Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
15
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 16 U 151/16
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 15 U 18/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 01.12.2017 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Rente unter Berücksichtigung eines höheren Jahresarbeitsverdienstes (JAV) im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 Sozialgesetzbuch - 10. Buch - (SGB X).
Der am 00.00.1952 in Polen geborene Kläger reiste am 24.09.1978 nach Deutschland ein und ist Inhaber des Vertriebenenausweises A. In Polen hatte der Kläger von 1966 bis 1969 eine Schlosserlehre absolviert und bis 1971 als Schlosser bei der polnischen Eisenbahn gearbeitet. Anschließend war er ab Mai 1971 bis Juli 1978 bei dem Industriebauunternehmen P in P (Opole) als Schlosser, Monteur und Schweißer beschäftigt.
Noch in Polen hatte der Kläger am 21.01.1978 einen Arbeitsunfall erlitten, bei der es zu einer Verletzung des linken Auges mit Netzhautablösung und anschließender Erblindung gekommen war. Aufgrund dieser Verletzung bezog der Kläger eine polnische Invalidenrente auf der Grundlage eines durchschnittlichen Monatsverdienstes von 6.049 Zloty. Nach seiner Einreise in die Bundesrepublik erhielt der Kläger zunächst eine Berufsunfähigkeitsrente und nahm ab 1988 wieder eine versicherungspflichtige Berufstätigkeit auf. Er bezieht nunmehr Altersrente.
Am 11.10.1978 stellte der Kläger bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten (Bau-BG X) einen Antrag auf Entschädigung des in Polen erlittenen Arbeitsunfalles und reichte hierzu eine Bescheinigung des letzten Arbeitgebers vom 05.07.1978 zu den Akten, wonach er bis zum Beginn der Invalidenrente als Schlosser gearbeitet habe, und legte außerdem ein Arbeitszeugnis vom 17.07.1978 vor, in dem es heißt, der Kläger sei in dem Industriebauunternehmen zuletzt als Schlosser/Schweißer mit der Vergütung Kat. 7 in Höhe von 12 Zloty/Stunde tätig gewesen.
Die Rechtsvorgängerin der Beklagten bat im Rahmen der nach § 8 Fremdrentengesetz a.F. (FRG) vorzunehmenden Einstufung die Kreishandwerkerschaft X um Auskunft, welchen Jahresverdienst ein vergleichbarer Beschäftigter in Deutschland erzielt hätte. Mit Schreiben vom 11.09.1981 teilte die Kreishandwerkerschaft mit, nach Lohngruppe 3 des Schlossertarifvertrages sei 1978 ein Stundenlohn von 8,72 DM anzusetzen. Unter Einbeziehung von Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld und vermögenswirksamen Leistungen, errechne sich ein Jahresarbeitsverdienst von 20.533,34 DM.
Nach weiteren medizinischen Ermittlungen bewilligte die Rechtsvorgängerin der Beklagten dem Kläger mit Bescheid vom 15.10.1981 ab dem 28.09.1979 eine Verletztenrente (Dauerrente) nach §§ 581 Abs. 1, 1585 Abs. 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 25.v.H und legte hierbei einen Jahresarbeitsverdienst (JAV) in Höhe von 20.533,40 DM zugrunde.
Mit Schreiben vom 04.09.2007 wandte sich der Kläger an die Rechtsvorgängerin der Beklagten und bat um Überprüfung des JAV. Nach dem FRG sei hier vom Durchschnittsverdienst eines deutschen Arbeitnehmers auszugehen, den er nach einschlägigen Tabellen mit 26.242 DM einschätze.
Mit Bescheid vom 25.10.2007, bestätigt durch den Widerspruchsbescheid vom 05.02.2008 lehnte die Rechtsvorgängerin der Beklagten eine Rücknahme des Bescheides vom 15.10.1981 und eine Erhöhung des JAV ab.
Hiergegen erhob der damals anwaltlich vertretene Kläger am 22.02.2008 Klage vor dem Sozialgericht Düsseldorf (Az: S 6 (36) U 9/08).
Der Kläger machte hier zunächst geltend, dem Jahresarbeitsverdienst (JAV) das durchschnittliche Einkommen der Lohngruppe 6 des Schlosser-Tarifvertrages im Jahre 1978 zugrunde zu legen. Er habe 46 Stunden in der Woche gearbeitet und außerdem Erschwerniszulagen erhalten, die ebenfalls zu berücksichtigen seien. Außerdem sei seine Qualifikation als Montageschlosser und Schweißer angemessen zu berücksichtigen. Hierzu verwies er auf das erneut von ihm vorgelegte Arbeitszeugnis vom 17.07.1978 sowie einen Versicherungsausweis, in dem die Tätigkeit ab 1973 als "Monteur" bezeichnet wird. Außerdem reichte er den Bescheid der Industrie- und Handelskammer X - Solingen vom 04.12.1990 zu den Akten, wonach seine Ausbildung in Polen einem Betriebsschlosser gleichgestellt werde, und legte außerdem einen Schweißerpass vom 04.01.1975 vor.
Nachdem die Kreishandwerkerschaft X mit Schreiben vom 15.12.2008 Bedenken geäußert hatte, ob der Kläger überhaupt einem Tarifvertrag des Handwerks zugeordnet werden könne, legte der Bevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 20.05.2009 ein handschriftliches Schreiben des Klägers vor, in dem dieser weitere Angaben zu seiner beruflichen Tätigkeit machte. In einem Erörterungstermin trug der Kläger am 23.11.2009 vor, er sei stellvertretender Vorarbeiter gewesen und sei nach der höchsten Lohngruppe VII bezahlt worden.
Die Beklagte veranlasste daraufhin eine Anfrage an den Zentralverband Deutsches Baugewerbe, der nach Sichtung der Unterlagen mit Schreiben vom 01.04.2010 unter Anwendung des damals geltenden Bundesrahmentarifvertrages für das Baugewerbe eine Eingruppierung in die dortige "Lohngruppe III b"- Facharbeiter - nach der ab 01.05 1977 geltenden Lohntabelle der baugewerblichen Löhne in Nordrhein-Westfalen vorschlug. Anhaltspunkte für eine Einstufung als gehobener Facharbeiter (IIIa/b) seien nicht ersichtlich.
In einem weiteren vom Kläger selbst verfassten und von seinem Bevollmächtigten eingereichten Schriftsatz vom 03.05.2010 führte er aus, nach diesem Tarifvertrag müsse er aufgrund seiner Qualifikation und besonderen Berufserfahrung in die Lohngruppe II (11,22 DM)eingestuft werden.
Mit Schriftsatz vom 04.10.2010 unterbreitete die Beklagte einen Vergleichsvorschlag, wonach der JAV unter Zugrundelegung der Lohngruppe III b (10,20 DM Stundenlohn) zuzüglich Urlaubs- und Weihnachtsgeld mit 22.072,80 DM betragen sollte, verbunden mit einer Nachzahlung ab 01.01.2003.
Hiermit erklärte sich der Kläger nicht einverstanden und verwies in einem wiederum von seinem Rechtsanwalt zu den Akten gereichten Schreiben vom 18.10.2010 nochmals darauf, dass er die Lohngruppe IIIb nicht als angemessen erachte. Außerdem solle die Erschwerniszulage berücksichtigt werden. In dem Schreiben heißt es wörtlich weiter:
"Eine von mir akzeptierte Neuberechnung meiner Rente würde ein Arbeitsentgelt von 10,50 DM Stundenlohn nach der Lohngruppe III a/b enthalten und die weitere Berechnung, wie Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld und Erschwerniszulage auf dieser Grundlage. Ebenfalls ist die vermögenswirksame Leistung in die Berechnung mit einzubeziehen. Mit Anerkennung dieser Berechnung würde ich dem Vergleich zustimmen. Damit wäre die Angelegenheit für mich vergleichsweise erledigt und ich würde die Klage zurücknehmen".
Daraufhin unterbreitete die Beklagte mit Schriftsatz vom 02.12.2010 einen modifizierten Vergleichsvorschlag zur Erledigung des Rechtsstreits, in dem nunmehr ein Stundenlohn von 10,50 DM entsprechend Lohngruppe IIIa/b und zusätzlich vermögenswirksame Leistungen berücksichtigt wurden, was einen JAV in Höhe von 23.242,00 DM ergab.
Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 21.12.2010 nahm der Kläger diesen Vergleichsvorschlag an und erklärte den Rechtsstreit für erledigt.
Mit Schreiben vom 04.02.2011 berechnete die Beklagte die Rente auf der Grundlage dieses höheren JAV ab dem 01.01.2003 neu. Es ergab sich insoweit ein Nachzahlungsbetrag von 3.411,87 EUR.
Am 05.11.2013 sprach der Kläger persönlich in einer Beratungsstelle der Beklagten vor und verlangte unter Vorlage des Arbeitszeugnisses vom 17.07.1978 eine Erhöhung des Jahresarbeitsverdienstes unter Berücksichtigung eines Stundenlohnes von 11,22 DM und einer Erschwerniszulage. Mit Schreiben vom 21.12.2013 führte der Kläger aus, die Berechnung in dem Vergleich vom 02.10.2010 (gemeint wohl 02.12.2010) sei nicht korrekt. Es müssten die Lohngruppe II (11,22 DM) und eine 46 Stundenwoche berücksichtigt werden.
Mit einfachem Schreiben vom 15.04.2014 teilte die Beklagte unter Hinweis auf das vor dem SG geführte Verfahren mit, es hätten sich keine Anhaltspunkte für eine Neuberechnung des JAV ergeben. Am 20.05.2014 bat der Kläger telefonisch um einen rechtsbehelfsfähigen Verwaltungsakt. Mit Schreiben vom 04.07.2014, dem keine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt war, führte die Beklagte aus, der JAV in Höhe von 23.242 DM sei durch Vergleich festgelegt worden. Dieser Vergleich sei auch nicht widerrufen worden. Der Gegenstand des abgeschlossenen Verfahrens könne nicht nochmals überprüft werden.
Mit einem am 25.11.2014 bei der Beklagten eingegangenen anwaltlichen Schreiben stellte der Kläger "vorsorglich einen Überprüfungsantrag" hinsichtlich der Berechnung des JAV. Ein weiterer anwaltlicher Schriftwechsel oder eine Stellungnahme der Beklagten hierzu findet sich in der Akte nicht.
Mit Schreiben vom 08.04.2015 griff der Kläger die Angelegenheit wieder auf und machte geltend, nach seiner Erkenntnis seien sowohl der Verwaltungsakt vom 15.10.1981 wie auch der Vergleich vom 02.12.2010 unwirksam, da der als feststehend zugrundegelegte Sachverhalt nicht der Wirklichkeit entspreche. Er verlange bei der Berechnung des JAV die Berücksichtigung als Vorschweißer, Lohngruppe 2, Erschwerniszulage von 10 %, Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld sowie vermögenswirksame Leistungen. Dem Schreiben war die (bereits aktenkundige) Lohntabelle der baugewerblichen Löhne in Nordrhein-Westfalen gültig ab 01.Mai 1977 beigefügt.
Mit Schreiben vom 21.04.2015 teilte die Beklagte mit, sie sehe im Hinblick auf den Vergleich keine Notwendigkeit, in eine weitere Prüfung einzutreten.
Mit Schreiben vom 27.04.2015 legte der Kläger eine Neuberechnung vor, wonach der JAV richtigerweise 31.060,00 DM betragen müsse. Er verlange einen rechtsbehelfsfähigen Bescheid.
Mit Schreiben vom 26.05.2015, dem eine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt war, heißt es man verweise auf den erteilten Bescheid in Ausführung des Vergleiches über die Ergänzung des Jahresarbeitsverdienstes vom 04.02.2011: Die Beteiligten seien sich darüber einig gewesen, dass alle gegenseitigen Forderungen und der Rechtsstreit in der Hauptsache damit erledigt gewesen seien. Für eine nochmalige Überprüfung sehe man daher weiterhin keinen Raum.
Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch und machte geltend, er habe der damaligen Vereinbarung gar nicht zugestimmt. Die Vereinbarung sei lediglich zwischen seinem damaligen Rechtsanwalt und der Beklagten zustande gekommen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17.03.2016 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. In der Begründung führt sie aus, § 44 SGB X sei nicht anwendbar, da es an einem überprüfbaren Bescheid fehle. Dem Schreiben vom 04.02.2011 sei nur informative Bedeutung beizumessen. Anhaltspunkte für eine Unwirksamkeit des geschlossenen Vergleichs, an den auch der Kläger gebunden sei, bestünden nicht.
Hiergegen hat der Kläger am 23.3.2016 Klage vor dem Sozialgericht Düsseldorf erhoben.
Der Kläger hat vorgetragen, der geschlossene Vergleich sei objektiv unrichtig. In Wirklichkeit sei ein Jahresarbeitsentgelt von 31.600 DM zugrunde zu legen. Dies sei von der Beklagten und seinem Bevollmächtigten in dem Verfahren S (36) 6 U 9/08 übersehen worden. Der damalige Vergleich verstoße gegen ein gesetzliches Verbot, §§ 134,135 BGB. Er hat erneut das Arbeitszeugnis vom 17.07.1978, den Tarifvertrag von 1977 sowie eine Neuberechnung des JAV, nunmehr über 33.743 DM vorgelegt. Er habe zuletzt als Baustellenleiter gearbeitet.
Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht ausdrücklich beantragt,
den Überprüfungsbescheid der Beklagten vom 26.5.2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17.3.2016 abzuändern und den im Klageverfahren S 6 (36) U 9/08 außerterminlich geschlossenen Vergleich für unwirksam zu erklären.
Die Beklagte beantragt,
hat die Klage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht, ihre im Verwaltungsverfahren mitgeteilte Auffassung sei rechtmäßig. Anhaltspunkte für eine Anwendung des § 59 SGB X seien nicht gegeben.
Mit Urteil vom 01.12.2017 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen das am 04.01.2018 zugestellte Urteil hat der Kläger am 09.01.2018 Berufung eingelegt, mit dem er sein Begehren weiterverfolgt.
Der Kläger vertritt die Ansicht, er müsse sich nicht an dem Vergleich festhalten lassen. Der Anwalt habe damals seine Anweisungen nicht richtig umgesetzt und wesentliche Informationen nicht mitgeteilt. Im Übrigen habe er einen Überprüfungsantrag bezogen auf den Bescheid vom 15.10.1981 gestellt. Er verweist außerdem auf das von ihm zu den Akten gereicht Berechnungsblatt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 01.12.2017 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 26.05.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.03.2016 zu verurteilen, den Bescheid vom 15.10.1981 in der Fassung des Vergleiches vom Dezember 2010 zu ändern und bei der Berechnung der Rente wegen des Arbeitsunfalles vom 21.01.1978 einen Jahresarbeitsverdienst in Höhe von 31.060 DM zu berücksichtigen und ihm Rente nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor, es sei lediglich der damalige Vergleich, den der Kläger vorbehaltlos angenommen habe, nach Maßgabe der §§ 54 ff SGB X unter Berücksichtigung der hierzu ergangenen Rechtsprechung des BSG zu betrachten. Das Schreiben vom 04.02.2011 sei nicht als Ausführungsbescheid zu bewerten, sondern es handele sich um ein einfaches Abrechnungsschreiben. Für ein Zugunstenverfahren nach § 44 SGB X bestehe damit kein Raum.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach-und Streitstandes wird auf die Gerichts-und die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die beigezogene Vorprozessakte SG Düsseldorf Az: 6 (36) U 9/08 Bezug genommen, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Urteil des Sozialgerichts ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.
Der Senat wertet das Klagebegehren nach den Schriftsätzen und den Ausführungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung als statthafte und auch im übrigen zulässige kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage gemäß §§ 54 Abs. 1, Abs. 4, 56 Sozialgerichtsgesetz - SGG -, denn er verlangt die Überprüfung und Änderung des Rentenbescheides vom 15.10.1981 in der Fassung des Vergleiches vom Dezember 2010 und die Gewährung einer höheren Rente, ohne sich an dem damaligen Vergleich inhaltlich festhalten lassen zu müssen, was die Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid vom 26.05.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.03.2016 abgelehnt hat. Der in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht protokollierte Antrag "den im Klageverfahren S 6 (36) U außerterminlich geschlossenen Vergleich für unwirksam zu erklären", erfasste das wohlverstandene Interesse des Klägers im Sinne des § 123 SGG daher nur unvollständig.
Der Kläger ist durch die angefochtenen Bescheide nicht gemäß § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert, denn die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, den Bescheid vom 15.10.1981 gemäß § 44 SGB X hinsichtlich der Berechnung des JAV zurückzunehmen und ihm eine höhere Rente unter Berücksichtigung des vom Kläger jetzt verlangten JAV zu gewähren.
§ 44 Abs. 1 S. 1 SGB X bestimmt, dass ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass des Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen ist, die sich als unrichtig erweist, und deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind.
Die Voraussetzungen des §§ 44 SGB X sind jedoch nicht gegeben. Denn der vor dem Sozialgericht in den Verfahren S 6 (36) U9/08 außerterminlich geschlossene Vergleich steht einer Überprüfung und Rücknahme des Bescheides vom 15.10.1981 entgegen.
Grundsätzlich ist zwar die Anwendung des §§ 44 Abs. 1 SGB X durch den Abschluss eines Vergleichs nicht ausgeschlossen (BSG, Urteil vom 12.12.2013 - B 4 AS 10/13 R - SozR 4 -1500 § 192 Nr.2; vom 15.10.1985 -11a RA 58/84 -, vom 22.05.1975 -10 RV 153/74 - und vom 13.10.1959 -11/8RV 49/59 - ). Der Grundsatz der Rechtssicherheit muss auch in den Fällen hinter den Grundsatz der materiellen Gerechtigkeit zurücktreten, in denen sich die Verwaltung von der Unrichtigkeit ihrer - zum Nachteil des Leistungsberechtigten ergangenen - Entscheidung überzeugt bzw. überzeugen muss.
Etwas anderes gilt aber nach Auffassung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 12.12.2013, a.a.O), der sich der Senat anschließt und der auch andere Senate des LSG NRW folgen (vgl. LSG NRW Urteil vom 07.03.2018 - L 17 U 674/15) dann, wenn die Beteiligten mit dem Abschluss des Vergleichs eine endgültige Erledigung in der Sache treffen und eine erneute Prüfung ausschließen wollten. Denn wenn die Beteiligten eine abschließende Regelung beabsichtigen, bringen sie dadurch zum Ausdruck, dass sie eine Überprüfung gerade ausschließen wollen, weil endgültig Rechtsfrieden herrschen soll. Das Bundessozialgericht hat mit seiner Auffassung in diesen Fällen das Spannungsverhältnis zwischen dem Vertrauen der Beteiligten in die Wirksamkeit einer einmal getroffenen Vereinbarung und dem Grundsatz der materiellen Gerechtigkeit überzeugend zu Gunsten des ersten Grundsatzes gelöst. Es gibt keinen Grund, durch eine Überprüfung der zugrundeliegenden Bescheide nach dem Maßstab des § 44 SGB X - die Regeln zu übergehen, nach deren Maßgabe der Vergleich selbst der Überprüfung unterliegt, wenn der Vergleich abschließend sein soll. Maßgeblich ist insoweit die Auslegung des Vergleichs nach den Umständen des konkreten Einzelfalles.
Bei Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich eindeutig, dass die Beteiligten mit dem Vergleichsvertrag von Dezember 2010 eine solche abschließende Regelung treffen wollten.
Die Beteiligten haben schon damals im Rahmen des Klageverfahrens über § 44 SGB X bezogen auf den Bescheid vom 15.10.1981 gestritten. Im Rahmen dieses Verfahrens sind verschiedene Lohngruppen von den Beteiligten vorgebracht worden. Auf Vorschlag des Klägers ist dann die Lohngruppe IIIa/b von beiden Beteiligten übereinstimmend gewählt worden. Dem Zustandekommen des damaligen Vergleichs waren jahrelange, eingehende Ermittlungen und ein intensiver Schriftsatzwechsel zwischen den Beteiligten vorausgegangen, in den sich der Kläger insbesondere durch Vorlage eigener Schreiben intensiv eingebracht hatte. Es muss bei verständiger Würdigung davon ausgegangen werden, dass die Beteiligten durch Zugeständnisse einerseits und gegenseitiges Nachgeben andererseits sich auf einen bestimmten Berechnungsmodus des - aufgrund der Anwendung des FRG a.F. - äußerst kompliziert zu ermittelnden JAV geeinigt hatten, um diese Frage auch bezogen auf die Zukunft abschließend zu klären. Denn gerade in FRG- Altfällen, die mit der Anwendung des Deutsch-Polnische Sozialversicherungsabkommens von 1975 einhergingen, war es bedingt durch den Zeitablauf extrem schwierig, die Arbeitsverhältnisse im Polen im letzten Jahr vor dem Arbeitsunfall zu ermitteln und die berufliche Tätigkeit einer vergleichbaren Qualifikation eines in Deutschland absolvierten Beschäftigungsverhältnisses tatsächlich und tariflich zuzuordnen. Die Beklagte hatte dem Kläger eine höhere Lohngruppe zugestanden und neben Urlaubs- und Weihnachtsgeld auch noch die vermögenswirksamen Leistungen berücksichtigt; sie ist damit auf einen wesentlichen Teil des wiederum selbst vom Kläger eingebrachten Vergleichsvorschlags in seinem Schreiben vom 18.10.2010 eingegangen, der sich darin ausdrücklich auch mit einer Lohngruppe III a/b (10,50 DM Stundenlohn statt 8,72 DM bzw 10,20 DM) einverstanden erklärt hatte. Außen vor geblieben war insoweit lediglich die geltend gemachte Erschwerniszulage, worin wiederum ein Nachgeben des Klägers im Hinblick auf sein Schreiben vom 18.10.2010 zu sehen war.
Das Vergleichsangebot der Beklagten vom 04.10.2010 in der modifizierten Fassung vom 02.12.2010 hatte der Bevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 21.12.2010 (eingegangen bei Gericht am 28.12.2010) ohne wenn und aber angenommen und den Rechtsstreit mit einer gesonderten prozessualen Erklärung insgesamt für erledigt erklärt und beendet. Dieser Vergleich hat das zwischen den Beteiligten bestehende Rechtsverhältnis geregelt und die Ungewissheit über die Sach- und Rechtslage durch gegenseitiges Nachgeben beseitigt. Das Vorgehen der Beteiligten kann daher nur so verstanden werden, dass sie eine dauerhafte Lösung und Befriedung bezogen auf den Bescheid vom 15.10.1981 und die dortige JAV-Berechnung herbeiführen wollten.
Die Beteiligten haben damit einen öffentlich-rechtlichen Vertrag im Sinne eines Vergleichsvertrages gemäß § 54 Abs. 1 SGB X geschlossen, an dessen Wirksamkeit auch im Übrigen keine Zweifel bestehen.
Der jetzige Vortrag des Klägers, ihm seien die näheren Umstände des Vergleichsschlusses nicht bekannt gewesen und dieser sei allein zwischen seinem damaligen Rechtsanwalt und der Beklagten ausgehandelt worden, ist ersichtlich unzutreffend.
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger seinem damaligen Rechtsanwalt eine wirksame Prozessvollmacht erteilt hatte, so dass der Kläger sämtliche Erklärungen seines Bevollmächtigten für und gegen sich gelten lassen muss (§ 73 Abs. 2 S. 1 SGG, Abs. 6 S. 7 i.V.m. §§ 81, 85 ZPO). Darüber hinaus ergibt sich aus dem Akteninhalt und insbesondere dem Schreiben des Klägers vom 18.10.2010 eindeutig, dass der Kläger von seinem damaligen Bevollmächtigten umfassend in die Prozessführung mit eingebunden worden war , und auch zu dem Zustandekommen des Vergleiches beigetragen hatte.
Der außergerichtliche Vergleich ist auch ansonsten wirksam.
Anhaltspunkte für eine Unwirksamkeit des Vergleichsvertrages aus materiellrechtlichen Gründen sind nicht ersichtlich. Ein Verstoß gegen ein Verbotsgesetz nach § 134 BGB vermag der Senat nicht zu erkennen; ein solches wurde vom Kläger auch nicht benannt. Unwirksamkeitsgründe nach § 779 BGB sind ebenfalls nicht dargetan. Danach ist ein Vergleich unwirksam, wenn der nach dem Inhalt des Vergleichs als feststehend zugrunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entspricht und der Streit oder die Ungewissheit bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden sein würde (§ 779 Abs. 1 BGB), wobei es der Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis gleichsteht, wenn die Verwirklichung eines Anspruchs unsicher ist (§ 779 Abs. 2 BGB). Ein derartiger Irrtum über die Vergleichsgrundlage lag bei Abschluss des Vergleichs aber nicht vor. Die Beteiligten haben den Vergleich gerade nicht aufgrund eines bestimmten zugrunde gelegten Sachverhalts, sondern vielmehr wegen der Unklarheiten und Unwägbarkeiten bezüglich dieser Sach- und Rechtslage geschlossen.
Nichtigkeitsgründe nach § 58 SGB X im Sinne eines qualifizierten Rechtsverstoßes sind daher nicht erkennbar. Insbesondere greift nicht das Verbot des Abschlusses öffentlich-rechtlicher Verträge über Sozialleistungen (§ 53 Abs. 2 SGB X), denn es findet bei Vergleichsverträgen gemäß § 54 Abs. 2 SGB X keine Anwendung.
Ebenso wenig kann der Kläger den Vergleichsvertrag nach § 59 Abs. 1 SGB X kündigen. Danach kann derjenige einen öffentlich-rechtlichen Vertrag kündigen, für den sich das Festhalten am Vertrag wegen einer so wesentlichen Änderung der Verhältnisse, die für die Festsetzung des Vertragsinhaltes maßgebend gewesen sind, als unzumutbar darstellt. An der bei Abschluss des Vergleichsvertrages vorliegenden Ungewissheit über die Sach -und Rechtslage hat jedoch sich keinerlei Änderung ergeben, die es für den Kläger als unzumutbar erscheinen lässt, ihn an dem Vergleich festzuhalten. Allein die jetzige Vorstellung des Klägers hinsichtlich seiner Interpretation der materiellen Rechtslage stellt keine solche Änderung dar.
Schließlich kann der Kläger auch nicht über § 46 Abs. 1 Sozialgesetzbuch -Erstes Buch - SGB I einen höheren Rentenanspruch bewirken. Danach kann ein Verzicht auf Anspruch auf Sozialleistungen jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden. Einen solchen Verzicht hat der Kläger in dem damaligen Vergleichsvertrag jedoch nicht ausgesprochen. § 46 SGB I regelt nämlich ausschließlich den Verzicht auf Sozialleistungen, für die ansonsten alle Anspruchsvoraussetzungen vorliegen und die ohne Verzicht ohne weiteres zu gewähren bzw zu zahlen wären, was hier bezogen auf die Rentenhöhe im Rahmen des JAV gerade nicht der Fall war.
Mithin muss sich der Kläger unter allen denkbaren rechtlichen Gesichtspunkten an dem in dem vorangegangenen gerichtlichen Verfahren geschlossenen Vergleich festhalten lassen. Wenn der Kläger nunmehr eine erneute Überprüfung des Bescheides vom 15.10.1981 verlangt, ist dieses widersprüchlich (venire contra factum proprium) und missbräuchlich.
Ausführungen zu dem weiteren Vorbringen des Klägers hinsichtlich der verlangten JAV Berechnung im Zusammenhang mit der von ihm dargestellten beruflichen Qualifikation sind daher entbehrlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Der Senat hat unter Zurückstellung größter Bedenken von der Auferlegung von Verschuldenskosten nach § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG abgesehen.
Gründe für die Zulassung der Revision nach §160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Rente unter Berücksichtigung eines höheren Jahresarbeitsverdienstes (JAV) im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 Sozialgesetzbuch - 10. Buch - (SGB X).
Der am 00.00.1952 in Polen geborene Kläger reiste am 24.09.1978 nach Deutschland ein und ist Inhaber des Vertriebenenausweises A. In Polen hatte der Kläger von 1966 bis 1969 eine Schlosserlehre absolviert und bis 1971 als Schlosser bei der polnischen Eisenbahn gearbeitet. Anschließend war er ab Mai 1971 bis Juli 1978 bei dem Industriebauunternehmen P in P (Opole) als Schlosser, Monteur und Schweißer beschäftigt.
Noch in Polen hatte der Kläger am 21.01.1978 einen Arbeitsunfall erlitten, bei der es zu einer Verletzung des linken Auges mit Netzhautablösung und anschließender Erblindung gekommen war. Aufgrund dieser Verletzung bezog der Kläger eine polnische Invalidenrente auf der Grundlage eines durchschnittlichen Monatsverdienstes von 6.049 Zloty. Nach seiner Einreise in die Bundesrepublik erhielt der Kläger zunächst eine Berufsunfähigkeitsrente und nahm ab 1988 wieder eine versicherungspflichtige Berufstätigkeit auf. Er bezieht nunmehr Altersrente.
Am 11.10.1978 stellte der Kläger bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten (Bau-BG X) einen Antrag auf Entschädigung des in Polen erlittenen Arbeitsunfalles und reichte hierzu eine Bescheinigung des letzten Arbeitgebers vom 05.07.1978 zu den Akten, wonach er bis zum Beginn der Invalidenrente als Schlosser gearbeitet habe, und legte außerdem ein Arbeitszeugnis vom 17.07.1978 vor, in dem es heißt, der Kläger sei in dem Industriebauunternehmen zuletzt als Schlosser/Schweißer mit der Vergütung Kat. 7 in Höhe von 12 Zloty/Stunde tätig gewesen.
Die Rechtsvorgängerin der Beklagten bat im Rahmen der nach § 8 Fremdrentengesetz a.F. (FRG) vorzunehmenden Einstufung die Kreishandwerkerschaft X um Auskunft, welchen Jahresverdienst ein vergleichbarer Beschäftigter in Deutschland erzielt hätte. Mit Schreiben vom 11.09.1981 teilte die Kreishandwerkerschaft mit, nach Lohngruppe 3 des Schlossertarifvertrages sei 1978 ein Stundenlohn von 8,72 DM anzusetzen. Unter Einbeziehung von Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld und vermögenswirksamen Leistungen, errechne sich ein Jahresarbeitsverdienst von 20.533,34 DM.
Nach weiteren medizinischen Ermittlungen bewilligte die Rechtsvorgängerin der Beklagten dem Kläger mit Bescheid vom 15.10.1981 ab dem 28.09.1979 eine Verletztenrente (Dauerrente) nach §§ 581 Abs. 1, 1585 Abs. 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 25.v.H und legte hierbei einen Jahresarbeitsverdienst (JAV) in Höhe von 20.533,40 DM zugrunde.
Mit Schreiben vom 04.09.2007 wandte sich der Kläger an die Rechtsvorgängerin der Beklagten und bat um Überprüfung des JAV. Nach dem FRG sei hier vom Durchschnittsverdienst eines deutschen Arbeitnehmers auszugehen, den er nach einschlägigen Tabellen mit 26.242 DM einschätze.
Mit Bescheid vom 25.10.2007, bestätigt durch den Widerspruchsbescheid vom 05.02.2008 lehnte die Rechtsvorgängerin der Beklagten eine Rücknahme des Bescheides vom 15.10.1981 und eine Erhöhung des JAV ab.
Hiergegen erhob der damals anwaltlich vertretene Kläger am 22.02.2008 Klage vor dem Sozialgericht Düsseldorf (Az: S 6 (36) U 9/08).
Der Kläger machte hier zunächst geltend, dem Jahresarbeitsverdienst (JAV) das durchschnittliche Einkommen der Lohngruppe 6 des Schlosser-Tarifvertrages im Jahre 1978 zugrunde zu legen. Er habe 46 Stunden in der Woche gearbeitet und außerdem Erschwerniszulagen erhalten, die ebenfalls zu berücksichtigen seien. Außerdem sei seine Qualifikation als Montageschlosser und Schweißer angemessen zu berücksichtigen. Hierzu verwies er auf das erneut von ihm vorgelegte Arbeitszeugnis vom 17.07.1978 sowie einen Versicherungsausweis, in dem die Tätigkeit ab 1973 als "Monteur" bezeichnet wird. Außerdem reichte er den Bescheid der Industrie- und Handelskammer X - Solingen vom 04.12.1990 zu den Akten, wonach seine Ausbildung in Polen einem Betriebsschlosser gleichgestellt werde, und legte außerdem einen Schweißerpass vom 04.01.1975 vor.
Nachdem die Kreishandwerkerschaft X mit Schreiben vom 15.12.2008 Bedenken geäußert hatte, ob der Kläger überhaupt einem Tarifvertrag des Handwerks zugeordnet werden könne, legte der Bevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 20.05.2009 ein handschriftliches Schreiben des Klägers vor, in dem dieser weitere Angaben zu seiner beruflichen Tätigkeit machte. In einem Erörterungstermin trug der Kläger am 23.11.2009 vor, er sei stellvertretender Vorarbeiter gewesen und sei nach der höchsten Lohngruppe VII bezahlt worden.
Die Beklagte veranlasste daraufhin eine Anfrage an den Zentralverband Deutsches Baugewerbe, der nach Sichtung der Unterlagen mit Schreiben vom 01.04.2010 unter Anwendung des damals geltenden Bundesrahmentarifvertrages für das Baugewerbe eine Eingruppierung in die dortige "Lohngruppe III b"- Facharbeiter - nach der ab 01.05 1977 geltenden Lohntabelle der baugewerblichen Löhne in Nordrhein-Westfalen vorschlug. Anhaltspunkte für eine Einstufung als gehobener Facharbeiter (IIIa/b) seien nicht ersichtlich.
In einem weiteren vom Kläger selbst verfassten und von seinem Bevollmächtigten eingereichten Schriftsatz vom 03.05.2010 führte er aus, nach diesem Tarifvertrag müsse er aufgrund seiner Qualifikation und besonderen Berufserfahrung in die Lohngruppe II (11,22 DM)eingestuft werden.
Mit Schriftsatz vom 04.10.2010 unterbreitete die Beklagte einen Vergleichsvorschlag, wonach der JAV unter Zugrundelegung der Lohngruppe III b (10,20 DM Stundenlohn) zuzüglich Urlaubs- und Weihnachtsgeld mit 22.072,80 DM betragen sollte, verbunden mit einer Nachzahlung ab 01.01.2003.
Hiermit erklärte sich der Kläger nicht einverstanden und verwies in einem wiederum von seinem Rechtsanwalt zu den Akten gereichten Schreiben vom 18.10.2010 nochmals darauf, dass er die Lohngruppe IIIb nicht als angemessen erachte. Außerdem solle die Erschwerniszulage berücksichtigt werden. In dem Schreiben heißt es wörtlich weiter:
"Eine von mir akzeptierte Neuberechnung meiner Rente würde ein Arbeitsentgelt von 10,50 DM Stundenlohn nach der Lohngruppe III a/b enthalten und die weitere Berechnung, wie Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld und Erschwerniszulage auf dieser Grundlage. Ebenfalls ist die vermögenswirksame Leistung in die Berechnung mit einzubeziehen. Mit Anerkennung dieser Berechnung würde ich dem Vergleich zustimmen. Damit wäre die Angelegenheit für mich vergleichsweise erledigt und ich würde die Klage zurücknehmen".
Daraufhin unterbreitete die Beklagte mit Schriftsatz vom 02.12.2010 einen modifizierten Vergleichsvorschlag zur Erledigung des Rechtsstreits, in dem nunmehr ein Stundenlohn von 10,50 DM entsprechend Lohngruppe IIIa/b und zusätzlich vermögenswirksame Leistungen berücksichtigt wurden, was einen JAV in Höhe von 23.242,00 DM ergab.
Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 21.12.2010 nahm der Kläger diesen Vergleichsvorschlag an und erklärte den Rechtsstreit für erledigt.
Mit Schreiben vom 04.02.2011 berechnete die Beklagte die Rente auf der Grundlage dieses höheren JAV ab dem 01.01.2003 neu. Es ergab sich insoweit ein Nachzahlungsbetrag von 3.411,87 EUR.
Am 05.11.2013 sprach der Kläger persönlich in einer Beratungsstelle der Beklagten vor und verlangte unter Vorlage des Arbeitszeugnisses vom 17.07.1978 eine Erhöhung des Jahresarbeitsverdienstes unter Berücksichtigung eines Stundenlohnes von 11,22 DM und einer Erschwerniszulage. Mit Schreiben vom 21.12.2013 führte der Kläger aus, die Berechnung in dem Vergleich vom 02.10.2010 (gemeint wohl 02.12.2010) sei nicht korrekt. Es müssten die Lohngruppe II (11,22 DM) und eine 46 Stundenwoche berücksichtigt werden.
Mit einfachem Schreiben vom 15.04.2014 teilte die Beklagte unter Hinweis auf das vor dem SG geführte Verfahren mit, es hätten sich keine Anhaltspunkte für eine Neuberechnung des JAV ergeben. Am 20.05.2014 bat der Kläger telefonisch um einen rechtsbehelfsfähigen Verwaltungsakt. Mit Schreiben vom 04.07.2014, dem keine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt war, führte die Beklagte aus, der JAV in Höhe von 23.242 DM sei durch Vergleich festgelegt worden. Dieser Vergleich sei auch nicht widerrufen worden. Der Gegenstand des abgeschlossenen Verfahrens könne nicht nochmals überprüft werden.
Mit einem am 25.11.2014 bei der Beklagten eingegangenen anwaltlichen Schreiben stellte der Kläger "vorsorglich einen Überprüfungsantrag" hinsichtlich der Berechnung des JAV. Ein weiterer anwaltlicher Schriftwechsel oder eine Stellungnahme der Beklagten hierzu findet sich in der Akte nicht.
Mit Schreiben vom 08.04.2015 griff der Kläger die Angelegenheit wieder auf und machte geltend, nach seiner Erkenntnis seien sowohl der Verwaltungsakt vom 15.10.1981 wie auch der Vergleich vom 02.12.2010 unwirksam, da der als feststehend zugrundegelegte Sachverhalt nicht der Wirklichkeit entspreche. Er verlange bei der Berechnung des JAV die Berücksichtigung als Vorschweißer, Lohngruppe 2, Erschwerniszulage von 10 %, Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld sowie vermögenswirksame Leistungen. Dem Schreiben war die (bereits aktenkundige) Lohntabelle der baugewerblichen Löhne in Nordrhein-Westfalen gültig ab 01.Mai 1977 beigefügt.
Mit Schreiben vom 21.04.2015 teilte die Beklagte mit, sie sehe im Hinblick auf den Vergleich keine Notwendigkeit, in eine weitere Prüfung einzutreten.
Mit Schreiben vom 27.04.2015 legte der Kläger eine Neuberechnung vor, wonach der JAV richtigerweise 31.060,00 DM betragen müsse. Er verlange einen rechtsbehelfsfähigen Bescheid.
Mit Schreiben vom 26.05.2015, dem eine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt war, heißt es man verweise auf den erteilten Bescheid in Ausführung des Vergleiches über die Ergänzung des Jahresarbeitsverdienstes vom 04.02.2011: Die Beteiligten seien sich darüber einig gewesen, dass alle gegenseitigen Forderungen und der Rechtsstreit in der Hauptsache damit erledigt gewesen seien. Für eine nochmalige Überprüfung sehe man daher weiterhin keinen Raum.
Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch und machte geltend, er habe der damaligen Vereinbarung gar nicht zugestimmt. Die Vereinbarung sei lediglich zwischen seinem damaligen Rechtsanwalt und der Beklagten zustande gekommen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17.03.2016 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. In der Begründung führt sie aus, § 44 SGB X sei nicht anwendbar, da es an einem überprüfbaren Bescheid fehle. Dem Schreiben vom 04.02.2011 sei nur informative Bedeutung beizumessen. Anhaltspunkte für eine Unwirksamkeit des geschlossenen Vergleichs, an den auch der Kläger gebunden sei, bestünden nicht.
Hiergegen hat der Kläger am 23.3.2016 Klage vor dem Sozialgericht Düsseldorf erhoben.
Der Kläger hat vorgetragen, der geschlossene Vergleich sei objektiv unrichtig. In Wirklichkeit sei ein Jahresarbeitsentgelt von 31.600 DM zugrunde zu legen. Dies sei von der Beklagten und seinem Bevollmächtigten in dem Verfahren S (36) 6 U 9/08 übersehen worden. Der damalige Vergleich verstoße gegen ein gesetzliches Verbot, §§ 134,135 BGB. Er hat erneut das Arbeitszeugnis vom 17.07.1978, den Tarifvertrag von 1977 sowie eine Neuberechnung des JAV, nunmehr über 33.743 DM vorgelegt. Er habe zuletzt als Baustellenleiter gearbeitet.
Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht ausdrücklich beantragt,
den Überprüfungsbescheid der Beklagten vom 26.5.2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17.3.2016 abzuändern und den im Klageverfahren S 6 (36) U 9/08 außerterminlich geschlossenen Vergleich für unwirksam zu erklären.
Die Beklagte beantragt,
hat die Klage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht, ihre im Verwaltungsverfahren mitgeteilte Auffassung sei rechtmäßig. Anhaltspunkte für eine Anwendung des § 59 SGB X seien nicht gegeben.
Mit Urteil vom 01.12.2017 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen das am 04.01.2018 zugestellte Urteil hat der Kläger am 09.01.2018 Berufung eingelegt, mit dem er sein Begehren weiterverfolgt.
Der Kläger vertritt die Ansicht, er müsse sich nicht an dem Vergleich festhalten lassen. Der Anwalt habe damals seine Anweisungen nicht richtig umgesetzt und wesentliche Informationen nicht mitgeteilt. Im Übrigen habe er einen Überprüfungsantrag bezogen auf den Bescheid vom 15.10.1981 gestellt. Er verweist außerdem auf das von ihm zu den Akten gereicht Berechnungsblatt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 01.12.2017 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 26.05.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.03.2016 zu verurteilen, den Bescheid vom 15.10.1981 in der Fassung des Vergleiches vom Dezember 2010 zu ändern und bei der Berechnung der Rente wegen des Arbeitsunfalles vom 21.01.1978 einen Jahresarbeitsverdienst in Höhe von 31.060 DM zu berücksichtigen und ihm Rente nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor, es sei lediglich der damalige Vergleich, den der Kläger vorbehaltlos angenommen habe, nach Maßgabe der §§ 54 ff SGB X unter Berücksichtigung der hierzu ergangenen Rechtsprechung des BSG zu betrachten. Das Schreiben vom 04.02.2011 sei nicht als Ausführungsbescheid zu bewerten, sondern es handele sich um ein einfaches Abrechnungsschreiben. Für ein Zugunstenverfahren nach § 44 SGB X bestehe damit kein Raum.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach-und Streitstandes wird auf die Gerichts-und die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die beigezogene Vorprozessakte SG Düsseldorf Az: 6 (36) U 9/08 Bezug genommen, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Urteil des Sozialgerichts ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.
Der Senat wertet das Klagebegehren nach den Schriftsätzen und den Ausführungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung als statthafte und auch im übrigen zulässige kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage gemäß §§ 54 Abs. 1, Abs. 4, 56 Sozialgerichtsgesetz - SGG -, denn er verlangt die Überprüfung und Änderung des Rentenbescheides vom 15.10.1981 in der Fassung des Vergleiches vom Dezember 2010 und die Gewährung einer höheren Rente, ohne sich an dem damaligen Vergleich inhaltlich festhalten lassen zu müssen, was die Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid vom 26.05.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.03.2016 abgelehnt hat. Der in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht protokollierte Antrag "den im Klageverfahren S 6 (36) U außerterminlich geschlossenen Vergleich für unwirksam zu erklären", erfasste das wohlverstandene Interesse des Klägers im Sinne des § 123 SGG daher nur unvollständig.
Der Kläger ist durch die angefochtenen Bescheide nicht gemäß § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert, denn die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, den Bescheid vom 15.10.1981 gemäß § 44 SGB X hinsichtlich der Berechnung des JAV zurückzunehmen und ihm eine höhere Rente unter Berücksichtigung des vom Kläger jetzt verlangten JAV zu gewähren.
§ 44 Abs. 1 S. 1 SGB X bestimmt, dass ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass des Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen ist, die sich als unrichtig erweist, und deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind.
Die Voraussetzungen des §§ 44 SGB X sind jedoch nicht gegeben. Denn der vor dem Sozialgericht in den Verfahren S 6 (36) U9/08 außerterminlich geschlossene Vergleich steht einer Überprüfung und Rücknahme des Bescheides vom 15.10.1981 entgegen.
Grundsätzlich ist zwar die Anwendung des §§ 44 Abs. 1 SGB X durch den Abschluss eines Vergleichs nicht ausgeschlossen (BSG, Urteil vom 12.12.2013 - B 4 AS 10/13 R - SozR 4 -1500 § 192 Nr.2; vom 15.10.1985 -11a RA 58/84 -, vom 22.05.1975 -10 RV 153/74 - und vom 13.10.1959 -11/8RV 49/59 - ). Der Grundsatz der Rechtssicherheit muss auch in den Fällen hinter den Grundsatz der materiellen Gerechtigkeit zurücktreten, in denen sich die Verwaltung von der Unrichtigkeit ihrer - zum Nachteil des Leistungsberechtigten ergangenen - Entscheidung überzeugt bzw. überzeugen muss.
Etwas anderes gilt aber nach Auffassung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 12.12.2013, a.a.O), der sich der Senat anschließt und der auch andere Senate des LSG NRW folgen (vgl. LSG NRW Urteil vom 07.03.2018 - L 17 U 674/15) dann, wenn die Beteiligten mit dem Abschluss des Vergleichs eine endgültige Erledigung in der Sache treffen und eine erneute Prüfung ausschließen wollten. Denn wenn die Beteiligten eine abschließende Regelung beabsichtigen, bringen sie dadurch zum Ausdruck, dass sie eine Überprüfung gerade ausschließen wollen, weil endgültig Rechtsfrieden herrschen soll. Das Bundessozialgericht hat mit seiner Auffassung in diesen Fällen das Spannungsverhältnis zwischen dem Vertrauen der Beteiligten in die Wirksamkeit einer einmal getroffenen Vereinbarung und dem Grundsatz der materiellen Gerechtigkeit überzeugend zu Gunsten des ersten Grundsatzes gelöst. Es gibt keinen Grund, durch eine Überprüfung der zugrundeliegenden Bescheide nach dem Maßstab des § 44 SGB X - die Regeln zu übergehen, nach deren Maßgabe der Vergleich selbst der Überprüfung unterliegt, wenn der Vergleich abschließend sein soll. Maßgeblich ist insoweit die Auslegung des Vergleichs nach den Umständen des konkreten Einzelfalles.
Bei Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich eindeutig, dass die Beteiligten mit dem Vergleichsvertrag von Dezember 2010 eine solche abschließende Regelung treffen wollten.
Die Beteiligten haben schon damals im Rahmen des Klageverfahrens über § 44 SGB X bezogen auf den Bescheid vom 15.10.1981 gestritten. Im Rahmen dieses Verfahrens sind verschiedene Lohngruppen von den Beteiligten vorgebracht worden. Auf Vorschlag des Klägers ist dann die Lohngruppe IIIa/b von beiden Beteiligten übereinstimmend gewählt worden. Dem Zustandekommen des damaligen Vergleichs waren jahrelange, eingehende Ermittlungen und ein intensiver Schriftsatzwechsel zwischen den Beteiligten vorausgegangen, in den sich der Kläger insbesondere durch Vorlage eigener Schreiben intensiv eingebracht hatte. Es muss bei verständiger Würdigung davon ausgegangen werden, dass die Beteiligten durch Zugeständnisse einerseits und gegenseitiges Nachgeben andererseits sich auf einen bestimmten Berechnungsmodus des - aufgrund der Anwendung des FRG a.F. - äußerst kompliziert zu ermittelnden JAV geeinigt hatten, um diese Frage auch bezogen auf die Zukunft abschließend zu klären. Denn gerade in FRG- Altfällen, die mit der Anwendung des Deutsch-Polnische Sozialversicherungsabkommens von 1975 einhergingen, war es bedingt durch den Zeitablauf extrem schwierig, die Arbeitsverhältnisse im Polen im letzten Jahr vor dem Arbeitsunfall zu ermitteln und die berufliche Tätigkeit einer vergleichbaren Qualifikation eines in Deutschland absolvierten Beschäftigungsverhältnisses tatsächlich und tariflich zuzuordnen. Die Beklagte hatte dem Kläger eine höhere Lohngruppe zugestanden und neben Urlaubs- und Weihnachtsgeld auch noch die vermögenswirksamen Leistungen berücksichtigt; sie ist damit auf einen wesentlichen Teil des wiederum selbst vom Kläger eingebrachten Vergleichsvorschlags in seinem Schreiben vom 18.10.2010 eingegangen, der sich darin ausdrücklich auch mit einer Lohngruppe III a/b (10,50 DM Stundenlohn statt 8,72 DM bzw 10,20 DM) einverstanden erklärt hatte. Außen vor geblieben war insoweit lediglich die geltend gemachte Erschwerniszulage, worin wiederum ein Nachgeben des Klägers im Hinblick auf sein Schreiben vom 18.10.2010 zu sehen war.
Das Vergleichsangebot der Beklagten vom 04.10.2010 in der modifizierten Fassung vom 02.12.2010 hatte der Bevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 21.12.2010 (eingegangen bei Gericht am 28.12.2010) ohne wenn und aber angenommen und den Rechtsstreit mit einer gesonderten prozessualen Erklärung insgesamt für erledigt erklärt und beendet. Dieser Vergleich hat das zwischen den Beteiligten bestehende Rechtsverhältnis geregelt und die Ungewissheit über die Sach- und Rechtslage durch gegenseitiges Nachgeben beseitigt. Das Vorgehen der Beteiligten kann daher nur so verstanden werden, dass sie eine dauerhafte Lösung und Befriedung bezogen auf den Bescheid vom 15.10.1981 und die dortige JAV-Berechnung herbeiführen wollten.
Die Beteiligten haben damit einen öffentlich-rechtlichen Vertrag im Sinne eines Vergleichsvertrages gemäß § 54 Abs. 1 SGB X geschlossen, an dessen Wirksamkeit auch im Übrigen keine Zweifel bestehen.
Der jetzige Vortrag des Klägers, ihm seien die näheren Umstände des Vergleichsschlusses nicht bekannt gewesen und dieser sei allein zwischen seinem damaligen Rechtsanwalt und der Beklagten ausgehandelt worden, ist ersichtlich unzutreffend.
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger seinem damaligen Rechtsanwalt eine wirksame Prozessvollmacht erteilt hatte, so dass der Kläger sämtliche Erklärungen seines Bevollmächtigten für und gegen sich gelten lassen muss (§ 73 Abs. 2 S. 1 SGG, Abs. 6 S. 7 i.V.m. §§ 81, 85 ZPO). Darüber hinaus ergibt sich aus dem Akteninhalt und insbesondere dem Schreiben des Klägers vom 18.10.2010 eindeutig, dass der Kläger von seinem damaligen Bevollmächtigten umfassend in die Prozessführung mit eingebunden worden war , und auch zu dem Zustandekommen des Vergleiches beigetragen hatte.
Der außergerichtliche Vergleich ist auch ansonsten wirksam.
Anhaltspunkte für eine Unwirksamkeit des Vergleichsvertrages aus materiellrechtlichen Gründen sind nicht ersichtlich. Ein Verstoß gegen ein Verbotsgesetz nach § 134 BGB vermag der Senat nicht zu erkennen; ein solches wurde vom Kläger auch nicht benannt. Unwirksamkeitsgründe nach § 779 BGB sind ebenfalls nicht dargetan. Danach ist ein Vergleich unwirksam, wenn der nach dem Inhalt des Vergleichs als feststehend zugrunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entspricht und der Streit oder die Ungewissheit bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden sein würde (§ 779 Abs. 1 BGB), wobei es der Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis gleichsteht, wenn die Verwirklichung eines Anspruchs unsicher ist (§ 779 Abs. 2 BGB). Ein derartiger Irrtum über die Vergleichsgrundlage lag bei Abschluss des Vergleichs aber nicht vor. Die Beteiligten haben den Vergleich gerade nicht aufgrund eines bestimmten zugrunde gelegten Sachverhalts, sondern vielmehr wegen der Unklarheiten und Unwägbarkeiten bezüglich dieser Sach- und Rechtslage geschlossen.
Nichtigkeitsgründe nach § 58 SGB X im Sinne eines qualifizierten Rechtsverstoßes sind daher nicht erkennbar. Insbesondere greift nicht das Verbot des Abschlusses öffentlich-rechtlicher Verträge über Sozialleistungen (§ 53 Abs. 2 SGB X), denn es findet bei Vergleichsverträgen gemäß § 54 Abs. 2 SGB X keine Anwendung.
Ebenso wenig kann der Kläger den Vergleichsvertrag nach § 59 Abs. 1 SGB X kündigen. Danach kann derjenige einen öffentlich-rechtlichen Vertrag kündigen, für den sich das Festhalten am Vertrag wegen einer so wesentlichen Änderung der Verhältnisse, die für die Festsetzung des Vertragsinhaltes maßgebend gewesen sind, als unzumutbar darstellt. An der bei Abschluss des Vergleichsvertrages vorliegenden Ungewissheit über die Sach -und Rechtslage hat jedoch sich keinerlei Änderung ergeben, die es für den Kläger als unzumutbar erscheinen lässt, ihn an dem Vergleich festzuhalten. Allein die jetzige Vorstellung des Klägers hinsichtlich seiner Interpretation der materiellen Rechtslage stellt keine solche Änderung dar.
Schließlich kann der Kläger auch nicht über § 46 Abs. 1 Sozialgesetzbuch -Erstes Buch - SGB I einen höheren Rentenanspruch bewirken. Danach kann ein Verzicht auf Anspruch auf Sozialleistungen jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden. Einen solchen Verzicht hat der Kläger in dem damaligen Vergleichsvertrag jedoch nicht ausgesprochen. § 46 SGB I regelt nämlich ausschließlich den Verzicht auf Sozialleistungen, für die ansonsten alle Anspruchsvoraussetzungen vorliegen und die ohne Verzicht ohne weiteres zu gewähren bzw zu zahlen wären, was hier bezogen auf die Rentenhöhe im Rahmen des JAV gerade nicht der Fall war.
Mithin muss sich der Kläger unter allen denkbaren rechtlichen Gesichtspunkten an dem in dem vorangegangenen gerichtlichen Verfahren geschlossenen Vergleich festhalten lassen. Wenn der Kläger nunmehr eine erneute Überprüfung des Bescheides vom 15.10.1981 verlangt, ist dieses widersprüchlich (venire contra factum proprium) und missbräuchlich.
Ausführungen zu dem weiteren Vorbringen des Klägers hinsichtlich der verlangten JAV Berechnung im Zusammenhang mit der von ihm dargestellten beruflichen Qualifikation sind daher entbehrlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Der Senat hat unter Zurückstellung größter Bedenken von der Auferlegung von Verschuldenskosten nach § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG abgesehen.
Gründe für die Zulassung der Revision nach §160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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NRW
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