S 16 KR 2246/17

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
SG Meiningen (FST)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Meiningen (FST)
Aktenzeichen
S 16 KR 2246/17
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 KR 1156/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Gegenstand eines Berufungsverfahrens gegen die sozialgerichtliche Entscheidung, dass ein Verfahren durch Klagerücknahmefiktion (§ 102 Abs. 2 SGG) erledigt ist, ist allein die Rechtmäßigkeit dieser Feststellung. Das LSG darf grundsätzlich keine Entscheidung in der Sache treffen, denn dadurch würde den Beteiligten eine Instanz genommen.
2. Kündigt der Prozessbevollmächtigte des Klägers in der Klageschrift die Vorlage einer Klagebegründung an und liegt diese trotz Erinnerung nach über acht Monaten immer noch nicht vor, darf das Sozialgericht davon ausgehen, dass das Rechtsschutzinteresse entfallen sein könnte und eine Betreibensaufforderung erlassen.
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Meiningen vom 30. Juli 2018 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Zahlung von Krankengeld für den Zeitraum vom 28. März bis 11. Mai 2016 streitig.

Mit Bescheid vom 12. Juli 2016 lehnte die Beklagte die Zahlung von Krankengeld für den streitgegenständlichen Zeitraum ab und wies den dagegen gerichteten Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 15. September 2016 zurück.

Am 14. Oktober 2016 hat die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten vor dem Sozialgericht Meiningen (SG) per Telefax vorab Klage erhoben und ausgeführt, dass die Klagebegründung einem gesonderten Schriftsatz vorbehalten bleibe. Mit gerichtlicher Verfügung vom 27. Januar 2017 hat das SG den Prozessbevollmächtigten der Klägerin an die Vorlage der Klagebegründung erinnert und eine Frist von vier Wochen gesetzt. Mit Verfügung vom 26. April 2017 hat ihn das SG nochmals aufgefordert, die Klage binnen einer weiteren Frist von vier Wochen zu begründen, und in dem Schreiben außerdem darauf hingewiesen, dass die Klage als zurückgenommen gelte, sollte er das Verfahren trotz dieser Aufforderung länger als drei Monate nicht betreiben. Ausweislich der Gerichtsakte (Bl. 15f.) ist diese Verfügung an den Prozessbevollmächtigten gegen Empfangsbekenntnis abgesandt worden. Da keine Rücksendung des Empfangsbekenntnisses erfolgte, hat das SG am 26. Juni 2017 erneut die Zustellung der Betreibensaufforderung verfügt. Diese ist dem Prozessbevollmächtigten mit Postzu-stellungsurkunde am 27. Juni 2017 zugestellt worden. Nachdem kein Posteingang aktenkundig geworden ist, hat das SG das Verfahren am 2. Oktober 2017 durch Klagerücknahme sta-tistisch erledigt. Eine Mitteilung hierüber an die Beteiligten ist nicht erfolgt.

Am 29. November 2017 hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Klage (vorab per Fax) begründet und gleichzeitig mitgeteilt, dass die Klagebegründung gleichen Inhalts bereits am 20. August 2017 per Post übersandt worden sei. Das SG hat daraufhin den Prozessbevollmächtigten am 8. Dezember 2017 darauf hingewiesen, dass das Verfahren bereits am 2. Oktober 2017 nach § 102 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) durch Klagerücknahme als erledigt gelte, da das Verfahren länger als drei Monate nach der Aufforderung vom 26. Juni 2017 nicht betrieben worden sei. Eine Klagebegründung vom 20. August 2017 liege dem Gericht nicht vor.

Hierauf hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin am 19. Dezember 2017 beantragt, das Verfahren fortzusetzen, hilfsweise die Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand bezüglich der abgelaufenen Begründungsfrist zu gewähren. Nach entsprechender Anhörung hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 30. Juli 2018 festgestellt, dass die Klage zurückgenommen ist und außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten sind. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt sei, da die Klage vom 14. Oktober 2016 als zurückgenommen gelte. Die vom Gericht geforderte Klagebegründung sei trotz Frist-setzung nicht vorgelegt worden. Die Nichtvorlage einer Klagebegründung könne zum Anlass und die Vorlage einer solchen zum Gegenstand einer Betreibensaufforderung gemacht werden. Nach der Betreibensaufforderung habe der Prozessbevollmächtigte der Klägerin das Verfahren länger als drei Monate nicht betrieben. Bei dieser Frist handle es sich um eine gesetzliche Ausschlussfrist, so dass grundsätzlich keine Wiedereinsetzung gewährt werden könne.

Mit ihrer am 13. September 2018 eingelegten Berufung gegen den ihrem Bevollmächtigten übersandten Gerichtsbescheid wiederholt sie ihren Vortrag, die Klagebegründung sei mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 20. August 2017 beim SG eingereicht worden, ein Postausgangsbuch führe er nicht. Sie habe am 12. Juni 2018 mit der Vorsitzenden der 16. Kammer des SG gesprochen und diese habe sich offenkundig mit der materiellen Rechtslage und den tatsächlichen Geschehnissen intensiv auseinandergesetzt. Es sei daher unverständlich und rechtswidrig, am 13. August 2018 einen derartigen Gerichtsbescheid zu übersenden.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Meiningen vom 30. Juli 2018 aufzuheben und festzustellen, dass das Verfahren S 16 KR 2009/16 nicht durch Klagerücknahmefiktion beendet ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf ihr erstinstanzliches Vorbringen sowie auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheids. Das begehrte Krankengeld belaufe sich auf täglich 33,23 Euro brutto bzw. 29,13 Euro netto für 45 Zahltage im streitgegenständlichen Zeitraum.

Mit der Ladungsverfügung vom 4. September 2019 hat der Senatsvorsitzende den Prozessbe-vollmächtigten der Klägerin aufgefordert, eine Kopie des Postausgangsbuchs betreffend den Zeitraum vom 20. bis 31. August 2017 zu übersenden sowie zum Termin zur mündlichen Ver-handlung die Handakte mitzubringen. In der mündlichen Verhandlung hat der Prozessbevoll-mächtigte der Klägerin weitere Angaben zum erstinstanzlichen Verfahren gemacht; insoweit wird auf die Niederschrift Bezug genommen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, jedoch unbegründet.

Für die Beurteilung der Zulässigkeit der (form- und fristgerecht erhobenen) Berufung ist es ohne Auswirkung, ob hier die Beschränkungen des § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu beachten sind. Denn selbst wenn man diese Vorschrift bei einem Streit über die Wirksamkeit der vom Sozialgericht angenommenen Klagerücknahme für anwendbar hält, ist die Berufung hier im Hinblick auf die 750,- EUR übersteigende Summe des begehrten Krankengeldes statthaft.

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist allein die Frage, ob der Rechtsstreit vor dem SG durch fiktive Klagerücknahme nach § 102 Abs. 2 SGG erledigt ist, denn nur über diese Frage hat das SG in seinem Gerichtsbescheid vom 30. Juli 2018 entschieden (ebenso Burkiczak in jurisPK-SGG, § 102 Rdnr. 100 m. w. N.). Der gegenteiligen Ansicht (vgl. z. B. ThürLSG, Urteil vom 27. März 2019 - Az.: L 12 R 901/18 - mit zustimmender Kommentierung von Wehrhahn in: Schlegel/Voelzke, juris-PK-SGG, § 144 SGG Rdnr. 20.2), wonach der Streitgegenstand unverändert bleibe und das Berufungsgericht nicht gehindert sei, eine Sachentscheidung zu treffen, folgt der Senat nicht, denn den Beteiligten würde auf diese Weise eine Instanz genommen. Dafür ist auch im Hinblick auf die Zuständigkeitsvorschrift des § 29 SGG keine Rechtfertigung ersichtlich.

Die Berufung ist unbegründet, denn im vorliegenden Falle ist die Rücknahmefiktion des § 102 Abs. 2 Satz 1 SGG eingetreten. Gemäß § 102 Abs. 2 Satz 1 SGG gilt eine Klage als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als drei Monate nicht betreibt. Diese Vorschrift ist als Ausnahmevorschrift eng auszulegen, deren Handhabung im Lichte der Rechtsschutzgarantie aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG unter strikter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben erfolgen muss. § 102 Abs. 2 SGG darf weder als Sanktion für einen Verstoß gegen prozessuale Mitwirkungspflichten oder unkooperatives Verhalten eines Beteiligten gedeutet oder eingesetzt werden, noch stellt die Vorschrift ein Hilfsmittel zur Erledigung lästiger Verfahren oder zur vorsorglichen Sanktionierung prozessleitender Verfügungen dar. Sie soll nur die Voraussetzungen für die Annahme eines weggefallenen Rechtsschutzinteresses festlegen und gesetzlich legitimieren (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteile vom 1. Juli 2010 - Az.: B 13 R 58/09 und B 13 R 74/09 nach juris; zur Parallelvorschrift des § 92 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 17. September 2012 - Az.: 1 BvR 2254/11, nach juris m.w.N.; Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 12. April 2001 - Az.: 8 B 2.01, nach juris). Zum Zeitpunkt einer Betreibensaufforderung müssen sachlich begründete Anhaltspunkte vorliegen, die den späteren Eintritt der Fiktion als gerechtfertigt erscheinen lassen. Dabei darf ein Wegfall des Rechtsschutzinteresses erst nach einer Würdigung aller Umstände des Einzelfalls angenommen werden. Entsprechende Anhaltspunkte sind insbesondere dann gegeben, wenn der Kläger seine prozessualen Mitwirkungspflichten nach § 103 SGG verletzt hat (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 17. September 2012, a.a.O.), wobei nur das Unterlassen solcher prozessualen Mitwirkungshandlungen erheblich ist, die für die Feststellung von entscheidungserheblichen Tatsachen bedeutsam sind (vgl. BSG, Urteile vom 1. Juli 2010, a.a.O.). Da im sozialgerichtlichen Verfahren nicht der Beibringungs-, sondern der Amtsermittlungs-grundsatz gilt und das Gericht gemäß § 103 SGG den Sachverhalt von Amts wegen erforscht und dabei die Beteiligten heranzuziehen hat, kann in der Regel nicht schon allein aus der Nichtvorlage einer Klagebegründung auf das Fehlen eines Rechtsschutzbedürfnisses geschlossen werden. Denn ein Kläger wird nach § 92 Abs. 1 SGG nicht zur Vorlage einer Klagebegründung gezwungen. Anders liegt es jedoch dann, wenn - wie hier durch den Prozessbevollmächtigten der Klägerin - eine Klagebegründung selbst angekündigt wurde und diese trotz Aufforderung des Gerichts längere Zeit nicht erfolgt. Nach § 92 Abs. 1 Satz 4 SGG sollen die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel in der Klage angegeben werden, so dass das Gesetz es zum Regelfall erhebt, dass der Kläger seine Klage schriftlich begründet. Kommt der Kläger dem binnen der vom Sozialgericht gesetzten (und unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls ausreichend bemessenen) Frist nicht nach, so rechtfertigt dieses Verhalten grundsätzlich den Erlass einer Betreibensaufforderung. Hier hatte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Begründung der Klage einem gesonderten Schriftsatz vorbehalten. Nachdem diese dreieinhalb Monate nach Klageeingang noch nicht bei Gericht vorlag, wurde er vom SG unter dem 27. Januar 2017 erfolglos an die Übersendung der Klagebegründung binnen vier Wochen erinnert. Unter dem 26. April 2017 erließ das SG eine Betreibensaufforderung (gegen Empfangsbekenntnis), die der Prozessbevollmächtigte der Klägerin allerdings in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht in seiner Handakte finden konnte. Bei Erlass der folgenden Betreibensaufforderung vom 26. Juni 2017 waren weitere zwei Monate vergangen, so dass seit Klageeingang insgesamt achteinhalb Monate vergangen waren, ohne dass die angekündigte Klagebegründung bei Gericht vorlag. Mithin ist die Klägerin einer wesentlichen prozessualen Mitwirkungsobliegenheit nicht nachgekommen.

Aufgrund dieses Verhaltens der Klägerin bzw. deren Prozessbevollmächtigten durfte das SG davon ausgehen, dass das Rechtsschutzinteresse entfallen sein könnte (ebenso für den Fall einer angekündigten Klagebegründung Burkiczak in juris-PK-SGG, § 102 Rdnr. 65; VGH Mannheim, Beschluss vom 25. Oktober 1999 - Az.: 6 S 1870/99 sowie OVG Schleswig, Beschluss vom 20. Juni 2011 - Az.: 4 LA 25/11, jeweils nach juris).

Die weiteren Voraussetzungen des § 102 Abs. 2 SGG liegen vor: Die Klägerin hat das Verfahren trotz am 27. Juni 2017 zugestellter Aufforderung länger als drei Monate nicht betrieben. Der Schriftsatz vom 29. November 2017 ist weit nach Fristablauf eingegangen und deshalb nicht zu berücksichtigen. Soweit der Prozessbevollmächtigte der Klägerin vorträgt, bereits am 20. August 2017 eine Klagebegründung übersandt zu haben (allerdings in Abweichung von allen anderen Schriftsätzen nicht per Fax vorab, sondern nur postalisch), ist dieser Schriftsatz nicht aktenkundig. Die (behauptete) Absendung eines Schriftsatzes reicht jedoch zum Betreiben im Sinne von § 102 Abs. 2 Satz 1 SGG nicht aus. Denn Zweck der Betreibensaufforderung ist es, die Bearbeitung durch das Gericht zu fördern. Das wird nicht erreicht, wenn das Gericht die Antwort des Betroffenen nicht fristgemäß erhält.

Da die Klägerin das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als drei Monate nicht betrieben hatte, durfte das SG das Klageverfahren zu Recht nach § 102 Abs. 2 Satz 1 SGG als beendet ansehen und statistisch austragen, zumal ein Ausnahmefall hier nicht vorliegt. Im Ergebnis hat es die von der Klägerin im weiteren Verlauf begehrte Fortführung des Verfah-rens gleichfalls zu Recht abgelehnt. Zwar ist das SG offenbar davon ausgegangen, dass generell keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 67 SGG wegen Versäumung der gesetzten Frist gewährt werden kann, was nicht zutrifft. Denn es ist anerkannt, dass das selbst bei der Ausschlussfrist des § 102 Abs. 2 Satz 1 SGG im Falle "höherer Gewalt" in Betracht kommt, wobei darunter auch der Verlust einer Klagebegründung oder eines anderen Schriftsatzes fällt (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27. Juli 2017 – Az.: L 14 AS 1005/09 B und BVerwG, Be-schluss vom 25. November 2002 - Az.: 8 B 112/02, jeweils nach juris).

Die Entscheidung des Sozialgerichts, eine Wiedereinsetzung abzulehnen, stellt sich jedoch aus anderen Gründen als rechtmäßig dar. Die Voraussetzungen des § 67 SGG liegen hier nicht vor.

Nach § 67 Abs. 2 Satz 1 SGG sollen die Tatsachen zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrag glaubhaft gemacht werden. Dem hat die Klägerin hier nicht genügt: Im Klageverfahren hat sich ihr Prozessbevollmächtigte auf die Angabe beschränkt, die Klagebegründung "zur Post gegeben" zu haben; es sei leider festzustellen, dass vorliegend die Qualität der Zustellung mit der normalen Post stark vom jeweiligen Zusteller abhängig sei (Schriftsatz vom 19. De-zember 2017). Weiterer Vortrag findet sich zeitnah zum Wiedereinsetzungsantrag nicht. Dass das den Anforderungen des § 67 Abs. 2 Satz 2 SGG nicht ansatzweise genügt, bedarf keiner weiteren Ausführung. Erst in der Berufungsschrift finden sich weitere Angaben. Dort (Schriftsatz vom 13. September 2018) ist die Rede davon, das Schreiben vom 20. August 2018 sei der Postagentur in S.-H. übergeben worden; nähere Ausführungen fehlen. Auf Befragen in der mündlichen Verhandlung hat der Prozessbevollmächtigten der Klägerin erklärt, er führe kein Postausgangsbuch und es würden auch keine Vermerke gemacht. Von den abzusendenden Schreiben werde eine Kopie in die Akte aufgenommen; das sei dann auch gleichzeitig der Nachweis der Absendung. Auf dieser Grundlage ist für den Senat nicht glaubhaft gemacht, dass der Schriftsatz auf den Postweg gelangt ist.

Im Übrigen konnte der Prozessbevollmächtigte der Kläger dem Senat auch die folgende Auffälligkeit nicht erklären: Der Prozessbevollmächtigte hatte bzw. hat jeden Schriftsatz sowohl im Verwaltungsverfahren als auch im gerichtlichen Verfahren jeweils vorab per Fax übersandt. Hierzu hat er in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auf Befragen angegeben, dass er dies insbesondere bei fristwahrenden Schriftsätzen ausnahmslos so handhabt. Der Schriftsatz vom 20. August 2017 mit der durch die gerichtliche Betreibensaufforderung erbetenen Klage-begründung wurde dagegen nicht vorab per Fax übersandt, obwohl ihm eine für die Klage-rücknahmefiktion des § 102 Abs. 2 SGG maßgebliche Bedeutung zukommt. Eine Erklärung hierfür konnte der Prozessbevollmächtigte nicht geben.

Da die Klägerin nicht glaubhaft gemacht hat, dass die Klagebegründung überhaupt in den Postlauf gelangt ist, ist vom Vorliegen höherer Gewalt durch Abhandenkommen des Schriftsatzes auf dem Postweg nicht auszugehen, weshalb das Sozialgericht eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 67 SGG im Ergebnis zutreffend versagt hat.

Der Rechtsstreit ist somit vor dem SG durch fiktive Klagerücknahme nach § 102 Abs. 2 SGG erledigt, die Berufung der Klägerin war deshalb wie geschehen zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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