L 1 AL 108/03

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 24 AL 88/03
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 1 AL 108/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 16.09.2003 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Streitig ist die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 17.01. bis 09.03.2003 wegen Eintritts einer Säumniszeit.

Der Kläger, Diplombetriebswirt, war zuletzt als Projektmanager bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau tätig und bezog seit dem 04.01.2002 bis zum 07.07.2003 Arbeitslosengeld, zuletzt in Höhe von 312,20 EUR wöchentlich. Bei seinem diesbezüglichen Antrag bestätigte er schriftlich, das Merkblatt 1 für Arbeitslosen erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben. Mit Schreiben vom 29.12.2002 teilte er mit, er beabsichtige seit geraumer Zeit einen nicht mehr weiter aufschiebbaren Auslandsaufenthalt. Daraufhin forderte die Beklagte ihn mit Schreiben vom 07.01.2003 auf, sich am 16.01.2003 im Arbeitsamt C zu einem Gespräch über sein Bewerberangebot bzw. seine berufliche Situation zu melden. Die Aufforderung war mit einer Rechtsfolgenbelehrung versehen, derzufolge für den Fall des Meldeversäumnisses eine Säumniszeit von zwei Wochen eintrat. Mit Schreiben vom 12.01.2003 teilte der Kläger unter Hinweis auf sein Schreiben vom 29.12.2002 mit, er werde dem Termin nicht Folge leisten. Vom 14.01.2003 bis zum 21.01.2003 (Tag der Rückkehr) hielt er sich in Marokko auf, ohne hierzu die Zustimmung der Beklagten eingeholt zu haben. Mit Schreiben vom 20.01.2003 forderte die Beklagte ihn auf, sich am 27.01.2003 im Arbeitsamt C zu melden. Diesem Schreiben war eine Rechtsfolgenbelehrung über den Eintritt einer Säumniszeit bis zur erneuten Meldung beim Arbeitsamt, mindestens aber von vier weiteren Wochen, beigefügt. Mit Schreiben vom 24.01.2003 teilte Herr L S unter der Anschrift des Klägers der Beklagten mit, der Kläger sei wegen nicht mehr aufschiebbarer Arbeitsplatzbewerbungsgespräche im Ausland bis auf weiteres nicht mehr in der Lage, Meldeaufforderungen der Beklagte nachzukommen.

Daraufhin stellte die Beklagte den Eintritt einer Säumniszeit ab dem 17.01.2003 fest und hob die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab diesem Zeitpunkt auf (Bescheid vom 30.01.2003). Mit dem Widerspruch trug der Kläger u.a. vor, er habe sich zur Fortbildung seiner französischen Sprachkenntnisse in Marokko aufgehalten. Mit Widerspruchsbescheid vom 26.03.2003 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers, der auf seine erneute Arbeitslosmeldung ab dem 10.03.2003 wieder Arbeitslosengeld erhielt, hinsichtlich der Säumniszeit vom 17.01.2003 bis zum 09.03.2003 zurück. Zur Begründung stützte sie sich auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) i.V.m. § 330 Abs. 3 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). In den Verhältnissen, die bei Bewilligung des Arbeitslosengeldes vorgelegen hätten, sei wegen des Eintritts einer Säumniszeit nach § 145 Abs. 2 SGB III bis zur erneuten Arbeitslosmeldung eine wesentliche Änderung im Sinne der genannten Bestimmungen eingetreten. Der Kläger habe grob fahrlässig ohne wichtigen Grund zwei Meldetermine versäumt.

Mit der Klage hat der Kläger vorgetragen: Da er den Termin am 16.01.2003 wegen seines Aufenthaltes in Marokko nicht habe wahrnehmen können, liege lediglich ein Meldeversäumnis vor.

Der Kläger hat sinngemäß beantragt,

den Bescheid vom 30.01.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.03.2003 aufzuheben, hilfsweise abzuändern und die Bewilligung von Arbeitslosengeld nur für 14 Tage aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat sich auf den Inhalt des Widerspruchsbescheides bezogen.

Das Sozialgericht hat die Klage aufgrund mündlicher Verhandlung, zu der der Kläger nicht erschienen ist, abgewiesen (Urteil vom 16.09.2003). Es hat sich im Wesentlichen der Begründung des angefochtenen Bescheides angeschlossen und ergänzend ausgeführt, der Kläger habe sich ohne die nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Erreichbarkeits-Anordnung (EAO) erforderliche vorherige Zustimmung des Arbeitsamtes im Ausland aufgehalten habe. Dieses Erfordernis habe er jedoch aus dem Merkblatt 1 für Arbeitslose kennen müssen.

Mit der Berufung trägt der Kläger vor: Auf § 3 Abs. 1 Satz 1 EAO, der wohl lediglich eine interne Anweisung an die Arbeitsämter darstelle, werde in Merkblatt 1 für Arbeitslose nicht hingewiesen. Dem Merkblatt 1 sei auch nicht zu entnehmen, dass die Zustimmung vor der Abwesenheit eingeholt werden müsse, und dass es einer solchen Zustimmung auch im Falle des Urlaubs bedürfe. Vielmehr sei im Merkblatt 1 nur von "verreisen" die Rede. Dementsprechend sei seine Urlaubsreise nach Marokko als wichtiger Grund für das erste Meldeversäumnis anzusehen, zumal er die Beklagte von der Reise vorab in Kenntnis gesetzt habe.

Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 16.09.2003 zu ändern und den Bescheid vom 30.01.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.03.2003 im Umfang einer Säumniszeit von vier Wochen aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend und trägt ergänzend vor, dass sowohl § 3 Abs. 1 Satz 1 EAO als auch dem Merkblatt 1 das Erfordernis einer vorherigen Zustimmung auch für den Fall der urlaubsbedingten Abwesenheit unmissverständlich zu entnehmen sei.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Niederschrift des Erörterungstermins vom 10.08.2004 hingewiesen, zu dem der Kläger trotz mehrfachen Hinweises auf seine diesbezügliche Verpflichtung nicht erschienen ist. Die Beteiligten sind daraufhin zu einer Entscheidung des Senates nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) angehört worden.

Die den Kläger betreffende Leistungsakte der Beklagten ist beigezogen worden.

II.

Der Senat weist die Berufung durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 SGG zurück, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung - an der der Kläger erkennbar auch keinerlei Interesse hat - nicht für erforderlich hält.

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Mit der Berufung begehrt der Kläger nunmehr nur noch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides im Umfang einer Säumniszeit von vier Wochen. Das ergibt sich aus seinem Schriftsatz vom 10.01.2004, in dem er Arbeitslosengeld nur noch in Höhe von 1.248,80 EUR (entsprechend vier Wochen zu je 312,20 EUR) verlangt. An diese Beschränkung des Klagebegehrens ist der Senat gebunden.

Die Klage ist auch in dem Umfang, in dem der Kläger sie nach Maßgabe dieses Antrags in der Berufung noch aufrecht erhält, unbegründet. Der angefochtene Bescheid ist nicht rechtswidrig und beschwert den Kläger daher nicht (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Der Senat weist die Berufung aus den Gründen der erstinstanzlichen Entscheidung zurück und nimmt daher in vollem Umfang auf sie Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die von der Beklagten überreichten Rechtsfolgenbelehrungen den Anforderungen des § 145 Abs. 1 und 2 SGB III genügen, dass beide Meldeaufforderungen dem Kläger rechtzeitig vor dem jeweiligen Meldetermin zugegangen sind und dass der Eintritt der durch das zweite Meldeversäumnis verlängerten Säumniszeit nicht die vorherige Feststellung des Eintritts der Säumniszeit von zwei Wochen nach § 145 Abs. 1 SGB III voraussetzt (BSG SozR 3-4100 § 120 Nr. 2).

Das Berufungsvorbringen des Klägers führt zu keinem anderen Ergebnis.

Wie das Bundessozialgericht bereits entschieden hat, ist die Ortsabwesenheit unter Verstoß gegen die Voraussetzungen des § 3 EAO kein wichtiger Grund für ein Meldeversäumnis (BSG SozR 3-4100 § 120 Nr. 1). Die Regelung des § 3 Abs. 1 Satz 1 EAO ist dabei eindeutig formuliert: Sobald der Arbeitslose den Nahbereich seines Arbeitsamtes verlässt, steht dies seiner Verfügbarkeit nur dann nicht entgegen, wenn "das Arbeitsamt vorher seine Zustimmung erteilt hat". An dieser Zustimmung fehlt es hier. Sie konnte von der Beklagten trotz der vorherigen Mitteilung durch den Kläger auch nicht erteilt werden, weil dieser weder den Zeitpunkt noch das Ziel oder den Zweck seiner Auslandsreise angegeben hatte. Im Gegenteil hat er noch während des Widerspruchs- und Klageverfahrens einander widersprechende Gründe - von Beschäftigungssuche über Sprachreise bis hin zu einer reinen Urlaubsreise - genannt. Entgegen der Auffassung des Klägers handelt es sich bei der EAO auch nicht um eine rein verwaltungsinterne Anweisung, sondern um eine seine Pflichten unmittelbar konkretisierende Regelung, zu der die Beklagte nach § 152 Nr. 2 SGB III vom Gesetzgeber ausdrücklich ermächtigt worden ist.

Ebenso wenig vermag das Berufungsvorbringen den Kläger vom Vorwurf der groben Fahrlässigkeit im Sinne von § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X zu entlasten. Auch der Wortlaut des Merkblattes 1 ist eindeutig. Wenn es dort heißt "Verreisen Sie ohne vorherige Unterrichtung und Zustimmung Ihres Arbeitsvermittlers ...", so bezieht sich der Begriff "vorherig" erkennbar nicht nur auf die Unterrichtung, sondern auch auf die Zustimmung. Dass die Wendung "verreisen" als Oberbegriff für jegliche Entfernung aus dem Nahbereich des Arbeitsamtes Urlaubsreisen mit umfasst, musste sich dem Kläger ohne weiteres erschließen, zumal das Merkblatt 1 für Urlaubsreisen keine gesonderten, erst recht nicht die Meldeerfordernisse erleichternden, Hinweise enthält.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG). Der Rechtsstreit wirft keine ungeklärten Rechtsfragen auf.
Rechtskraft
Aus
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