L 6 B 8/04 SB

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Gelsenkirchen (NRW)
Aktenzeichen
S 19 SB 124/01
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 6 B 8/04 SB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 15.04.2004 wird zurückgewiesen.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat zutreffend entschieden, dass Kosten für das von Dr. L eingeholte Gutachten nicht zu erstatten sind.

Gemäß § 109 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheidet das erkennende Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen, ob die Kosten für ein auf Antrag nach § 109 Abs. 1 Satz 1 SGG eingeholtes Gutachten auf die Landeskasse zu übernehmen sind. Maßgeblich für die Beurteilung ist, ob und inwieweit das Gutachten die Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts objektiv wesentlich gefördert und dadurch für die gerichtliche Entscheidung oder anderweitige Erledigung des Rechtsstreits wesentliche Bedeutung gewonnen hat (vgl. Meyer-Ladewig, 7. Auflage 2002, § 109 Rn 16 a; Peters/Sautter/Wolff, Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit, 4. Auflage 1997, § 109 Anm. 5; st. Rspr. des LSG NRW, z.B. Beschluss vom 06.02.2003, L 6 B 2/03 SB und vom 13.11.2002, L 10 B 15/02).

Es ist nicht erkennbar, dass das Gutachten von Dr. L neue, für die Sachaufklärung entscheidende Gesichtspunkte aufgezeigt hat. Von "wesentlichen Gesichtspunkten" kann unter Anlegung eines objektiven Maßstabes nur dann ausgegangen werden, wenn zusätzliche neue Erkenntnisse gewonnen werden, die zu einer Entscheidung geführt haben, die auf der Grundlage des bis dahin gewonnenen Ermittlungsergebnisses nicht möglich gewesen wäre.

Hier war nach der vom Sozialgericht veranlassten medizinischen Sachaufklärung der GdB 40, den das Sozialgericht dem Kläger mit Urteil vom 18.03.2004 auch zuerkannt hat, bereits ermittelt. Dr. L hat das bisherige Ergebnis nicht begründet in Frage gestellt, sondern das für den Kläger nach dem aktuellen Sachstand zu erwartende teilweise negative Ergebnis lediglich untermauert. Der von ihm erhobene Befund einer "länger dauernden mittelgradigen depressive Anpassungsstörung mit stärker behindernder Störung und wesentlicher Einschränkung der Erlebnis und Gestaltungsfähigkeit" mit Einzel-GdB 30 sowie der Schweregrad des bekannten "Tinnitus" mit einem Einzel-GdB 20 haben sich durch die Einholung des weiteren Gutachtens von Dr. L1 gerade nicht bestätigt. Dr. L1 hat nachvollziehbar dargelegt, warum dem Gutachten Dr. L nicht gefolgt werden kann. Nach seiner Beurteilung hat Dr. L die anamnestischen Daten nicht vollständig erfasst, sondern sich in seinem Gutachten zu sehr auf testpsychologische Untersuchungen gestützt. Nach den überzeugenden Feststellungen des Dr. L1 besteht beim Kläger eine sogenannte Anpassungsstörung mit psychischen Symptomen wie Einschlaf- und Durchschlafstörungen, anamnestisch vermehrte Nervosität bei Stressbelastung mit Schweißausbrüchen, wobei auch der Tinnitus in diesem Rahmen verstärkt erlebt und empfunden wird. Da sich die Symptome der Anpassungsstörung hinsichtlich der Wahrnehmung der Schmerzen mit den Funktionsstörungen der Wirbelsäule überschneiden, ist ein Gesamt GdB 40 gerechtfertigt. Der Senat nimmt hinsichtlich der Bildung des Gesamt GdB Bezug auf die zutreffenden Gründe in dem inzwischen rechtskräftig gewordenen Urteil vom 18.03.2004.

Allein der Umstand dass sich das Sozialgericht aufgrund der Darlegungen des Sachverständigen Dr. L zu weiterer medizinischer Sachaufklärung veranlasst gesehen hat, rechtfertigt nicht die Übernahme der Kosten auf die Landeskasse. Die Einholung des weiteren Gutachtens von Dr. L1 war erforderlich, um die von den bisherigen Ergebnissen abweichende Beurteilung des bereits als "Gegengutachter" für den Kläger tätig gewordenen Dr. L zum Zusammenwirken der Anpassungsstörung und dem Tinnitus überprüfen zu können. Diese notwendig gewordenen Überprüfung kann im Einzelfall dazu führen, dass die abweichenden Erkenntnisse bestätigt oder - wie hier - durch das weitere Gutachten entkräftet werden. Da letzteres der Fall war, handelt es sich bei dem Gutachten von Dr. L gerade nicht um einen wesentlichen Beitrag zur Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts. Zur objektiven, eine abschließende Entscheidung ermöglichenden Aufklärung hat, wie das rechtskräftig gewordene Urteil des Sozialgerichts verdeutlicht, nicht das Gutachten von Dr. L, sondern das Gutachten von Dr. L1 geführt. Darauf hat das Sozialgericht zutreffend hingewiesen. Zu bedenken ist schließlich auch, dass das Gutachten Dr. L dazu geführt hat, dass weitere Gutachterkosten entstanden sind. Für die Übernahme auch der Kosten des von Dr. L erstellten Gutachtens auf die Landeskasse besteht danach keine Veranlassung.

Die Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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