S 21 EG 1/13

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Wiesbaden (HES)
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
21
1. Instanz
SG Wiesbaden (HES)
Aktenzeichen
S 21 EG 1/13
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 5 EG 8/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beklagte bei der Berechnung des Elterngeldes auch Einkommen der Klägerin zu berücksichtigen hat, das aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens nicht in Deutschland zu versteuern war.

Der Beklagte bewilligte der Klägerin mit Bescheid vom 26.11.2012 Elterngeld für die ersten zwölf Lebensmonate ihrer am xx.xx.2012 geborenen Tochter (1. Lebensmonat: 0 Euro; 2. Lebensmonat: 79,56 Euro; 3. bis 12. Lebensmonat: 596,76 Euro). Hierbei setzte er für die ersten sechs Monate des Bemessungszeitraumes (August 2011 bis Juli 2012) das vor der Geburt erzielte und für das Elterngeld maßgebliche Einkommen der Klägerin mit 0 Euro an. Hiergegen legte die Klägerin am 07.12.2012 Widerspruch ein und führte aus, dass ihr Einkommen aus den Monaten September 2011 bis Januar 2012 sowie aus dem Monat August 2012 nicht berücksichtigt worden sei. Eine etwaige Steuerfreiheit schließe die Berücksichtigung bei der Elterngeldberechnung nicht aus. Zumindest sei diese Regelung verfassungswidrig. Ferner sei sie im Jahr 2011 mit ihrem Ehemann gemeinsam steuerlich veranlagt worden, so dass sie Einkommenssteuer bezahlt habe.

Mit dem darauf ergehenden Teil-Abhilfebescheid vom 22.01.2015 wurde das Einkommen aus August 2012 nachträglich berücksichtigt und der Klägerin ein höheres Elterngeld bewilligt (1. Lebensmonat: 0 Euro; 2. Lebensmonat: 85,20 Euro; 3. bis 12. Lebensmonat: 638,85 Euro). Eine Berücksichtigung des nicht in Deutschland versteuerten Einkommens in nun noch vier Monaten des Bemessungszeitraums (Oktober 2011 bis Januar 2012) erfolgte weiterhin nicht.

Der von der Klägerin aufrecht erhaltene Widerspruch vom 07.12.2012 wurde mit Widerspruchsbescheid vom 13.02.2013 zurückgewiesen.

Die Klägerin hat, vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten, am 14.03.2013 Klage erhoben. Zur Begründung verweist sie erneut darauf, dass sie im Jahr 2011 gemeinsam mit ihrem Ehemann steuerlich veranlagt worden sei. Ferner verstoße die Voraussetzung der Inlandsversteuerung gegen die Grundrechte.

Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 26.11.2012 in Gestalt des Teil-Abhilfebescheides vom 22.01.2013 und den Widerspruchsbescheid vom 13.02.2013 sowie den Neufeststellungsbescheid vom 04.10.2013 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, Elterngeld unter Berücksichtigung des im Bemessungszeitraum im Ausland erzielten Einkommens der Klägerin zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Der Beklagte erwidert, dass das Gesetz vorschreibe, dass als Einkommen aus Erwerbstätigkeit die Summe der positiven im Inland zu versteuernden Einkünfte zu berücksichtigen sei. Eine andere Entscheidung entgegen der eindeutigen rechtlichen Lage sei nicht möglich.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung am 19.06.2015 gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Der Bescheid vom 26.11.2012 in Gestalt des Teil-Abhilfebescheides vom 23.01.2013 und der Widerspruchsbescheid vom 13.02.2013 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Berücksichtigung des in den Monaten Oktober 2011 bis Januar 2012 des Bemessungszeitraumes erzielten, in Deutschland nicht versteuerten Einkommens und damit keinen Anspruch auf höheres Elterngeld.

Nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) wird das Elterngeld in Höhe von 67 Prozent des Einkommens aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt des Kindes gewährt. Nach § 2 Absatz 1 Satz 3 BEEG errechnet sich das Einkommen aus Erwerbstätigkeit nach Maßgabe der §§ 2c bis 2f BEEG aus der um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben verminderten Summe der positiven Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 des Einkommenssteuergesetzes (Nummer 1), Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 des Einkommenssteuergesetzes (Nummer 2), die im Inland zu versteuern sind und die die berechtigte Person durchschnittlich monatlich im Bemessungszeitraum nach § 2b oder in den Monaten der Bezugszeit nach § 2 Absatz 3 hat.

Nur die im Inland zu versteuernden Einkünfte sind für die Elterngeldberechnung relevant. Der Zusatz "die im Inland zu versteuern sind" wurde durch das Haushaltsbegleitgesetz 2011 vom 09.12.2010 (BGBl. I S. 1885) mit Wirkung zum 01.01.2011 in § 2 Absatz 1 Satz 3 eingefügt. Einkünfte, die im Inland steuerbefreit sind, Einnahmen, die nach deutschem Steuerrecht zwar als Einkünfte zu qualifizieren wären, aber aufgrund von supra- oder internationalen Regelungen für einen bestimmten Personenkreis nicht nach deutschem Recht zu versteuern sind, und Einnahmen, die nur nach ausländischem Steuerrecht zu versteuern sind oder überhaupt keiner staatlichen Besteuerung unterliegen, sind bei der Elterngeldberechnung außer Betracht zu lassen (siehe hierzu die Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 17/3030 S. 48). Maßgebend für diese Abweichung von den einkommenssteuerrechtlichen Grundsätzen ist der Umstand, dass die Eltern mit dem als Einkommensersatzleistung ausgestalteten Elterngeld einen Teil des von ihnen durch eine Erwerbstätigkeit geleisteten Beitrags zur wirtschaftlichen Stabilität des Landes zurückerhalten (s. hierzu Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend auf eine Anfrage der Fraktion DIE LINKE, BT-Drucks. 17/5016). Diese gesamtwirtschaftliche Wirkung gilt nur für im Inland zu versteuernde Einnahmen. Soweit ein Anspruch auf Elterngeld aufgrund der fehlenden Einbeziehung von im Ausland versteuerten Einkommen sehr gering ausfällt, besteht auch hier die Mindestabsicherung über den Anspruch auf Elterngeld in Höhe des Mindestbetrages von 300 Euro gemäß § 2 Absatz 4 BEEG.

Der Beklagte hat demnach richtigerweise die Einkünfte der Klägerin in den Monaten Oktober 2011 bis Januar 2012 des Bemessungszeitraumes bei der Elterngeldberechnung außer Betracht gelassen, da diese Einkünfte aufgrund des Doppelbesteuerungsabkommens mit Japan nicht in Deutschland zu versteuern waren. Auch die Tatsache, dass die Klägerin im Jahr 2011 mit ihrem Ehemann gemeinsam steuerlich veranlagt worden ist, ändert nichts daran, dass ihre eigenen, in den hier relevanten Monaten Oktober 2011 bis Januar 2012 erzielten Einkünfte nicht zu versteuern waren und daher auch nicht versteuert wurden. Der Steuerbescheid für das Jahr 2011 vom 20.08.2012 setzt nur die auf die Einkünfte des Ehemanns der Klägerin zu zahlenden Steuern fest.

Das Gericht hat auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken hinsichtlich der vom Beklagten getroffenen Entscheidung. Das Bundessozialgericht hat zwar bislang nur ausgeführt, dass es in dem Fall, in dem die elterngeldberechtigte Person in den Monaten, in denen die elterngeldrelevanten Einkünfte aufgrund einer fehlenden Inlandsbesteuerung mit 0 Euro angesetzt wurden, im Ausland gelebt hat, keine Verletzung des Artikels 3 Absatz 1 des Grundgesetzes sieht (Urteil vom 20.05.2014 B 10 EG 2/14 R). Aber auch im vorliegenden Fall sieht das Gericht keine offensichtliche Verfassungswidrigkeit bei der grundsätzlichen Ausklammerung von Einkommen, auf das keine Einkommenssteuer zu entrichten ist. Denn der gesetzgeberische Gestaltungsspielraum ist umso weiter, je weniger eine Sozialleistung auf eigenen (Beitrags-)Leistungen beruht (s. hierzu Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 06.07.2004 – 1 BvR 2515/95). Bei der Ausgestaltung steuerfinanzierter Sozialleistungen, die nicht auf eigenen Beiträgen des Anspruchsberechtigten beruhen – wie es beim Elterngeld der Fall ist -, steht dem Gesetzgeber daher ein weiter Gestaltungsspielraum zu.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz und entspricht dem Ausgang des Verfahrens.
Rechtskraft
Aus
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