Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Stuttgart (BWB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
17
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 17 AS 5846/05 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
1. Der Antragsgegner wird im Wege einer einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller die Kosten für die Wahrnehmung seines Umgangsrechts mit seinen Töchtern ...und ... entsprechend der durch Beschluss durch das Amtsgerichts Freiburg - Familiengericht - vom 28.06.2005, Aktenzeichen ... getroffenen Umgangsregelung in Höhe von jeweils EUR 120,00 für die Monate Oktober und November 2005 vorläufig und darlehensweise zur Verfügung zu stellen. Im übrigen wird der Antrag abgelehnt.
2. Der Antragsgegner hat dem Antragsteller 2/3 seiner außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Übernahme der Kosten für die Wahrnehmung seines Umgangrechts mit seinen Töchtern ... und ... für die Monate September bis November 2005 durch den Antragsgegner.
Der 1954 geborene Antragsteller ist seit 2000 in zweiter Ehe mit seiner Frau ... verheiratet und lebt mit dieser sowie dem gemeinsamen Sohn ... in Stuttgart. Der Antragsteller übt eine abhängige Beschäftigung aus, aus der er Einkommen in unterschiedlicher Höhe bezieht. Zusätzlich bezieht er zusammen mit seiner Ehefrau und seinem Sohn als Bedarfsgemeinschaft Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SBG II), welche zuletzt mit Änderungsbescheid vom 24.08.2005 mit einen Gesamtanspruch der Bedarfsgemeinschaft in Höhe von Euro 673,33 für September 2005 bewilligt wurden.
Die Töchter des Antragstellers aus erster Ehe, ..., geboren am 11.11.1988 und ..., geboren am 02.09.1995 leben bei der geschiedenen ersten Ehefrau des Antragstellers ..., welcher durch Beschluss des Familiengerichts vom 21.11.1997 das alleinige Sorgerecht für die Töchter übertragen wurde, in Freiburg. Durch Beschluss des Amtsgerichts Freiburg im Breisgau - Familiengericht - vom 28.06.2005 erging im Wesentlichen folgende Umgangsregelung: Der Antragsteller ist berechtigt und verpflichtet mit seinen Töchtern ...und ... den Umgang auszuüben - jeweils vom ersten Freitag eines Monats von 19.00 Uhr bis zum darauf folgenden Sonntag 18.00 Uhr - in den ersten zwei Wochen der Sommerferien bis zu dem auf diesen Zeitraum folgenden Samstag, - jeweils am ersten Weihnachtsfeiertag. Hierbei hat der Antragsteller die Kinder jeweils an einem Treffpunkt in der Freiburger Innenstadt abzuholen und sie auch dorthin wieder zurückzubringen, wo sie von der geschiedenen ersten Ehefrau des Antragstellers wieder in Empfang genommen werden.
Mit Schreiben vom 28.07.2005 beantragte der Antragsteller die Übernahme der Kosten für die Wahrnehmung seines Umgangrechts mit seinen Töchtern durch den Antragsgegner. Dies lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 01.08.2005 ab, da die Fahrtkosten zum Besuch der Kinder in Freiburg bereits mit dem Regelsatz abgegolten seien und nicht zusätzlich gewährt werden können. Den hiergegen mit der Begründung, die Kosten für die Ausübung des Umgangsrechtes seien nicht im Regelbedarf abgegolten und damit zusätzlich zu erstatten, erhobene Widerspruch des Antragstellers wies der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 30.08.2005 als unbegründet zurück. Alle Kosten die durch den Umgang mit getrennt lebenden minderjährigen Kindern entstünden, seien in der Regelleistung nach § 20 SGB II enthalten. Eine darüber hinaus gehende Leistung, wie Fahrtkosten zu den Kindern sowie Unterkunftskosten in Freiburg, könnten wegen fehlender Rechtsgrundlage im SGB II nicht gewährt werden.
Am 13.09.2005 erhob der Antragsteller Klage hiergegen und beantragte gleichzeitig, im Wege der einstweiligen Anordnung für die Monate September, Oktober und November 2005 vorab über die beantragten Leistungen zum Zwecke der Ausübung des Umgangsrechts zu entscheiden. Der Kläger sei aus finanziellen Gründen nicht dazu in der Lage, die ihm im Zusammenhang mit der Durchführung des Umgangsrechts entstehenden Kosten für die Fahrten nach Freiburg und die Übernachtungen dort zu tragen. Diese Kosten seien nicht in der Regelleistung nach § 20 SGB II enthalten, vielmehr liege eine planwidrige Regelungslücke im Gesetz vor, die verfassungskonform durch eine entsprechende Anwendung des § 23 Abs. 1 SGB II auf Bedarfe, die nicht zu den Regelleistungen des § 20 SGB II gehörten, aber im Einzelfall als verfassungsrechtlich vorgesehene Bedarfe zu erstatten seien, geschlossen werden müsse. Hierzu gehörten auch die Kosten für die Ausübung des Umgangsrechts durch den nichtsorgeberechtigten Elternteil. Der Kläger sei auch nicht dazu in der Lage, aus seinem (nicht vorhandenem) Vermögen diese Kosten zu bestreiten.
Der Antragsteller beantragt (sinngemäß),
den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm die Kosten für die Wahrnehmung seines Umgangsrechts mit seinen Töchtern ... und ... entsprechend der durch Beschluss durch das Amtsgerichts Freiburg - Familiengericht - vom 28.06.2005, Aktenzeichen 43 F 469/04 getroffenen Umgangsregelung in Höhe von jeweils EUR 240,00 für die Monate September bis November 2005 zur Verfügung zu stellen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung verweist er auf den Inhalt des Widerspruchsbescheids und trägt ergänzend vor, soweit ein über den Regelsatz hinausgehender Anspruch geltend gemacht werde, handle es ich um Hilfeleistungen in besonderen Lebenslagen. Es sei einem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nicht verwehrt, sein Begehren gestützt auf die generelle Auffangnorm für unbenannte Notlagen gemäß § 73 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) beim Sozialhilfeträger geltend zu machen. Eine Leistungszuständigkeit des Antragsgegners für die Mehrbedarfe auf Grund der Ausübung des Umgangsrechts bestehe nicht.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vortrags der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Akte der Antragsgegnerin sowie der Gerichtsakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag ist zulässig und hat in der Sache teilweise Erfolg.
Nach § 86 b Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 der genannten Vorschrift vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte; einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint, Abs. 2 Satz 2.
Vorliegend kommt, da die Voraussetzungen des § 86 b Abs. 1 SGG ersichtlich nicht gegeben sind und es auch nicht um die Sicherung eines bereits bestehenden Rechtszustandes geht, nur eine Regelungsanordnung nach § 86 b Abs. 2 S.2 SGG in Betracht. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt einen Anordnungsanspruch im Sinne eines materiell-rechtlichen Anspruchs auf die begehrte Leistung sowie einen Anordnungsgrund im Sinne einer besonderen Dringlichkeit der erstrebten vorläufigen Regelung voraus. Die Voraussetzungen des Anordnungsgrundes und Anordnungsanspruches sind gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung glaubhaft zu machen. Dabei sind die diesbezüglichen Anforderungen um so niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtschutzes verbundenen Belastungen, insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz, wiegen (Bundesverfassungsgericht (BVerfG) B. v. 12.05.2005, Az.: 1 BvR 569/05). Die Erfolgsaussichten der Hauptsache sind daher bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen unter Umständen nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen, gegebenenfalls ist eine Folgenabwägung vorzunehmen (BVerfG a.a.O.).
Aufgrund des vorliegenden Arbeitsvertrages sowie der Lohnabrechnungen des Antragstellers bis einschließlich August 2005 ist eine Hilfebedürftigkeit des Antragstellers bzw. der Bedarfsgemeinschaft im Sinne des § 7 SGB II und damit ein grundsätzlicher Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II über September 2005 glaubhaft gemacht.
Entgegen der Ansicht des Antragsgegners scheidet hinsichtlich der vorliegend begehrten Übernahme der Umgangskosten eine Heranziehung von Regelungen des SGB XII mit der Folge der Zuständigkeit des Sozialhilfeträgers aus. Der Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes richtet sich für erwerbsfähige Hilfebedürftige ausschließlich nach dem SGB II, vgl. §§ 5 Abs. 2 SGB II, 21 SGB XII. Der Gesetzgeber beabsichtigte gerade durch diese Regelungen, Schnittstellen zwischen den beiden Büchern und ergänzende Hilfen zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII zu vermeiden (vgl. BT-Drucks. 15/1514 S. 57 zu § 21 SGB XII). Eine Anspruchsgrundlage nach SGB XII für Leistungen, die nicht zur Sicherung des Lebensunterhaltes gewährt werden, beispielsweise als Hilfe zu Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten, insbesondere die vom Antragsgegner genannte Regelung des § 73 SGB XII ist hier ebenfalls nicht einschlägig. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) zum Sozialhilferecht nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) waren die aus der Ausübung des Umgangsrechts des nicht sorgeberechtigten geschiedenen Elternteils mit den eigenen Kindern entstehenden Kosten als Teil des notwendigen Lebensunterhalts ein Bedarf, der je nach Lage des Einzelfalls einmalige Leistungen nach § 21 Abs. 1 BSHG oder besondere Leistungen nach § 22 Abs. 1 Satz 2 BSHG rechtfertigen konnte und kein Bedarf in einer sonstigen Lebenslage im Sinne der Auffangvorschrift des § 27 Abs. 2 BSHG (BVerwG U. v. 22.08.1995, ZfSG/SGB 1995,587). § 73 SGB XII erfasst als Nachfolgevorschrift zu § 27 Abs. 2 BSGH ebenfalls nur solche Hilfesituationen, die ihrer Art nach nicht zur Hilfe zum Lebensunterhalt gehören (vgl. LSG Niedersachsen/Bremen B. v. 28.04.2005, Az. L 8 AS 57/05 ER). Die Voraussetzungen für die Anwendung des § 73 SGB XII sind damit vorliegend mangels Vorliegen einer sonstigen Lebenslage nicht gegeben (vgl. Schoenfeld in Grube/Wahrendorf SGB XII § 16 Rn. 20 und Wahrendorf zu § 28 Rn. 13). Der Anordnungsanspruch für die Übernahme der Kosten der Wahrnehmung des Umgangsrechts ergibt sich vielmehr vorliegend aus einer verfassungskonformen Auslegung des § 20 SGB II. Die Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalt umfasst nach § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB II insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Bedarfe des täglichen Lebens sowie im vertretbaren Umfang auch Beziehungen zur Umwelt und eine Teilnahme am kulturellen Leben. Durch § 20 Abs. 1 SGB II werden zwar unter anderem auch in vertretbarem Umfang die Beziehungen zur Umwelt und zur Teilnahme am kulturellen Leben genannt. Die Ausübung des Umgangsrecht fällt aber wegen des höchstpersönlichen Charakters dieser Befugnis und wegen der engen persönlichen und familiären Bindung zwischen Eltern und Kindern nicht in den Bereich Beziehungen zur Umwelt (BVerwG, U. v. 22.08.1995, ZfSH/SGB 1995, S. 587 ff; OVG Münster U. v. 16.03.1990, Az. 24 A 2758/86). Die Kosten für das Umgangsrecht sind auch nicht im Hinblick auf das Wort "insbesondere" unter die Regelleistung des § 20 Abs. 1 SGB II zu subsumieren. Denn die durch § 20 SGB II gewährten Regelleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts dienen grundsätzlich nur zur Deckung des ohne die Besonderheit des Einzelfalles bei vielen Hilfeempfängern gleichermaßen bestehenden Bedarfs (vgl. LSG Thüringen B. v. 15.06.2005, Az. L 7 AS 261/05 ER; BVerwGE 87,212,216). Daran fehlt es bei dem sich aus der Ausübung des Umgangs entstehenden Bedarf. Dieser Bedarf besteht nicht bei vielen Hilfeempfängern oder Bedarfsgemeinschaften gleichermaßen, sondern nur bei nichtsorgeberechtigten, von ihren Kindern getrennten lebenden Elternteilen und in Abhängigkeit der jeweiligen Ausgestaltung des Umgangrechtes sowie der räumlichen Entfernung zwischen Eltern und Kindern. Ein Anspruch auf Übernahme der Fahrt- und Übernachtungskosten ergibt sich damit nicht direkt aus § 20 SGB II. Dennoch können die Kosten nach § 20 SGB II analog geltend gemacht werden. Denn es besteht eine planwidrige Regelungslücke. Es handelt sich hierbei um einen verfassungsrechtlich anerkannten notwendigen Bedarf zum Lebensunterhalt. Die in § 1684 Abs. 1 BGB geregelten Rechte und Pflichten des Umgangs der Eltern mit den Kindern stehen unter dem Schutz des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz (GG) (vgl. BVerfG NJW 1995,1342ff und 2002,1863ff). Diesem Anspruch von Verfassungsrang ist auch im Bereich des SGB II Rechnung zu tragen. Mit Blick auf die verfassungsrechtliche Relevanz des Umgangsrechts ist zu beachten, dass die Erhaltung der Eltern-Kind-Beziehung mittels Ausübung des Umgangsrechts im Einzelfall nicht unzumutbar erschwert oder faktisch vereitelt werden darf. Dabei werden unterhaltsrechtlich zu den Umgangskosten nicht nur die Fahrtkosten, sondern auch die sonstigen mit den Kontakten verbundenen angemessenen Aufwendungen, z.B. auch Übernachtungskosten gerechnet (BGH NJW 2005, 1493ff). Während § 22 Abs. 1 Satz 2 BSHG eine abweichende Bemessung von Regelsätzen gestattete, soweit dies nach den Besonderheiten des Einzelfalles geboten war, und nach § 28 Abs. 1 Satz 2 des SGB XII die Möglichkeit der Berücksichtigung des Einzelfalles nach wie vor vorgesehen ist, fehlt im SGB II eine entsprechende Regelung. Angesichts der Tatsache, dass nicht erwerbsfähige Hilfebedürftige hierfür nach den Regelungen des SGB XII Leistungen auf Grund einer abweichenden Bedarfsfestlegung nach § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII erhalten können, muss dies auch für erwerbsfähige Hilfebedürftige gewährleistet sein. Einen sachlichen Grund für eine Schlechterstellung der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen ist nicht erkennbar. Das Fehlen einer entsprechenden Anspruchsgrundlage im SGB II stellt sich damit planwidrige Regelungslücke dar, welche verfassungskonform geschlossen werden muss. Diese Lücke kann entgegen dem Vorbringen des Antragstellers nicht durch eine entsprechende Anwendung des § 23 Abs. 1 SGB II auf solche Leistungen, die nicht unmittelbar von § 20 Abs. 1 SGB II erfasst sind, geschlossen werden (vgl. SG Schleswig B. v. 09.03.2005, Az. S 2 AS 52/05 ER; a.A. LSG Thüringen B. v. 15.06.2005, Az.: L 7 AS 261/05 ER). Die in § 23 Abs. 1 SGB II vorgesehene darlehensweise Gewährung von Leistungen zur Deckung solcher Bedarfe stellt kein Äquivalent zur Regelsatzerhöhung entsprechend § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII dar (vgl. LSG Niedersachsen/Bremen B. v. 28.04.2005, Az. L 8 AS 57/05 ER; Spellbrink in Eicher/Spellbrink SGB II § 5 Rn. 3). Die entsprechende Anwendung dieser Vorschrift würde im konkreten Fall gerade keine Bedarfsdeckung bewirken, sondern, wenn die Darlehen durch Aufrechnung mit den Regelleistungen in den Folgemonaten getilgt werden, die Bedarfslücken lediglich in die Zukunft verlängern und damit Eltern, die von ihren minderjährigen Kindern getrennt leben und das unter dem Schutz des Art. 6 Abs. 2 GG stehende Umgangsrecht mit den damit anfallenden Kosten ausüben, schlechter stellen als die übrigen erwerbsfähigen Hilfebedürftigen (vgl. LSG Niedersachsen/Bremen B. v. 28.04.2005, Az. L 8 AS 57/05 ER; SG Münster B. v. 22.04.2005, Az. S 12 AS 18/05 ER; Ulrich Satorius in Info also 2/2005 Seite 56, 58). Die Erbringung eines verfassungsrechtlich anerkannten notwendigen Bedarfs zum Lebensunterhalt lediglich in Form eines Darlehens ist auch bedenklich im Hinblick auf das Sozialstaatsprinzip (vgl. Däubler in NZS 2005, 225,231) sowie den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG, insofern als für nicht erwerbsfähige Hilfebedürftige in vergleichbarer Situation ein Anspruch auf einen Zuschuss besteht und sachliche Gründe, die vom SGB II erfassten erwerbsfähigen Hilfebedürftigen hinsichtlich der Deckung von Bedarfen des Existenzminimums lediglich in Form von Darlehen schlechter zu stellen als die vom SGB XII erfassten nicht erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nicht erkennbar sind(vgl. Herold-Tews in Löns/Herold/Tews SGB II § 23 Rn. 11; Däubler in NZS 2005, 225,231). Daher kann die Regelungslücke nach Ansicht der Kammer nicht durch eine entsprechende Anwendung des § 23 Abs. 1 SGB II verfassungskonform geschlossen werden. Vielmehr ist zur Schließung der Regelungslücke eine Anwendung des Rechtsgedankens des § 28 Abs. 1 S.2 SGB XII im Rahmen des § 20 SGB II vorzunehmen. Hiernach erfolgt eine abweichende Bedarfsfestlegung, wenn im Einzelfall ein Bedarf ganz oder teilweise seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht. Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben. Der Bedarf des Antragstellers hinsichtlich der Kosten für die Ausübung des Umgangsrechts mit seinen Töchtern liegt seiner Höhe nach erheblich über dem durchschnittlichen Bedarf und ist auch unabweisbar. Unabweisbar ist ein Bedarf, wenn er in zeitlicher Hinsicht nicht aufgeschoben werden und inhaltlich nicht auf anderweitige Weise gedeckt werden kann (LSG Thüringen Beschluss vom 15.06.2005, AZ.: L 7 AS 261/05 ER). Vorliegend duldet die Ausübung des Umgangsrechts keinen zeitlichen Aufschub, da die Eltern-Kind-Beziehung gerade von deren Kontinuität geprägt und eine Unterbrechung durch Versäumung von Besuchswochenenden nicht aufholbar ist. Auch käme es zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Bedarfs der Bedarfsgemeinschaft des Antragstellers, die auch nicht durch Mittelumschichtung innerhalb der Regelleistung aufgefangen werden könnte. Auf Grund der Entfernung zwischen den Wohnorten des Antragstellers und seiner Töchter entstehen durch die Ausübung des Umgangs glaubhaft nicht unerhebliche Kosten. Hinsichtlich des Umfangs der begehrten Leistung kann das Gericht jedoch nicht die vom Antragsteller angegebene Höhe von EUR 240,00 je Besuchswochenende anerkennen. Unter Berücksichtigung der dem Antragsteller anzusinnenden sparsamen Wirtschaftsführung ist es durchaus angebracht, die Fahrt mit kostengünstigeren Zügen des Nahverkehrs zurückzulegen (Kosten je einfache Strecke Stuttgart-Freiburg EUR 29,30) und Übernachtungen in Privatzimmer oder Pensionen (Kosten je Übernachtung ca. EUR 30,00) vorzunehmen. Damit können je Besuchswochenende und damit, da nach der familiengerichtlichen Regelung jeweils ein Besuchswochenende im Monat stattfindet, je Monat Kosten lediglich in Höhe von EUR 120,00 berücksichtigt werden.
Im Hinblick auf die Vorläufigkeit einer einstweiligen Anordnung ist auch nur eine darlehensweise Gewährung auszusprechen, um eine ggf. erforderliche spätere Rückgängigmachung nicht unnötig zu erschweren. Damit wird dem vorläufigen Charakter der einstweiligen Anordnung am ehesten entsprochen (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 17.08.2005, AZ.: L 7 SO 2117/05 ER-B). Im übrigen ginge die Anordnung der Gewährung als Zuschuss wohl auch über den Antrag des Antragstellers hinaus, der sich ausdrücklich auf § 23 Abs. 1 SGB II bezieht, wonach selbst in der Hauptsache lediglich eine darlehensweise Gewährung möglich wäre.
Weiter war nach dem Grundsatz, dass die Kosten für das Umgangsrecht nicht für die Vergangenheit gewährt werden können (vgl. LSG Thüringen Beschluss vom 15.06.2005, AZ.: L 7 AS 261/05 ER), die vorläufige Kostenübernahme nur für die Monate Oktober und November 2005 anzuordnen. Zwar hat der Antragsteller seinen Antrag bereits am 13.09.2005 beim Sozialgericht eingereicht, dennoch kann der September nicht in die einstweilige Anordnung mit einbezogen werden. Denn laut Beschluss des Familiengerichts Freiburg ist das Umgangsrecht des Antragstellers jeweils vom ersten Freitag des Monats an bis zum darauf folgenden Sonntag auszuüben. Dieses erste Wochenende im Monat September war am 13. September bereits vorüber.
Schließlich ist auch ein Anordnungsgrund gegeben. Es ist dem Antragsteller insbesondere mit Blick auf Art. 6 Abs. 2 GG nicht zuzumuten, bis zur Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Denn für das Umgangsrechts ist gerade die Kontinuität bedeutend, es kann nicht nachgeholt werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG. Dabei wurde berücksichtigt, dass dem Antragsteller die geltendgemachten Leistungen nur für einen Teil des begehrten Zeitraums und in geringerer Höhe als beantragt zugesprochen werden konnten.
2. Der Antragsgegner hat dem Antragsteller 2/3 seiner außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Übernahme der Kosten für die Wahrnehmung seines Umgangrechts mit seinen Töchtern ... und ... für die Monate September bis November 2005 durch den Antragsgegner.
Der 1954 geborene Antragsteller ist seit 2000 in zweiter Ehe mit seiner Frau ... verheiratet und lebt mit dieser sowie dem gemeinsamen Sohn ... in Stuttgart. Der Antragsteller übt eine abhängige Beschäftigung aus, aus der er Einkommen in unterschiedlicher Höhe bezieht. Zusätzlich bezieht er zusammen mit seiner Ehefrau und seinem Sohn als Bedarfsgemeinschaft Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SBG II), welche zuletzt mit Änderungsbescheid vom 24.08.2005 mit einen Gesamtanspruch der Bedarfsgemeinschaft in Höhe von Euro 673,33 für September 2005 bewilligt wurden.
Die Töchter des Antragstellers aus erster Ehe, ..., geboren am 11.11.1988 und ..., geboren am 02.09.1995 leben bei der geschiedenen ersten Ehefrau des Antragstellers ..., welcher durch Beschluss des Familiengerichts vom 21.11.1997 das alleinige Sorgerecht für die Töchter übertragen wurde, in Freiburg. Durch Beschluss des Amtsgerichts Freiburg im Breisgau - Familiengericht - vom 28.06.2005 erging im Wesentlichen folgende Umgangsregelung: Der Antragsteller ist berechtigt und verpflichtet mit seinen Töchtern ...und ... den Umgang auszuüben - jeweils vom ersten Freitag eines Monats von 19.00 Uhr bis zum darauf folgenden Sonntag 18.00 Uhr - in den ersten zwei Wochen der Sommerferien bis zu dem auf diesen Zeitraum folgenden Samstag, - jeweils am ersten Weihnachtsfeiertag. Hierbei hat der Antragsteller die Kinder jeweils an einem Treffpunkt in der Freiburger Innenstadt abzuholen und sie auch dorthin wieder zurückzubringen, wo sie von der geschiedenen ersten Ehefrau des Antragstellers wieder in Empfang genommen werden.
Mit Schreiben vom 28.07.2005 beantragte der Antragsteller die Übernahme der Kosten für die Wahrnehmung seines Umgangrechts mit seinen Töchtern durch den Antragsgegner. Dies lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 01.08.2005 ab, da die Fahrtkosten zum Besuch der Kinder in Freiburg bereits mit dem Regelsatz abgegolten seien und nicht zusätzlich gewährt werden können. Den hiergegen mit der Begründung, die Kosten für die Ausübung des Umgangsrechtes seien nicht im Regelbedarf abgegolten und damit zusätzlich zu erstatten, erhobene Widerspruch des Antragstellers wies der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 30.08.2005 als unbegründet zurück. Alle Kosten die durch den Umgang mit getrennt lebenden minderjährigen Kindern entstünden, seien in der Regelleistung nach § 20 SGB II enthalten. Eine darüber hinaus gehende Leistung, wie Fahrtkosten zu den Kindern sowie Unterkunftskosten in Freiburg, könnten wegen fehlender Rechtsgrundlage im SGB II nicht gewährt werden.
Am 13.09.2005 erhob der Antragsteller Klage hiergegen und beantragte gleichzeitig, im Wege der einstweiligen Anordnung für die Monate September, Oktober und November 2005 vorab über die beantragten Leistungen zum Zwecke der Ausübung des Umgangsrechts zu entscheiden. Der Kläger sei aus finanziellen Gründen nicht dazu in der Lage, die ihm im Zusammenhang mit der Durchführung des Umgangsrechts entstehenden Kosten für die Fahrten nach Freiburg und die Übernachtungen dort zu tragen. Diese Kosten seien nicht in der Regelleistung nach § 20 SGB II enthalten, vielmehr liege eine planwidrige Regelungslücke im Gesetz vor, die verfassungskonform durch eine entsprechende Anwendung des § 23 Abs. 1 SGB II auf Bedarfe, die nicht zu den Regelleistungen des § 20 SGB II gehörten, aber im Einzelfall als verfassungsrechtlich vorgesehene Bedarfe zu erstatten seien, geschlossen werden müsse. Hierzu gehörten auch die Kosten für die Ausübung des Umgangsrechts durch den nichtsorgeberechtigten Elternteil. Der Kläger sei auch nicht dazu in der Lage, aus seinem (nicht vorhandenem) Vermögen diese Kosten zu bestreiten.
Der Antragsteller beantragt (sinngemäß),
den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm die Kosten für die Wahrnehmung seines Umgangsrechts mit seinen Töchtern ... und ... entsprechend der durch Beschluss durch das Amtsgerichts Freiburg - Familiengericht - vom 28.06.2005, Aktenzeichen 43 F 469/04 getroffenen Umgangsregelung in Höhe von jeweils EUR 240,00 für die Monate September bis November 2005 zur Verfügung zu stellen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung verweist er auf den Inhalt des Widerspruchsbescheids und trägt ergänzend vor, soweit ein über den Regelsatz hinausgehender Anspruch geltend gemacht werde, handle es ich um Hilfeleistungen in besonderen Lebenslagen. Es sei einem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nicht verwehrt, sein Begehren gestützt auf die generelle Auffangnorm für unbenannte Notlagen gemäß § 73 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) beim Sozialhilfeträger geltend zu machen. Eine Leistungszuständigkeit des Antragsgegners für die Mehrbedarfe auf Grund der Ausübung des Umgangsrechts bestehe nicht.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vortrags der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Akte der Antragsgegnerin sowie der Gerichtsakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag ist zulässig und hat in der Sache teilweise Erfolg.
Nach § 86 b Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 der genannten Vorschrift vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte; einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint, Abs. 2 Satz 2.
Vorliegend kommt, da die Voraussetzungen des § 86 b Abs. 1 SGG ersichtlich nicht gegeben sind und es auch nicht um die Sicherung eines bereits bestehenden Rechtszustandes geht, nur eine Regelungsanordnung nach § 86 b Abs. 2 S.2 SGG in Betracht. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt einen Anordnungsanspruch im Sinne eines materiell-rechtlichen Anspruchs auf die begehrte Leistung sowie einen Anordnungsgrund im Sinne einer besonderen Dringlichkeit der erstrebten vorläufigen Regelung voraus. Die Voraussetzungen des Anordnungsgrundes und Anordnungsanspruches sind gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung glaubhaft zu machen. Dabei sind die diesbezüglichen Anforderungen um so niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtschutzes verbundenen Belastungen, insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz, wiegen (Bundesverfassungsgericht (BVerfG) B. v. 12.05.2005, Az.: 1 BvR 569/05). Die Erfolgsaussichten der Hauptsache sind daher bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen unter Umständen nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen, gegebenenfalls ist eine Folgenabwägung vorzunehmen (BVerfG a.a.O.).
Aufgrund des vorliegenden Arbeitsvertrages sowie der Lohnabrechnungen des Antragstellers bis einschließlich August 2005 ist eine Hilfebedürftigkeit des Antragstellers bzw. der Bedarfsgemeinschaft im Sinne des § 7 SGB II und damit ein grundsätzlicher Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II über September 2005 glaubhaft gemacht.
Entgegen der Ansicht des Antragsgegners scheidet hinsichtlich der vorliegend begehrten Übernahme der Umgangskosten eine Heranziehung von Regelungen des SGB XII mit der Folge der Zuständigkeit des Sozialhilfeträgers aus. Der Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes richtet sich für erwerbsfähige Hilfebedürftige ausschließlich nach dem SGB II, vgl. §§ 5 Abs. 2 SGB II, 21 SGB XII. Der Gesetzgeber beabsichtigte gerade durch diese Regelungen, Schnittstellen zwischen den beiden Büchern und ergänzende Hilfen zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII zu vermeiden (vgl. BT-Drucks. 15/1514 S. 57 zu § 21 SGB XII). Eine Anspruchsgrundlage nach SGB XII für Leistungen, die nicht zur Sicherung des Lebensunterhaltes gewährt werden, beispielsweise als Hilfe zu Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten, insbesondere die vom Antragsgegner genannte Regelung des § 73 SGB XII ist hier ebenfalls nicht einschlägig. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) zum Sozialhilferecht nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) waren die aus der Ausübung des Umgangsrechts des nicht sorgeberechtigten geschiedenen Elternteils mit den eigenen Kindern entstehenden Kosten als Teil des notwendigen Lebensunterhalts ein Bedarf, der je nach Lage des Einzelfalls einmalige Leistungen nach § 21 Abs. 1 BSHG oder besondere Leistungen nach § 22 Abs. 1 Satz 2 BSHG rechtfertigen konnte und kein Bedarf in einer sonstigen Lebenslage im Sinne der Auffangvorschrift des § 27 Abs. 2 BSHG (BVerwG U. v. 22.08.1995, ZfSG/SGB 1995,587). § 73 SGB XII erfasst als Nachfolgevorschrift zu § 27 Abs. 2 BSGH ebenfalls nur solche Hilfesituationen, die ihrer Art nach nicht zur Hilfe zum Lebensunterhalt gehören (vgl. LSG Niedersachsen/Bremen B. v. 28.04.2005, Az. L 8 AS 57/05 ER). Die Voraussetzungen für die Anwendung des § 73 SGB XII sind damit vorliegend mangels Vorliegen einer sonstigen Lebenslage nicht gegeben (vgl. Schoenfeld in Grube/Wahrendorf SGB XII § 16 Rn. 20 und Wahrendorf zu § 28 Rn. 13). Der Anordnungsanspruch für die Übernahme der Kosten der Wahrnehmung des Umgangsrechts ergibt sich vielmehr vorliegend aus einer verfassungskonformen Auslegung des § 20 SGB II. Die Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalt umfasst nach § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB II insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Bedarfe des täglichen Lebens sowie im vertretbaren Umfang auch Beziehungen zur Umwelt und eine Teilnahme am kulturellen Leben. Durch § 20 Abs. 1 SGB II werden zwar unter anderem auch in vertretbarem Umfang die Beziehungen zur Umwelt und zur Teilnahme am kulturellen Leben genannt. Die Ausübung des Umgangsrecht fällt aber wegen des höchstpersönlichen Charakters dieser Befugnis und wegen der engen persönlichen und familiären Bindung zwischen Eltern und Kindern nicht in den Bereich Beziehungen zur Umwelt (BVerwG, U. v. 22.08.1995, ZfSH/SGB 1995, S. 587 ff; OVG Münster U. v. 16.03.1990, Az. 24 A 2758/86). Die Kosten für das Umgangsrecht sind auch nicht im Hinblick auf das Wort "insbesondere" unter die Regelleistung des § 20 Abs. 1 SGB II zu subsumieren. Denn die durch § 20 SGB II gewährten Regelleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts dienen grundsätzlich nur zur Deckung des ohne die Besonderheit des Einzelfalles bei vielen Hilfeempfängern gleichermaßen bestehenden Bedarfs (vgl. LSG Thüringen B. v. 15.06.2005, Az. L 7 AS 261/05 ER; BVerwGE 87,212,216). Daran fehlt es bei dem sich aus der Ausübung des Umgangs entstehenden Bedarf. Dieser Bedarf besteht nicht bei vielen Hilfeempfängern oder Bedarfsgemeinschaften gleichermaßen, sondern nur bei nichtsorgeberechtigten, von ihren Kindern getrennten lebenden Elternteilen und in Abhängigkeit der jeweiligen Ausgestaltung des Umgangrechtes sowie der räumlichen Entfernung zwischen Eltern und Kindern. Ein Anspruch auf Übernahme der Fahrt- und Übernachtungskosten ergibt sich damit nicht direkt aus § 20 SGB II. Dennoch können die Kosten nach § 20 SGB II analog geltend gemacht werden. Denn es besteht eine planwidrige Regelungslücke. Es handelt sich hierbei um einen verfassungsrechtlich anerkannten notwendigen Bedarf zum Lebensunterhalt. Die in § 1684 Abs. 1 BGB geregelten Rechte und Pflichten des Umgangs der Eltern mit den Kindern stehen unter dem Schutz des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz (GG) (vgl. BVerfG NJW 1995,1342ff und 2002,1863ff). Diesem Anspruch von Verfassungsrang ist auch im Bereich des SGB II Rechnung zu tragen. Mit Blick auf die verfassungsrechtliche Relevanz des Umgangsrechts ist zu beachten, dass die Erhaltung der Eltern-Kind-Beziehung mittels Ausübung des Umgangsrechts im Einzelfall nicht unzumutbar erschwert oder faktisch vereitelt werden darf. Dabei werden unterhaltsrechtlich zu den Umgangskosten nicht nur die Fahrtkosten, sondern auch die sonstigen mit den Kontakten verbundenen angemessenen Aufwendungen, z.B. auch Übernachtungskosten gerechnet (BGH NJW 2005, 1493ff). Während § 22 Abs. 1 Satz 2 BSHG eine abweichende Bemessung von Regelsätzen gestattete, soweit dies nach den Besonderheiten des Einzelfalles geboten war, und nach § 28 Abs. 1 Satz 2 des SGB XII die Möglichkeit der Berücksichtigung des Einzelfalles nach wie vor vorgesehen ist, fehlt im SGB II eine entsprechende Regelung. Angesichts der Tatsache, dass nicht erwerbsfähige Hilfebedürftige hierfür nach den Regelungen des SGB XII Leistungen auf Grund einer abweichenden Bedarfsfestlegung nach § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII erhalten können, muss dies auch für erwerbsfähige Hilfebedürftige gewährleistet sein. Einen sachlichen Grund für eine Schlechterstellung der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen ist nicht erkennbar. Das Fehlen einer entsprechenden Anspruchsgrundlage im SGB II stellt sich damit planwidrige Regelungslücke dar, welche verfassungskonform geschlossen werden muss. Diese Lücke kann entgegen dem Vorbringen des Antragstellers nicht durch eine entsprechende Anwendung des § 23 Abs. 1 SGB II auf solche Leistungen, die nicht unmittelbar von § 20 Abs. 1 SGB II erfasst sind, geschlossen werden (vgl. SG Schleswig B. v. 09.03.2005, Az. S 2 AS 52/05 ER; a.A. LSG Thüringen B. v. 15.06.2005, Az.: L 7 AS 261/05 ER). Die in § 23 Abs. 1 SGB II vorgesehene darlehensweise Gewährung von Leistungen zur Deckung solcher Bedarfe stellt kein Äquivalent zur Regelsatzerhöhung entsprechend § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII dar (vgl. LSG Niedersachsen/Bremen B. v. 28.04.2005, Az. L 8 AS 57/05 ER; Spellbrink in Eicher/Spellbrink SGB II § 5 Rn. 3). Die entsprechende Anwendung dieser Vorschrift würde im konkreten Fall gerade keine Bedarfsdeckung bewirken, sondern, wenn die Darlehen durch Aufrechnung mit den Regelleistungen in den Folgemonaten getilgt werden, die Bedarfslücken lediglich in die Zukunft verlängern und damit Eltern, die von ihren minderjährigen Kindern getrennt leben und das unter dem Schutz des Art. 6 Abs. 2 GG stehende Umgangsrecht mit den damit anfallenden Kosten ausüben, schlechter stellen als die übrigen erwerbsfähigen Hilfebedürftigen (vgl. LSG Niedersachsen/Bremen B. v. 28.04.2005, Az. L 8 AS 57/05 ER; SG Münster B. v. 22.04.2005, Az. S 12 AS 18/05 ER; Ulrich Satorius in Info also 2/2005 Seite 56, 58). Die Erbringung eines verfassungsrechtlich anerkannten notwendigen Bedarfs zum Lebensunterhalt lediglich in Form eines Darlehens ist auch bedenklich im Hinblick auf das Sozialstaatsprinzip (vgl. Däubler in NZS 2005, 225,231) sowie den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG, insofern als für nicht erwerbsfähige Hilfebedürftige in vergleichbarer Situation ein Anspruch auf einen Zuschuss besteht und sachliche Gründe, die vom SGB II erfassten erwerbsfähigen Hilfebedürftigen hinsichtlich der Deckung von Bedarfen des Existenzminimums lediglich in Form von Darlehen schlechter zu stellen als die vom SGB XII erfassten nicht erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nicht erkennbar sind(vgl. Herold-Tews in Löns/Herold/Tews SGB II § 23 Rn. 11; Däubler in NZS 2005, 225,231). Daher kann die Regelungslücke nach Ansicht der Kammer nicht durch eine entsprechende Anwendung des § 23 Abs. 1 SGB II verfassungskonform geschlossen werden. Vielmehr ist zur Schließung der Regelungslücke eine Anwendung des Rechtsgedankens des § 28 Abs. 1 S.2 SGB XII im Rahmen des § 20 SGB II vorzunehmen. Hiernach erfolgt eine abweichende Bedarfsfestlegung, wenn im Einzelfall ein Bedarf ganz oder teilweise seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht. Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben. Der Bedarf des Antragstellers hinsichtlich der Kosten für die Ausübung des Umgangsrechts mit seinen Töchtern liegt seiner Höhe nach erheblich über dem durchschnittlichen Bedarf und ist auch unabweisbar. Unabweisbar ist ein Bedarf, wenn er in zeitlicher Hinsicht nicht aufgeschoben werden und inhaltlich nicht auf anderweitige Weise gedeckt werden kann (LSG Thüringen Beschluss vom 15.06.2005, AZ.: L 7 AS 261/05 ER). Vorliegend duldet die Ausübung des Umgangsrechts keinen zeitlichen Aufschub, da die Eltern-Kind-Beziehung gerade von deren Kontinuität geprägt und eine Unterbrechung durch Versäumung von Besuchswochenenden nicht aufholbar ist. Auch käme es zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Bedarfs der Bedarfsgemeinschaft des Antragstellers, die auch nicht durch Mittelumschichtung innerhalb der Regelleistung aufgefangen werden könnte. Auf Grund der Entfernung zwischen den Wohnorten des Antragstellers und seiner Töchter entstehen durch die Ausübung des Umgangs glaubhaft nicht unerhebliche Kosten. Hinsichtlich des Umfangs der begehrten Leistung kann das Gericht jedoch nicht die vom Antragsteller angegebene Höhe von EUR 240,00 je Besuchswochenende anerkennen. Unter Berücksichtigung der dem Antragsteller anzusinnenden sparsamen Wirtschaftsführung ist es durchaus angebracht, die Fahrt mit kostengünstigeren Zügen des Nahverkehrs zurückzulegen (Kosten je einfache Strecke Stuttgart-Freiburg EUR 29,30) und Übernachtungen in Privatzimmer oder Pensionen (Kosten je Übernachtung ca. EUR 30,00) vorzunehmen. Damit können je Besuchswochenende und damit, da nach der familiengerichtlichen Regelung jeweils ein Besuchswochenende im Monat stattfindet, je Monat Kosten lediglich in Höhe von EUR 120,00 berücksichtigt werden.
Im Hinblick auf die Vorläufigkeit einer einstweiligen Anordnung ist auch nur eine darlehensweise Gewährung auszusprechen, um eine ggf. erforderliche spätere Rückgängigmachung nicht unnötig zu erschweren. Damit wird dem vorläufigen Charakter der einstweiligen Anordnung am ehesten entsprochen (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 17.08.2005, AZ.: L 7 SO 2117/05 ER-B). Im übrigen ginge die Anordnung der Gewährung als Zuschuss wohl auch über den Antrag des Antragstellers hinaus, der sich ausdrücklich auf § 23 Abs. 1 SGB II bezieht, wonach selbst in der Hauptsache lediglich eine darlehensweise Gewährung möglich wäre.
Weiter war nach dem Grundsatz, dass die Kosten für das Umgangsrecht nicht für die Vergangenheit gewährt werden können (vgl. LSG Thüringen Beschluss vom 15.06.2005, AZ.: L 7 AS 261/05 ER), die vorläufige Kostenübernahme nur für die Monate Oktober und November 2005 anzuordnen. Zwar hat der Antragsteller seinen Antrag bereits am 13.09.2005 beim Sozialgericht eingereicht, dennoch kann der September nicht in die einstweilige Anordnung mit einbezogen werden. Denn laut Beschluss des Familiengerichts Freiburg ist das Umgangsrecht des Antragstellers jeweils vom ersten Freitag des Monats an bis zum darauf folgenden Sonntag auszuüben. Dieses erste Wochenende im Monat September war am 13. September bereits vorüber.
Schließlich ist auch ein Anordnungsgrund gegeben. Es ist dem Antragsteller insbesondere mit Blick auf Art. 6 Abs. 2 GG nicht zuzumuten, bis zur Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Denn für das Umgangsrechts ist gerade die Kontinuität bedeutend, es kann nicht nachgeholt werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG. Dabei wurde berücksichtigt, dass dem Antragsteller die geltendgemachten Leistungen nur für einen Teil des begehrten Zeitraums und in geringerer Höhe als beantragt zugesprochen werden konnten.
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