L 4 U 842/17

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 14 U 111/13
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 4 U 842/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Detmold vom 27.11.2017 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren endgültig auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt als Rechtsnachfolger seiner am 00.00.2013 verstorbenen Mutter die Anerkennung einer Berufskrankheit (BK) nach Nr. 4105 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) - durch Asbest verursachtes Mesotheliom des Rippenfells, des Bauchfells oder des Perikards (im Folgenden: BK 4105) - sowie die Gewährung von Lebzeitenleistungen in Form einer Rente.

Die 1943 in Polen geborene Mutter des Klägers (im Folgenden: Versicherte) war gelernte Violinistin. Sie war von 1963 bis 1971 bei dem Staatlichen Musiktheater in M (Polen) und von 1971 bis 1973 bei dem T National-Ensemble in C (ehemalige DDR) beschäftigt. Von Oktober 1973 bis Juli 1997 war sie sodann als Violinistin beim Landestheater E beschäftigt; seit Anfang August 1996 war sie arbeitsunfähig erkrankt. Seit Mai 1997 bezog die Versicherte eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit von der BfA.

Im Rahmen eines stationären Aufenthaltes im Klinikum M in M vom 01.02. bis 10.02.2012 wurde bei ihr u.a. ein malignes epitheloides Mesotheliom Pleura links bei zytologisch ebenfalls nachgewiesenem Mesotheliom rechts pleural bereits in 11 bzw. 12/2011 diagnostiziert. Sie habe während ihrer täglich bis zu 10 Stunden dauernden Arbeitszeit Asbestkontakt gehabt (Bericht des Klinikums M vom 10.02.2012).

Am 08.03.2012 wandte sich das Klinikum M mit einer Anzeige bei Verdacht auf eine Berufskrankheit an die BG Bau, die diese zuständigkeitshalber an die Beklagte weiterleitete. Die Versicherte gab dort in dem ihr übersandten Fragebogen an, dass in dem Orchestergraben, in dem sie ca. 24 Jahre gearbeitet habe, Asbest verbaut gewesen sei. Dies sei im Jahr 2008 bei Umbauarbeiten entdeckt worden. Es sei vorstellbar, dass durch die starken Schallwellen im Orchestergraben Asbestfasern umhergewirbelt und von ihr eingeatmet worden seien. Während ihrer Tätigkeiten bei dem Staatlichen Musiktheater in M und bei dem T National-Ensemble in C habe sie keinen Umgang mit asbesthaltigem Material gehabt.

Die Beklagte holte zunächst eine Stellungnahme von Prof. Dr. U, Institut für Pathologie der S-Universität C1, zu Gewebeproben der Versicherten ein. In ihrer Stellungnahme vom 29.05.2012 führte Prof. Dr. U aus, es seien Infiltrate eines bösartigen epitheloiden Pleuramesothelioms zu finden; nach dem Europäischen Mesotheliom Panel liege ein Mesotheliom A vor. Damit sei für eine BK 4105 eine Mesotheliomerkrankung im Vollbeweis gesichert. Bei einer zusätzlich im Vollbeweis gesicherten beruflich erhöhten Asbestexposition seien die Voraussetzungen für eine BK 4105 als erfüllt anzusehen.

Auf Nachfrage der Beklagten beim Landestheater E zum Arbeitsplatz der Versicherten verwies dieses auf ein Schreiben des Eigentümers des Gebäudes, des Landesverbandes M, vom 01.08.2012. Darin wurde ausgeführt, die Kontamination der Räumlichkeiten sei durch den teilweisen Abbruch von Verkleidungen einer Elektrotrasse im Juni 2008 ausgelöst worden. Diese Verkleidungen seien erst nach dem Abbruch als asbesthaltig erkannt worden. Asbeststäube seien durch die partielle Zerstörung der Platten verursacht. Die Dienstzeit der Versicherten falle nicht in den Zeitraum dieser Baumaßnahme und der dadurch verursachten Asbesthavarie.

Die Beklagte holte sodann eine Stellungnahme ihrer Präventionsabteilung zur Arbeitsplatzexposition der Versicherten ein. Darin führte Dr. I aus, nach weiteren Ermittlungen sei ein Kontakt der Versicherten zu Asbest nur als Bystanderin oder durch beschädigtes bzw. durch unsachgemäß durchgeführte Baumaßnahmen an Asbestmaterial im Innenraum denkbar. Als einziger Beschäftigungsort mit Asbestfund sei das Landestheater E bekannt. Im Allgemeinen würden bauliche Maßnahmen allerdings in der spielfreien Zeit durchgeführt und der Arbeitsplatz dem Spielbetrieb gereinigt übergeben. Erst nach dem Ende der Beschäftigung der Versicherten seien im Jahr 2008 durch Umbauarbeiten an einem Kabelkanal im Orchestergraben unbeabsichtigt Asbestfasern freigesetzt worden. Nach Aussage der Mitarbeiter des Theaters sei der Kabelkanal von den dort angestellten Elektrikern nie geöffnet worden. Eine Freisetzung von Asbestfasern durch Schwingungen der Musikinstrumente sei nach Aussage von Dr. N (Institut für Arbeitsschutz der DGU - IFA -) rein spekulativ, zumal Kabelkanäle aus massiven und festgebundenen Asbestmaterialien bestünden. Weitere Asbestbefunde seien im Orchestergraben nicht bekannt. In der Vergangenheit seien als mögliche Quelle für eine Freisetzung von Asbestfasern auch Theatervorhänge erkannt worden, da diese aus Feuerschutzgründen Asbest enthielten. Das Landestheater habe angegeben, dass der neue Vorhang von 1996 kein Asbest enthalte. Der alte Vorhang, der schon 1971 in Benutzung war, sei aufgehoben worden, so dass Stoffproben übergeben werden konnten. Die Materialprobe habe aber keine Asbestfasern nachweisen können. Im Übrigen habe die Versicherte keine genauen Aussagen über die bauliche Ausstattung der einzelnen Räumlichkeiten während ihrer anderen Beschäftigungsverhältnisse und im Privatbereich machen können. Ein Umgang mit Asbest im privaten Bereich sei aber eher auszuschließen. U.a. habe sie Urlaube in Polen verbracht; ob dort Asbestabbaugebiete vorhanden seien, sei nicht bekannt. Im Ergebnis gebe es keine Hinweise darauf, dass die Versicherte als Geigerin im Landestheater E einer Exposition an Asbestfaserstaub oberhalb der ubiquitären Exposition ausgesetzt gewesen sei (Stellungnahme von Dr. I vom 10.12.2012).

Mit Bescheid vom 13.12.2012 lehnte die Beklagte die Gewährung von Entschädigungsleistungen aus Anlass der Lungenerkrankung der Versicherten ab. Die Voraussetzungen für die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 4105 BKV lägen nicht vor. Nach dem Ergebnis der Ermittlungen, insbesondere unter Hinweis auf die Arbeitsplatzanalyse, seien keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass sie während ihrer Tätigkeit als Geigerin einer Exposition von Asbestfaserstaub oberhalb der ubiquitären Exposition ausgesetzt gewesen sei. Die arbeitstechnischen Voraussetzungen hinsichtlich einer BK 4105 lägen somit nicht vor.

Hiergegen legte die Versicherte am 03.01.2013 Widerspruch ein und führte zur Begründung aus, die Untersuchungen ihres Arbeitsplatzes seien erst viele Jahre nach erfolgter Entfernung des Asbestfundes im Jahr 2008 durchgeführt worden, somit sei die Herleitung der Untersuchungsergebnisse nicht nachvollziehbar. Ihre Erkrankung sei wissenschaftlich mit höchster Wahrscheinlichkeit dieser einzigen ihr bekannten Asbestexposition zuzuordnen, so dass sehr wohl eine hinreichende Kausalität zwischen ihrer 24-jährigen beruflichen Tätigkeit und der Erkrankung bestehe.

Die Beklagte zog im Widerspruchsverfahren einen ausführlichen Bericht der Firma X GmbH aus C1 zur "Untersuchung nach Asbesthavarie Landestheater E" vom 08.07.2008 bei und befragte zu einer von der Versicherten nunmehr vorgetragenen Baumaßnahme im Orchestergraben in den 1980er-Jahren eine ehemalige Arbeitskollegen Versicherten, Frau U1. Diese gab an, der Orchestergraben sei in den 1980er- oder 1990er-Jahren vergrößert worden. Es sei jedoch immer so gewesen, dass Bauarbeiten in den Sommerferien stattgefunden hätten. Falls Bauarbeiten innerhalb der Probenzeiten durchzuführen gewesen seien, seien die Orchesterproben immer in andere Räumlichkeiten ausgelagert worden. Während der Orchesterproben hätten Baumaßnahmen zu keiner Zeit innerhalb derselben Räumlichkeiten stattgefunden (Telefonvermerk vom 07.03.2013).

Mit Widerspruchsbescheid vom 20.03.2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Nach dem Ergebnis der Ermittlungen bezüglich der arbeitstechnischen Voraussetzungen sei nicht im Vollbeweis gesichert, dass die Versicherte einer Asbestfaserexposition oberhalb der ubiquitären Grenze ausgesetzt gewesen sei. Eine Freisetzung von Asbestfasern habe sich erst nach dem Ende der Beschäftigung der Versicherten im Jahr 2008 ereignet. Ob bei vorher durchgeführten Umbaumaßnahmen im Bereich des Orchestergrabens der betreffende Kabelkanal geöffnet worden sei, sei nicht bekannt. Zudem seien die Baumaßnahmen aber ausschließlich in den proben- und aufführungsfreien Zeiten durchgeführt worden.

Hiergegen hat die Versicherte am 08.04.2013 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Detmold erhoben. Der Verdacht auf eine Berufskrankheit sei bei jedem Pleuramesotheliom begründet. Hier sei insbesondere eine Kontamination durch Asbest am Landestheater E bekannt. Wesentlich sei daher, dass eine Asbestexposition stattgefunden habe. Auch wenn diese nur ubiquitär gewesen sein möge, addiere sich dies zu der normalen Asbestbelastung im allgemeinen Leben. Ob Arbeiten während der Arbeitszeit der Versicherten stattgefunden hätten, spiele deshalb keine Rolle. Die Exposition ab 1973 passe überdies zur Latenzzeit eines Pleuramesothelioms. Weiter hat der Kläger darauf verwiesen, dass Geiger die Saiten ihrer Geige üblicherweise mit Talkumpuder behandelten, um eine bessere Spiel- bzw. Greiffähigkeit zu erreichen. Außerdem seien von Künstlern und Musikern Schminke und Puder verwandt worden, welches ebenfalls Asbest enthalten könne. Schließlich sei die Untersuchung des bis 1996 benutzten Theatervorhangs nicht hinreichend genau erfolgt.

Der Kläger hat - nach der Antragsfassung des SG - beantragt,

unter Aufhebung des Bescheides vom 13.12.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.03.2013 die Beklagte zu verurteilen, dass Pleuramesotheliom der Versicherten als BK nach Nr. 4105 der Anlage zur BKV anzuerkennen und zu entschädigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie verweist im Wesentlichen auf die Gründe der streitigen Bescheide und insbesondere auf die Stellungnahme zur Arbeitsplatzexposition vom 10.12.2012. Die Versicherte habe bereits im Jahr 1997 ihre berufliche Tätigkeit aufgegeben, Asbestfasern seien jedoch erst im Jahr 2008 freigesetzt worden. Eine arbeitsmedizinisch als Einwirkung zu wertende Art und Dauer der Asbeststaubexposition am Arbeitsplatz i.V.m. einer angemessenen Latenzzeit sei daher nicht nachgewiesen. Auch in den Bühnenvorhängen sei kein Asbest nachweisbar gewesen.

Das Sozialgericht hat die Akten der DRV Bund als Rechtsnachfolgerin der BfA beigezogen.

Am 00.00.2013 ist die Versicherte verstorben. Der Kläger hat das Verfahren als alleiniger Erbe und Rechtsnachfolger der Versicherten fortgeführt.

Die Beklagte hat nach Durchführung eines Erörterungstermins am 19.01.2015 eine ergänzende Stellungnahme von Dr. I eingeholt. Danach habe eine Anfrage unter Violinisten und anderen Streichern des Landestheaters ergeben, dass niemand jemals von einem speziellen "Saiten-Grip-Puder" gehört habe oder es jemals verwandt habe, auch die Versicherte sei dabei nie beobachtet worden. Diese sei auch keine Bühnenmusikerin gewesen, sie sei daher beruflich nie geschminkt oder gepudert worden. Nach erneuter Rücksprache mit Dr. N vom IFA sei die Analyse des Theatervorhangs mittels Phasenkontrastmikroskopie im Übrigen völlig ausreichend (Stellungnahme vom 16.03.2015).

Das Sozialgericht hat sodann gem. § 106 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eine wissenschaftliche fachärztliche Stellungnahme von Prof. Dr. T, Institut für Arbeitsmedizin am Universitätsklinikum H, eingeholt. Dieser hat ausgeführt, aus seiner Tätigkeit als langjähriger Gutachter asbestbedingter Berufskrankheiten sei ihm eine relevante Asbestbelastung von Orchestermitgliedern nicht bekannt. Zwar werde von manchen Künstlern zur Verbesserung der Saitengriffigkeit ein Talkum verwendet; Stichproben aus den letzten zehn Jahren hätten jedoch nur geringe Asbestgehalte ermittelt. Zudem sei dann zu klären, aus welcher Lagerstätte das konkrete Talkum stamme und wie oft die Versicherte dieses eingesetzt habe. Aus Beobachtungen bezüglich Bühnenarbeitern sei bekannt, dass in früheren Jahren asbesthaltige Textilien hauptsächlich zur Abdeckung von Scheinwerfern eingesetzt worden seien, außerdem seien Maßnahmen zum Brandschutz üblicherweise mit Asbestplatten durchgeführt worden. Eine relevante Exposition durch Personen, die sich in deren Nähe aufgehalten haben, sei jedoch für eine Violinistin im Orchester von untergeordneter Bedeutung. Es gebe allerdings keine Messergebnisse von Staubkonzentrationen im Theater beim Bedienen der Vorhänge. Sicherheitsvorhänge aus Asbesttextilien seien als relevante Asbestexposition im BK-Report 1/2013 aufgeführt. Hier werde die Bewertungsart tätigkeitsbezogenen bei geringer mechanischer Belastung mit 1,5 und bei starker Belastung mit 3 Fasern/cm³ Atemluft berichtet. Die Expositionshöhe eines Bystanders könne mit 10 % der entsprechenden Konzentration angesetzt werden, die bei den Tätigkeiten der direkt betroffenen Personen im Sinne des Umgangs mit Asbest gegeben seien. Diese Exposition erscheine aus sachverständiger Sicht am ehesten für die Erkrankung relevant zu sein (gutachterliche Stellungnahme vom 11.01.2016).

Auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG hat Prof. Dr. T sodann am 18.04.2017 ein Gutachten unter Einbeziehung einer Stellungnahme der Firma X vom 24.02.2017 erstellt. Diese teilte mit, es könne nicht mehr festgestellt werden, ob schon vor der Sanierung mit Zerstörung der Kabelleitungen Asbest freigesetzt worden sei. Hierfür seien diverse Kriterien maßgeblich, zu denen keine Aussagen mehr gemacht werden könnten, da die eigene Tätigkeit erst nach dem Zerstören der Platten begonnen habe. Der Sachverständige hat ausgeführt, dass am Arbeitsplatz der Versicherten schwachgebundener Asbest verbaut gewesen sei, der im Jahr 2008 nachgewiesen worden sei. Asbestfasern seien auch im Bereich des Orchestergrabens zu finden gewesen. Während der Tätigkeit der Versicherten habe daher zumindest eine Bystander-Exposition im Orchestergraben vorgelegen. Eine außerberufliche Exposition gegenüber Asbest sei nicht im Vollbeweis feststellbar. Die arbeitsmedizinischen Voraussetzungen zur Anerkennung einer BK 4105 lägen mit Wahrscheinlichkeit vor. Die MdE werde ab 08.02.2012 auf 100 v. H. eingeschätzt.

Hierzu hat die Beklagte unter Vorlage einer Stellungnahme von Dr. I vom 09.06.2017 eingewandt, der Sachverständige gehe von unzutreffenden Anknüpfungstatsachen aus und vermenge Studienergebnisse, anderweitige Einzelfallerkenntnisse und den vorliegend zu bewertenden Erkrankungsfall in kaum nachvollziehbarer Weise. Sämtlichem Vortrag der Klägerseite sei nachgegangen worden. Dabei habe nicht im Vollbeweis festgestellt werden können, dass die Versicherte während ihrer Tätigkeit eine Asbeststaubeinwirkung ausgesetzt gewesen sei.

In einer gemäß § 109 SGG eingeholten ergänzenden Stellungnahme hat Prof. Dr. T weiter ausgeführt, eine umweltbedingte Asbestfaserstaubexposition sei nicht ersichtlich und als anspruchshindernde Tatsache auch nicht im Vollbeweis gesichert. Unstreitig seien im Landestheater Asbestprodukte verbaut gewesen, sogar eine Sanierung sei erforderlich gewesen. Seien Asbestfasern aber freigesetzt worden, könne dies nur als Hinweis auf eine Gefährdung durch Asbest auch im Falle der Versicherten angesehen werden (Stellungnahme vom 25.07.2017).

Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 27.11.2017 (zugestellt am 01.12.2017) abgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Gründe der Entscheidung Bezug genommen.

Hiergegen hat der Kläger am 21.12.2017 Berufung eingelegt und weiter darauf verwiesen, dass es beim Landestheater während der 1980er-Jahre Asbestexpositionen gegeben habe. Die Tatsache, dass Baumaßnahmen in der spielfreien Zeit stattgefunden hätten, schließe die Asbestbelastung nicht aus, weil es sich um ein Schwebestaub handele, der nicht mit der Einstellung der Arbeiten verschwinde. Zudem habe eine besondere Asbestexposition durch die Verwendung von Talkumpuder vorgelegen, dieses sei hierzulande - und auch "im Osten", d.h. Polen - generell asbesthaltig gewesen. Es sei daher von einer dauerhaften Einwirkung von Asbest auszugehen. Es werde angeregt, eine unabhängige arbeitstechnische Expertise einzuholen.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Detmold vom 27.11.2017 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 13.12.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.03.2013 zu verurteilen, bei der am 00.00.2013 verstorbenen Versicherten M X eine BK 4105 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung anzuerkennen und dem Kläger Leistungen nach dem SGB VII in Form einer Lebzeitenrente nach einer MdE um 100 v.H. zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf den Gerichtsbescheid, den sie für zutreffend hält. Jedem vorgetragenen Aspekt sei nachgegangen worden. Auch zu den nunmehr vorgetragenen Asbestexpositionen im Landestheater in den achtziger Jahren sei mit dem Ergebnis recherchiert worden, dass daraus eine Asbestfaserstaubeinwirkung nicht abgeleitet und festgestellt werden könne.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Beklagten Bezug genommen. Der Inhalt war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der Kläger ist durch den angefochtenen Bescheid vom 13.12.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.03.2013 nicht beschwert (§ 54 Abs. 2 SGG).

Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§§ 54 Abs. 1 S. 1, Abs. 4, 56 SGG) statthaft und auch im Übrigen zulässig. Der Kläger ist insbesondere befugt, den Anspruch der Versicherten in eigenem Namen geltend zu machen. Zwar sind die Voraussetzungen des § 56 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I), der die Sonderrechtsnachfolge für laufende Sozialleistungen regelt, nicht erfüllt, denn der Kläger hat mit der Versicherten zur Zeit ihres Todes weder in einem gemeinsamen Haushalt gelebt, noch ist er von ihr wesentlich unterhalten worden. Das gesamte Vermögen der verstorbenen Versicherten, zu dem auch die hier geltend gemachten Ansprüche auf Anerkennung einer BK 4105 der Anlage 1 zur BKV einer Rente gehören, ist aber mit ihrem Tod gemäß § 1922 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) auf den Kläger als Alleinerbe und damit ihr Rechtsnachfolger übergegangen.

Die Klage ist aber unbegründet. Die Beklagte hat zu Recht die Anerkennung einer BK 4105 der Anlage 1 zur BKV sowie die Gewährung einer Lebzeitenrente abgelehnt.

Rechtsgrundlage für die Anerkennung einer BK ist § 9 Abs. 1 Siebtes Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII). Danach sind BKen nur diejenigen Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als solche bezeichnet hat (sog Listen-BK) und die der Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleidet. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgericht (BSG), der sich der Senat anschließt, ist für die Feststellung einer Listen-BK (Versicherungsfall) erforderlich, dass die Verrichtung einer grundsätzlich versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder ähnlichem auf den Körper geführt hat (Einwirkungskausalität) und diese Einwirkungen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Dabei müssen die "versicherte Tätigkeit", die "Verrichtung", die "Einwirkungen" und die "Krankheit" im Sinne des Vollbeweises - also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt indes die hinreichende Wahrscheinlichkeit, allerdings nicht die bloße Möglichkeit. Der Beweisgrad der hinreichenden Wahrscheinlichkeit ist erfüllt, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden. Dass die berufsbedingte Erkrankung ggf. den Leistungsfall auslösende Folgen nach sich zieht (haftungsausfüllende Kausalität), ist keine Voraussetzung einer Listen-BK, wohl aber für eine Leistung (Leistungsfall; vgl. BSG, Urteil vom 20.03.2018 - B 2 U 5/16 R -, juris Rn. 12 mwN).

Die hier streitige BK 4105 der Anlage 1 zur BKV erfasst ein durch Asbest verursachtes Mesotheliom des Rippenfells, des Bauchfells oder des Perikards.

Davon ausgehend ist bei der Versicherten das Vorliegen einer Krankheit in Form eines Pleuramesothelioms vollbeweislich gesichert. Das ergibt sich aus der Stellungnahme von Prof. Dr. U vom 29.05.2012, die die Beklagte im Verwaltungsverfahren eingeholt hat. Darin wird ausgeführt, es seien Infiltrate eines bösartigen epitheloiden Pleuramesothelioms zu finden; nach dem Europäischen Mesotheliom Panel liege ein Mesotheliom A vor. Diese Feststellungen entsprechen auch der Diagnose des Klinikums M, das ein malignes epitheloides Mesotheliom Pleura links bei zytologisch ebenfalls nachgewiesenem Mesotheliom rechts pleural bereits in 11 bzw. 12/2011 beschrieben hat (Entlassungsbrief vom 10.02.2012).

Es steht hingegen nicht im Vollbeweis fest, dass die verstorbene Versicherte während ihrer nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versicherten Beschäftigungszeiten beim Landestheater E in den Jahren 1973 bis 1997 bzw. davor berufsbedingt gegenüber Asbest exponiert war. Nach Ausschöpfung aller gebotenen Ermittlungsmöglichkeiten ist eine mit der versicherten Tätigkeit in sachlichem Zusammenhang stehende Einwirkung von Asbest auf die Versicherte nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen.

Eine Einwirkung von Asbest auf die Versicherte infolge der im Jahr 2008 erfolgten Asbesthavarie im Landestheater E ist ausgeschlossen. Zwar ist diese Asbesthavarie gesichert; dabei wurden im Zuge des Abbruchs der Decke im Orchestergraben der dort vorhandene Promasbestkanal an der Unterseite nahezu vollständig zerstört und das Material in kleinen Bruchstücken im Raum verteilt. Nach dem Bericht der Firma X vom 08.07.2008 waren danach im Bühnen- und Zuschauerbereich sowie vor dem Orchestergraben zum Teil Asbestbelastungen nachweisbar. Eine Einwirkung auf die Versicherte ist jedoch ausgeschlossen, da sie bereits ab August 1996 - und damit lange vor der hierdurch verursachten, feststehenden Asbestkontamination - arbeitsunfähig erkrankt war und seither nicht mehr im Landestheater tätig geworden ist. Weitere Asbestfunde im Landestheater E sind im Übrigen weder dort, noch beim Träger des Gebäudes bekannt. Insbesondere ergibt sich aus dem Bericht der Firma X vom 08.07.2008, dass Proben weiterer Baustoffe in den Räumlichkeiten des Landestheaters (Brandschottung Putz und Paste, Dachpappe Stahlträger) nicht den Nachweis von Asbest erbringen konnten.

Eine Freisetzung der nachweislich im Kabelkanal an der Decke des Orchestergrabens verbauten Asbestfasern vor der im Jahr 2008 erfolgten Zerstörung der Platten - insbesondere im Zeitraum zwischen 1973 und 1996 - lässt sich nicht feststellen. Die hierzu vom SG ausdrücklich befragte Firma X konnte dazu in ihrer Stellungnahme vom 24.02.2017 keine weiterführenden Angaben machen. Sie hielt ein Faserfreisetzungspotential lediglich für allgemein nicht ausgeschlossen, weitere konkrete Angaben bezogen auf den Einzelfall waren ihr nicht möglich. Zu möglichen Arbeiten im Landestheater vor dem Jahr 2008 haben Mitarbeiter des Landestheaters auf die Befragung der Beklagten hingegen angegeben, der im Jahr 2008 geöffnete Kabelkanal sei zuvor nie von den dort angestellten Elektrikern geöffnet worden. Entsprechend hat Prof. Dr. T in dem auf Antrag des Klägers eingeholten Gutachten es retrospektiv und aus der Aktenlage für nicht mehr abschätzbar gehalten, ob eine Asbestfaserfreisetzung etwa durch Verschönerungsarbeiten erfolgt sein könnte. Soweit die Versicherte vage auf Umbauten im Orchestergraben in den 1980er-Jahren verwiesen hat, konnten beim Landestheater auch auf Nachfragen der Beklagten keine konkreten Umbaumaßnahmen mehr ermittelt werden. Umbaumaßnahmen, speziell auch im Orchestergraben, sind nach der im Rahmen der Ermittlungen der Beklagten erfolgten Befragung einer ehemaligen Kollegin der Versicherten, der Zeugin U1, ohnehin ausschließlich während der Spielpausen durchgeführt worden; das Orchester habe in diesen Zeiten in anderen Räumlichkeiten geprobt. Baumaßnahmen während der Orchesterproben innerhalb derselben Räumlichkeiten waren der Zeugin U1 nicht erinnerlich. Nach Umbaumaßnahmen sind die Räumlichkeiten zudem stets gereinigt dem Spielbetrieb übergeben worden. Dass Brüche in den Platten Asbestfasern freigesetzt haben könnten, hält Prof. Dr. T in seinem auf Antrag des Klägers eingeholten Gutachten lediglich für spekulativ. Solche Brüche sind ohnehin bereits nicht feststellbar. Auch eine Freisetzung der verbauten Asbestfasern durch die Schwingungen der vom Orchester erzeugten Schallwellen ist nach der von der Beklagten ergänzend eingeholten Einschätzung von Dr. N (Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung - IFA -) nicht sicher feststellbar. Insbesondere aufgrund der in den Kabelkanälen gebundenen Asbestmaterialien hat dieser eine Freisetzung auf diese Weise nachvollziehbar als rein spekulativ bezeichnet.

Dass durch den Theatervorhang Asbestfasern freigesetzt worden sind, lässt sich nach dem Ergebnis der Ermittlungen der Beklagten nicht nachweisen. Grundsätzlich kommen Theatervorhänge zwar als Quelle von Asbestfasern in Betracht, insbesondere infolge von Bewegungen des Vorhangs ist eine Freisetzung von Asbestfasern durch das Bedienen eines Vorhangs denkbar. Hierzu hat Prof. Dr. T in seiner von Amts wegen eingeholten gutachterlichen Stellungnahme vom 11.01.2016 ausgeführt, Theatervorhänge hätten früher aus Brandschutzgründen oft aus Chrysotilasbest bestanden; auch werden Sicherheitsvorhänge im Faserreport 1/2013, S. 96, benannt. Bei einer Materialprobe des noch vorhandenen, seit 1971 benutzten Vorhangs konnten lichtmikroskopisch aber keine Asbestfasern nachgewiesen werden (Analysebericht 2012 3347 vom 22.11.2012), weswegen eine weitere Aufklärung der Häufigkeit von Öffnen und Schließen des Vorhangs bereits nicht geboten war. Auch eine ergänzende Analyse des Materials mittels Rasterelektronenmikroskopie (REM EDXA) - wie vom Kläger angeregt - ist nach der von der Beklagten bei Dr. N eingeholten Stellungnahme entbehrlich, weil dadurch keine weiteren Erkenntnisse zu erwarten seien. Er hat hierzu nachvollziehbar dargelegt, dass ein solches Verfahren nur dann angezeigt ist, wenn in einem Material geringe Spuren von Asbest zu prüfen sind; Asbestgewebe oder -materialien, die an Bühnenvorhängen aus Brandschutzgründen verwendet wurden, hatten indes typische Asbestgehalte von 80 bis 90 Masse-Prozenten. Darüber hinaus ist - entgegen der Auffassung des Klägers - nicht ersichtlich, dass es einen vorderen und einem hinteren Vorhang gab, von denen nur einer der Materialprobe unterzogen worden ist. Ohnehin wäre bei einer Kontamination nur eines Teils des Vorhangs aufgrund der unmittelbaren räumlichen Nähe beim Öffnen und Schließen auch eine deutliche Kontamination des anderen Vorhangteils zu erwarten. Lassen sich aber im geprüften Vorhangmaterial keinerlei Asbestfasern nachweisen, ist nicht ersichtlich, dass ein ggf. nicht geprüfter Teil des Vorhangs mit Asbestfasern belastet gewesen sein könnte. Auch eine relevante Exposition der Versicherten durch die Benutzung von asbesthaltigen Textilien zur Abdeckung von Scheinwerfern lässt sich nicht feststellen. Prof. Dr. T hat hierzu zwar ausgeführt, die Benutzung solcher Materialien sei früher in Theatern üblich gewesen. Es gibt aber keine Anhaltspunkte dafür, dass konkret im Landestheater E solche Abdeckungen zum Einsatz gekommen sind. Hiervon abgesehen wäre eine Benutzung auch nach Auffassung des Sachverständigen für eine Violinistin im Orchestergraben aber von untergeordneter Bedeutung. Weitere Aufklärungsmöglichkeiten diesbezüglich sind nicht ersichtlich.

Eine Exposition der Versicherten gegenüber Asbest durch ein spezielles, von Streichern benutztes Talkumpuder lässt sich ebenfalls nicht nachweisen. Es steht bereits nicht fest, dass die Versicherte ein solches Talkumpuder in Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit genutzt hat. So wird im Faserreport 1/2013, S. 122, eine Verwendung von Talkumpuder bereits nur in der Gummi- und Reifenindustrie, in der chemischen und pharmazeutischen Industrie, in der Papierindustrie, in Futtermitteln, in der Asphalt- und Bitumenindustrie, zum Pudern von Einmalhandschuhen/Tragen von Handschuhen (bei Krankenschwestern, Ärzte etc.) und bei der Herstellung von Elektrokabeln und -leitungen erwähnt. Die Beklagte hat zudem Streicher des Landestheaters E befragt, die angegeben haben, von einem solchen speziellen "Saiten-Grip-Puder" noch nie gehört zu haben, geschweige es denn benutzt zu haben. Insbesondere sei die Versicherte nie bei der Nutzung eines solchen Puders beobachtet worden. Hiervon abgesehen hat Prof. Dr. T in der vom Sozialgericht eingeholten Stellungnahme vom 11.01.2016 aber auch ausgeführt, dass das Risiko einer relevanten Exposition gegenüber Asbestfasern hierdurch wegen der begrenzten Verwendung als sehr gering einzuschätzen ist. Ebenfalls lässt sich eine Exposition der Versicherten gegenüber Asbest durch die Verwendung von talkumhaltiger Kosmetika nicht nachweisen. Die Versicherte befand sich während ihrer beruflichen Tätigkeit am Landestheater E bei den Auftritten im Orchestergraben. Sie war hingegen nicht als Bühnenmusikerin tätig und wurde insofern auch nie geschminkt oder gepudert.

Das auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG eingeholte Gutachten von Prof. Dr. T sowie die dazu eingeholte ergänzende Stellungnahme konnten keine anderen Erkenntnisse liefern und geben auch keinen Anlass zu weiteren Ermittlungen von Amts wegen. Es beschränkt sich letztlich darauf, alle im Zusammenhang mit dem Berufsbild einer Orchestermusikerin denkbaren Quellen von Asbestfasern abstrakt aufzuzeigen, ohne eine Würdigung anhand der vorliegenden Erkenntnisse im Einzelfall vorzunehmen. So ist insbesondere die Darstellung der Asbestbelastung infolge der Baumaßnahmen im Jahr 2008 für die Beurteilung einer Exposition der Versicherten im Ergebnis unerheblich, weil die Versicherte bereits seit 1996 nicht mehr im Landestheater beruflich tätig war. Zu bemerken ist zudem, dass Prof. Dr. T in der von Amts wegen durch das SG eingeholten Stellungnahme ausdrücklich eine Belastung durch die Vorhangbewegungen am ehesten für relevant hielt. Hieran hat er in dem auf Antrag des Klägers eingeholten Gutachten nicht mehr festgehalten, sondern wesentlich auf die Asbestkontamination im Jahr 2008 und den fehlenden Nachweis einer außerberuflichen Belastung abgestellt. Im Weiteren enthält das Gutachten von Prof. Dr. T nur allgemeine Ausführungen, die nicht mit dem konkreten Fall der Versicherten zusammenhängen.

Zu weiteren Ermittlungen von Amts wegen hat sich der Senat nicht veranlasst gesehen. Alle in Betracht kommenden Erkenntnisquellen sind von der Beklagten selbst bzw. vom Sozialgericht erkannt, ausgeschöpft und entsprechend gewürdigt worden. Weitere Beweismittel sind von der Versicherten bzw. dem Kläger weder konkret bezeichnet noch als relevant dargelegt worden.

Dies gilt insbesondere für die Zeiten der vorausgehenden Beschäftigungen der Versicherten beim T Nationalensemble (1971 bis 1973) und dem Staatlichen Musiktheater M (1963 bis 1971). Diesbezüglich hatte die Versicherte in dem ihr von der Beklagten übersandten Fragebogen die Frage, ob sie in der jeweiligen Beschäftigung Umgang mit asbesthaltigem Material hatte oder in den Arbeitsbereichen mit derartigem Material umgegangen wurde, jeweils ausdrücklich verneint. Schon aus diesem Grund war der Senat bei Fehlen sonstiger Anhaltspunkte nicht gehalten, weitere Ermittlungen anzustellen. Im Übrigen handelte es sich - eine entsprechende Anregung des Klägers unterstellt - um einen unzulässigen Ausforschungsbeweis. Ein solcher liegt im sozialgerichtlichen Verfahren vor, wenn ihm die Bestimmtheit bei der Angabe der Tatsache oder des Beweismittels fehlt, oder aber der Beweisführer für seine Behauptung nicht genügend Anhaltspunkte angibt und erst aus der Beweisausforschung die Grundlage für seine Behauptung gewinnen will (vgl. BSG, Urteil vom 19.11.2009 - B 13 R 303/09 B Rn. 12). Haben aber weder die Versicherte noch der Kläger irgendeinen konkreten Anhaltspunkt für eine Asbestexposition während dieser Beschäftigungen dargelegt bzw. schließen sie dies vielmehr aus, handelte es sich bei weiteren Ermittlungen durch das Gericht um eine reine Beweisausforschung.

Liegen damit bereits die tatbestandlichen Voraussetzungen einer BK 4105 der Anlage 1 zur BKV nicht vor, hat die Beklagte deren Anerkennung zu Recht abgelehnt. Die Gewährung einer Lebzeitenrente kommt mangels Vorliegens eines Versicherungsfalles in Form einer Berufskrankheit (§ 7 Abs. 1 SGB VII) hiernach ebenfalls nicht in Betracht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1 und 2 VwGO. Der Kläger ist im Berufungsverfahren nach § 183 S. 2 SGG nicht (mehr) kostenprivilegiert i.S. von S. 1 dieser Vorschrift, da er das erstinstanzliche Verfahren nicht als Sonderrechtsnachfolger der Versicherten (§ 56 Abs. 1 SGB I), sondern als deren sonstiger Rechtsnachfolger aufgenommen hat.

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 52 Abs. 2 GKG. Danach ist ein Streitwert von 5.000,00 EUR anzunehmen, wenn der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwertes keine genügenden Anhaltspunkte bietet. Dies ist hier der Fall, weil die Höhe des geltend gemachten Anspruchs nach Angaben der Beklagten nicht hinreichend genau bestimmbar ist.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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