Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 14 U 34/15
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 17 U 152/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 12.02.2016 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger über den 30.09.2014 hinaus wegen der Folgen eines Arbeitsunfalles eine Rente zusteht.
Der 1968 geborene Kläger verunfallte am 13.08.2013 bei seiner versicherten Tätigkeit als Polier im Unternehmen B-M, C, als ihm auf einer Baustelle in einer Baugrube ein großer Erdbrocken gegen den rechten Unterschenkel prallte. Er erlitt hierbei eine Unterschenkelfraktur rechtsseitig mit Beteiligung des Schienbeines im körperfernen bzw. mittleren Drittel sowie des Wadenbeines im Sinne einer Schaftfraktur im mittleren Drittel. Diese Frakturen wurden osteosynthetisch mittels Verplattung bzw. Schienbeinmarknagelung versorgt, der postoperative Verlauf war komplikationslos. Nach ambulanter Weiterbehandlung mit erweiterter ambulanter Physiotherapie (EAP) bis zum 07.02.2014 durchlief der Kläger eine Arbeitsbelastungserprobung, welche in einen Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit zum 17.03.2014 einmündete. Am 13.03.2014 schätzte Prof. Dr. L, Klinikum M-E, die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) vorläufig mit 20 v.H. ein. In seinem ersten Rentengutachten vom 24.05.2014 revidierte er diese Einschätzung. An wesentlichen Unfallfolgen stellte er eine leichte Muskelminderung rechtes Bein, eine leichte Weichteilschwellung rechter Unterschenkel, eine endgradige Einschränkung der Dorsalextension rechtes oberes Sprunggelenk, eine diskrete Gefühlminderung seitlich der Operationsnarbe am knienahen Unterschenkel, Operationsnarben und noch einliegendes Osteosynthesematerial nach Unterschenkelmehrfragmentfraktur fest. Die MdE schätzte er nun für die Zeit vom 17.03.2014 bis zum 30.04.2015 mit 10 v.H. ein.
Mit Bescheid vom 30.06.2014 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente ab.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Er machte geltend, er leide unter erheblichen Schmerzen im rechten Unterschenkel. Die Beklagte holte einen Befundbericht ein von dem den Kläger ambulant weiter behandelnden Chirurgen Dr. N, C. Dieser vertrat in seinem Befundbericht vom 27.08.2014 die Auffassung, dass die Unfallfolgen in dem Rentengutachten des Dr. L mit 10 v.H. nicht hinreichend berücksichtigt worden seien. Der Kläger beklage eine deutliche Schwellneigung im rechten Unterschenkel, die während der Arbeit auftrete und am Abend besonders auffällig sei. Bei der Untersuchung habe sich eine deutliche Umfangsverminderung im rechten Oberschenkel, der rechten Kniescheibe, im Schienbeinkopfbereich und im Fesselbereich gefunden. Die Beweglichkeit des rechten Knie- und des rechten Sprunggelenkes sei endgradig eingeschränkt. Die Beklagte holte daraufhin eine beratungsärztliche Stellungnahme von der Chirurgin Dr. M1 sein. Diese empfahl in ihrer Stellungnahme vom 03.09.2014 eine Gesamtvergütung für sechs Monate.
Mit Bescheid vom 21.10.2014 half die Beklagte dem Widerspruch teilweise ab. Sie bewilligte dem Kläger eine zeitlich befristete Rente nach einer MdE von 20 v.H. für die Zeit vom 27.03.2014 bis zum 30.09.2014 und stellte als Unfallfolgen eine endgradige Bewegungseinschränkung im oberen Sprung- und Kniegelenk, leichte Muskelminderung am Oberschenkel, leichte Schwellneigung am Unterschenkel, sowie subjektive Belastungsbeschwerden nach mit noch liegendem Operationsmaterial knöchern fest verheiltem Bruch des rechten körperfernen Unterschenkels mit 3-Etagen-Bruch des Schienbeines fest. Den im Übrigen aufrecht erhaltenen Widerspruch, mit welchem der Kläger geltend machte, zumindest bis zu der für Februar 2015 vorgesehenen Entfernung der Marknagelung sei ein Rentenanspruch weiter begründet, wies die Beklagte nach Einholung einer beratungsärztlichen Stellungnahme des Dr. X mit Widerspruchsbescheid vom 17.12.2014 zurück. Zur Begründung führte sie aus, funktionell relevante Unfallfolgen lägen nicht mehr vor; maßgebendes Beurteilungskriterium für die Bemessung der MdE seien objektivierbare Bewegungseinschränkungen.
Hiergegen hat der Kläger am 19.01.2015 Klage vor dem Sozialgericht Detmold (SG) erhoben. Zur Begründung hat er sich im Wesentlichen auf den Befundbericht des Dr. N gestützt. Gemäß der GdB/MdE-Tabelle sei für eine Muskelminderung des Unterschenkels nach operativ behandeltem Unterschenkelbruch regelmäßig eine MdE in Höhe von 25 v.H. anzunehmen. Die Bewegungseinschränkung im Kniegelenk mittleren Grades sei mit einer MdE von 20 v.H., zumindest aber mit einer MdE von 10 v.H. anzunehmen. Hinzu komme noch die Bewegungseinschränkung des rechten oberen Sprunggelenkes, die ebenfalls mit einer MdE von 10 v.H. zu bewerten sei. Er schlage vor, ihm bis zum Februar des Jahres 2015 eine Rente nach einer MdE in Höhe von 20 v.H. zu belassen. Dann werde der Nagel im Bein entfernt und es könne eine neue Bewertung vorgenommen werden. Zur Stützung seines Klagebegehrens hat er eine Bescheinigung seiner Arbeitgeberin vom 02.03.2015 vorgelegt, aus der sich ergibt, dass der Kläger aufgrund der Unfallfolgen für bestimmte Arbeiten nicht mehr einsatzfähig sei.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 30.06.2014 und 21.10.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2014 zu verurteilen, ihm wegen der Verletzungsfolgen seines Arbeitsunfalles vom 13.08.2013 auch über den 30.09.2014 hinaus Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. zu bewilligen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat ihre Bescheide für rechtmäßig gehalten.
Das SG hat Beweis erhoben durch Einholung eines orthopädisch-unfallchirurgischen Sachverständigengutachtens von Dr. F, C P. Dieser ist in seinem Gutachten vom 20.11.2015 nach ambulanter Untersuchung des Klägers vom 03.06.2015 und unter Berücksichtigung der aktenkundigen medizinischen Unterlagen sowie eines anlässlich der Begutachtung angefertigten MRT des rechten Kniegelenks vom 17.06.2015 zu dem Ergebnis gelangt, dass folgende Unfallfolgen vorliegen:
1. endgradige Bewegungseinschränkung des rechten Kniegelenks (0/0/135), 2. schmerzhafte Weichteilschwellung an der Entnahmestelle des Marknagels, (der, wie beabsichtigt, im Frühjahr 2015 entfernt wurde),
3. dezente Umfangsvermehrung des rechten Unterschenkels mit Hautrötung, 4. dezente Bewegungseinschränkung des oberen Sprunggelenks bei weichteiliger Verplumpung (Bewegungseinschränkung minimal, nicht schmerzhaft: 40/0/15),
5. Narben am Knie und rechten Unterschenkel,
6. dezente Taubheitszustände um die Narben.
Die MdE sei mit 20 v.H. einzuschätzen. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass auch nahezu frei bewegliche Kniegelenke so stark in ihrer Gebrauchsfähigkeit eingeschränkt sein könnten, dass eine deutliche MdE bestehe. Daraus ergebe sich, dass die Beweglichkeit eines Gelenks nicht das einzige Kriterium einer MdE-Einschätzung sein dürfe. So sei es zum Beispiel bei der Bemessung der MdE bei einer unfallbedingten Arthrose und nach dem Einbau einer Totalendoprothese üblich, dem Unfallverletzten auch bei uneingeschränkter Funktion eine MdE von 20 v.H. zuzugestehen. Bei dem Kläger liege zwar keine Arthrose und somit auch kein künstliches Gelenk vor. Die Funktion des rechten Knies bei dem Kläger sei unfallbedingt nachvollziehbar aber stärker reduziert als bei einem Unfallverletzten mit unfallbedingt implantiertem und perfekt funktionierendem Kniegelenkersatz. Es bestehe eine glaubhafte Reduktion der Gebrauchsfähigkeit des rechten Kniegelenks, ein deutlich reproduzierbarer vorderer Knieschmerz, der im Verlauf des Tages belastungsabhängig zunehme, leichte belastungsabhängige Schwellungen im rechten Unterschenkel und eine glaubhafte deutliche Reduktion der möglichen Aktivitäten. Das Kniegelenk sei noch fast frei beweglich und nur wenig bewegungsreduziert. Das wäre ein Gelenk mit einer Endroprothese bei normalem Verlauf aber auch.
Die Beklagte hat zu dem Gutachten des Dr. F die Auffassung vertreten, die darin enthaltenen Ausführungen und Schlussfolgerungen könnten keinesfalls Grundlage für eine Entscheidung sein. Sie seien fern der üblichen Kriterien eines Gutachtens für den Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung, insbesondere hinsichtlich der Auswertung der erhobenen Befunde und der Einschätzung der MdE. Die aktuellen Befunde rechtfertigten keinesfalls eine MdE in Höhe von 20 v.H. Bei von dem Gutachter selbst als dezente Bewegungseinschränkung des oberen Sprunggelenkes befundeten Bewegungsausmaßen und fast frei beweglich und nur wenig bewegungsreduziert beschriebenem rechten Kniegelenk habe er fiktive Unfallfolgezustände mit daraus resultierender MdE konstruiert. Verwertbar seien lediglich das Messblatt und der dokumentierte körperliche Untersuchungsbefund mit einer insgesamt als weitgehend unauffällig beschriebenen rechten unteren Extremität.
Mit Urteil vom 12.02.2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat sich hierbei auf die Befunderhebungen des Sachverständigen Dr. F gestützt, dessen Einschätzung der MdE in Höhe von 20 v.H. wegen der nur geringgradigen funktionellen Einschränkungen jedoch nicht geteilt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Gegen das ihm am 25.02.2016 zugestellte Urteil hat der Kläger am 07.03.2016 Berufung eingelegt. Zur Begründung stützt er sich insbesondere auf das Gutachten des Dr. F und beanstandet, dass das SG sich über dessen MdE-Einschätzung hinweggesetzt hat, obwohl es nicht über die entsprechende medizinische Fachkenntnis verfüge. Im Übrigen habe auch Prof. Dr. L ihm schon nach der ersten Operation mitgeteilt, dass er mit einer dauerhaften MdE in Höhe von mindestens 20 v.H. zu rechnen habe. Aufgrund der Unfallfolgen könne er nicht mehr fliesen und auch keine Arbeiten auf dem Dach mehr verrichten. Somit habe er zahlreiche Einschränkungen in seiner Erwerbsfähigkeit.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 12.02.2016 abzuändern und die Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 30.06.2014 und 21.10.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2014 zu verurteilen, ihm wegen der Folgen seines Arbeitsunfalles vom 13.08.2013 auch über den 30.09.2014 hinaus Rente nach einer MdE von 20 v.H. zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines unfallchirurgischen Sachverständigengutachtens von Dr. X, C1. Dieser ist in seinem Gutachten vom 04.06.2016 aufgrund einer ambulanten Untersuchung des Klägers vom 23.05.2016 und unter Berücksichtigung der aktenkundigen medizinischen Unterlagen bzgl. der Befunde zu demselben Ergebnis gelangt wie Dr. F. Im Gegensatz zu der Auffassung des Dr. F hat er jedoch eine MdE von 20 v.H. für die Unfallfolgen nicht für gerechtfertigt angesehen, sondern die MdE lediglich mit 10 v.H. eingeschätzt. Zur Begründung hat er ausgeführt, die Funktionswerte des rechten Kniegelenks (0/0/140) und des rechten unteren Sprunggelenks (15/0/35) seien unter Verweis auf die gängige Gutachtenliteratur und angesichts fehlender Kriterien, welche für eine besondere Schonung des rechten Beines sprechen würden (z.B. deutlich messbare muskuläre Defizite), nicht derart eingeschränkt, dass hieraus eine rentenberechtigende MdE resultiere. Hierzu hätte es einer Bewegungseinschränkung des Kniegelenks auf 0-0-80° bedurft, d.h. einer Beugung unterhalb der Rechtwinkelstellung. Beim Kläger liege aber keine Bewegungseinschränkung im rechten Kniegelenk vor. Der Vergleich des Dr. F mit der Situation der gut beweglichen Knieendoprothese sei angesichts des Vorhandenseins der kniegelenkbildenden Knochenteile nicht schlüssig.
Der Kläger hat sich mit dem Gutachten des Dr. X nicht einverstanden erklärt. Dieser habe nicht berücksichtigt, dass die MdE höher zu bewerten sei, weil er durch die Schädigungsfolgen besonders beruflich betroffen sei. Im Übrigen habe Dr. X nicht berücksichtigt, dass seine Beschwerden, wie schon von Dr. F ausgeführt, belastungsabhängig deutlich zunähmen. Wenn Dr. X ihn nach einem Arbeitstag begutachtet hätte, hätte er die daraus resultierenden Einschränkungen persönlich zu Gesicht bekommen. Er sei aber vormittags ausgeruht untersucht worden.
Der Senat hat sodann eine ergänzende Stellungnahme von Dr. X eingeholt. Dieser ist in seiner Stellungnahme vom 30.09.2016 bei seiner Einschätzung geblieben. Eine besondere berufliche Betroffenheit habe er zu Recht nicht berücksichtigt, da er bei seiner Begutachtung die Systematik des Unfallversicherungsrechts und nicht das Gesetz über die Versorgung der Opfer des Krieges (BVG) zu berücksichtigen habe. Die belastungsabhängige Zunahme der Beschwerden beschreibe eine subjektive Wahrnehmung des Klägers, welche sich einer objektiven und reproduzierbaren Überprüfung entziehe. Im Rahmen eines Gutachtens seien Beschwerden, welche grundsätzlich subjektiv seien, durch objektive Fakten auf ihre Plausibilität zu überprüfen. Derartige objektive Tatsachen seien z.B. Muskelvermagerungen, eine Minderbeschwielung oder Schwellungszustände z.B. an Gelenken. Hierfür habe sich bei dem Kläger kein Korrelat gefunden. Wenn er den Kläger nachmittags untersucht hätte, hätte sich keine andere Einschätzung ergeben, da schlussendlich die (passiv zu erzielenden) Funktionswerte Basis der MdE-Einschätzung seien. Ein Reizzustand des Kniegelenks, welcher mit massiver Ergussbildung und hierdurch bedingter Beugeeinschränkung auf 80° einhergehe, hätte auch nachmittags nicht vorgelegen. Dieses wäre aber zu fordern, um eine MdE in Höhe von 20 v.H. zu begründen. Im Übrigen sei den anlässlich der Begutachtung durch Dr. F angefertigten MRT-Aufnahmen des rechten Kniegelenks vom 17.06.2015 kein Reizzustand gelenkbildender Anteile des Knies zu entnehmen.
Auf Antrag des Klägers hat der Senat noch ein unfallchirurgisches Fachgutachten nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von Prof. Dr. P, D, eingeholt. Dieser hat in seinem Gutachten vom 16.03.2017 aufgrund einer körperlichen und röntgenologischen Untersuchung des Klägers vom 01.03.2017 und unter Berücksichtigung der aktenkundigen medizinischen Unterlagen die Auffassung vertreten, die Unfallfolgen bedingten eine MdE von 20 v.H. An Unfallfolgen hat er festgestellt: 1. knöchern konsolidierte 3-Etagen-Unterschenkelfraktur rechtsseitig mit entferntem Osteosynthesematerial (Verriegelungsmarknagel), 2. abgelaufenes drohendes Kompartment-Syndrom des rechten Unterschenkels mit Minderbelastbarkeit, 3. fortgeschrittene Teileinsteifung des rechten oberen Sprunggelenkes mit pathologischen Funktionstests/Hocksitz, 4. Schwellneigung des rechten Unterschenkels, 5. vorderer Knieschmerz nach Nageleinschlag der Patellarsehne rechtsseitig. Bei der Einschätzung der MdE müsse berücksichtigt werden, dass der Beweglichkeitsumfang der betroffenen Gelenke (Kniegelenk - 0/0/140 - und oberes Sprunggelenk - 0/0/30 -) alleine nach den Erfahrungswerten in der gesetzlichen Unfallversicherung keine MdE von mindestens 20 v.H. begründe. Tatsächlich ergebe sich jedoch aufgrund der initial die Behandlung bestimmenden und führenden Diagnose des drohenden Kompartment-Syndroms auch in der Nachschau heute ein klarer Hinweis darauf, dass die Weichteile des Unterschenkels durch das Kompartment-Syndrom in Bezug auf ihre heutige Belastbarkeit und ihre Drainagefähigkeit sicher dauerhaft beeinträchtigt worden seien. Die Beweglichkeitseinschränkung des rechten oberen Sprunggelenkes könne sich im Prinzip zwar auch mit der durchgeführten Fixateur externe-Anwendung und auch der Marknagelung direkt erklären, jedoch sei die initiale Diagnose des drohenden Kompartment-Syndroms im Verbund mit der verbliebenen Schwellneigung heute noch relevant. Insgesamt habe der Unfall zu einer reduzierten Verlässlichkeit des Unterschenkels geführt, was eine analoge Bewertung mit einer MdE von 20 v.H. rechtfertige. Die Vorgutachter hätten die Folgen des drohenden Kompartment-Syndroms nicht gesehen. Zwar sei keine Druckmessung durchgeführt worden, auch keine Dekompression des Unterschenkels. Jedoch passe sowohl die Beweglichkeitseinschränkung des rechten oberen Sprunggelenks als auch die beklagte Schwellneigung und Minderbelastbarkeit zu den Folgen dieser erheblichen Weichteilschädigung durch das Trauma.
Der Kläger sieht sich durch das Gutachten des Prof. Dr. P bestätigt und weist darauf hin, dass dieses bzgl. der MdE-Einschätzung in Übereinstimmung steht mit dem Gutachten des Dr. F.
Die Beklagte hält das Gutachten des Prof. Dr. P nicht für nachvollziehbar und bezieht sich hierbei auf eine Stellungnahme ihres Beratungsarztes Dr. Q, Arzt für Chirurgie und Unfallchirurgie, vom 16.04.2017. Dr. Q hat an dem Gutachten des Prof. Dr. P bemängelt, dass dessen MdE-Vorschlag überwiegend auf den vom ihm postulierten Folgen eines drohenden Kompressionssyndroms beruhe, ein solcher Verlauf mit einem solchen Syndrom aber überhaupt nicht eingetreten sei. Aufgrund der ausgedehnten Fraktur habe sehr wahrscheinlich eine deutliche Weichteilschwellung vorgelegen, und eine weitere Traumatisierung des Verletzungsbereiches durch eine offene Operation hätte die Gefahr eben eines Kompressionssyndroms beinhaltet. Eine solche Entwicklung sei aber durch die äußere Fixation vermieden worden. Zu keinem Zeitpunkt hätten Zeichen eines beginnenden oder unmittelbar bevorstehenden Kompartment-Syndroms vorgelegen. Auch könne die von dem Sachverständigen angegebene Verschlechterung der Funktion des oberen Sprunggelenkes, nicht, wie dieser behaupte, durch muskuläre Vernarbungen bedingt sein. Dagegen spreche schon der zeitliche Verlauf. Wäre diese Begründung richtig, wäre diese Funktionseinschränkung schon früher und nicht erst nach 3,5 Jahren eingetreten. Bei allen vorherigen Untersuchungen sei jedoch eine deutliche Fußhebung im oberen Sprunggelenk möglich gewesen. Der Sachverständige habe auch keine passive Funktionsprüfung durchgeführt. Aber auch wenn die von ihm angegebenen Werte belastbar wären, sei eine MdE von mehr als 10 v.H. nicht zu begründen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen. Ihre Inhalte sind auszugsweise Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Der angefochtene Bescheid vom 30.06.2014 in der Gestalt des Abhilfebescheides vom 21.10.2014 und des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2014 ist nicht rechtswidrig, da er den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 54 Abs. 2 S. 1 SGG). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Bewilligung einer Verletztenrente über den 30.09.2014 hinaus.
Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils vom 12.02.2016 verwiesen (§§ 153 Abs. 2 SGG). Diesen schließt sich der Senat nach eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage an.
Das Ergebnis der Beweisaufnahme im Berufungsverfahren rechtfertigt keine andere Beurteilung. Der Sachverständige Dr. X hat die angefochtene Entscheidung in seinem Gutachten vom 04.06.2016 nebst ergänzender Stellungnahme vom 30.09.2016 bestätigt. Er hat dieselben Befunde erhoben wie Dr. F, ist aber zur Überzeugung des Senats mit zutreffender und überzeugender Begründung in Übereinstimmung mit der Einschätzung des SG zu dem Ergebnis gelangt, dass diese Befunde lediglich eine MdE in Höhe von 10 v.H. rechtfertigen, da die passiv gemessenen Funktionswerte des rechten Kniegelenks und des rechten oberen Sprunggelenks und die objektiven Tatsachen keine höhere Einschätzung rechtfertigen. Diesbezüglich verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zu den im Unfallversicherungsrecht anzuwendenden Erfahrungswerten für die Bemessung der MdE. Diese sind auch unter Berücksichtigung der aktuellen Auflage von Schönberger/Mehrtens/Valentin -S/M/V-, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Auflage, 8.10.7, Seite 685 f. und 8.12.7, Seite 712 f.) noch richtig. Dr. X hat seine Einschätzung der MdE zu Recht auf objektive Tatsachen und nicht nur auf die subjektiv vom Kläger vorgetragenen Beschwerden abgestellt. Da sich beim Kläger keine objektiven Tatsachen für die vorgetragenen Beschwerden gefunden haben (z.B. Muskelvermagerungen, Minderbeschwielung oder Schwellungszustände von Gelenken, oder ein Reizzustand gelenkbildender Anteile des Knies - siehe MRT des rechten Kniegelenks vom 17.06.2015 -), können die vom Kläger vorgetragenen Beschwerden mangels Objektivierbarkeit nicht Grundlage für die MdE-Bewertung sein. Da, wie Dr. X in seiner ergänzenden Stellungnahme zutreffend ausgeführt hat, schlussendlich die passiv zu erzielenden Funktionswerte Basis der MdE-Einschätzung sind, hätte auch eine Untersuchung am Nachmittag an den Ergebnissen nichts geändert. Zu Recht hat Dr. X auch darauf hingewiesen, dass der von Dr. F zur MdE-Einschätzung herangezogene Vergleich mit der Situation einer gut beweglichen Knieendoprothese angesichts des Vorhandenseins der kniegelenkbildenden Knochenanteile nicht schlüssig ist. Bei einer Endoprothese, die auf eine Unfallverletzung zurückzuführen ist, wird nämlich auch bei einem funktionell guten Ergebnis nur unter präventiven Gründen - verschlossener Arbeitsmarktanteil wegen Gefährdung des Knochen-Prothesen-Verbundes infolge übermäßiger Belastungseinwirkungen - grundsätzlich von einer Mindest-MdE von 20 v.H. ausgegangen (siehe S/M/V, a.a.O. 8.10.7, Seite 686 f.). Und schließlich hat Dr. X auch zu Recht keine besondere berufliche Betroffenheit des Klägers berücksichtigt, da sich die MdE im Unfallversicherungsrecht nach den funktionellen Beeinträchtigungen im allgemeinen Erwerbsleben richtet und die Vorschriften des BVG hier keine Anwendung finden. Nach § 56 Abs. 2 Satz 3 Sozialgesetzbuch, Siebtes Buch (SGB VII), sind zwar bei der Bemessung der MdE Nachteile zu berücksichtigen, die die Versicherten dadurch erleiden, dass sie bestimmte von ihnen erworbene besondere berufliche Kenntnisse und Erfahrungen infolge des Versicherungsfalls nicht mehr oder nur noch in vermindertem Umfang nutzen können, soweit solche Nachteile nicht durch sonstige Fähigkeiten, deren Nutzung ihnen zugemutet werden kann, ausgeglichen werden. Hierbei handelt es sich um eine Ausnahmevorschrift zum Grundsatz der abstrakten Schadensberechnung. Der konkrete Beruf wird im Rahmen der Rentenberechnung - neben den Pauschalsätzen (MdE) - dadurch berücksichtigt, dass das individuell während des letzten Falles vor dem Versicherungsfall erzielte Arbeitsentgelt berücksichtigt wird. Da eine allgemeine Berücksichtigung des besonderen beruflichen Betroffenseins den Beruf zweifach einbeziehen würde, verlangt die Rechtsprechung unter "Wahrung des Grundsatzes der abstrakten Schadensberechnung" eine enge Auslegung, ergänzt um das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal der "unbilligen Härte". Besondere berufliche Kenntnisse oder Erfahrungen müssen deshalb über die Umstände hinausgehen, die bereits von der nach § 56 Abs. 2 S. 1 SGB VII bemessenen MdE im allgemeinen Erwerbsleben und vom Jahresarbeitsverdienst (JAV) erfasst sind: Das sind übliche berufliche Kenntnisse und Erfahrungen, ein beruflich länger erprobtes Fachwissen, die grundsätzlich in jedem Beruf vorliegen, der für eine gewisse Dauer ausgeübt wurde. Besondere berufliche Kenntnisse oder Erfahrungen heben sich von den üblichen Kenntnissen und Erfahrungen dadurch ab, dass der Versicherte sie sich durch eine spezielle Ausbildung, eine vorhandene Begabung und meist jahrelange Übung angeeignet hat und die für einen anderen Beruf nicht verwertbar sind. Es handelt sich in der Regel um im Erwerbsleben seltene Berufe, wie z.B. Künstler, Kaffeeröster, Hauer im Bergbau (siehe hierzu Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 56, Rn. 12, m.N. auf die Rspr.).
Das Gutachten des Prof. Dr. P rechtfertigt keine andere Beurteilung. Dieses ist hinsichtlich der Einschätzung der MdE schlichtweg nicht nachvollziehbar, da Prof. Dr. P seine Einschätzung auf ein drohendes Kompartment-Syndrom stützt. Nach den dokumentierten Aktenunterlagen hat aber zu keinem Zeitpunkt ein drohendes Kompartment-Syndrom oder gar ein Kompartment-Syndrom vorgelegen. Unabhängig von der Frage, ob die von Prof. Dr. P festgestellte Beweglichkeitseinschränkung im rechten oberen Sprunggelenk aufgrund einer aktiven oder einer passiven Bewegungsprüfung festgestellt wurde, rechtfertigen die von ihm erhobenen Werte nach der Neutral-Null-Methode (0/0/30) keine MdE in Höhe von 20 v.H. (siehe S/M/V, a.a.O., 8.12.8, Seite 712), sondern nur eine MdE in Höhe von 10 v.H. Die von allen Sachverständigen übereinstimmend festgestellte Bewegungseinschränkung von 0/0/135-140 für das Kniegelenk rechtfertigt noch nicht einmal eine MdE in Höhe von 10 v.H. (siehe S/M/V, a.a.O., 8.10.6.4.7, Seite 685). Prof. Dr. P hat auch selbst klargestellt, dass alleine der Beweglichkeitsumfang der betroffenen Gelenke (Kniegelenk und oberes Sprunggelenk) unter Berücksichtigung der Erfahrungswerte keine MdE in Höhe von mindestens 20 v.H. zu begründen vermag.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger über den 30.09.2014 hinaus wegen der Folgen eines Arbeitsunfalles eine Rente zusteht.
Der 1968 geborene Kläger verunfallte am 13.08.2013 bei seiner versicherten Tätigkeit als Polier im Unternehmen B-M, C, als ihm auf einer Baustelle in einer Baugrube ein großer Erdbrocken gegen den rechten Unterschenkel prallte. Er erlitt hierbei eine Unterschenkelfraktur rechtsseitig mit Beteiligung des Schienbeines im körperfernen bzw. mittleren Drittel sowie des Wadenbeines im Sinne einer Schaftfraktur im mittleren Drittel. Diese Frakturen wurden osteosynthetisch mittels Verplattung bzw. Schienbeinmarknagelung versorgt, der postoperative Verlauf war komplikationslos. Nach ambulanter Weiterbehandlung mit erweiterter ambulanter Physiotherapie (EAP) bis zum 07.02.2014 durchlief der Kläger eine Arbeitsbelastungserprobung, welche in einen Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit zum 17.03.2014 einmündete. Am 13.03.2014 schätzte Prof. Dr. L, Klinikum M-E, die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) vorläufig mit 20 v.H. ein. In seinem ersten Rentengutachten vom 24.05.2014 revidierte er diese Einschätzung. An wesentlichen Unfallfolgen stellte er eine leichte Muskelminderung rechtes Bein, eine leichte Weichteilschwellung rechter Unterschenkel, eine endgradige Einschränkung der Dorsalextension rechtes oberes Sprunggelenk, eine diskrete Gefühlminderung seitlich der Operationsnarbe am knienahen Unterschenkel, Operationsnarben und noch einliegendes Osteosynthesematerial nach Unterschenkelmehrfragmentfraktur fest. Die MdE schätzte er nun für die Zeit vom 17.03.2014 bis zum 30.04.2015 mit 10 v.H. ein.
Mit Bescheid vom 30.06.2014 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente ab.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Er machte geltend, er leide unter erheblichen Schmerzen im rechten Unterschenkel. Die Beklagte holte einen Befundbericht ein von dem den Kläger ambulant weiter behandelnden Chirurgen Dr. N, C. Dieser vertrat in seinem Befundbericht vom 27.08.2014 die Auffassung, dass die Unfallfolgen in dem Rentengutachten des Dr. L mit 10 v.H. nicht hinreichend berücksichtigt worden seien. Der Kläger beklage eine deutliche Schwellneigung im rechten Unterschenkel, die während der Arbeit auftrete und am Abend besonders auffällig sei. Bei der Untersuchung habe sich eine deutliche Umfangsverminderung im rechten Oberschenkel, der rechten Kniescheibe, im Schienbeinkopfbereich und im Fesselbereich gefunden. Die Beweglichkeit des rechten Knie- und des rechten Sprunggelenkes sei endgradig eingeschränkt. Die Beklagte holte daraufhin eine beratungsärztliche Stellungnahme von der Chirurgin Dr. M1 sein. Diese empfahl in ihrer Stellungnahme vom 03.09.2014 eine Gesamtvergütung für sechs Monate.
Mit Bescheid vom 21.10.2014 half die Beklagte dem Widerspruch teilweise ab. Sie bewilligte dem Kläger eine zeitlich befristete Rente nach einer MdE von 20 v.H. für die Zeit vom 27.03.2014 bis zum 30.09.2014 und stellte als Unfallfolgen eine endgradige Bewegungseinschränkung im oberen Sprung- und Kniegelenk, leichte Muskelminderung am Oberschenkel, leichte Schwellneigung am Unterschenkel, sowie subjektive Belastungsbeschwerden nach mit noch liegendem Operationsmaterial knöchern fest verheiltem Bruch des rechten körperfernen Unterschenkels mit 3-Etagen-Bruch des Schienbeines fest. Den im Übrigen aufrecht erhaltenen Widerspruch, mit welchem der Kläger geltend machte, zumindest bis zu der für Februar 2015 vorgesehenen Entfernung der Marknagelung sei ein Rentenanspruch weiter begründet, wies die Beklagte nach Einholung einer beratungsärztlichen Stellungnahme des Dr. X mit Widerspruchsbescheid vom 17.12.2014 zurück. Zur Begründung führte sie aus, funktionell relevante Unfallfolgen lägen nicht mehr vor; maßgebendes Beurteilungskriterium für die Bemessung der MdE seien objektivierbare Bewegungseinschränkungen.
Hiergegen hat der Kläger am 19.01.2015 Klage vor dem Sozialgericht Detmold (SG) erhoben. Zur Begründung hat er sich im Wesentlichen auf den Befundbericht des Dr. N gestützt. Gemäß der GdB/MdE-Tabelle sei für eine Muskelminderung des Unterschenkels nach operativ behandeltem Unterschenkelbruch regelmäßig eine MdE in Höhe von 25 v.H. anzunehmen. Die Bewegungseinschränkung im Kniegelenk mittleren Grades sei mit einer MdE von 20 v.H., zumindest aber mit einer MdE von 10 v.H. anzunehmen. Hinzu komme noch die Bewegungseinschränkung des rechten oberen Sprunggelenkes, die ebenfalls mit einer MdE von 10 v.H. zu bewerten sei. Er schlage vor, ihm bis zum Februar des Jahres 2015 eine Rente nach einer MdE in Höhe von 20 v.H. zu belassen. Dann werde der Nagel im Bein entfernt und es könne eine neue Bewertung vorgenommen werden. Zur Stützung seines Klagebegehrens hat er eine Bescheinigung seiner Arbeitgeberin vom 02.03.2015 vorgelegt, aus der sich ergibt, dass der Kläger aufgrund der Unfallfolgen für bestimmte Arbeiten nicht mehr einsatzfähig sei.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 30.06.2014 und 21.10.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2014 zu verurteilen, ihm wegen der Verletzungsfolgen seines Arbeitsunfalles vom 13.08.2013 auch über den 30.09.2014 hinaus Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. zu bewilligen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat ihre Bescheide für rechtmäßig gehalten.
Das SG hat Beweis erhoben durch Einholung eines orthopädisch-unfallchirurgischen Sachverständigengutachtens von Dr. F, C P. Dieser ist in seinem Gutachten vom 20.11.2015 nach ambulanter Untersuchung des Klägers vom 03.06.2015 und unter Berücksichtigung der aktenkundigen medizinischen Unterlagen sowie eines anlässlich der Begutachtung angefertigten MRT des rechten Kniegelenks vom 17.06.2015 zu dem Ergebnis gelangt, dass folgende Unfallfolgen vorliegen:
1. endgradige Bewegungseinschränkung des rechten Kniegelenks (0/0/135), 2. schmerzhafte Weichteilschwellung an der Entnahmestelle des Marknagels, (der, wie beabsichtigt, im Frühjahr 2015 entfernt wurde),
3. dezente Umfangsvermehrung des rechten Unterschenkels mit Hautrötung, 4. dezente Bewegungseinschränkung des oberen Sprunggelenks bei weichteiliger Verplumpung (Bewegungseinschränkung minimal, nicht schmerzhaft: 40/0/15),
5. Narben am Knie und rechten Unterschenkel,
6. dezente Taubheitszustände um die Narben.
Die MdE sei mit 20 v.H. einzuschätzen. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass auch nahezu frei bewegliche Kniegelenke so stark in ihrer Gebrauchsfähigkeit eingeschränkt sein könnten, dass eine deutliche MdE bestehe. Daraus ergebe sich, dass die Beweglichkeit eines Gelenks nicht das einzige Kriterium einer MdE-Einschätzung sein dürfe. So sei es zum Beispiel bei der Bemessung der MdE bei einer unfallbedingten Arthrose und nach dem Einbau einer Totalendoprothese üblich, dem Unfallverletzten auch bei uneingeschränkter Funktion eine MdE von 20 v.H. zuzugestehen. Bei dem Kläger liege zwar keine Arthrose und somit auch kein künstliches Gelenk vor. Die Funktion des rechten Knies bei dem Kläger sei unfallbedingt nachvollziehbar aber stärker reduziert als bei einem Unfallverletzten mit unfallbedingt implantiertem und perfekt funktionierendem Kniegelenkersatz. Es bestehe eine glaubhafte Reduktion der Gebrauchsfähigkeit des rechten Kniegelenks, ein deutlich reproduzierbarer vorderer Knieschmerz, der im Verlauf des Tages belastungsabhängig zunehme, leichte belastungsabhängige Schwellungen im rechten Unterschenkel und eine glaubhafte deutliche Reduktion der möglichen Aktivitäten. Das Kniegelenk sei noch fast frei beweglich und nur wenig bewegungsreduziert. Das wäre ein Gelenk mit einer Endroprothese bei normalem Verlauf aber auch.
Die Beklagte hat zu dem Gutachten des Dr. F die Auffassung vertreten, die darin enthaltenen Ausführungen und Schlussfolgerungen könnten keinesfalls Grundlage für eine Entscheidung sein. Sie seien fern der üblichen Kriterien eines Gutachtens für den Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung, insbesondere hinsichtlich der Auswertung der erhobenen Befunde und der Einschätzung der MdE. Die aktuellen Befunde rechtfertigten keinesfalls eine MdE in Höhe von 20 v.H. Bei von dem Gutachter selbst als dezente Bewegungseinschränkung des oberen Sprunggelenkes befundeten Bewegungsausmaßen und fast frei beweglich und nur wenig bewegungsreduziert beschriebenem rechten Kniegelenk habe er fiktive Unfallfolgezustände mit daraus resultierender MdE konstruiert. Verwertbar seien lediglich das Messblatt und der dokumentierte körperliche Untersuchungsbefund mit einer insgesamt als weitgehend unauffällig beschriebenen rechten unteren Extremität.
Mit Urteil vom 12.02.2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat sich hierbei auf die Befunderhebungen des Sachverständigen Dr. F gestützt, dessen Einschätzung der MdE in Höhe von 20 v.H. wegen der nur geringgradigen funktionellen Einschränkungen jedoch nicht geteilt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Gegen das ihm am 25.02.2016 zugestellte Urteil hat der Kläger am 07.03.2016 Berufung eingelegt. Zur Begründung stützt er sich insbesondere auf das Gutachten des Dr. F und beanstandet, dass das SG sich über dessen MdE-Einschätzung hinweggesetzt hat, obwohl es nicht über die entsprechende medizinische Fachkenntnis verfüge. Im Übrigen habe auch Prof. Dr. L ihm schon nach der ersten Operation mitgeteilt, dass er mit einer dauerhaften MdE in Höhe von mindestens 20 v.H. zu rechnen habe. Aufgrund der Unfallfolgen könne er nicht mehr fliesen und auch keine Arbeiten auf dem Dach mehr verrichten. Somit habe er zahlreiche Einschränkungen in seiner Erwerbsfähigkeit.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 12.02.2016 abzuändern und die Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 30.06.2014 und 21.10.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2014 zu verurteilen, ihm wegen der Folgen seines Arbeitsunfalles vom 13.08.2013 auch über den 30.09.2014 hinaus Rente nach einer MdE von 20 v.H. zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines unfallchirurgischen Sachverständigengutachtens von Dr. X, C1. Dieser ist in seinem Gutachten vom 04.06.2016 aufgrund einer ambulanten Untersuchung des Klägers vom 23.05.2016 und unter Berücksichtigung der aktenkundigen medizinischen Unterlagen bzgl. der Befunde zu demselben Ergebnis gelangt wie Dr. F. Im Gegensatz zu der Auffassung des Dr. F hat er jedoch eine MdE von 20 v.H. für die Unfallfolgen nicht für gerechtfertigt angesehen, sondern die MdE lediglich mit 10 v.H. eingeschätzt. Zur Begründung hat er ausgeführt, die Funktionswerte des rechten Kniegelenks (0/0/140) und des rechten unteren Sprunggelenks (15/0/35) seien unter Verweis auf die gängige Gutachtenliteratur und angesichts fehlender Kriterien, welche für eine besondere Schonung des rechten Beines sprechen würden (z.B. deutlich messbare muskuläre Defizite), nicht derart eingeschränkt, dass hieraus eine rentenberechtigende MdE resultiere. Hierzu hätte es einer Bewegungseinschränkung des Kniegelenks auf 0-0-80° bedurft, d.h. einer Beugung unterhalb der Rechtwinkelstellung. Beim Kläger liege aber keine Bewegungseinschränkung im rechten Kniegelenk vor. Der Vergleich des Dr. F mit der Situation der gut beweglichen Knieendoprothese sei angesichts des Vorhandenseins der kniegelenkbildenden Knochenteile nicht schlüssig.
Der Kläger hat sich mit dem Gutachten des Dr. X nicht einverstanden erklärt. Dieser habe nicht berücksichtigt, dass die MdE höher zu bewerten sei, weil er durch die Schädigungsfolgen besonders beruflich betroffen sei. Im Übrigen habe Dr. X nicht berücksichtigt, dass seine Beschwerden, wie schon von Dr. F ausgeführt, belastungsabhängig deutlich zunähmen. Wenn Dr. X ihn nach einem Arbeitstag begutachtet hätte, hätte er die daraus resultierenden Einschränkungen persönlich zu Gesicht bekommen. Er sei aber vormittags ausgeruht untersucht worden.
Der Senat hat sodann eine ergänzende Stellungnahme von Dr. X eingeholt. Dieser ist in seiner Stellungnahme vom 30.09.2016 bei seiner Einschätzung geblieben. Eine besondere berufliche Betroffenheit habe er zu Recht nicht berücksichtigt, da er bei seiner Begutachtung die Systematik des Unfallversicherungsrechts und nicht das Gesetz über die Versorgung der Opfer des Krieges (BVG) zu berücksichtigen habe. Die belastungsabhängige Zunahme der Beschwerden beschreibe eine subjektive Wahrnehmung des Klägers, welche sich einer objektiven und reproduzierbaren Überprüfung entziehe. Im Rahmen eines Gutachtens seien Beschwerden, welche grundsätzlich subjektiv seien, durch objektive Fakten auf ihre Plausibilität zu überprüfen. Derartige objektive Tatsachen seien z.B. Muskelvermagerungen, eine Minderbeschwielung oder Schwellungszustände z.B. an Gelenken. Hierfür habe sich bei dem Kläger kein Korrelat gefunden. Wenn er den Kläger nachmittags untersucht hätte, hätte sich keine andere Einschätzung ergeben, da schlussendlich die (passiv zu erzielenden) Funktionswerte Basis der MdE-Einschätzung seien. Ein Reizzustand des Kniegelenks, welcher mit massiver Ergussbildung und hierdurch bedingter Beugeeinschränkung auf 80° einhergehe, hätte auch nachmittags nicht vorgelegen. Dieses wäre aber zu fordern, um eine MdE in Höhe von 20 v.H. zu begründen. Im Übrigen sei den anlässlich der Begutachtung durch Dr. F angefertigten MRT-Aufnahmen des rechten Kniegelenks vom 17.06.2015 kein Reizzustand gelenkbildender Anteile des Knies zu entnehmen.
Auf Antrag des Klägers hat der Senat noch ein unfallchirurgisches Fachgutachten nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von Prof. Dr. P, D, eingeholt. Dieser hat in seinem Gutachten vom 16.03.2017 aufgrund einer körperlichen und röntgenologischen Untersuchung des Klägers vom 01.03.2017 und unter Berücksichtigung der aktenkundigen medizinischen Unterlagen die Auffassung vertreten, die Unfallfolgen bedingten eine MdE von 20 v.H. An Unfallfolgen hat er festgestellt: 1. knöchern konsolidierte 3-Etagen-Unterschenkelfraktur rechtsseitig mit entferntem Osteosynthesematerial (Verriegelungsmarknagel), 2. abgelaufenes drohendes Kompartment-Syndrom des rechten Unterschenkels mit Minderbelastbarkeit, 3. fortgeschrittene Teileinsteifung des rechten oberen Sprunggelenkes mit pathologischen Funktionstests/Hocksitz, 4. Schwellneigung des rechten Unterschenkels, 5. vorderer Knieschmerz nach Nageleinschlag der Patellarsehne rechtsseitig. Bei der Einschätzung der MdE müsse berücksichtigt werden, dass der Beweglichkeitsumfang der betroffenen Gelenke (Kniegelenk - 0/0/140 - und oberes Sprunggelenk - 0/0/30 -) alleine nach den Erfahrungswerten in der gesetzlichen Unfallversicherung keine MdE von mindestens 20 v.H. begründe. Tatsächlich ergebe sich jedoch aufgrund der initial die Behandlung bestimmenden und führenden Diagnose des drohenden Kompartment-Syndroms auch in der Nachschau heute ein klarer Hinweis darauf, dass die Weichteile des Unterschenkels durch das Kompartment-Syndrom in Bezug auf ihre heutige Belastbarkeit und ihre Drainagefähigkeit sicher dauerhaft beeinträchtigt worden seien. Die Beweglichkeitseinschränkung des rechten oberen Sprunggelenkes könne sich im Prinzip zwar auch mit der durchgeführten Fixateur externe-Anwendung und auch der Marknagelung direkt erklären, jedoch sei die initiale Diagnose des drohenden Kompartment-Syndroms im Verbund mit der verbliebenen Schwellneigung heute noch relevant. Insgesamt habe der Unfall zu einer reduzierten Verlässlichkeit des Unterschenkels geführt, was eine analoge Bewertung mit einer MdE von 20 v.H. rechtfertige. Die Vorgutachter hätten die Folgen des drohenden Kompartment-Syndroms nicht gesehen. Zwar sei keine Druckmessung durchgeführt worden, auch keine Dekompression des Unterschenkels. Jedoch passe sowohl die Beweglichkeitseinschränkung des rechten oberen Sprunggelenks als auch die beklagte Schwellneigung und Minderbelastbarkeit zu den Folgen dieser erheblichen Weichteilschädigung durch das Trauma.
Der Kläger sieht sich durch das Gutachten des Prof. Dr. P bestätigt und weist darauf hin, dass dieses bzgl. der MdE-Einschätzung in Übereinstimmung steht mit dem Gutachten des Dr. F.
Die Beklagte hält das Gutachten des Prof. Dr. P nicht für nachvollziehbar und bezieht sich hierbei auf eine Stellungnahme ihres Beratungsarztes Dr. Q, Arzt für Chirurgie und Unfallchirurgie, vom 16.04.2017. Dr. Q hat an dem Gutachten des Prof. Dr. P bemängelt, dass dessen MdE-Vorschlag überwiegend auf den vom ihm postulierten Folgen eines drohenden Kompressionssyndroms beruhe, ein solcher Verlauf mit einem solchen Syndrom aber überhaupt nicht eingetreten sei. Aufgrund der ausgedehnten Fraktur habe sehr wahrscheinlich eine deutliche Weichteilschwellung vorgelegen, und eine weitere Traumatisierung des Verletzungsbereiches durch eine offene Operation hätte die Gefahr eben eines Kompressionssyndroms beinhaltet. Eine solche Entwicklung sei aber durch die äußere Fixation vermieden worden. Zu keinem Zeitpunkt hätten Zeichen eines beginnenden oder unmittelbar bevorstehenden Kompartment-Syndroms vorgelegen. Auch könne die von dem Sachverständigen angegebene Verschlechterung der Funktion des oberen Sprunggelenkes, nicht, wie dieser behaupte, durch muskuläre Vernarbungen bedingt sein. Dagegen spreche schon der zeitliche Verlauf. Wäre diese Begründung richtig, wäre diese Funktionseinschränkung schon früher und nicht erst nach 3,5 Jahren eingetreten. Bei allen vorherigen Untersuchungen sei jedoch eine deutliche Fußhebung im oberen Sprunggelenk möglich gewesen. Der Sachverständige habe auch keine passive Funktionsprüfung durchgeführt. Aber auch wenn die von ihm angegebenen Werte belastbar wären, sei eine MdE von mehr als 10 v.H. nicht zu begründen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen. Ihre Inhalte sind auszugsweise Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Der angefochtene Bescheid vom 30.06.2014 in der Gestalt des Abhilfebescheides vom 21.10.2014 und des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2014 ist nicht rechtswidrig, da er den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 54 Abs. 2 S. 1 SGG). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Bewilligung einer Verletztenrente über den 30.09.2014 hinaus.
Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils vom 12.02.2016 verwiesen (§§ 153 Abs. 2 SGG). Diesen schließt sich der Senat nach eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage an.
Das Ergebnis der Beweisaufnahme im Berufungsverfahren rechtfertigt keine andere Beurteilung. Der Sachverständige Dr. X hat die angefochtene Entscheidung in seinem Gutachten vom 04.06.2016 nebst ergänzender Stellungnahme vom 30.09.2016 bestätigt. Er hat dieselben Befunde erhoben wie Dr. F, ist aber zur Überzeugung des Senats mit zutreffender und überzeugender Begründung in Übereinstimmung mit der Einschätzung des SG zu dem Ergebnis gelangt, dass diese Befunde lediglich eine MdE in Höhe von 10 v.H. rechtfertigen, da die passiv gemessenen Funktionswerte des rechten Kniegelenks und des rechten oberen Sprunggelenks und die objektiven Tatsachen keine höhere Einschätzung rechtfertigen. Diesbezüglich verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zu den im Unfallversicherungsrecht anzuwendenden Erfahrungswerten für die Bemessung der MdE. Diese sind auch unter Berücksichtigung der aktuellen Auflage von Schönberger/Mehrtens/Valentin -S/M/V-, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Auflage, 8.10.7, Seite 685 f. und 8.12.7, Seite 712 f.) noch richtig. Dr. X hat seine Einschätzung der MdE zu Recht auf objektive Tatsachen und nicht nur auf die subjektiv vom Kläger vorgetragenen Beschwerden abgestellt. Da sich beim Kläger keine objektiven Tatsachen für die vorgetragenen Beschwerden gefunden haben (z.B. Muskelvermagerungen, Minderbeschwielung oder Schwellungszustände von Gelenken, oder ein Reizzustand gelenkbildender Anteile des Knies - siehe MRT des rechten Kniegelenks vom 17.06.2015 -), können die vom Kläger vorgetragenen Beschwerden mangels Objektivierbarkeit nicht Grundlage für die MdE-Bewertung sein. Da, wie Dr. X in seiner ergänzenden Stellungnahme zutreffend ausgeführt hat, schlussendlich die passiv zu erzielenden Funktionswerte Basis der MdE-Einschätzung sind, hätte auch eine Untersuchung am Nachmittag an den Ergebnissen nichts geändert. Zu Recht hat Dr. X auch darauf hingewiesen, dass der von Dr. F zur MdE-Einschätzung herangezogene Vergleich mit der Situation einer gut beweglichen Knieendoprothese angesichts des Vorhandenseins der kniegelenkbildenden Knochenanteile nicht schlüssig ist. Bei einer Endoprothese, die auf eine Unfallverletzung zurückzuführen ist, wird nämlich auch bei einem funktionell guten Ergebnis nur unter präventiven Gründen - verschlossener Arbeitsmarktanteil wegen Gefährdung des Knochen-Prothesen-Verbundes infolge übermäßiger Belastungseinwirkungen - grundsätzlich von einer Mindest-MdE von 20 v.H. ausgegangen (siehe S/M/V, a.a.O. 8.10.7, Seite 686 f.). Und schließlich hat Dr. X auch zu Recht keine besondere berufliche Betroffenheit des Klägers berücksichtigt, da sich die MdE im Unfallversicherungsrecht nach den funktionellen Beeinträchtigungen im allgemeinen Erwerbsleben richtet und die Vorschriften des BVG hier keine Anwendung finden. Nach § 56 Abs. 2 Satz 3 Sozialgesetzbuch, Siebtes Buch (SGB VII), sind zwar bei der Bemessung der MdE Nachteile zu berücksichtigen, die die Versicherten dadurch erleiden, dass sie bestimmte von ihnen erworbene besondere berufliche Kenntnisse und Erfahrungen infolge des Versicherungsfalls nicht mehr oder nur noch in vermindertem Umfang nutzen können, soweit solche Nachteile nicht durch sonstige Fähigkeiten, deren Nutzung ihnen zugemutet werden kann, ausgeglichen werden. Hierbei handelt es sich um eine Ausnahmevorschrift zum Grundsatz der abstrakten Schadensberechnung. Der konkrete Beruf wird im Rahmen der Rentenberechnung - neben den Pauschalsätzen (MdE) - dadurch berücksichtigt, dass das individuell während des letzten Falles vor dem Versicherungsfall erzielte Arbeitsentgelt berücksichtigt wird. Da eine allgemeine Berücksichtigung des besonderen beruflichen Betroffenseins den Beruf zweifach einbeziehen würde, verlangt die Rechtsprechung unter "Wahrung des Grundsatzes der abstrakten Schadensberechnung" eine enge Auslegung, ergänzt um das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal der "unbilligen Härte". Besondere berufliche Kenntnisse oder Erfahrungen müssen deshalb über die Umstände hinausgehen, die bereits von der nach § 56 Abs. 2 S. 1 SGB VII bemessenen MdE im allgemeinen Erwerbsleben und vom Jahresarbeitsverdienst (JAV) erfasst sind: Das sind übliche berufliche Kenntnisse und Erfahrungen, ein beruflich länger erprobtes Fachwissen, die grundsätzlich in jedem Beruf vorliegen, der für eine gewisse Dauer ausgeübt wurde. Besondere berufliche Kenntnisse oder Erfahrungen heben sich von den üblichen Kenntnissen und Erfahrungen dadurch ab, dass der Versicherte sie sich durch eine spezielle Ausbildung, eine vorhandene Begabung und meist jahrelange Übung angeeignet hat und die für einen anderen Beruf nicht verwertbar sind. Es handelt sich in der Regel um im Erwerbsleben seltene Berufe, wie z.B. Künstler, Kaffeeröster, Hauer im Bergbau (siehe hierzu Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 56, Rn. 12, m.N. auf die Rspr.).
Das Gutachten des Prof. Dr. P rechtfertigt keine andere Beurteilung. Dieses ist hinsichtlich der Einschätzung der MdE schlichtweg nicht nachvollziehbar, da Prof. Dr. P seine Einschätzung auf ein drohendes Kompartment-Syndrom stützt. Nach den dokumentierten Aktenunterlagen hat aber zu keinem Zeitpunkt ein drohendes Kompartment-Syndrom oder gar ein Kompartment-Syndrom vorgelegen. Unabhängig von der Frage, ob die von Prof. Dr. P festgestellte Beweglichkeitseinschränkung im rechten oberen Sprunggelenk aufgrund einer aktiven oder einer passiven Bewegungsprüfung festgestellt wurde, rechtfertigen die von ihm erhobenen Werte nach der Neutral-Null-Methode (0/0/30) keine MdE in Höhe von 20 v.H. (siehe S/M/V, a.a.O., 8.12.8, Seite 712), sondern nur eine MdE in Höhe von 10 v.H. Die von allen Sachverständigen übereinstimmend festgestellte Bewegungseinschränkung von 0/0/135-140 für das Kniegelenk rechtfertigt noch nicht einmal eine MdE in Höhe von 10 v.H. (siehe S/M/V, a.a.O., 8.10.6.4.7, Seite 685). Prof. Dr. P hat auch selbst klargestellt, dass alleine der Beweglichkeitsumfang der betroffenen Gelenke (Kniegelenk und oberes Sprunggelenk) unter Berücksichtigung der Erfahrungswerte keine MdE in Höhe von mindestens 20 v.H. zu begründen vermag.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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