L 7 BK 9/15

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
7
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 9 BK 82/12
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 7 BK 9/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 4 KG 3/18 B
Datum
Kategorie
Urteil
Bemerkung
NZB als unzulässig verworfen.
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 16.09.2015 geändert. Die Beklagte wird unter Aufhebung der Bescheide vom 23.02.2012 und 10.07.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.07.2012 verurteilt, der Klägerin für Januar 2012 bis April 2012 Kinderzuschlag iHv jeweils monatlich 225 EUR zu zahlen. Die Beklagte hat die Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt Kinderzuschlag für Januar 2012 bis April 2012. Umstritten sind die Auswirkungen einer Jahressonderzahlung aus November 2011 auf den Anspruch.

Die am 00.00.1981 geborene Klägerin ist die Mutter der am 00.00.2006 geborenen Zwillinge Q und L A. Vater der Kinder ist der Lebensgefährte der Klägerin N L (geb. 00.00.1974). Die Familie wohnt in einem Haushalt in C. Für die Wohnung waren im streitigen Zeitraum Unterkunftskosten iHv insgesamt 535,29 EUR zu entrichten (Grundmiete 342,68 EUR, Betriebskosten 118,41 EUR, Heizkosten 74,20 EUR). Das Warmwasser wird dezentral über einen Boiler erzeugt. Die Klägerin erhält für Q und L Kindergeld. Sie ist beschäftigt als Tarifangestellte bei dem Jobcenter C. Sie erzielte folgendes monatliches Bruttoeinkommen: November 2011: 2595,07 EUR zuzüglich Jahressonderzahlung iHv 2331,69 EUR, Dezember 2011: 2858,06 EUR, Januar 2012: 2829,71 EUR (einschließlich Überstundenvergütung), Februar 2012: 2595,07 EUR, März 2012: 2595,07 EUR, April 2012: 2595,07 EUR. Das Nettoeinkommen betrug im streitigen Zeitraum: Januar 2012: 1797,25 EUR, Februar 2012 bis April 2012 jeweils 1677,07 EUR. Der Lebensgefährte verfügte nicht über eigenes Einkommen. Er hatte ab 01.01.2012 Krankenversicherungsbeiträge iHv monatlich 147,44 EUR zu entrichten, hinzu kamen Beiträge zur Kfz-Haftpflichtversicherung iHv 31,67 EUR. Die Entfernung Wohnung/Arbeitsstelle beträgt 17 km, die Klägerin arbeitet an 19 Tagen im Monat. Die Kinder verfügten im streitigen Zeitraum jeweils über ein Sparbuch mit einem Vermögen iHv 2641,40 EUR.

Seit 2008 bezog die Klägerin Kinderzuschlag nach § 6a BKGG. Mit Bescheiden vom 19.01.2011, 20.05.2011 und 17.11.2011 bewilligte die Beklagte Kinderzuschlag iHv 225 EUR monatlich von Januar 2011 bis Juni 2011. Im August 2011 beantragte die Klägerin die Weiterbewilligung des Kinderzuschlags. Mit Bescheiden vom 16.09.2011 und 17.11.2011 bewilligte die Beklagte der Klägerin von Juli 2011 bis Dezember 2011 Kinderzuschlag iHv 235 EUR monatlich.

Mit Schreiben vom 27.10.2011 forderte die Beklagte die Klägerin im Hinblick auf die zu erwartende Einmalzahlung auf, Verdienstabrechnungen für November 2011 vorzulegen. Da die Klägerin diese zunächst nicht vorgelegt hatte, entzog die Beklagte mit Bescheid vom 10.01.2012 den Kinderzuschlag ab November 2011. Am 31.01.2012 legte die Klägerin die Verdienstabrechnungen für November 2011 und Dezember 2011 vor und beantragte die Weiterbewilligung des Kinderzuschlags "ab Januar 2012".

Mit Bescheid vom 23.02.2012 lehnte die Beklagte den Antrag von November 2011 bis April 2012 gestützt auf § 6a Abs. 1 Nr. 4 BKGG ab. Unter Berücksichtigung der auf sechs Monate verteilten Jahressonderzahlung liege monatliches Einkommen iHv 1368,39 EUR vor. Dieser Betrag übersteige den monatlichen Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft iHv 1273,29 EUR. Die Klägerin erhob Widerspruch mit der Begründung, die Jahressonderzahlung dürfe nicht als Einkommen berücksichtigt werden. Der Anspruch auf Kinderzuschlag sei aufgrund des Entziehungsbescheides vom 10.01.2012 im November 2011 und Dezember 2011 unterbrochen worden. Sie habe ausdrücklich die Weiterbewilligung erst ab Januar 2012 beantragt. Daher sei der Betrag ab Januar 2012 als geschütztes Vermögen anzusehen. Mit zwei als "Änderungsbescheid zum Bescheid vom 23.02.2012" bezeichneten Bescheiden vom 10.07.2012 hob die Beklagte die Bewilligung des Kinderzuschlags für November 2011 und Dezember 2011 gestützt auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X auf und lehnte den Antrag auf Kinderzuschlag von Januar 2012 bis April 2012 ab, da der Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft gedeckt gewesen sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 11.07.2012 (bekanntgegeben am 16.07.2012) wies der Beklagte den Widerspruch unter Einbeziehung der Änderungsbescheide zurück. Die Jahressonderzahlung sei als Einkommen zu berücksichtigen und auf sechs Monate aufzuteilen. Damit entfalle im streitigen Zeitraum die Hilfebedürftigkeit iSd SGB II, so dass gem. § 6a Abs. 1 Nr. 4 BKGG ein Anspruch auf Kinderzuschlag nicht bestehe.

Mit der am 16.08.2012 bei dem Sozialgericht Detmold erhobenen Klage hat die Klägerin zunächst Kinderzuschlag bereits ab November 2011 bis April 2012 begehrt. Sie hat die Berücksichtigung der Jahressonderzahlung unter Wiederholung ihrer Ausführungen im Widerspruchsverfahren für rechtswidrig gehalten. Zudem sei die Einmalzahlung bis Ende Dezember 2011 vollständig verbraucht worden. Die Familie habe Ausgaben für ein Sofa iHv 700 EUR, eine Autoreparatur iHv 150 EUR, Geburtstagsgeschenke für die Söhne und Weihnachtsgeschenke gehabt. Die Klägerin hat einen Kontoauszug der Commerzbank über das Konto der Klägerin und ihres Lebensgefährten vorgelegt, der zum 21.12.2011 einen Kontostand von 70,98 EUR aufweist.

Die Klägerin hat zuletzt noch beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 23.02.2012 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 10.07.2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11.07.2012 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihr Kinderzuschlag in gesetzlicher Höhe für den Zeitraum Januar 2012 bis April 2012 zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die zunächst bis Dezember 2011 erfolgte Bewilligung sei durch den Entziehungsbescheid vom 10.01.2012 nicht unterbrochen worden, da die Beklagte nach Einreichung der fehlenden Verdienstbescheinigung erkennbar nicht mehr an der Entziehung festgehalten habe, sondern eine materielle Entscheidung über den Anspruch getroffen habe. Die Einreichung der Verdienstbescheinigung im Januar 2012 sei dahingehend zu verstehen, dass die Klägerin auch für November 2011 und Dezember 2011 den Kinderzuschlag begehrt habe. Zudem ändere allein eine beschränkte Antragstellung nichts an dem Charakter einer Einnahme als Einkommen. Die Aufteilung der einmaligen Einnahme auf sechs Monate folge aus § 11 Abs. 3 Satz 3 SGB II.

Mit Urteil vom 15.09.2015 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Im streitigen Zeitraum decke das anrechenbare Einkommen den Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft, so dass der Kinderzuschlag nicht benötigt werde, um iSd § 6a Abs. 1 Nr. 4 BKGG Hilfebedürftigkeit zu vermeiden. Die Berücksichtigung der Jahressonderzahlung als Einkommen und ihre Aufteilung auf sechs Monate sei gem. § 11 Abs. 3 Satz 3 SGB II zu Recht erfolgt. Der Entzug der Leistungen mit Bescheid vom 10.01.2012 habe nicht zu einer Unterbrechung des Leistungsanspruchs mit der Folge geführt, dass ab Januar 2012 das Einkommen als Vermögen zu betrachten sei. Unbeachtlich sei auch, dass der Bewilligungsabschnitt am 31.12.2011 geendet habe, da nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts allein ein neuer Bewilligungsabschnitt nichts an der Qualifizierung der Einnahme als Einkommen ändere. Unbeachtlich sei auch, ob die Einmalzahlung nach dem Weiterbewilligungsantrag noch zur Verfügung stehe. Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu den "bereiten Mitteln" sei insoweit im Recht des Kinderzuschlags nicht relevant, da das BKGG keine § 34 SGB II entsprechende Anspruchsgrundlage für einen korrespondierenden Schadensersatzanspruch des Leistungsträgers enthalte.

Gegen die am 19.10.2015 zugestellte Entscheidung richtet sich die am 19.11.2015 erhobene Berufung der Klägerin. Die Klägerin wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen. Ergänzend meint sie, die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum Erfordernis "bereiter Mittel" sei auf den Kinderzuschlag zu übertragen. Das Fehlen einer Schadensersatzbestimmung zu Gunsten der Familienkasse ändere daran nichts.

Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,

das Urteil des Sozialgerichts vom 15.09.2015 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 23.02.2012 und 10.07.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.07.2012 zu verurteilen, ihr Kinderzuschlag nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften für Januar 2012 bis April 2012 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftätze sowie die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig iSd § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Die Klägerin hat für Januar 2012 bis April 2012 jeweils monatlich einen Anspruch auf Kinderzuschlag iHv 225 EUR.

Streitgegenstand sind die Bescheide vom 23.02.2012 und 10.07.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.07.2012, soweit die Beklagte mit diesen Bescheiden den Anspruch auf Kinderzuschlag für Januar 2012 bis April 2012 ablehnt. Nicht Gegenstand des Verfahrens sind die genannten Bescheide, soweit Leistungen für November 2011 und Dezember 2011 abgelehnt werden, da die Klägerin diese insoweit zuletzt nicht mehr angefochten hat.

Die Klägerin erfüllt die Grundvoraussetzungen für einen Anspruch auf Kinderzuschlag für Pascal und Kevin gem. § 6a Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BKGG in der für den geltend gemachten Anspruch maßgeblichen und insoweit unveränderten Fassung vom 07.12.2011. Sie lebt mit den Kindern in einem Haushalt und hat für diese Anspruch auf Kindergeld (§ 6a Abs. 1 Nr. 1 BKGG). Ihr Einkommen übersteigt die Mindesteinkommensgrenze iHv 900 EUR (§ 6a Abs. 1 Nr. 2 BKGG).

Das zu berücksichtigende Einkommen übersteigt die Höchsteinkommensgrenze iSd § 6a Abs. 1 Nr. 3 BKGG nicht und durch den Kinderzuschlag wird Hilfebedürftigkeit nach § 9 SGB II vermieden, denn die Einmalzahlung ist für den streitigen Zeitraum weder als Einkommen noch als Vermögen zu berücksichtigen:

Zutreffend geht die Beklagte davon aus, dass die Jahressonderzahlung zunächst als Einkommen iSd § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der 2012 geltenden, damit maßgeblichen und insoweit unveränderten Fassung vom 13.05.2011 anzusehen ist. Dies ist zwischen den Beteiligten nicht umstritten. Ebenfalls zutreffend geht die Beklagte grundsätzlich von einer Anwendbarkeit von § 11 Abs. 2 Satz 3 SGB II in der 2012 gF aus. Hiernach werden einmalige Einnahmen (zu denen die Jahressonderzahlung rechnet) auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufgeteilt und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag berücksichtigt, wenn - wie vorliegend - der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung in einem Monat entfallen würde.

Abweichend zur Auffassung der Klägerin wäre das Einkommen - wenn es noch vorhanden wäre - ab 01.01.2012 als Einkommen und nicht als Vermögen zu berücksichtigen. Als Vermögen sind nach § 12 Abs. 1 SGB II alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen. Einkommen ist grundsätzlich alles das, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das, was er vor Antragstellung bereits hatte (grundlegend BSG Urteil vom 30.07.2008 - B 14 AS 26/07 R). Eine nach Antragstellung zugeflossene einmalige Einnahme bleibt rechtlich auch über den Zuflussmonat und den Bewilligungszeitraum hinaus zu berücksichtigendes Einkommen. Wenn nach der Antragstellung eine als Einkommen zu berücksichtigende einmalige Einnahme zugeflossen ist, die bei Aufhebung der Bewilligungsentscheidung oder Ende des Bewilligungsabschnitts noch nicht völlig verbraucht war, ändert eine erneute Antragstellung allein die rechtliche Qualifizierung der Einnahme nicht. Sie mutiert durch eine neue Antragstellung nicht zum Vermögen. Nur bei Beendigung der Hilfebedürftigkeit für mindestens einen Monat (ohne Berücksichtigung der einmaligen Einnahme) ist es nicht mehr gerechtfertigt, die einmalige Einnahme nach erneuter Antragstellung weiterhin als Einkommen anzusetzen (BSG Urteile vom 25.01.2012 - B 14 AS 101/11 R und vom 30.09.2008 - B 4 AS 29/07 R). Die Qualifizierung einer Einnahme als Einkommen oder Vermögen unterliegt im Gegensatz zum tatsächlichen Leistungsbeginn dementsprechend nicht der Disposition des Betroffenen (BSG Urteil vom 28.10.2014 - B 14 AS 36/13 R). Diese Grundsätze gelten entsprechend im Recht des Kinderzuschlags (BSG Urteil vom 17.02.2015 - B 14 KG 1/14 R). Deshalb ist der Entziehungsbescheid vom 10.01.2012 für die Qualifizierung als Einkommen ebenso irrelevant wie die Frage, ob die Klägerin mit Übersendung der Verdienstbescheinigungen für November 2011 und Dezember 2011 einen für die Zeit ab Januar 2012 beschränkten Weiterbewilligungsantrag gestellt hat. Nur ergänzend und im Hinblick auf den Vortrag der Klägerin weist der Senat darauf hin, dass die Klägerin zunächst auch im Klageverfahren ausdrücklich Kinderzuschlag ab November 2011 begehrt hat und ihr Vortrag hinsichtlich einer Antragsbeschränkung auf die Zeit ab Januar 2012 deshalb nur schwer nachvollziehbar ist.

Dennoch ist das Einkommen ab Januar 2012 unberücksichtigt zu lassen und nicht gem. § 11 Abs. 2 Satz 3 SGB II aF auf den Zeitraum Januar 2012 bis April 2012 anteilig zu verteilen. Denn die Klägerin hat nachgewiesen, dass die Jahressonderzahlung bis zum 31.12.2011 verbraucht worden ist und ab Januar 2012 nicht mehr zur Bedarfsdeckung zur Verfügung stand. Dies ergibt sich aus den plausiblen Erläuterungen der Klägerin zu ihrem Ausgabeverhalten zum Jahresende 2011 und wird belegt durch den Kontoauszug vom 21.12.2011.

Abweichend von der Entscheidung des Sozialgerichts ist der Umstand, dass die Jahressonderzahlung ab Januar 2012 nicht mehr zur Bestreitung des Lebensunterhalts zur Verfügung stand, auch für einen Anspruch auf Kinderzuschlag erheblich. Eine einmalige Einnahme darf nur bedarfsmindernd berücksichtigt werden, soweit sie als bereites Mittel geeignet ist, den konkreten Bedarf im jeweiligen Monat zu decken. Dieser zum SGB II entwickelte und insbesondere auch bei der Verteilung einer einmaligen Einnahme auf mehrere Monate geltende (hierzu BSG Urteil vom 29.11.2012 - B 14 AS 33/12 R) Grundsatz findet auch im Recht des Kinderzuschlags Anwendung (BSG Urteil vom 17.02.2015 - B 14 KG 1/14 R). Dies folgt bereits daraus, dass der Kinderzuschlag ebenso wie die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts der wirtschaftlichen Bedarfsdeckung dienen und gewährleisten sollen, dass Personen, die über die zur eigenen Bedarfsdeckung erforderlichen Mittel verfügen, nicht allein wegen der finanziellen Belastungen durch Kinder auf Leistungen nach dem SGB II angewiesen sind (BT-Drucks. 15/1516 S. 1 ff). Dem Ansatz des Sozialgerichts folgend wäre die Klägerin im streitigen Zeitraum gezwungen, zur Bedarfsdeckung Leistungen nach dem SGB II zu beanspruchen, was mit Sinn und Zweck von § 6a BKGG gerade nicht vereinbar ist. Das Fehlen einer § 34 SGB II entsprechenden Schadensersatzbestimmung ist kein durchgreifendes Argument für den Verzicht auf das Erfordernis bereiter Mittel bei der Einkommens- und Vermögensanrechnung im Rahmen des § 6a BKGG. Auch für das BSG (Urteil vom 29.11.2012 - B 14 AS 33/12 R) ist § 34 SGB II keine notwendige Voraussetzung dafür, auch bei der Einkommensverteilung auf mehrere Monate bereite Mittel zu fordern. Es weist nur darauf hin, dass im Falle der Verwendung einmaliger Einnahmen für andere Zwecke als zur Sicherung des Lebensunterhalts ein Ersatzanspruch nach § 34 SGB II ausgelöst werden kann. Insbesondere wenn dem Leistungsberechtigten aus vorangegangenen Bezugszeiträumen oder nach entsprechender Aufklärung durch den Träger der Grundsicherung bekannt ist oder bekannt sein müsste, in welcher Weise der Einsatz einer einmaligen Einnahme von ihm erwartet wird, könne bei entgegenstehendem Verhalten ein solcher Anspruch entstehen. Keineswegs ist das BSG damit davon ausgegangen, dass bei dem vorzeitigen Verbrauch einmaliger Einnahmen immer ein Ersatzanspruch nach § 34 SGB II begründet ist. Aus der Beschreibung des Verbrauchs der einmaligen Einnahme durch die Klägerin sind zudem keinerlei Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass es sich um sozialwidriges Verhalten iSd § 34 SGB II handeln könnte, so dass auch nach dem SGB II ein Ersatzanspruch des Jobcenters gegen die Klägerin ausscheiden würde.

Ohne Berücksichtigung der Jahressonderzahlung steht der Klägerin der Kinderzuschlag zu. Da aufgrund von Überstunden zu erwarten war, dass die laufenden Einnahmen der Klägerin in unterschiedlicher Höhe zufließen, konnte gem. § 2 Abs. 2 Alg II-V (in der 2012 gF) als Einkommen ein monatliches Durchschnittseinkommen zu Grunde gelegt werden. Als monatliches Durchschnittseinkommen ist für jeden Monat im Bewilligungszeitraum der Teil des Einkommens zu berücksichtigen, der sich bei der Teilung des Gesamteinkommens im Bewilligungszeitraum durch die Anzahl der Monate im Bewilligungszeitraum ergibt.

Die Klägerin verfügte ohne die Jahressonderzahlung über ein Nettodurchschnittseinkommen (relevant gem. § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 SGB II in der 2012 insoweit für den gesamten Zeitraum unverändert gF) iHv 1707,12 EUR. Hiervon sind folgende Beträge abzuziehen:

- 15,33 EUR Werbungskostenpauschale (§ 6 Abs. 1 Nr. 3a Alg II-V in der 2012 gF), - 64,60 EUR Fahrkosten (§ 6 Abs. 1 Nr. 3b Alg II-V aF; 17 km * 19 Tage* 0.20 = 64,60), - 30 EUR Versicherungspauschale für angemessene Versicherungen (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-V, der Nachweis von Versicherungen ist nicht erforderlich - BSG Urteil vom 19.09.2008 - B 14 AS 56/07 R), - 179,11 EUR Beiträge zu gesetzlich vorgeschriebenen Versicherungen (§ 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II aF), - 230 EUR Erwerbstätigenfreibetrag (§ 11b Abs. 3 SGB III aF: 180 EUR + 50 EUR), - Gesamt: 519,04 EUR, - Anzurechnendes Einkommen: 1707,12 EUR - 519,04 EUR = 1188,08 EUR.

Die Höchsteinkommensgrenze (§ 6a Abs. 1 Nr. 3 BKGG) setzt sich zusammen aus dem Regelbedarf der Eltern, dem Mehrbedarf für Warmwasserbereitung und ihrem nach dem Existenzminimumsbericht zu berechnenden Unterkunftsbedarf sowie dem Gesamtkinderzuschlag iHv 280 EUR (§ 6a Abs. 2 Sätze 1, 2 BKGG in der 2012 gF). Die Höchsteinkommensgrenze beträgt damit 1350,36 EUR (2*337 EUR + 15,50 EUR + 380,86 EUR [535,39 * 71,15%] + 280 EUR = 1350,36 EUR). Damit liegt das anzurechnende Einkommen unter der Höchsteinkommensgrenze.

Die Höhe des Kinderzuschlags richtet sich nach § 6a Abs. 4 BKGG in der 2012 gF. Hiernach gilt: Der Kinderzuschlag wird, soweit die Voraussetzungen des Abs. 3 (Minderung durch Einkommen und Vermögen der Kinder, hierzu sogleich) nicht vorliegen, in voller Höhe gewährt, wenn das nach den §§ 11 bis 12 SGB II mit Ausnahme des Wohngeldes zu berücksichtigende elterliche Einkommen oder Vermögen einen Betrag in Höhe der bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes II oder des Sozialgeldes zu berücksichtigenden elterlichen Bedarfe nicht übersteigt. Dazu sind die Bedarfe für Unterkunft und Heizung in dem Verhältnis aufzuteilen, das sich aus den im jeweils letzten Bericht der Bundesregierung über die Höhe des Existenzminimums von Erwachsenen und Kindern festgestellten entsprechenden Bedarfen für Alleinstehende, Ehepaare und Kinder ergibt. Der Kinderzuschlag wird außer in den in § 6a Abs. 3 BKGG genannten Fällen auch dann stufenweise gemindert, wenn das nach den §§ 11 bis 12 SGB II mit Ausnahme des Wohngeldes zu berücksichtigende elterliche Einkommen oder Vermögen den in § 6a Abs. 4 Satz 1 BKGG genannten jeweils maßgebenden Betrag übersteigt. Als elterliches Einkommen oder Vermögen gilt dabei dasjenige des mit dem Kind im gemeinsamen Haushalt lebenden alleinerziehenden Elternteils, Ehepaares oder als eingetragene Lebenspartner oder in einer eheähnlichen Gemeinschaft zusammenlebenden Paares. Soweit das zu berücksichtigende elterliche Einkommen nicht nur aus Erwerbseinkünften besteht, ist davon auszugehen, dass die Überschreitung des maßgebenden Betrages durch die Erwerbseinkünfte verursacht wird, wenn nicht die Summe der anderen Einkommensteile oder des Vermögens für sich genommen diesen maßgebenden Betrag übersteigt. Für je 10 EUR, um die die monatlichen Erwerbseinkünfte den maßgebenden Betrag übersteigen, wird der Kinderzuschlag um 5 EUR monatlich gemindert. Anderes Einkommen sowie Vermögen mindern den Kinderzuschlag in voller Höhe. Kommt die Minderung des für mehrere Kinder zu zahlenden Kinderzuschlags in Betracht, wird sie beim Gesamtkinderzuschlag vorgenommen.

Der hiernach zu bestimmende elterliche Eigenbedarf liegt - wie bei den Ausführungen zur Höchsteinkommensgrenze dargelegt wurde - bei 1070,36 EUR. Die Differenz zwischen dem Eigenbedarf (1070,36) und dem (nur aus Erwerbseinkünften bestehenden) elterlichen Einkommen (1188,08) beträgt 117,72 EUR. Für jede 10 EUR werden 5 EUR angerechnet: 11 * 5 = 55 EUR; die Anrechnung erfolgt beim Gesamtkinderzuschlag (280 EUR - 55 EUR) = 225 EUR.

Das Sparvermögen der Kinder liegt unter deren Grundfreibetrag iHv jeweils 3100 EUR (§ 12 Abs. 2 Nr. 1a SGB II) und bleibt deshalb unberücksichtigt.

Durch den Kinderzuschlag in dieser Höhe wird Hilfebedürftigkeit iSd § 6a Abs. 1 Nr. 4 BKGG vermieden. Der Bedarf der gesamten Bedarfsgemeinschaft beträgt monatlich 1666,29 EUR (Regelbedarf Eltern je 337 EUR, Regelbedarf Kinder je 219 EUR, Unterkunftskosten 535,29 EUR, Mehrbedarf Warmwasser 19 EUR). Das Einkommen der Eltern beträgt - wie ausgeführt - monatlich 1188,08 EUR. Zuzüglich des Kindergeldes iHv insgesamt monatlich 368 EUR und des Kinderzuschlags iHv 225 EUR beträgt das Gesamteinkommen 1781,08 EUR. Hilfebedürftigkeit wird mithin vermieden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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