelegt, um ein höchstpersönliches Recht, bei dem eine Vertretung durch berufsmäßige Bevollmächtigte unzulässig ist (allgemeine Meinung, vgl. z.B. von Wulffen/Roos, SGB X 4. Aufl. § 67 b Rdnr. 6 m.w.N.; Mehrtens, a.a.O. § 67 b SGB X Rdnr. 4.3; Pickel, SGb 1999, 493, 496). Die Klägerin, die durch die Berufungsschrift der Beklagten darüber informiert war, dass diese sich zu dem erstinstanzlich eingeholten Gutachten von Dr. T2 ärztlich beraten lassen wollte, hat dieser Vorgehensweise selbst nicht widersprochen. Vielmehr hat ihr Prozessbevollmächtigter der Verwertung der Ausführungen von Dr. T3 wegen einer angeblichen Verletzung des informationellen Selbstbestimmungsrechtes erst widersprochen, als er vom Inhalt der - in erster Linie auf den hier nicht streitgegenständlichen Unfall vom 06.11.1992 bezogenen - kritischen Ausführungen des Beratungsarztes zu dem nach § 109 SGG eingeholten Gutachten Kenntnis hatte. Darin kann indes ein Widerspruch der Klägerin selbst i. S. v. § 76 Abs. 2 SGB X nicht gesehen werden; darauf wurde sie ausdrücklich auch noch im Gerichtsverfahren hingewiesen. Aus alledem folgt, dass es der Klägerin in Wirklichkeit nicht um den Schutz ihrer Sozialdaten sondern in erster Linie darum geht, die vermeindlich günstige Beweissituation durch das Gutachten von Dr. T2, dem das SG gefolgt ist, unter allen Umständen zu wahren.

Nach alledem war der Berufung der Beklagten stattzugeben, das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.

III.

Soweit die Klägerin in der mündlichen Verhandlung Klage auf Entfernung des von der Beklagten mit der Berufungsbegründung vorgelegten Aktengutachtens von Dr. T3 sowie des vom Senat eingeholten SV-Gutachtens von PD Dr. U nebst ergänzender Stellungnahme und der zugrundeliegenden Beweisanordnung aus der Gerichtsakte beantragt hat, ist die Klage unzulässig. Dies folgt daraus, dass Streitgegenstand des Berufungsverfahrens nur Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte sind, hier also der Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 28.05.1997. Eine Klageänderung im Sinne von §§ 153, 99 SGG liegt insoweit nicht vor, denn die Klägerin macht - wie sich aus ihrem Antrag eindeutig ergibt - gerade keinen öffentlich-rechtlichen Folgenbeseitigungsanspruch bzw. Löschungsanspruch aus § 84 Abs. 2 SGB X (vgl. dazu von Wulffen/Roos, a.a.O. vor § 67 Rdnr. 21, 22; Hauck/Steinbach, SGB I - Allgemeiner Teil - K § 35 Rdnr. 144) gegen die Beklagte geltend. Insoweit hat sie sich - wie aus der von ihr vorgelegten Stellungnahme des Bundesdatenschutzbeauftragten folgt - vielmehr auf die Geltendmachung des Anrufungsrechtes des Datenschutzbeauftragten nach § 81 Abs. 1 SGB X wegen der durch die nach ihrer Ansicht durch die Verfahrensweise der Beklagten erfolgten Verletzung ihrer Sozialdaten beschränkt. Diese Vorgehensweise ist aber von dem im Wege der allgemeinen Leistungsklage geltend zu machenden öffentlich-rechtlichen Folgenbeseitigungsanspruch aus § 199 SGB VII in Verbindung mit §§ 67 d Abs. 2, 84 Abs. 2 SGB X (vgl. dazu LSG Rheinland-Pfalz, Breithaupt 1993, 518; LSG Berlin, Urteil vom 03.09.1997 - L 9 KR 99/95 -; Hauck/Steinbach, a.a.O.; von Wulffen/Roos, a.a.O.) gegen den Versicherungsträger zu unterscheiden.

Dass insoweit Ansprüche gegen das Gericht nicht geltend gemacht werden können, folgt schließlich auch aus § 172 Abs. 2 SGG. Wenn prozessleitende Verfügungen, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über die Ablehnung von Beweisanträgen und ähnliche Entscheidungen, die der Entscheidung vorausgehen, grundsätzlich nicht mit der Beschwerde angefochten werden können, evtl. Verfahrensverstöße insoweit im Rechtsmittelverfahren zu rügen sind, ist es erst recht unzulässig, einen solchen Anspruch in Form einer Klage gegen das Gericht zu erheben.

Ob im Rahmen einer Feststellungsklage nach § 202 SGG in Verbindung mit § 256 Abs. 2 ZPO durch Zwischenurteil (vgl. dazu jetzt § 130 Abs. 2 SGG) über die Verwertbarkeit des beratungsärztlichen Gutachtens von Dr. T3 hätte entschieden werden können (vgl. zu einer solchen möglichen Fallkonstellation BSG, Urteil vom 28.01.1993 - 2 RU 8/92 - = USK 93117) kann hier dahinstehen.

Nach alledem konnte das erstinstanzliche Urteil keinen Bestand haben. Auf die Berufung der Beklagten war das Urteil des SG Gelsenkirchen abzuändern und die Klage abzuweisen. Die von der Klägerin im Berufungsverfahren erhobene Klage war zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Zur Revisionszulassung bestand kein Anlass, denn die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 bzw. 2 SGG sind nicht erfüllt.
Rechtskraft
Aus
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