S 9 R 146/14

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Wiesbaden (HES)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Wiesbaden (HES)
Aktenzeichen
S 9 R 146/14
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 5 R 303/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 13 R 105/19 B
Datum
Kategorie
Urteil
1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung über den 28.02.2013 hinaus streitig.

Der 1958 geborene Kläger ist nach seinen Angaben gelernter Fliesenleger. Nach den Feststellungen der Beklagten sei er nach Tätigkeiten als Waldarbeiter zuletzt bis 2001 im Palettenbau beschäftigt gewesen.

Der Kläger beantragte am 14.08.2009 die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Nach beratungsärztlicher Auswertung der vorliegenden ärztlichen Unterlagen gewährte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 23.10.2009 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 01.09.2009 bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze und mit weiterem Bescheid vom 22.12.2009 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit vom 01.03.2010 bis 28.02.2013.

Am 19.11.2012 beantragte der Kläger die Weitergewährung der Rente wegen voller Erwerbsminderung. Die Beklagte zog ärztliche Unterlagen bei und veranlasste eine sozialmedizinische Untersuchung durch Frau Dr. C. Diese kam in ihrem Gutachten vom 21.01.2013 zu dem Ergebnis, dass der Kläger wieder in der Lage sei, leichte Arbeiten mit Einschränkungen sechs Stunden und mehr täglich zu verrichten.

Im Hinblick auf die ärztlichen Feststellungen lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 11.02.2013 den Antrag auf Weiterzahlung ab, weil der Kläger wieder mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein könne. Ab dem 01.03.2013 liege auch keine teilweise Erwerbsminderung mehr vor. Der Bescheid vom 23.10.2009 werde daher nach § 48 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) aufgehoben.

Hiergegen hat der Kläger am 26.02.2013 Widerspruch erhoben, weil sein gesundheitlicher Zustand sich nicht verbessert, sondern verschlechtert habe. Er leide als Dauerfolge eines Unfalles unter permanenten Schmerzen an den unfallgeschädigten Stellen, insbesondere an der linken Schulter und Ellbogen sowie im linken Beckenbereich.

Im Hinblick auf die aufschiebende Wirkung des eingelegten Widerspruchs wies die Beklagte mit Bescheid vom 22.04.2013 die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung mit Wirkung ab dem 01.03.2013 wieder an.

Mit Schreiben vom 15.05.2015 hörte die Beklagte den Kläger zur Entziehung der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab dem 01.03.2013 an. Während des Widerspruchsverfahrens veranlasste die Beklagte eine orthopädische Untersuchung des Klägers durch Dr. D. Dieser kam in seinem Gutachten vom 06.11.2013 zu dem Ergebnis, dass der Kläger wieder in der Lage sei, leichte bis mittelschwere Arbeiten mit Einschränkungen sechs Stunden und mehr täglich zu verrichten.

Schließlich wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 02.04.2014 zurück. In den Gründen heißt es, dass der Kläger über den 28.02.2013 hinaus weder voll noch teilweise erwerbsgemindert sei. Daraus ergebe sich einerseits, dass die zeitlich bis zum 28.02.2013 befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 28.02.2013 hinaus nicht mehr zu gewähren sei. Andererseits habe sich aufgrund des wieder erlangten Leistungsvermögens gegenüber den Verhältnissen, die bei Erteilung des Bescheides vom 23.10.2009 über die Gewährung der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung maßgebend gewesen seien, eine wesentliche Änderung ergeben. Da der Kläger wieder für Arbeiten von zumindest sechs Stunden täglich leistungsfähig sei, sei die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zutreffend mit Wirkung für die Zukunft, d.h. ab dem 01.03.2013 entzogen worden. Auch sei der Kläger nicht berufsunfähig. Der Kläger sei entsprechend seiner zuletzt rentenversicherungspflichtig ausgeübten Beschäftigung der Gruppe der ungelernten Arbeiter zuzuordnen. Als ungelernter Arbeiter dürfe er auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden.

Am 05.05.2014 hat der Kläger Klage erhoben.

Zur Begründung hat er vorgetragen, dass sich sein Gesundheitszustand in den letzten Jahren nur verschlechtert habe. Zu den bereits damals bekannten Bewegungseinschränkungen seien noch weitere Krankheiten und Bewegungseinschränkungen hinzugekommen.

Das Gutachten des Dr. E. vom 28.05.2015 sei in keinster Weise nachvollziehbar. Insbesondere im Hinblick auf die Schmerzsymptomatik seien die Gutachtensergebnisse nicht verwertbar. Es sei ein Gegengutachten eines Schmerzspezialisten einzuholen. Ferner sei zu beachten, dass er täglich Schmerzmittel einnehme. So habe er am Tage der Untersuchung zwischen 07.00 und 07.30 Uhr eine Ibopfam 800 mg eingenommen. Ebenfalls habe er bis kurz vor der Untersuchung ein Morphiumpflaster getragen, welches ebenfalls die Schmerzen lindere. Nur so seien die getroffenen Befunde zu erklären.

Unter Einsatz von Schmerzmitteln gelinge es ihm, seinen Alltag mit reduzierter Schmerzsymptomatik zu bewältigen. Es sei jedoch zu erwarten, dass, wenn die Belastung gesteigert werde, auch die Schmerzen im gleichen Maße zunehmen würden, so dass die bisher eingenommene Dosis nicht mehr ausreichen werde, um ihn über den Tag zu helfen.

Der Kläger beantragt:
1. Der Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Hessen vom 11.02.2013, ergänzt durch den Bescheid vom 22.04.2013, in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.04.2014 wird aufgehoben.
2. Die Beklagte wird verpflichtet, an den Kläger eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 01.03.2013 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Die Beklagte vertritt die Auffassung, dass das auf Anordnung des Gerichts erstattete Sachverständigengutachten des Dr. E. bestätigt habe, dass das Leistungsvermögen des Klägers über den 28.02.2013 hinaus nicht in rentenmaßgeblichem Umfang herabgesetzt sei.

Das Gericht hat im Rahmen der Sachaufklärung Befundberichte behandelnder Ärzte des Klägers beigezogen. Ferner hat es von Amts wegen ein orthopädisches Gutachten des Dr. E. vom 28.05.2015 eingeholt. Der Sachverständige kam zu der Bewertung, dass der Kläger in der Lage sei, leichte Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich unter Berücksichtigung bestimmter Funktionseinschränkungen auszuüben. Das festgestellte Leistungsvermögen bestehe seit dem 01.03.2013.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die Archivakte des Sozialgerichts Wiesbaden (Az. S 9 R 250/14 ER) und die Verwaltungsakten der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Die Bescheide der Beklagten vom 11.02.2013 und 22.04.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.04.2014 sind rechtmäßig. Der Kläger hat über den 28.02.2013 hinaus keinen Anspruch auf Zahlung einer Rente wegen Erwerbsminderung (§§ 43, 240 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch - SGB VI -). Das Gericht sieht im Hinblick auf die insoweit zutreffende Begründung des Widerspruchsbescheides vom 02.04.2014, der das Gericht folgt, von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Ergänzend:

Auch die Ermittlungen im Klageverfahren haben keine weitergehenden Erkenntnisse zu Gunsten des Klägers erbracht. Aus den beigezogenen ärztlichen Unterlagen sowie dem von Amts wegen eingeholten Gutachten des Dr. E. vom 28.05.2015 ergibt sich kein Befund, der eine von der Beklagten getroffenen quantitativen Leistungsbeurteilung abweichende Einschätzung rechtfertigen würde.

Das Gericht stützt seine Überzeugung insbesondere auf das hinsichtlich seiner Diagnoseerhebung und sozialmedizinischen Schlussfolgerung widerspruchsfreie und inhaltlich nachvollziehbare Gutachten des Dr. E. vom 28.05.2015. Das Gericht hat aufgrund der getroffenen Feststellungen keinen Anlass, an der Richtigkeit der gutachterlichen Bewertungen des Dr. E., die im Einklang mit den Bewertungen der Frau Dr. C. (vgl. Gutachten vom 21.01.2013) und des Dr. D. (vgl. Gutachten vom 06.11.2013) stehen, zu zweifeln und hält in einer Gesamtbetracht aller ärztlichen Berichte und Gutachten die Einholung von weiteren Gutachten für nicht erforderlich. Dr. E., ein in der Begutachtung von Rentenbewerbern langjährig erfahrener Sachständige mit besonderen Kenntnissen im Bereich der speziellen Schmerztherapie, hat die bestehende Schmerzsymptomatik hinreichend beschrieben und in der Leistungsbeurteilung berücksichtigt.

Die vorliegenden qualitativen Einschränkungen begründen keine durchgreifenden Zweifel daran, dass der Kläger Erwerbstätigkeiten unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes ausüben kann. Sie sind weder im Einzelnen noch in der Summe so spezifisch oder ungewöhnlich, dass die Verschlossenheit des Arbeitsmarktes in Erwägung gezogen werden müsste.

Zusammenfassend ist unter Berücksichtigung aller vorliegenden ärztlichen Unterlagen sowie dem Vorbringen der Beteiligten festzustellen, dass der Kläger, der im Hinblick auf seine zuletzt rentenversicherungspflichtig ausgeübten Beschäftigung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt zu verweisen ist, seit dem 01.03.2013 wieder in der Lage ist, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden täglich zu arbeiten. Damit liegen über den 28.02.2013 hinaus die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht mehr vor.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, dass eine rentenrelevante Leistungsminderung über den 28.02.2013 hinaus nicht mehr festzustellen ist. Folglich war gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X in Verbindung mit § 100 Abs. 3 SGB VI die mit Bescheid vom 23.10.2009 gewährte Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung mit Wirkung ab dem 01.03.2013 zu entziehen. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 02.04.2014 Bezug genommen.

Die Klage war daher abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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