L 7 B 21/04 SB

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
7
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 18 SB 29/04
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 7 B 21/04 SB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 16.07.2004 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I. Die Beteiligten streiten über die Kosten einer Untätigkeitsklage im Sinne des § 88 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).

Mit Bescheid vom 21.10.2003 stellte der Beklagte beim Kläger einen Grad der Behinderung (GdB) von 70 sowie die gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" fest. Der Kläger beantragte mit Widerspruchsschreiben vom 27.10.2003 (Eingang: 30.10.2003) die Feststellung eines GdB von 100. Gleichzeitig beantragte er Akteneinsicht. Der Beklagte gewährte dem Kläger mit Schreiben vom 06.11.2003 Akteneinsicht und bat um Übersendung einer Widerspruchsbegründung. Unter dem 09.12.2003 begründete der Kläger, der zeitweise in Spanien gelebt hat, seinen Widerspruch und benannte die Adressen weiterer Ärzte. Er führte aus, dass ihm auf Grund völlig mangelhaften Hörens ein Hörgerät verordnet worden sei. Mit Schreiben vom 11.12.2003 bat der Beklagte den Kläger, den ihn behandelnden HNO-Arzt zu benennen. Per Fax vom 19.12.2003 übermittelte der Kläger die Anschrift des behandelnden HNO-Arztes und teilte weiter mit, dass er sich noch um Unterlagen spanischer Ärzte in deutscher Sprache bemühe. Wegen des Jahreswechsels sei dies jedoch schwierig; zu gegebener Zeit, falls er Erfolg haben sollte, werde er hierauf zurückkommen.

Der Beklagte holte mit Schreiben vom 23.12.2003 einen Befundbericht von dem HNO-Arzt Q ein, der bei dem Beklagten am 14.01.2004 einging. Am 23.01.2004 forderte der Beklagte den Ärztlichen Dienst um eine Stellungnahme auf. Unter dem 27.01.2004 übersandte der Kläger einen Befundbericht des spanischen Arztes Dr. N und teilte mit, dass weitere Unterlagen aus Spanien nicht mehr erhältlich seien. Unter Hinweis auf § 88 SGG bat er, den Widerspruch nunmehr zu bescheiden.

Unter dem 07.02.2004 teilte Dr. O, Ärztlicher Dienst, mit, dass zur Feststellung der vom Kläger geklagten Beschwerden eine Untersuchung erforderlich sei. Daraufhin informierte der Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 17.02.2004, dass eine ärztliche Untersuchung beabsichtigt sei.

Mit Schreiben vom 20.02.2004 (Eingang: 25.02.2004) hat der Kläger Untätigkeitsklage erhoben. Das angeforderte Gutachten ist unter dem 03.03.2004 erstellt worden. Unter Berücksichtigung des Gutachtens hat der Beklagte mit Abhilfebescheid vom 15.03.2004 einen GdB von 100 und die gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen "B" festgestellt. Auf den Kostenerstattungsantrag des Klägers vom 17.03.2004 hat der Beklagte für das Widerspruchsverfahren außergerichtliche Kosten in Höhe von 306,44 Euro erstattet.

Mit Schreiben vom 23.03.2004 hat der Kläger den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt und beantragt, dem Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Mit Beschluss vom 16.07.2004 hat das Sozialgericht (SG) Düsseldorf entschieden, dass außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten sind. Es hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beklagte mit zureichendem Grund nicht innerhalb der Dreimonatsfrist entschieden habe. Gegen den ihm am 02.08.2004 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 30.08.2004 Beschwerde eingelegt. Er ist der Auffassung, dass dem Beklagten die außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen seien. Der Beklagte habe nicht innerhalb der Dreimonatsfrist entschieden. Ein zureichender Grund habe nicht vorgelegen. Der Beklagte hält die Beschwerde für unbegründet.

Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II. Die zulässige Beschwerde des Klägers ist unbegründet.

Es entspricht billigem Ermessen, dass außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten sind. Nach § 193 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) hat das Gericht nach billigem Ermessen darüber zu befinden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben, wenn der Rechtsstreit anders als durch Urteil geendet hat. Dabei ist auch der vermutliche Verfahrensausgang zu berücksichtigen, der unter summarischer Prüfung nach dem Sach- und Streitstand im Zeitpunkt der Erledigung des Rechtsstreits zu beurteilen ist.

Vorliegend ergibt die summarische Überprüfung, dass die erhobene Untätigkeitsklage weder im Zeitpunkt ihrer Erhebung noch im Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses (Zugang des Abhilfebescheides vom 15.03.2004) begründet war. Der Beklagte hatte zureichende Gründe, nicht innerhalb der dreimonatigen Wartefrist, die mit der Einlegung des Widerspruchs am 30.10.2003 begonnen hatte, zu entscheiden (§ 88 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1. Satz 2 SGG). Es ist auch nicht festzustellen, dass der Beklagte ansonsten Anlass zur Klage gegeben hat.

Die Wartefristen des § 88 SGG bestimmen den Zeitraum, innerhalb dessen der Beklagte seine Sachentscheidung zu treffen hat. Dieser Zeitraum ist jeweils um Zeiten zu verlängern, die im konkreten Fall zu einer vom Normalfall abweichenden Sachbehandlung geführt haben und einen zureichenden Grund darstellen, noch nicht zu entscheiden. Dies gilt stets für Verzögerungen, die dem Widerspruchsführer oder seinem Bevollmächtigten zuzurechnen sind, aber auch für die dadurch entsprechenden Verzögerungen, dass der Beklagte sachgerechte Ermittlungen durchzuführen hat (Beschluss des 6. Senates vom 22.05.1995 - L 6 S 10/94 -).

Der Beklagte ist während des gesamten Zeitraumes nicht untätig gewesen. Er hat mit der gebotenen Zügigkeit Ermittlungen durchgeführt und die ihm dabei zur Beschleunigung des Verfahrens obliegenden Maßnahmen getroffen. Er hat zunächst nach Gewährung der vom Kläger beantragten Akteneinsicht die Widerspruchsbegründung vom 09.12.2003 und sodann den Eingang des Befundberichtes von dem HNO-Arzt Q vom 12.01.2004 aus sachgerechten Gründen abgewartet. Zudem hatte der Kläger am 19.12.2003 die Übermittlung weiterer ärztlicher Berichte aus Spanien angekündigt und erst mit Schreiben vom 27.01.2004 mitgeteilt, dass er weitere Unterlagen nicht übersenden könne. Daraufhin hat der Beklagte seinen Medizinischen Dienst eingeschaltet und kurzfristig eine Begutachtung durchgeführt. Zuvor hatte er den Kläger mit Schreiben vom 17.02.2004 auf die Erforderlichkeit der Untersuchung hingewiesen.

Mithin liegen im gesamten Verfahrensablauf keine nicht sachgerechten Verzögerungen des Beklagten vor.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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