L 16 B 44/04 KR

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 40 KR 102/03
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 16 B 44/04 KR
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 05.05.2004 geändert. Der Beschwerdegegner trägt die außergerichtlichen Kosten der Beschwerdeführerin.

Gründe:

I.

Der Beschwerdegegner war bei der Fa. T Kurierdienst GmbH (im Folgenden: Arbeitgeberin) beschäftigt. Zum 10.10.2001 erfolgte eine arbeitgeberseitige Kündigung des Arbeitsverhältnisses sowie - ebenfalls mit Wirkung zum 10.10.2001 - eine Abmeldung bei der zuständigen Krankenkasse (BIG Gesundheit in Dortmund) als Einzugsstelle. Im Rahmen des vor dem Arbeitsgericht Dortmund geführten Kündigungsschutzverfahrens einigten sich der Beschwerdegegner und die Arbeitgeberin am 07.12.2001 vergleichsweise auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 15.11.2001.

Mit Beschluss vom 29.08.2002 eröffnete das Amtsgericht Dortmund (Az.: 252 IN 104/02) das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Arbeitgeberin und ernannte die Beschwerdeführerin zur Insolvenzverwalterin.

Am 16.04.2003 hat der Beschwerdegegner Klage beim Sozialgericht Dortmund erhoben mit dem Ziel, die Beschwerdeführerin zu verpflichten, die sozialversicherungsrechtlich relevante Abmeldung gegenüber der Einzugsstelle auf den 15.11.2001 zu berichtigen.

Nachdem die BIG Gesundheit bestätigt hatte, dass eine Korrektur am 16.05.2003 auf der Grundlage eines entsprechenden Telefaxes der Beschwerdeführerin vom Vortage erfolgt sei, hat der Beschwerdegegner die Klage zurückgenommen. Er hat vorgetragen, die prozessuale Geltendmachung seines Anspruchs sei notwendig gewesen, nachdem die Beschwerdeführerin auf ein anwaltliches Schreiben vom 26.02.2003 nicht reagiert habe, und beantragt, der Beschwerdeführerin seine außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen.

Die Beschwerdeführerin hat demgegenüber die Auffassung vertreten, die Angelegenheit hätte sich durch einen Anruf erledigen lassen; einer Klage habe es nicht bedurft. Das Schreiben vom 26.02.2003 sei ihr nicht zugegangen.

Mit Beschluss vom 05.05.2004 hat das Sozialgericht Dortmund der Beschwerdeführerin die Kosten des Verfahrens auferlegt und zur Begründung ausgeführt, diese müsse sich das Versäumnis der Arbeitgeberin zurechnen lassen. Da unrichtige Meldungen gegenüber der Einzugsstelle gemäß § 28a Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) i. V. m. § 14 der Verordnung über die Erfassung und Übermittlung von Daten für die Träger der Sozialversicherung (DEÜVO) unverzüglich zu berichtigen seien, komme es nicht darauf an, ob der Beschwerdegegner die Beschwerdeführerin vor Klageerhebung auf die unrichtige Meldung hingewiesen und Berichtigung verlangt habe.

Gegen den ihr am 12.05.2004 zugestellten Beschluss hat die Beschwerdeführerin am 28.05.2004 Beschwerde eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, der Beschwerdegegner habe bereits im Hinblick auf die Rücknahme der Klage die Kosten zu tragen. Im Übrigen weist sie darauf hin, dass der Insolvenzverwalter mit Verfahrenseröffnung in den gesamten Pflichtenkreis des ehemaligen Arbeitgebers einrücke. Ihm obliege - erst - von diesem Zeitpunkt an u. a. die Wahrnehmung von Meldepflichten gemäß § 28a SGB IV. Handele es sich um ein Versäumnis des ehemaligen Arbeitgebers aus einer früheren Zeit, so könne dieses dem Insolvenzverwalter nicht zugerechnet werden. Er sei lediglich verpflichtet, die Meldepflichten ab Kenntnis von dem Versäumnis nachzuholen. Diese Kenntnis habe erst mit Übersendung der Klageschrift bestanden. In der Folge sei die Meldung unverzüglich berichtigt worden.

Der Beschwerdegegner hält demgegenüber die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und vertritt die Auffassung, der Beschwerdeführerin hätten ab dem Zeitpunkt der Bestellung zur Insolvenzverwalterin sämtliche Vertrags- und Personalunterlagen zur Verfügung gestanden. Dennoch sei zunächst keine Berichtigung der Daten der Einzugsstelle gegenüber erfolgt. Erst nach Klageerhebung sei die Beschwerdeführerin tätig geworden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Prozessakte verwiesen, der Gegenstand der Beratung gewesen ist.

II.

Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte Beschwerde ist begründet.

Das Sozialgericht hat der Beschwerdeführerin zu Unrecht die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdegegners auferlegt und diese dadurch in ihren Rechten verletzt. Vielmehr sind die außergerichtlichen Kosten der Beschwerdeführerin vom Beschwerdegegner zu tragen.

Gemäß § 102 S. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erledigt die Klagerücknahme den Rechtsstreit in der Hauptsache. Auf Antrag ist diese Wirkung durch Beschluss auszusprechen und, soweit Kosten entstanden sind, über diese zu entscheiden. Dabei sind im Rahmen der vom Gericht zu treffenden Ermessensentscheidung entsprechend § 193 SGG das Ergebnis des Rechtsstreits und der Sach- und Streitstand unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls einzubeziehen (Meyer-Ladewig, SGG, 7. Aufl., § 102 RdNr. 9, § 193 RdNr. 12 ff m. w. N.).

In Anwendung der o. g. Grundsätze ist der Beschwerdegegner verpflichtet, die außergerichtlichen Kosten der Beschwerdeführerin zu tragen. Anders als in anderen Verfahrensordnungen trifft bei einer Klagerücknahme zwar nicht ohne Weiteres den Kläger die Kostenlast (Meyer-Ladewig, a. a. O.). Entscheidend ist vielmehr, dass seine Klage keine Aussicht auf Erfolg hatte. Sie war bereits unzulässig. Bei Streitigkeiten über das Bestehen der Versicherungspflicht und die Beitragspflicht auf Grund von Beschäftigungsverhältnissen ist ausschließlich die Einzugsstelle richtige Klagegegnerin. Diese entscheidet gemäß § 28 h Abs. 2 SGB IV durch Verwaltungsakt bei Zweifeln oder Streit. Da diese Regelung zwingend und abschließend ist (vgl. BSG, Urt. vom 11.09.1995, SozR 3-2400 § 28h Nr. 6), ist eine gegen den früheren Arbeitgeber gerichtete Verpflichtungsklage auf Abgabe einer berichtigten Meldung, auf Zahlung von Beiträgen an die Einzugsstelle bzw. eine Feststellungsklage auf Bestehen von Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- oder Rentenversicherung unzulässig (BSG, Urt. vom 26.05.2004, SozR 4-2500 § 5 Nr. 2; Urteil vom 26.09.1996, SozR 3-2400 § 28h Nr. 7; siehe auch Urt. vom 23.09.2003, SozR 4-2400 § 28h Nr. 1; Urt. vom 12.10.2000, SozR 3-2400 § 28 b Nr. 1). Da die Beschwerdegegnerin als Insolvenzverwalterin in die Rechtsposition der früheren Arbeitgeberin eingetreten ist, gilt dieser gegenüber nichts anderes.

Der Beschluss ist gemäß § 177 SGG nicht mit der Beschwerde anfechtbar.
Rechtskraft
Aus
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