S 4 R 299/13

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Wiesbaden (HES)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Wiesbaden (HES)
Aktenzeichen
S 4 R 299/13
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 5 R 270/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5 R 11/17 R
Datum
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die teilweise Aufhebung und entsprechende Rückforderung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung.

1. Die Klägerin wurde 1955 geboren. Sie arbeitete zunächst als Bürogehilfin und absolvierte von August 1980 bis Juni 1982 eine Ausbildung zur Industriekauffrau. Seit April 1983 arbeitet sie in der Kommunalverwaltung, seit August 1986 im Bauamt.

2. Die Beklagte bewilligte ihr ab Mai 2009 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Wegen Überschreitung der Hinzuverdienstgrenzen wurden zunächst keine Zahlungen geleistet. Ab August 2009 sank durch eine Verringerung der Arbeitszeit das Einkommen der Klägerin, daraufhin zahlte die Beklagte ab August 2009 eine Rente. Mit Bescheid vom 18. April 2012 bewilligte die Beklagte ab Mai 2012 eine Rente in Höhe von monatlich brutto 548,79 EUR, netto 493,09 EUR.

Die Ermittlung der Beklagten im Frühjahr 2013 zum tatsächlichen Einkommen im vorangegangen Jahr ergab, dass die Klägerin vom 9. August 2012 bis zum 8. März 2013 arbeitsunfähig erkrankt war. In diesem Zeitraum hatte sie Krankengeld bzw. Übergangsgeld nach einem monatlichen Bemessungsentgelt von 2.188,80 EUR erhalten (Bl. 283, 287 der Verwaltungsakte). Ihr Arbeitgeber hatte außerdem einen Zuschuss zum Krankengeld gezahlt; das vom Arbeitgeber gezahlte Entgelt hatte sich im August 2012 auf 682,67 EUR, im September 2012 auf 203,33 EUR, im Oktober 2012 auf 2.127,33 EUR, im November 2012 auf 2.172,93 EUR, im Dezember 2012 auf 731,11 EUR, im Januar und Februar 2013 auf jeweils 229,73 EUR und im März 2013 auf 1.693,33 EUR belaufen (Bl. 279 der Verwaltungsakte).

Die Beklagte hörte die Klägerin zu einer beabsichtigten Aufhebung des Bescheides und Rückforderung an. Die Klägerin machte geltend, die Zuschüsse ihres Arbeitgebers zum Krankengeld seien nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Außerdem habe sie das Geld gutgläubig verbraucht.

Mit angegriffenem Bescheid vom 28. Mai 2013 bewilligte die Beklagte die Rente für die Zeit ab Juli 2013. Außerdem hob sie ihren Bescheid vom 18. April 2012 hinsichtlich der Rentenhöhe ab 1. Oktober 2012 nach § 48 SGB X auf und forderte eine Überzahlung i.H.v. 2.014,88 EUR nach § 50 SGB X zurück. Zur Begründung führt sie aus, Zuschüsse des Arbeitgebers seien Arbeitsentgelt i.S.d. § 14 SGB IV und daher anzurechnen. Vertrauensschutz bestehe nicht, weil die Klägerin wissen musste, dass ihr Rentenanspruch wegfalle, ruhe oder sich reduziere, wenn die Hinzuverdienstgrenzen überschritten werden. Die in der Anhörung vorgetragenen Gründe seien nicht geeignet, von der Aufhebung abzusehen. Für die Zeit von Oktober 2012 bis Dezember 2012 stehe der Klägerin keine Rente zu, für Januar und Februar 2013 bestehe ein Anspruch nur in Höhe der Hälfte. Die Beklagte hob die Bescheide für Oktober bis Dezember 2012 in voller Höhe, für Januar und Februar 2013 in Höhe der Hälfte des Rentenanspruchs auf.

In ihrem Widerspruch führte die Klägerin aus, eine Überzahlung sei nicht eingetreten. Ihr Einkommen sei während der Krankheit tatsächlich nicht höher gewesen als vorher. Der von ihrem Arbeitgeber gezahlte Lohnausgleich zum Krankengeld bewirke keine Steigerung des Einkommens, sondern gleiche nur die Differenz zum Nettolohn aus. Außerdem sei es nicht sachgerecht, die geringe Überschreitung der Hinzuverdienstgrenzen im August und September 2012 zu gestatten, obwohl sie im Oktober und November 2012 Urlaubs- und Weihnachtsgeld erhalten und damit viel mehr verdient habe. Sie hätte dann auf den Lohnausgleich im August und September verzichtet, um die Rente im Oktober und November 2012 zu erhalten. Wegen der hohen Kosten, die durch die Erkrankung entstanden seien, und wegen Spielschulden der Tochter sei es ihr nicht möglich und bedeute eine unzumutbare Härte, die Rente zurückzuzahlen.

Mit angegriffenem Teilabhilfebescheid vom 9. August 2013 beschränkte die Beklagte ihre Rückforderung auf einen Betrag von 1.631,20 EUR. Die Aufhebung des Bescheides vom 18. April 2012 werde auf § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X gestützt. Eine grob fahrlässige Verletzung der Mitteilungs- und Sorgfaltspflichten sei nicht erkennbar. Für die Monate Oktober bis Dezember 2012, in dem ein Rentenanspruch gar nicht bestanden habe, bleibe es bei einer Rückforderung von 1.511,58 EUR (wie im ersten Rückforderungsbescheid), für die Monate Januar und Februar 2013 werde die Rückforderung auf die Differenz zwischen dem tatsächlichen Einkommen und der Hinzuverdienstgrenze i.H.v. 119,26 EUR (2 x 59,81 EUR) beschränkt.

Nachdem die Klägerin ihren Widerspruch aufrechterhielt, wies die Beklagte ihn mit angegriffenem Widerspruchsbescheid vom 18. September 2013 zurück, soweit sie nicht durch den Bescheid vom 9. August 2013 abgeholfen hatte. Die Aufhebung stütze sich auf § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X. Die Verhältnisse bei Erlass des Bescheides vom 18. April 2012 hätten sich verändert, als die Klägerin Entgeltersatzleistungen bezogen habe. Maßgeblich sei für den Hinzuverdienst das der Sozialleistung zu Grunde liegende Bemessungsentgelt und das vom Arbeitgeber gezahlte Bruttoentgelt. Dass der Zuschuss des Arbeitgebers zum Krankengeld lediglich einen Lohnausgleich darstelle, sei dabei nicht zu berücksichtigen. Ergänzend führte die Beklagte aus, für die Monate Januar und Februar 2013 könne die Klägerin nicht von der Möglichkeit Gebrauch machen, die Hinzuverdienstgrenze an zwei Monaten pro Kalenderjahr zu überschreiten. Denn es gelte das Vormonatsprinzip, nach dem die Ausnahmemöglichkeit lediglich dazu führe, trotz Überschreitung die Rente des Vormonats fortzuzahlen. Die Klägerin habe aber im Dezember 2012 keine Rente erhalten.

3. Dagegen hat die Klägerin am 30. September 2013 Klage zum Sozialgericht Wiesbaden erhoben. Ihre Klagebegründung gleicht der Begründung des Widerspruchs.

Der Bevollmächtigte der Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 28. Mai 2013 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 9. August 2013 und des Widerspruchsbescheides vom 18. September 2013 teilweise aufzuheben, soweit darin der Bescheid vom 18. April 2012 teilweise aufgehoben wird und Rentenzahlungen zurückgefordert werden.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie verweist auf ihren Widerspruchsbescheid.

Die Akte der Beklagten lag dem Gericht vor. Auf die Verwaltungs- und Gerichtsakte wird ergänzend verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, sie ist insbesondere als isolierte Anfechtungsklage statthaft, § 54 Abs. 1 S. 1 SGG.

Die Klage ist aber nicht begründet. Die Klägerin ist durch die angegriffenen Bescheide nicht in ihren Rechten verletzt. Die Beklagte durfte ihren Bewilligungsbescheid vom 18. April 2012 im erfolgten Umfang aufheben und Zahlungen zurückfordern.

1. Grundlage der Aufhebung ist § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X. Danach werden Verwaltungsakte mit Dauerwirkung aufgehoben, soweit sich die tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse, die bei ihrem Erlass vorgelegen haben, wesentlich ändern; die Aufhebung soll rückwirkend vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an erfolgen, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde.

Die Beklagte hat diese Vorschrift rechtsfehlerfrei angewendet.

a. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Aufhebung nach § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X lagen vor.

Die wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin haben sich nach Erlass des Bewilligungsbescheides vom 18. April 2012 geändert. Wegen einer Erkrankung vom 9. August 2012 bis zum 8. März 2013 haben sich die vom Arbeitgeber gezahlten Beträge reduziert, stattdessen hat sie Krankengeld bzw. Übergangsgeld bezogen.

Diese Änderung führte zu einem Wegfall bzw. zur Minderung des Anspruchs der Klägerin auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Denn die Klägerin hat durch diese Änderung in den Monaten Oktober 2012 bis Februar 2013 die Hinzuverdienstgrenzen nach § 96a SGB VI überschritten.

aa. § 96a SGB VI legt für Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit Hinzuverdienstgrenzen fest. Dies entspricht der Lohnersatzfunktion dieser Renten. Sie sollen den Einkommensverlust ausgleichen, der aus einer reduzierten Erwerbsfähigkeit folgt; erzielt eine versicherte Person trotz einer verminderten Erwerbsfähigkeit weiterhin Einkommen in relevanter Höhe, bedarf es keines Lohnersatzes. Daher reduziert § 96a SGB VI die Rentenzahlungen wegen verminderter Erwerbsfähigkeit um die Hälfte oder lässt sie ganz entfallen, wenn die nach Abs. 2 SGB VI bestimmten Hinzuverdienstgrenzen überschritten werden. § 96a SGB VI soll auch verhindern, dass eine versicherte Person durch Rente und Hinzuverdienst aus einer Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit ein höheres Gesamteinkommen erzielen kann als vor dem Eintritt des Versicherungsfalls (BT Drucks 13/2590, S. 19 f., 23; dazu BVerfG, Beschl. vom 14 Juni 2006 - 1 BvR 154/05 -, juris, Rn. 9; BSG, Urteil vom 09. Oktober 2012 B 5 R 8/12 R –, juris, Rn. 22).

bb. Das Einkommen der Klägerin in den Monaten Oktober 2012 bis Februar 2013 überschritt die Hinzuverdienstgrenzen. Denn sowohl die Zuschüsse ihres Arbeitgebers als auch das während der Krankheit bezogene Kranken- und Übergangsgeld sind als Einkommen anzurechnen.

Zum Einkommen zählen nach § 96a Abs. 3 S. 1 Nr. 1 und Nr. 3 SGB VI das Krankengeld und das Übergangsgeld. Dabei ist als Hinzuverdienst das der Sozialleistung zugrunde liegende monatliche Bemessungsentgelt zu berücksichtigen. Als Hinzuverdienst wird also nicht der niedrigere Zahlbetrag der Sozialleistung, sondern fiktiv das der Sozialleistung zu Grunde liegende, höhere monatliche Bemessungsentgelt berücksichtigt. Diese Regelung ist eine Konsequenz des gesetzlichen Konzepts, dass Sozialleistungen generell niedriger sind als das zuvor erzielte Erwerbseinkommen. Der Bezug von Sozialleistungen soll keine finanziellen Vorteile mit sich bringen und es soll kein Anreiz geschaffen werden, die Erwerbstätigkeit zu Gunsten von Sozialleistungen aufzugeben (vgl. BSG, Urteil vom 31. Januar 2008 - B 13 R 23/07 R -, juris, Rn. 42 f.). Deshalb wird als Kranken- und Übergangsgeld auch nur ein bestimmter Anteil des vorher erzielten Erwerbseinkommens gezahlt. Würde bei gleichzeitigem Bezug von Erwerbsminderungsrente und einer anderen Sozialleistung nur der Zahlbetrag dieser anderen Sozialleistung als Hinzuverdienst angerechnet, würde die Erwerbsminderungsrente im Ergebnis die Differenz zwischen der anderen Sozialleistung und dem Erwerbseinkommen ausgleichen. Gewollt ist aber, dass das Gesamteinkommen während des Bezugs von Sozialleistungen unter das Niveau des Erwerbseinkommens absinkt.

Zum Einkommen zählen unzweifelhaft auch die Arbeitgeberzuschüsse zum Krankengeld. Einkommen ist nach § 96a Abs. 1 SGB VI vor allem das Arbeitsentgelt. Der Begriff des Arbeitsentgelts ist in § 14 SGB IV definiert (vgl. BSG, Urteil vom 10. Juli 2012 – B 13 R 81/11 R -, juris, Rn. 30, m.w.N., st. Rspr.). Nach dessen Abs. 1 S. 1 sind Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Nach dieser umfassenden Definition zählen zum Arbeitsentgelt auch Zuschüsse des Arbeitgebers zum Krankengeld (vgl. Fichte, in: Hauck/Noftz, SGB VI Kommentar, Stand 12/14, § 96a, Rn. 8). § 14 Abs. 1 S. 3 SGB IV verweist auf das Einkommenssteuerrecht; Krankengeldzuschüsse sind steuerpflichtig (vgl. Benner/Niermann, Lohnsteuer und Sozialversicherung – Arbeitslohn und Arbeitsentgelt, in: BB Beilage Nr. 2/2008, S. 1/19).

Die genannten Regelungen führen dazu, dass der (teilweise fiktiv berechnete) Hinzuverdienst i.S.d. § 96a SGB VI steigt und ihr Anspruch auf Erwerbsminderungsrente entsprechend sinkt, obwohl die der Klägerin zur Verfügung stehende Summe aus Arbeitsentgelt und Kranken- bzw. Übergangsgeld unverändert geblieben ist. Das Gericht sieht weder Spielraum noch Anlass, im Fall der Klägerin von den genannten Berechnungsvorschriften abzuweichen. Es liegt insbesondere keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem vor. Anders als die Klägerin meint, soll ihr Einkommen nämlich aus den o.g. Gründen während ihrer Erkrankung und des damit verbundenen Sozialleistungsbezuges gerade nicht genauso hoch bleiben wie während der Erwerbstätigkeit. Gleicht der Arbeitgeber die Differenz zwischen dem Krankengeld und dem Erwerbseinkommen aus, und sinkt dadurch die Erwerbsminderungsrente, wird diesem Ziel im Ergebnis Rechnung getragen.

cc. Zu Recht hat die Beklagte das Überschreiten der Hinzuverdienstgrenzen im August und September 2012 unberücksichtigt gelassen. Ein Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze um jeweils einen Betrag bis zur Höhe der Hinzuverdienstgrenze bleibt nach § 96a Abs. 2 SGB VI im Laufe eines jeden Kalenderjahres zweimalig außer Betracht. Sofern die Hinzuverdienstgrenze mehr als zweimal je Kalenderjahr überschritten wird, erfolgt eine chronologische Bestimmung der maßgebenden Überschreitensmonate. Eine Prüfung nach dem Günstigkeitsprinzip ist – anders als die Klägerin wünscht – nicht vorzunehmen. Die Anwendung des sog. Vormonatsprinzips ermöglicht sachgerechte Lösungen, ist für die Verwaltung praktikabel und führt zu Rechtssicherheit in einen vertretbaren Zeitraum (vgl. BSG, Urteil vom 26. Juni 2008 B 13 R 119/07 R -, juris, Rn. 24 ff. m.w.N; Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 11. Oktober 2011 - L 2 R 292/10 -, juris, Rn. 21). Dass ein zweimaliges Überschreitender Hinzuverdienstgrenzen unbeachtlich bleibt, ist eine die Leistungsberechtigten begünstigende Ausnahme. Auch wenn es der Klägerin wünschenswert erscheint, muss eine solche Privilegierung nicht so ausgestaltet oder angewendet werden, dass alle leistungsberechtigten Personen in ihrer individuellen Lebens- und Einkommenssituation die jeweils höchstmögliche Zahlung erhalten können.

Weitere Fehler auf Tatbestandsseite die Klägerin nicht geltend und sind auch nicht ersichtlich. Insbesondere sind die Berechnungen der Beklagten zur Hinzuverdienstgrenze und den monatlichen Einkünften für die einzelnen Monate von der Klägerin nicht angegriffen worden und erscheinen fehlerfrei. Die Beklagte hat auch die Jahresfrist der § 48 Abs. 4 i.V.m. § 45 Abs. 4 S. 2 SGB X eingehalten.

b. Die Beklagte hat auch das in § 48 Abs. 1 S. 2 SGB X eingeräumte gebundene Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Das Wort "soll" in § 48 Abs. 1 S. 2 SGB X bedeutet, dass der Leistungsträger in der Regel den Bescheid rückwirkend aufheben muss, er jedoch in atypischen Fällen nach seinem Ermessen hiervon abweichen kann. Ein atypischer Fall, der vom Regelfall des gesetzlichen Rücknahmetatbestandes signifikant abweicht, ist nicht gegeben. Es besteht insbesondere kein Anlass, es der Klägerin zu Lasten der Versichertengemeinschaft zu ermöglichen, Spielschulden ihrer volljährigen Tochter zurückzuzahlen. Auch das Absinken der Einkünfte während einer Erkrankung ist gewollt und begründet keinen atypischen Härtefall.

Die Beklagte hat mit ihrem Teilabhilfebescheid auch berücksichtigt, dass ihr Aufhebungsrecht im Rahmen von § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X der Höhe nach beschränkt ist, wenn – wie es bei Schwellenwerten möglich ist – wegen eines geringeren zusätzlichen Einkommens ein Leistungsanspruch in größerer Höhe wegfällt. In diesen Fällen ist die Bewilligung nur insoweit aufzuheben, als das nachträglich erzielte Einkommen die Verdienstgrenze überschreitet (ausführl. BSG, Urteil vom 23. März 1995 - 13 RJ 39/94 -, juris, Rn. 47).

2. Die Rückforderung beruht auf § 50 Abs. 1 SGB X und ist fehlerfrei ergangen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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