L 2 R 381/15

Berufskundekategorie
Stellungnahme
Land
Hessen
Aktenzeichen
L 2 R 381/15
Auskunftgeber
Landesarbeitsamt Hessen
Anfrage
In obigem Rechtsstreit wird um die Beantwortung der unter II. aufgeführten berufskundlichen Beweisfragen unter Berücksichtigung der nachfolgend aufgezeigten Anknüpfungstatsachen gebeten.

I. Anknüpfungstatsachen:

a) Beruflicher Werdegang und sonstige berufsbezogene Qualifikationen des Klägers (d. Kl.):

1. Juni 1973 bis 31. März 1976, Ausbildung zum Rollladenbauer, Prüfung bestanden,
26. + 27. Mai 1978, Werksschulung -Moderne Rollladenantriebstechnik- mit Werks-Diplom,
1973 bis 2011, Tätigkeit als Fenster- und Rollladenbauer,
seit 1. August 2011 arbeitslos

b) Gesundheitliches Restleistungsvermögen d. Kl:

Leichte Arbeiten zumindest 6 Stunden arbeitstäglich, mittelschwere Arbeiten nur unter 6 Stunden arbeitstäglich, qualitative Einschränkungen: Arbeiten innerhalb von geschlossenen temperierten Räumen ohne Einfluss von Kälte, Zugluft und Nässe, ohne Wirbelsäulenzwangshaltungen, ohne Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, ohne Arbeiten, die die Brusthöhe nach oben überschreiten, ohne Heben und Tragen von Lasten über 10 kg und ohne Arbeiten in einer mittleren oder tiefen Hocke.

II. Beweisfragen:

1. Welche berufsnahen oder berufsfremden Tätigkeiten kann d. Kl. noch ausüben?

2. Welches fachliche und gesundheitliche Anforderungsprofil haben diese Tätigkeiten im Einzelnen?

3. Welche Ausbildungszeiten erfordern diese Tätigkeiten und wie werden diese Tätigkeiten tarifvertraglich eingestuft?

4. Kann d. Kl. unter Berücksichtigung der Anknüpfungstatsachen zu I.a nach einer bis zu 3 Monate dauernden Einarbeitung und Einweisung die für die in Betracht kommenden Tätigkeiten vollwertig verrichten?

5. Stehen die in Betracht kommenden Tätigkeiten (bitte einzeln bezeichnen) auf dem Arbeitsmarkt in nennenswertem Umfang (mehr als 300 Arbeitsplätze im Bundesgebiet) zur Verfügung?

6. Stehen die in Betracht kommenden Tätigkeiten auch Betriebsfremden zur Verfügung?
Auskunft
Stellungnahme:

1+2) Berufsnahe Tätigkeiten kommen für den Kläger nicht in Betracht. Aufgrund seines gesundheitlichen Restleistungsvermögens ist der Kläger aus berufskundlicher Sicht in der Lage, die Tätigkeiten Montierers in der Metall- und Elektroindustrie, eines Telefonisten, eines Warenaufmachers/Versandfertigmachers und einer Büro- und Verwaltungshilfskraft vollwertig verrichten zu können. Bei den vorgenannten Tätigkeiten handelt es sich um berufsfremde Tätigkeiten.

Montierer in der Metall- und Elektroindustrie
Montiertätigkeiten findet man in allen Bereichen der feinmechanischen, optischen, Metall-, Kunststoff- sowie in der Elektroindustrie Die wesentlichen Aufgaben eines Montierers umfassen auf wenige Handgriffe beschränkte, leicht erlernbare Tätigkeiten beim Herstellen von Bauelementen (z.B. Arbeitsplatzleuchten), Modulen und Geräten aus Metall oder Kunststoff durch Zusammenfügen, Montieren oder Verbinden fertiger Einzelteile zu Halb- oder Fertigprodukten, z.B. durch Verschrauben, Löten, Schweißen, Nieten, Kleben, Stecken, Klemmen. Meist erfolgt Serienfertigung. In der Großserienfertigung sind die Arbeitsabläufe in der Regel weitgehend automatisiert und arbeitsteilig organisiert. Die Montage erfolgt in verschiedenen Fertigungsbereichen auch unter Einsatz von Fertigungsautomaten.

Es handelt sich zumeist um körperliche leichte Arbeiten in geschlossenen Räumen, überwiegend in sitzender Körperhaltung. Erforderlich sind ein gutes Sehvermögen, handwerkliches Geschick und ein gewisses Maß an beidhändiger feinmanueller Geschicklichkeit. Montiertätigkeiten erfordern Genauigkeit, Sorgfalt, Geduld und Ausdauer. Häufig erfolgen die Montierarbeiten im Einzel- oder Gruppenakkord. Abhängig vom Betrieb kann auch Schichtarbeit vorkommen.

Telefonist
Diese Tätigkeit umfasst die Bedienung von Telefon-/Fernsprechzentralen. Dazu gehört die Erteilung von Auskünften, die Weiterleitung und Registrierung von Gesprächen, die Entgegennahme und Weitergabe von Telefonnotizen, Telefaxe, E-Mails u. ä. Die Anforderungen an Telefonisten sind aufgrund der Tatsache, dass diese in allen Bereichen von Wirtschaft und Verwaltung tätig sind, recht unterschiedlich. Während sich in großen Wirtschaftsunternehmen und Verwaltungen die Tätigkeit in der Regel auf das Bedienen einer zum Teil recht umfangreichen Telefonanlage beschränkt, findet man in kleineren und mittleren Betrieben und Organisationen häufig eine Funktionskoppelung mit einfachen Bürotätigkeiten sowie Empfangs- und Pförtnertätigkeiten. Oft sind allgemeine PC-Kenntnisse (Word, Excel, Outlook) erwünscht, im Einzelfall auch kaufmännische Grundkenntnisse.

Es handelt sich um eine körperlich leichte Arbeit in geschlossenen, temperierten Räumen. Die Tätigkeit kann in wechselnder Körperhaltung, überwiegend im Sitzen, zeitweise im Stehen und Gehen ausgeübt werden. Eine wechselnde Arbeitshaltung ist durch den Einsatz ergonomisch gestalteter Arbeitsplatzausstattungen möglich. Die Tätigkeit erfordert gute Sprech- und Hörfähigkeit. Gelegentlich ist Zeitdruck nicht auszuschließen.

Warenaufmacher/Versandfertigmacher
Die wesentlichen Aufgaben umfassen das verschönernde und zweckbedingte Aufmachen von Erzeugnissen der gewerblichen Wirtschaft und die vorbereitenden Arbeiten für deren Versand. Im Einzelnen wären hier zu nennen: Das Entfernen produktionsbedingter Verschmutzungen durch Blankreiben, Polieren, das Aufkleben, Einnähen oder Befestigen von Reklame-, Prüf-, Waren- oder Gütezeichen, Etiketten, Preisauszeichnungen, das Abzählen, Abwiegen, Abmessen oder Abfüllen von Waren, das Einwickeln bzw. Einlegen von Waren in Papp- oder Holzschachteln, Kisten oder sonstigen Behältnissen, verkaufsfördernden Zierhüllen oder Zierkartons, das Verschließen dieser Behältnisse, das Anbringen von Kennzeichen oder Versandhinweisen. Schließlich gehört zu ihren Aufgaben auch, die Waren in geeigneter Form manuell oder maschinell zu verpacken und für den Versand auszuzeichnen. Warenaufmacher/Versandfertigmacher können in Unternehmen unterschiedlicher Wirtschaftsbereiche tätig sein. Nachfolgend finden Sie eine exemplarische Auswahl: Handel, Nahrung und Genussmittel, Chemie, Pharmazie, Metall- und Elektroindustrie, Herstellung und Reparatur von Büromaschinen und Computern, Textil, Bekleidung, Leder, Kunststoff, Holz und Möbel, Glas, Keramik, Feinmechanik, Optik.

Bei dieser Tätigkeit handelt es sich um eine körperlich leichte Arbeit in geschlossenen Räumen oder Lagerhallen, überwiegend sitzend mit gelegentlichem Gehen. Ein Wechsel zwischen Sitzen und Stehen ist meist möglich. Weitestgehende Funktionstüchtigkeit beider Arme und Hände sollte gegeben sein. Für diese Tätigkeiten sind meist keine Lese- und Rechtschreibkenntnisse erforderlich. Die Bewegungsabläufe verändern sich in Abhängigkeit vom zu prüfenden/verpackenden Artikel. Auch lassen sich Arbeitsvorgänge oft variieren.

Büro-/Verwaltungshilfskraft
Diese Tätigkeit umfasst einfache, routinemäßige Bürohilfsarbeiten, die ohne besondere Ausbildung und ohne längere Einarbeitungszeit verrichtet werden können. Bürohilfskräfte erledigen beispielsweise Schreibarbeiten, kümmern sich um die Verteilung der Post und firmeninterner Umläufe, kopieren Unterlagen, erfassen Daten und sorgen für eine ordnungsgemäße Ablage. Je nach vorhandenen Kenntnissen und Fertigkeiten können Bürohilfskräfte einfache Buchhaltungsarbeiten ausführen, bei der Erstellung von Statistiken und Auswertungen mitwirken oder im Telefondienst mitarbeiten. Bei ihren vielfältigen Aufgaben und Tätigkeiten verwenden sie oft moderne Büro- und Kommunikationsmittel und müssen daher mit Computern, Kopierern, Scannern, Telefon, Telefax und anderen Bürogeräten nach entsprechender Einweisung umgehen können. Bürohilfskräfte können in allen Branchen tätig sein. Meist sind allgemeine PC-Kenntnisse (Word, Excel, Outlook) erwünscht, im Einzelfall auch kaufmännische Grundkenntnisse und vertrauter Umgang mit dem Internet.

Es handelt sich dabei um körperlich leichte Arbeit in geschlossenen, temperierten oft klimatisierten Räumen, z.T. in Großraumbüros. Es wird überwiegend im Sitzen, zeitweise im Stehen und Gehen gearbeitet. Eine wechselnde Arbeitshaltung ist durch den Einsatz ergonomisch gestalteter Arbeitsplatzausstattungen möglich. Üblich ist der Umgang mit Bürokommunikationsmitteln und elektronischer Datenverarbeitung/Bildschirmarbeit.

3) Bei den vorgenannten, dem Kläger aus gesundheitlichen Gründen noch möglichen Tätigkeiten, handelt es sich um ungelernte Tätigkeiten, für die keine besondere Ausbildung erforderlich ist. Im Regelfall beträgt die betriebliche Einarbeitungs- und Einweisungszeit maximal drei Monate. Hinsichtlich der tarifvertraglichen Einstufung verweise ich auf das Tarifregister des Landes Hessen.

4) Aufgrund seines gesundheitlichen Restleistungsvermögens halte ich den Kläger aus berufskundlicher Sicht für in der Lage, die Tätigkeiten Montierers in der Metall- und Elektroindustrie, eines Telefonisten, eines Warenaufmachers/Versandfertigmachers und einer Büro- und Verwaltungshilfskraft nach einer betrieblichen Einarbeitungs-/Einweisungszeit von maximal drei Monaten unter arbeitsmarkt- und betriebsüblichen Bedingungen vollwertig verrichten zu können.

5+6) Die vorgenannten für den Kläger in Betracht kommenden Tätigkeiten stehen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt des Bundesgebietes in nennenswertem Umfang - mehr als 300 besetzte oder unbesetzte Arbeitsplätze - auch Betriebsfremden zur Verfügung.
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