L 16 KR 916/16

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Münster (NRW)
Aktenzeichen
S 13 KR 442/15
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 16 KR 916/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 30.11.2016 geändert. Die Klage wird abgewiesen. Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob der Kläger über den 12.05.2015 hinaus Anspruch auf Krankengeld hat.

Der 1960 geborene Kläger arbeitete als Freigänger während einer bis 2011 verbüßten Strafhaft als Schlosser, anschließend war er arbeitslos bzw. arbeitsunfähig und bezog aufgrund einer am 17.10.2014 eingetretenen Arbeitsunfähigkeit (AU) von der Beklagten Krankengeld. Ab dem 24.02.2015 befand er sich in stationärer Behandlung in der Rehaklinik C1, aus der er am 12.05.2015 aus disziplinarischen Gründen als arbeitsunfähig vorzeitig entlassen wurde. Bis zu diesem Zeitpunkt zahlte die Beklagte als Trägerin der Rentenversicherung Übergangsgeld.

Am 13.05.2015 stellte der Kläger sich in der Praxis Dres. N/I, T, vor und ließ sich u.a. Tabletten verschreiben. Eine körperliche Untersuchung fand an diesem Tage nicht statt. Der Kläger erhielt einen Termin bei der gewünschten Behandlerin S für den 18.05.2015. An diesem Tag sprach er bei Frau S vor, die ihm AU vom 18.05.2015 bis 20.05.2015 bescheinigte. Vom 20.05.2015 bis 12.06.2015 war der Kläger wieder in stationärer Behandlung. Vom 10.06.2016 "bis - voraussichtlich - 17.06.2015" wurde erneut AU bescheinigt. Unter dem 23.06.2015 wurde AU "bis zum 30.08.2015" bzw. zugleich "bis auf weiteres" attestiert.

Mit Bescheid vom 12.06.2015 entschied die Beklagte, dass der Anspruch auf Krankengeld und die beitragsfreie Versicherung am 12.05.2015 geendet hätten; die Mitgliedschaft mit Bezug von Krankengeld sei unterbrochen, weil der behandelnde Arzt AU bis zum 12.05.2015 festgestellt habe und die nächste AU-Bescheinigung erst am 18.05.2015 ausgestellt worden sei. Der Kläger blieb in der Folge als Rentenantragsteller versichert. Seit dem 01.08.2015 bezieht er Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit.

Den Widerspruch des Klägers, der geltend machte, er habe sich am 13.05.2015 Medikamente ausstellen lassen und sei am 18.05.2015 bei seiner ihn behandelnden Ärztin gewesen, die bis dahin Urlaub gehabt habe, wies die Beklagte mit Bescheid vom 28.07.2015 als unbegründet zurück.

Mit seiner am 27.08.2015 zum Sozialgericht Münster erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Er hat Kopien der Verordnungen der Praxis Dres. N/I vom 13.05.2015, sowie nochmals die AU-Bescheinigung der behandelnden Ärztin vom 23.06.2015 vorgelegt, in der nachträglich AU vom 13.05. - 30.08.2015 bestätigt worden war. Der Kläger hat geltend gemacht, er sei davon ausgegangen, dass er aufgrund des Entlasskurzbriefes der Rehaklinik weiter "arbeitsunfähig geschrieben" sei und dass er durch den Besuch beim Hausarzt am 13.05.2015 alles Erforderliche getan habe.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 12.06.2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28.07.2015 zu verurteilen, ihm Krankengeld über den 12.05.2015 hinaus bis zum 31.07.2015 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat ausgeführt, dass der Reha-Bericht der Rehaklinik C1 vom 08.05.2015, in dem mitgeteilt wurde, dass der Kläger als arbeitsunfähig entlassen würde, nicht als AU-Bescheinigung im Sinne des § 46 Abs. 1 Nr. 2 SGB V gelten könne, weil ein Hinweis darauf fehle, bis wann die AU dauern solle.

Mit Urteil vom 30.11.2016 hat das Sozialgericht die Beklagte zur Zahlung von Krankengeld für die Zeit vom 18.05.2015 bis 17.06.2015 verurteilt. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es i. W. ausgeführt: Dem Kläger sei zu Unrecht Krankengeld verwehrt worden. Die nach §§ 190,192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V erforderliche lückenlose Bescheinigung der AU liege nach Auffassung der Kammer im Falle des Klägers vor. Sie sei darin zu sehen, dass in dem Entlassungskurzbericht vom 08.05.2015 die Rehaklinik dem Kläger AU attestiert habe. Bei der Auslegung des § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V a.F. dürften keine überzogenen formalen Anforderungen gestellt werden. Die AU des Klägers sei somit durch den Entlasskurzbericht vom 08.05.2015 bestätigt. Dass in diesem Bericht ein Enddatum für die AU nicht benannt worden sei, gebe keinen Hinweis dafür, dass die AU-Bestätigung nicht gelten sollte. Auch ein behandelnder Arzt könne, wenn er der Überzeugung sei, dass das Ende einer AU nicht abzusehen sei, eine Bescheinigung ausstellen, wonach AU "bis auf Weiteres" bestätigt werde. Eine mögliche Begrenzung könne die Beklagte dadurch vornehmen, dass sie den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung einschaltet, der die Frage der Dauer der AU überprüfen könne. Der Entlasskurzbericht vom 08.05.2015 stelle das Bindeglied zwischen der stationären Behandlung des Klägers und der durch die behandelnde Ärztin ausgestellte AU-Bescheinigung dar. Da der Kläger diese Bescheinigung aber nicht unmittelbar an die Beklagte weitergeleitet habe, sei der Anspruch auf Bewilligung von Krankengeld für den Zeitraum vom 13.05.2015 - 17.05.2015 nicht auszusprechen, da gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V der Anspruch auf Krankengeld für diese Zeit ruhe. Ebenso sei der Krankengeldanspruch des Klägers auf den 17.06.2015 begrenzt. Bis zu diesem Zeitpunkt habe der Kläger lückenlos AU-Bescheinigungen nachweisen können, die nächste AU sei dann erst wieder am 23.06.2015 ausgestellt worden und damit verspätet. Die dadurch eingetretene Lücke führe gemäß §§ 190, 192 SGB V dazu, dass der Anspruch auf Krankengeld verloren gehe.

Gegen das Urteil haben beide Beteiligten Berufung eingelegt.

Der Kläger macht geltend: Durch den Entlasskurzbrief sei die AU über die Zeit vom 12.05.2015 hinaus bis zum 18.05.2015 bescheinigt. Im Übrigen möge es sein, dass expressis verbis keine Krankschreibung erfolgt sei, ihm könne aber ein Unterlassen der ärztlichen Feststellung von AU nicht entgegengehalten werden, da die rechtzeitige Feststellung oder Meldung der AU durch Umstände verhindert worden sei, die nicht seinem Verantwortungsbereich zuzurechnen gewesen seien. Dazu verweist er auf die Entscheidung des BSG vom 11.05.2017 (B 3 KR 42/15 R). Die Ärzte der Gemeinschaftspraxis hätten ihn am 13.05.2015 ggf. auf die Notwendigkeit einer neuen AU-Bescheinigung hinweisen müssen und diese durch einen anderen Arzt der Praxis ausstellen müssen. Er habe fortwährend seine AU-Bescheinigungen in der Geschäftsstelle der Beklagten in München abgegeben, zuletzt die unter dem 23.06.2015 für die Zeit bis zum 30.08.2015 ausgestellte Bescheinigung. Zu berücksichtigen sei, dass ausdrücklich festgehalten worden sei, dass die AU bereits unter dem 17.10.2014 begonnen habe.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 30.11.2016 zu ändern und die Beklagte auch zur Zahlung von Krankengeld für die Zeit vom 13.05.2015 bis zum 17.05.2015 und für die Zeit vom 18.06.2015 bis 31.07.2015 zu verurteilen und die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 30.11.2016 zu ändern und die Klage abzuweisen sowie die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Sie meint, der Entlassungskurzbrief stelle gerade keine Bescheinigung dar, die eine AU über den 12.05.2015 hinaus belege. Das weitere Bestehen der AU sei erst am 18.05.2015 festgestellt worden. Nach dem vom Senat eingeholten Bericht der Frau S sei am 13.05.2015 auch keine körperliche Untersuchung durchgeführt worden.

Der Senat hat einen Bericht der Allgemeinmedizinerin S (Praxis Dres. N/I, T), vom 22.08.2017 und einer Auskunft der Rehaklinik C1 vom 04.09.2017 eingeholt. Frau S hat mitgeteilt: "Herr T stellte sich am 13.05.2015 nach seinem Klinikaufenthalt in der Praxis akut vor. Ein Termin beim gewünschten Behandler konnte erst für den 18.05.15 vergeben werden. Es wurden benötigte Dauermedikamente rezeptiert. Eine körperliche Untersuchung fand nicht statt. Eine Krankschreibung war zu keiner Zeit der Behandlung (weder vor noch nach dem 15.03.2015) durch uns erfolgt."

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakten und der Verwaltungsakten der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet und führt zur Abweisung der Klage. Die Berufung des Klägers ist nicht begründet.

Das Sozialgericht hat den Bescheid vom 12.06.2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28.07.2015 zu Unrecht teilweise aufgehoben, denn diese Bescheide sind nicht rechtswidrig. Die Beklagte hat es mit ihnen nämlich zutreffend abgelehnt, dem Kläger ab dem 13.05.2015 Krankengeld zu gewähren, denn der Kläger war ab diesem Tag nicht mehr mit Anspruch auf Krankengeld versichert.

Gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn sie, abgesehen von den Fällen stationärer Behandlung, Krankheit arbeitsunfähig macht. Ob und in welchem Umfang Versicherte Krankengeld beanspruchen können, bestimmt sich nach dem Versicherungsverhältnis, das im Zeitpunkt des jeweils in Betracht kommenden Entstehungstatbestandes für Krankengeld vorliegt (st. Rspr. des BSG, vgl. Urteile v. 16.12.2014 - B 1 KR 25/14 R und B 1 KR 37/14 R). Wird, wie hier, Krankengeld wegen ärztlich festgestellter AU begehrt (§ 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V in der hier maßgeblichen Fassung des GRG vom 20.12.1988 (BGBL: I S. 2477)) entsteht der Anspruch auf Krankengeld von dem Tag an, der dem Tag der ärztlichen Feststellung der AU folgt. Für den Umfang des Versicherungsschutzes ist deshalb auch hier auf den Tag abzustellen, der dem Tag der Feststellung der AU folgt (st. Rspr. des BSG, vgl. Urteile v. 16.12.2014 - B 1 KR 25/14 R und B 1 KR 37/14 R ). Bei fortdauernder AU, aber - wie hier - abschnittsweiser Bewilligung von Krankengeld, ist jeder Bewilligungsabschnitt gesondert zu prüfen.

Der Kläger war, wie nicht von der Beklagten bestritten wird, auch im Zeitraum vom 12.05.2015 bis 31.07.2015 arbeitsunfähig (§ 44 SGB V). Er war jedoch nach dem 12.05.2015 nicht mehr mit Anspruch auf Krankengeld versichert.

Da der Kläger nicht mehr als gegen Arbeitsentgelt Beschäftigter (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V) krankenversichert war und auch kein Arbeitslosengeld bezog (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V), war er bis zum 23.02.2015 allein aufgrund des Bezugs von Krankengeld und anschließend bis zum 12.05.2015 durch den Bezug von Übergangsgeld weiterversichert (§ 192 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 SGB V). Mit der Entlassung aus der Reha am 12.05.2015 endete mit Ablauf dieses Tages auch der Übergangsgeldanspruch und damit auch der über den Bezug dieser Leistung nach § 192 Abs. 1 Nr. 3 SGB V vermittelte nahtlose Versicherungsschutz. Für die Aufrechterhaltung des Krankengeldanspruches über diesen Zeitpunkt hinaus wäre es deshalb erforderlich gewesen, dass auch in dem neuen Abschnitt ab dem 13.05.2017 ein weiterer Versicherungstatbestand erfüllt war, der einen Anspruch auf Krankengeld vermittelte. In Betracht kam insoweit allein das Fortbestehen der Mitgliedschaft gemäß § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V, was einen nahtlosen Krankengeldanspruch (der Anspruch hatte während des Übergangsgeldbezugs lediglich geruht, § 49 Abs. 1 Nr. 3 SGB V), über den 12.05.2015 hinaus voraussetzt. Der Krankengeldanspruch des Klägers, der die Mitgliedschaft nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SG V hätte vermitteln können, bestand aber nicht mehr fort, weil es hierfür neben der AU auch der lückenlosen ärztlichen Feststellung derselben bedurft hätte (§§ 44, 46 SGB V), an der es hier aber fehlt.

Eine ärztliche AU-Bescheinigung im Sinne des § 46 SGB V für die Tage nach dem 12.05.2015 kann entgegen der Ansicht des Klägers und des Sozialgerichts nicht in dem Entlasskurzbrief der Rehaklinik vom 08.05.2015 erblickt werden. Wenn das Sozialgericht zur Begründung seiner abweichenden Auffassung anführt, dass keine überzogenen formalen Anforderungen an die ärztliche AU-Feststellung gestellt werden dürften, ist dieser Ansatz zwar auch nach Auffassung des erkennenden Senats grundsätzlich zutreffend, so dass u.U. auch Feststellungen in MDK-Gutachten und Entlassungsberichten als Feststellungen der AU ausreichen können (vgl. auch BSG, Urteil vom 10.05.2012 - B 1 KR 20/11 R; Urteil v. 12.03.2013 - B 1 KR 7/12 R; LSG NRW, Urteil v. 26.09.2013 - L 5 KR 129/12). Das Sozialgericht verkennt aber, dass es vorliegend nicht um die formalen Anforderungen, sondern um den Inhalt der Bescheinigung geht. Entscheidend ist nämlich, dass der Entlasskurzbrief des Dr. C vom 08.05.2015 lediglich die Aussage enthält, dass der Kläger am 12.05.2015 als arbeitsunfähig entlassen werde. Für die Zeit ab dem 13.05.2015 trifft der Entlasskurzbrief keine Aussage bezüglich der AU, so dass er von vornherein nicht als AU-Bescheinigung für die Zeit vom 13.05.2015 bis 18.05.2015 dienen kann. Deshalb trifft i.Ü. auch der Einwand der Beklagten nicht ganz, es fehle im Entlasskurzbrief vom 08.05.2015 ein Endzeitpunkt für die bescheinigte AU. Auch hat der konkrete Entlasskurzbrief entgegen der Ansicht des Sozialgerichts nichts gemein mit einer vertragsärztlichen Feststellung der AU "bis auf weiteres". Dass der Entlasskurzbrief vom 08.05.2015 keine Aussage zur AU in der Zeit nach der Entlassung trifft, entspricht i.Ü. der damaligen AU-Richtlinie, denn erst mit der Regelung des Entlassmanagements und der Neufassung der AU-Richtlinie und der Einfügung des § 4a mit Wirkung vom 17.03.2016 ist die AU-Feststellung im Rahmen des Entlassmanagements für bis zu 7 Tage eingeführt worden.

Weil nicht spätestens am 13.05.2015, dem ersten Tag nach der Entlassung aus der Reha-Klinik eine neue Feststellung der AU erfolgt ist, kann ein Krankengeldanspruch nicht fortbestanden haben, sodass auch die Mitgliedschaft nicht nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V aufrecht erhalten geblieben ist. Als Frau S am 18.05.2015 erneut AU beim Kläger feststellte und entsprechend bescheinigte, war der Kläger aber nicht mehr als Mitglied der Krankenversicherung der Arbeitslosen (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V) mit Anspruch auf Krankengeld (§ 44 Abs. 2 Nr. 2 SGB V), sondern als Rentenantragsteller (§ 189 Abs. 1 SGB V) ohne Anspruch auf Krankengeld versichert. Denn der Anspruch auf Krankengeld setzt stets voraus, dass dem Betroffenen Einkommen wegen Krankheit entgeht. Dementsprechend sind Rentner und Rentenantragsteller nach der Rechtsprechung des BSG nur dann mit Anspruch auf Krankengeld versichert, wenn sie bei Entstehen des Krankengeldanspruchs aus einer neben dem Rentenbezug ausgeübten Beschäftigung oder Tätigkeit Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erzielt haben, das der Beitragsberechnung unterliegt (vgl. BSG, Urteil v. 26.06.2007 - B 1 KR 8/07 R). Dies aber war beim Kläger nicht der Fall.

Zur Überzeugung des Senats steht nach dem Ergebnis seiner Ermittlungen fest, dass der Kläger nicht alles in seiner Macht Stehende und ihm Zumutbare getan hat, um seine Ansprüche zu wahren. Diese Obliegenheit trifft den Versicherten nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. zur Rechtsprechung des bis zum 31.12.2014 zuständigen 1. Senats etwa BSG, Urteil vom 05.05.2009 - B 1 KR 20/08 R), die im Grundsatz auch der nunmehr für Krankengeldverfahren allein zuständige 3. Senat fortführt (vgl. BSG, Urteil vom 11.05.2017 - B 3 KR 22/15 R). Die Voraussetzungen eines Ausnahmefalles liegen auch unter Berücksichtigung letzterer Rechtsprechung des BSG nicht vor. Der Kläger war nämlich ersichtlich am 13.05.2015 nicht handlungs- oder geschäftsunfähig (vgl. zu einem solchen Ausnahmefall BSG, Urteil v. 09.05.2009 - B 1 KR 20/08 R) und das Unterbleibens einer AU-Feststellung beruht nicht auf Gründen, die dem Verantwortungsbereich des Arztes zuzuordnen wären und die ggf. eine rückwirkende Feststellung der AU rechtfertigen könnten. Erforderlich ist nämlich, dass der Versicherte seinerseits alles in seiner Macht Stehende getan hat, um seine Ansprüche zu wahren, daran aber trotz Arzt-Patienten-Kontakts innerhalb des zeitlichen Rahmens einer zuvor attestierten AU durch eine von der Krankenkasse zu vertretende Fehlentscheidung des Arztes, eine AU-Bescheinigung nicht auszustellen, gehindert worden ist (BSG, Urteil vom 11.05.2017 - B 3 KR 22/15 R). Das lässt sich hier aber nicht feststellen, wie sich auch durch die Nachfrage des Senats bei Frau S ergeben hat.

Da der Kläger am 12.05.2015 aus der Rehaklinik C entlassen worden und für die Zeit danach nicht mehr im Besitz einer entsprechenden AU-Bescheinigung war, hätte er sich zumutbar spätestens am 13.05.2015 erneut die AU ärztlich bescheinigen lassen müssen. Er hat an diesem Tag zwar die Gemeinschaftspraxis Dres. N/I in T aufgesucht, sich aber lediglich neue Rezepte für die Dauermedikation ausstellen lassen; eine neue AU-Feststellung nach entsprechender ärztlicher Untersuchung ist an diesem Tag nicht erfolgt. Letzteres ist vielmehr erst am 18.05.2015 und damit zu spät geschehen. Dass der Kläger, als er am 13.05.2015 die genannte Gemeinschaftspraxis aufsuchte und einen Termin bei der gewünschten Behandlerin erst für den 18.05.2015 erhalten hat, entlastet ihn nicht von seiner Obliegenheit, sich rechtzeitig vor Auslaufen der alten AU-Feststellung erneut eine Bescheinigung der AU zu verschaffen. Da die Entlassung des Klägers aus der Rehaklinik C1 am 12.05.2015 weder überraschend noch sehr kurzfristig erfolgt ist, wie die Ausstellung des Entlassungsberichts am 08.05.2015 verdeutlicht, hätte sich der Kläger vermutlich sogar - bei Abwesenheit der Frau S - bei einem anderen der Ärzte der Gemeinschaftspraxis oder irgend einem anderen Arzt telefonisch einen Termin zur Untersuchung besorgen können. Auch ohne vorherige Vereinbarung eines Termins für den 13.05.2015 hätte er jedenfalls einen anderen Arzt - namentlich der Gemeinschaftspraxis -um Feststellung der AU ersuchen und dafür ggf. auch eine längere Wartezeit in Kauf nehmen müssen. Dies hat der Kläger nicht getan und damit seine Obliegenheiten verletzt. Er kann sich insoweit auch nicht darauf berufen, dass man ihn in der Gemeinschaftspraxis Dres. N/N1 auf die Notwendigkeit einer neuen AU-Bescheinigung nachdrücklich hätte hinweisen müssen. Abgesehen davon, dass die Sorge um eine rechtzeitige Feststellung der AU eine Obliegenheit der Versicherten ist, die Krankengeld beanspruchen möchten, nicht aber die gesetzlich zugewiesen Aufgabe des jeweils aufgesuchten Arztes, ist nicht ersichtlich, weshalb hier die Ärzte oder nichtärztlichen Mitarbeiter der T Gemeinschaftspraxis hätten erkennen müssen, dass der Verlust des Krankengeldanspruchs drohte. Es handelte sich schon nicht um den typischen Fall der Verlängerung einer von demselben Arzt ausgestellten AU-Bescheinigung, denn der Kläger hatte sich vom 24.02.2015 bis 12.05.2015 in der Rehaklinik im Südschwarzwald aufgehalten, bevor er am 13.05.2015 die Praxis in T aufgesucht hat.

Der nach dem 12.05.2015 als Rentenantragsteller versicherte Kläger hat auch keinen sog. nachgehenden Anspruch auf Fortzahlung von Krankengeld nach § 19 Abs. 2 SGB V (vgl. BSG, Urteil v. 26.06.2007 - B 1 KR 2/07 R).

Da der Kläger bereits ab dem 13.05.2015 nicht mehr die Voraussetzungen für einen Krankengeldanspruch erfüllt, erweisen sich die Bescheide der Beklagten als zutreffend und ist die Klage unter Änderung des angefochtenen Urteils insgesamt abzuweisen.

Die Berufung des Klägers, mit der dieser einen weitergehenden Krankengeldanspruch verfolgt, ist nach alledem unbegründet und deshalb zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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