L 11 KA 62/02

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 2 KA 174/01
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 KA 62/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 20.03.2002 wird zurückgewiesen. Der Kläger hat die außergerichtlichen Kosten des Beklagten auch im Berufungsverfahren zu tragen. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit des Beschlusses des Beklagten, mit dem für die Quartale I/1996 bis IV/1996 eine Honorarkürzung in Höhe von 27.999 Punkten festgesetzt worden ist.

Der Kläger ist Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurg und in Bad I zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen. In den streitigen Quartalen überschritten seine Gesamtfallwerte die der relevanten Vergleichsgruppe (B 1) um 102,68 %, 110,45 %, 100,98 % und 94,71 %.

Der Prüfungsausschuss Köln II nahm eine statistische Vergleichsprüfung vor und verfügte mit Beschluss vom 16.06.1998 (Bescheid vom 23.06.1998) eine Honorarkürzung um 45.019 Punkte, wobei er sich auf die Kürzung der Positionen 40, 41 a, 56 c und Ä 935 d Bema-Z beschränkte.

Dagegen legten der Kläger sowie die Beigeladenen zu 6) und 7) Widerspruch ein. Der Kläger trug vor, der Beklagte habe keine Wirtschaftlichkeitsprüfung, sondern eine sachlich rechnerische Berichtigung vorgenommen, für die nicht er, sondern die Beigeladene zu 8) zuständig sei. Weiter werde die mangelnde Untergruppeneinteilung gerügt.

Die Beigeladenen zu 6) und 7) trugen vor, nach ihrer Auffassung sei die durchgeführte Kürzungsmaßnahme nicht ausreichend; nach wie vor erschienen die Leistungen nach den Gebühren Nrn. Ä 35 d, 38, 45, 48, 54 b und 56 c Bema-Z auffällig.

Mit Beschluss vom 12.03.2001 (Bescheid vom 08.08.2001) setzte der Beklagte unter Abänderung des Beschlusses des Prüfungsausschusses Köln II eine Honorarkürzung in Höhe von 27.999 Punkten fest. Er führte eine repräsentative Einzelfallprüfung mit anschließender Hochrechnung durch und prüfte in mehreren nicht öffentlichen Sitzungen 412 Behandlungsfälle. Dabei beschränkte er die Prüfung auf die Positionen 56 c, Ä 935 d und 41 a. Zur Begründung führte er aus, bei der Position Ä 935 d sei unter anderem eine Kürzung dann vorgenommen worden, wenn die Röntenaufnahme zum Frakturausschluss nicht am OP-Tage vorgenommen worden sei. In vielen Fällen sei ein medizinischer bzw. therapeutischer Nutzen nicht erkennbar gewesen. Die Anästhesieposition 41 a sei häufig neben einer Intubationsnarkose abgerechnet worden; es sei vielmehr die Position 29 angezeigt gewesen. Bei der Position 56 c sei vielfach den Befundungen nicht zwingend die Voraussetzung für das Vorliegen einer Leistung nach dieser Position auslösenden Zyste zu entnehmen gewesen. Das Kürzungsvolumen von 27.688 Punkten errechnete der Beklagte durch Feststellung der unwirtschaftlichen Punktevolumina in Prozenten und Punkten für die drei geprüften Positionen, rechnete dieses auf den gesamten Behandlungsumfang des Klägers hoch und nahm einen Sicherheitsabschlag von 25 % vor. Weiterhin kürzte er um 311 Punkte, die sich aus sachlich-rechnerischen Berichtigungen bzw. Umwandlungen in 13 Behandlungsfällen ergaben.

Dagegen hat der Kläger Klage erhoben und vorgetragen, der Beschluss des Beklagten sei bereits aus formellen Gründen rechtswidrig, denn an dem Beschluss hätten Vertreter der Zahnärzte und/oder der Krankenkassen teilgenommen, die ihrerseits nicht durchgängig an allen vorausgegangenen Sitzungen teilgenommen hätten; weiterhin sei der Beklagte auch nicht mit jeweils vier Vertretern der Krankenkassen und der Vertragszahnärzte in jeder Sitzung besetzt gewesen. In materiell-rechtlicher Hinsicht sei zu beanstanden, dass der Beklagte eine sachlich-rechnerische Prüfung durchgeführt habe, für die nicht er, sondern die Beigeladene zu 8) zuständig sei. Die Wirtschaftlichkeitsprüfung dürfe sich nicht nur auf die Ersatzkassen beziehen, denn der Beklagte sei mit Vertretern aller Kassenarten besetzt. Es werde bestritten, dass mindestens 20 % der Fälle und mindestens 100 Fälle pro Quartal geprüft worden seien. Die Kürzung sei verwirkt. Der die Wirtschaftlichkeitsprüfung abschließende Bescheid über Honorarkürzungen müsse spätestens 4 Jahre nach der vorläufigen Honorarabrechnung des Kassenarztes zugestellt werden. Die sei mit dem streitigen Bescheid für das Quartal IV/1996 nicht mehr der Fall.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, den Bescheid vom 08. August 2001 aufzuheben und seinen Widerspruch unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Der Beklagte und die Beigeladene zu 8) haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben die Auffassung vertreten, dass der angefochtene Bescheid rechtmäßig und damit nicht zu beanstanden sei.

Mit Urteil vom 20.03.2002 hat das Sozialgericht Düsseldorf die Klage abgewiesen. Zur Begründung wird auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil verwiesen.

Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er wiederholt im Wesentlichen sein erstinstanzliches Vorbringen und trägt weiter vor, aus dem Umstand, dass mehr als 400 Fälle geprüft worden seien, ergebe sich nicht zwangsläufig, dass auch mindestens 100 Fälle pro Quartal geprüft worden seien. Hauptangriffspunkt sei aber, dass der Beklagte für die tatsächlich durchgeführte sachlich-rechnerische Berichtigung nicht zuständig sei. Es sei nicht so, dass der Beklagte davon ausgegangen sei, dass die Abrechnungsfähigkeit der Leistung gegeben war, vielmehr sei in den vielfachen abendlichen Sitzungen gerade darüber gestritten worden, ob der Leistungsinhalt der Position 56 c erbracht worden sei oder nicht und wenn ja nach welchen Kriterien dies nachzuweisen sei.

Der Kläger beantragt schriftsätzlich,

das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 20.03.2002 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, den Bescheid vom 08.08.2001 aufzuheben und den Widerspruch des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.

Im Termin am 03.11.2003 hat der Beklagte seine Prüfweise anhand der Position 56 c dargelegt und ausgeführt, dass unter Zuhilfenahme von Vorbefunden, insbesondere Röntgenbildern überprüft worden sei, ob eine entsprechende Zyste vorgelegen habe. Soweit eine der Leistungslegende der Position 56 c entsprechende Zyste nicht vorgelegen habe, sei die Leistung gestrichen und die entsprechende Punktzahl als Kürzungsbetrag ausgewiesen worden; soweit eine der Leistungslegende entsprechende Zyste sich habe feststellen lassen, sei die Leistung dem Kläger vergütet worden.

Die Verwaltungsakten des Beklagten haben vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidung gewesen. Auf den Inhalt dieser Akten und den der Streitakten wird - insbesondere hinsichtlich des Vorbringens der Beteiligten - ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung.

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen, denn der Kläger ist durch den angefochtenen Bescheid des Beklagten nicht beschwert (§ 54 Abs. 2 SGG). Dieser ist rechtmäßig.

Zur Begründung verweist der Senat auf die zutreffende Begründung im angefochtenen Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf, die er sich nach Prüfung der Sach- und Rechtslage zu eigen macht (§ 153 Abs. 2 SGG).

Der Vortrag des Klägers im Berufungsverfahren führt zu keinem anderen Ergebnis.

Entgegen der Behauptung des Klägers sind in allen vier Quartalen des Jahres 1996 jeweils mindestens 100 Fälle geprüft worden. Denn - entgegen der Darstellung im erstintanzlichen Urteil - sind insgesamt 412 (und nicht nur 409) Fälle vom Beklagten geprüft worden.

Wie sich aus der Auflistung im Beschluss des Beklagten ergibt, sind im Quartal I/1996 88 Fälle besprochen worden und weitere 14 Fälle geprüft worden, also dass insgesamt 102 Fälle geprüft wurden. Im Quartal II/1996 sind 59 besprochen und weitere 50 Fälle geprüft worden (109 Fälle). Im Quartal III/1996 sind 58 Fälle besprochen und weitere 43 geprüft worden (101 Fälle). Bei den besprochenen Fällen ist nämlich zu beachten, dass hinsichtlich der Patientin T R. die Behandlung nicht nur im ersten, sondern auch im dritten Quartal 1996 geprüft worden ist (vgl. laufende Nr. 65, S. 5 im Bescheid des Beklagten). Ähnliches ergibt sich im Quartal IV/1996. Es sind dort 56 Fälle besprochen worden. Dies ergibt sich daraus, dass bei den laufenden Nummern 153, 162 (S. 7 des Bescheides) jeweils Behandlungsfälle im dritten und vierten Quartal 1996 geprüft worden sind. Darüberhinaus wurden weitere 44 Fälle geprüft, so dass sich die Prüfung auf insgesamt 100 erstreckt hat. Aufgrund der Behandlung von insgesamt 3 Patienten in jeweils 2 Quartalen sind 261 Fälle besprochen worden und nicht nur 258, wie man anhand der laufenden Nummer auf Bl. 10 des Bescheides vermuten könnte.

Der Beklagte hat auch eine Wirtschaftlichkeitsprüfung und keine sachlich-rechnerische Berichtigung vorgenommen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich bei der vorgenommenen Prüfung um eine Einzelfallprüfung (mit Hochrechnung) handelt. Gerade bei der Einzelfallprüfung ist der Übergang zwischen Wirtschaftlichkeitsprüfung und sachlich-rechnerischer Berichtigung fließend. Vorliegend handelt es sich aber um eine Wirtschaftlichkeitsprüfung. Denn wie der Beklagte auch im Erörterungstermin nochmal dargelegt hat, sind zwar die Voraussetzungen für die Leistungserbringung geprüft worden. Dabei handelt es sich aber um Fragen der Indikationsstellung, die bei den drei geprüften Positionen aufgrund einer zahnmedizinischen Beurteilung erfolgen muss. Die Beurteilung der Frage der Indikationsstellung unterliegt jedoch der Wirtschaftlichkeitsprüfung. Insofern unterscheidet sich die Prüfung der Voraussetzungen der einzelnen vier geprüften Leistungs- und Abrechnungspositionen von anderen Leistungspositionen (z.B. Position 43 - Entfernung eines Zahnes), bei denen eine aufgrund zahnmedizinischer Beurteilung vorzunehmende Indikationsstellung nicht erfolgen muss.

Soweit der Kläger rügt, dass an den verschiedenen - auch internen - Sitzungen des Beklagten nicht durchgehend dieselben Ausschussmitglieder mitgewirkt haben, ist diese Rüge nicht berechtigt. Denn es ist - wie auch im gerichtlichen Verfahren - hinsichtlich der dem Beklagten auferlegten Pflicht zur Sachverhaltsfeststellung weder in den Prüfvereinbarungen und der Verfahrensordnung noch im Sozialgesetzbuch bestimmt, dass die bei der Beschlussfassung mitwirkenden Ausschussmitglieder auch an allen vorherigen Sitzungen zur Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhaltes mitgewirkt haben müssen. Die rechtliche Verantwortung für die zu treffende Entscheidung tragen allein die Ausschussmitglieder, die an der Sitzung teilgenommen haben, in der die Entscheidung getroffen worden ist. Dabei haben sie alle vorherigen Ermittlungen des Ausschusses zu berücksichtigen und auf Grund dieser Ermittlungen letztlich die für sie entscheidungserheblichen Tatsachen festzustellen. Insoweit ist es unerheblich, dass an der Entscheidung mitwirkende Ausschussmitglieder an vorhergegangenen Sitzungen, in denen Teile des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes ermittelt worden sind, nicht teilgenommen haben. Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn in früheren Sitzungen "Zeugen" gehört worden sind und es für die Entscheidung des Gremiums wesentlich auf die Glaubwürdigkeit dieser "Zeugen" ankommt. Dies ist jedoch nicht der Fall.

Soweit der Kläger rügt, dass bei der Entscheidung des Beklagten am 08.08.2001 lediglich zwei Vertreter der Zahnärzte und zwei Vertreter der Krankenkassen (Verbände) mitgewirkt haben, ist auch diese Rüge unbegründet. Wie das Sozialgericht im angefochtenen Urteil bereits zutreffend dargelegt hat, ist zu differenzieren zwischen der Zusammensetzung des Beschwerdeausschusses gemäß § 6 der Verfahrensordnung in Verbindung mit Ziffer 2 der Übergangsregelung der Verfahrensordnung ab I/1993 und der Bestimmung über die Beschlussfähigkeit. Während gemäß § 6 der Verfahrensordnung in Verbindung mit Ziffer 2 der Übergangsregelung der Verfahrensordnung ab I/1993 dem Beschwerdeausschuss jeweils vier Vertreter der Vertragszahnärzte und vier Vertreter der Krankenkassen (Verbände) angehören, also die grundsätzliche Zusammensetzung des Beklagten bestimmt wird, regelt § 10 der Verfahrensordnung, wie viele Mitglieder der sogenannten Regelbesetzung mindestens anwesend sein müssen, um eine Entscheidung treffen zu können. Insoweit kommt es für die Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Beklagten allein darauf an, ob die in § 10 der Verfahrensordnung bestimmte Mindestbesetzung des Beschwerdeausschusses bei der streitigen Entscheidung eingehalten worden ist. Da der Beklagte entsprechend der Bestimmung in § 10 der Verfahrensordnung bei der streitigen Entscheidung mit zwei Vertretern der Zahnärzte und zwei Vertretern der Krankenkassen (Verbände) besetzt war, ist die Entscheidung des Beklagten insoweit nicht zu beanstanden. Dabei ist es unerheblich, dass für den Zeitraum ab dem Quartal I/1993 hinsichtlich der sogenannten Regelbesetzung eine Änderung gegenüber dem vorherigen Zeitraum vereinbart worden ist, dies jedoch hinsichtlich der sogenannten Mindestbesetzung unterblieben ist.

Die Kostenentscheidung erfolgt gemäß § 193 SGG in der Fassung bis zum 01.01.2002.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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