S 32 U 2/13

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Wiesbaden (HES)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
32
1. Instanz
SG Wiesbaden (HES)
Aktenzeichen
S 32 U 2/13
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 9 U 144/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass ihr Ehemann bei einem Arbeitsunfall verstorben ist.

1. Die Klägerin ist die Witwe von Herrn C. A., der am xx. xxx 2012 im Alter von 45 Jahren starb.

a. C. A. war Jäger und hielt einen Hund, der für die Suche nach angeschossenem Wild ausgebildet war. Dieser Hund ließ, hatte er das gesuchte Tier gefunden, nur auf Befehl von C. A. oder der Klägerin von diesem Tier ab. C. A. übernahm auf Anfrage von ihm bekannten Jägern einige Male mit seinem Hund die Nachsuche nach angeschossenen Tieren. Auch die Polizei bat ihn manchmal, ein angefahrenes Tier mit seinem Hund zu suchen. Außerdem nahm er mit dem Hund während der Jagdsaison an Treibjagden teil.

Am 3. Mai 2012 fand in einem benachbarten Revier eine Jagd statt. Jagdpächter des betroffenen Gebietes war Herr D., der mit dem Jagdgast Herrn E. jagte. C. A. war an dieser Jagd zunächst nicht beteiligt. Am Abend schoss der Jagdgast ein Reh an. Der Jagdpächter wandte sich daraufhin an den Jagdaufseher, um eine Nachsuche durchführen. Der Jagdaufseher war ein Bruder von C. A. Weil der Jagdaufseher keinen eigenen Hund zur Verfügung hatte, bat er C. A. mit dessen Hund hinzu. Im Verlauf der Nachsuche verstarb C. A. Der Notarzt vermutete einen tödlichen Genickbruch in Folge eines Sturzes als Todesursache.

b. Der Jagdaufseher (und Bruder des Verstorbenen) schilderte am Unfalltag den Ablauf gegenüber der Polizei. Er sei vom Jagdgast angerufen worden, weil dieser ein Stück Wild angeschossen habe, das im Wald verschwunden sei. Er habe dann seinen Bruder C. A. angerufen und ihn gebeten, die Suche mit seinem Jagdhund zu unterstützen. Jagdaufseher, Jagdgast und C. A. hätten sich dort getroffen, wo der Jagdgast das Tier angeschossen hatte. Anschließend wollten alle drei Personen einen Bachlauf überqueren, was an dieser Stelle kaum möglich gewesen sei. Da der Hund den kürzesten Weg habe nehmen wollen, hätten sich die drei Personen getrennt. Jagdgast und Jagdaufseher hätten den Hund auf der anderen Seite des Bachlaufs übernehmen wollen, damit der Hund die Fährte weiter verfolgen konnte. C. A. habe dann den Bach an einer für ihn geeigneten Stelle überqueren wollen. Nachdem die beiden den Hund übernommen hatten und die Fährte zu verfolgen begannen, hätten sie zeitnah das Fehlen von C. A. bemerkt und ihn am Bachlauf liegend gefunden.

Der Jagdgast schilderte der Polizei am Unfalltag folgenden Ablauf: Er habe sich mit den Brüdern A. auf einer Nachsuche nach einem angeschossenen Reh befunden. Der Hund des C. A. habe die Fährte des Tieres bis zu einem Bachlauf verfolgt und den Bach an einer unzugänglichen Stelle überqueren wollen. Er selbst und der Jagdaufseher hätten sich entschlossen, den Bach etwa 10 m entfernt zu überqueren und von dort den von C. A. geführten Hund zu übernehmen. C. A. habe den Bach dann, nach Übergabe des Hundes, ebenfalls 10 m weiter überqueren wollen. Da der Hund die Fährte weiter verfolgt habe, sei er mit dem Jagdaufseher einige Meter vorgegangen, in der Annahme, dass C. A. folgen würde. Nach einigen Metern habe man sein Fehlen bemerkt.

Die Polizei hielt es für wahrscheinlich, dass C. A. an der steilen Uferböschung ausgerutscht und so unglücklich gestürzt sei, dass er sich das Genick gebrochen habe. Es sei nicht auszuschließen, dass ein Herz-Kreislaufversagen zuvor den Sturz verursacht haben könnte. C. A. sei sehr stark übergewichtig gewesen (ca. 180 kg Körpergewicht bei einer Größe von 185 cm). Eine Obduktion wurde nicht durchgeführt.

2. Der Jagdpächter zeigte der Beklagten am 7. Mai 2012 das Ereignis als Arbeitsunfall an.

In seiner Unfallanzeige an die Beklagte vom 7. Mai 2012 beschreibt der Jagdpächter: "C. A. wurde vom Jagdaufseher zur Wildverfolgung (Nachsuche) angefordert. Her gingen der Jagdgast, der Jagdaufseher und C. A. vom Anschuss des Wildes aus über einen Bach. Als der Jagdgast und der Jagdgast bemerkten, dass C. A. ihnen nicht gefolgt war, gingen sie zurück und fanden ihn leblos am Boden." Am 8. Mai 2012 ergänzte er: "Der Jagdgast [ ...] hatte [ ...] ein Reh angeschossen. Um das Reh nachzusuchen, hatte er meinen Jagdaufseher F. A. angerufen. F. A. beauftragte dann C. A. mit seinem Hund zur Nachsuche."

Mit Bescheid vom 17. Juli 2012 lehnte die Beklagte es gegenüber der Klägerin ab, Leistungen nach dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren. Bei dem Unfall des Verstorbenen habe es sich nicht um einen Arbeitsunfall gehandelt. Er habe zum Unfallzeitpunkt keine bei der Beklagten versicherte Tätigkeit ausgeübt. Er unterfalle nicht der Unfallversicherung für Jagdpächter und deren mitarbeitende Familienangehörige (§ 2 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. § 123 Abs. 1 Nr. 5 SGB VII). Er sei auch nicht als Arbeitnehmer des Jagdpächters beschäftigt gewesen (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII). Seine Tätigkeit sei auch nicht als sog. Wie-Beschäftigung" versichert (§ 2 Abs. 2 SGB VII). Eine versicherte Tätigkeit liege vor, wenn die Verrichtung nicht zur typischen Jagdausübung durch Jagdgäste gehöre und sonst von abhängig beschäftigten Personen verrichtet werden könnte. Die Tätigkeit der Nachsuche sei unfallversicherungsrechtlich der aktiven und typischen Jagdausübung zuzuordnen. Denn insbesondere sei der Hundeführer bei erfolgreicher Suche nach dem angeschossenen Tier berechtigt, es zu schießen. Es handele sich auch nicht um eine arbeitnehmerähnlich, weisungsgebundene Tätigkeit.

In ihrem Widerspruch führte die anwaltlich vertretene Klägerin aus, "allein" der Jagdaufseher habe die Nachsuche "eigenständig und eigenverantwortlich" durchgeführt. C. A. habe "allein die Aufgabe [gehabt], den Hund zum Anschuss zu bringen und zur Nachsuche zur Verfügung zu stellen." Er sei dabei als Jagdhelfer einzuordnen, denn der Jagdaufseher sei ihm gegenüber weisungsbefugt gewesen. Als die Spur an einer unzugänglichen Stelle über einen Bach führte, habe nämlich der Jagdaufseher entschieden, dass C. A. mit dem Hund an der Spur warten solle, während er selbst mit dem Jagdgast den Bach an einer anderen Stelle überquere. Der Jagdaufseher habe den Hund dann von der anderen Uferseite aus übernommen und habe C. A. angewiesen, den Bach ebenfalls zu überqueren und "in einigem Abstand zu folgen". C. A. sei daher nicht als Schweißhundeführer, sondern als Jagdhelfer einzuordnen und in dieser Funktion versichert.

Mit Widerspruchsbescheid vom 5. Dezember 2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Es sei unerheblich, wer der Brüder A. die Nachsuche durchführte. Denn die Tätigkeit der Nachsuche sei nicht versichert. Der Jagdaufseher F. A. habe als nicht versicherte Person gehandelt. Wenn er eine weitere Person in diese Nachsuche einbezogen habe, sei diese ebenfalls nicht versichert. Es habe keine Verbindung zum Unternehmen des Jagdpächters bestanden.

3. Dagegen hat die Klägerin am 3. Januar 2013 Klage zum Sozialgericht Wiesbaden erhoben.

Sie meint, ihr früherer Ehemann sei als Jagdhelfer tätig geworden und dabei als Arbeitnehmer nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versichert gewesen. Für die Nachsuche sei ausschließlich, eigenständig und eigenverantwortlich der Jagdaufseher (sein Bruder) zuständig gewesen, der vom Jagdpächter mit dieser Aufgabe betraut worden sei. Der Verstorbene habe nicht selbst die Nachsuche durchgeführt, sondern sei vom Jagdaufseher nur gebeten worden, seinen Hund zur Verfügung zu stellen. Er habe allein die Aufgabe gehabt, den Hund zum Startpunkt der Nachsuche zu bringen und den Hund dann für die Nachsuche zur Verfügung zu stellen. Er habe danach den Weisungen des Jagdaufsehers unterstanden.

Auf den Einwand der Beklagten hin, dass C. A. in diesem Fall zum Unfallzeitpunkt gar keine Aufgabe bei der Nachsuche mehr gehabt hätte, teilte die Klägerin mit, der Verstorbene habe die Aufgabe gehabt, seinen Hund zu beobachten und – falls nötig – auf ihn einzuwirken.

Der Bevollmächtigte der Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 17. Juli 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Dezember 2012 aufzuheben und festzustellen, dass es sich bei dem Ereignis vom 3. Mai 2012 um einen Arbeitsunfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung gehandelt hat.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Ihrer Ansicht nach ist der Verstorbene nicht nach dem SGB VII versichert gewesen. Falls er, wie zunächst vorgetragen, nur seinen Hund zum Startpunkt der Suche gebracht und dann zur Verfügung gestellt habe, habe er zum Zeitpunkt des Todes gar keine Aufgabe im Sinne des Jagdpächters mehr erfüllt, so dass ebenfalls keine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit ausgeübt wurde. Falls er damit betraut gewesen sei, seinen Hund zu beobachten und auf ihn Einfluss zu nehmen, sei diese Überwachung als Tätigkeit eines Schweißhundeführers einzuordnen und damit der Rechtsprechung nach selbständig und unternehmerähnlich. Ansonsten entspreche die Tätigkeit, den eigenen Hund zu beobachten und zu lenken, den allgemeinen Aufgaben eines Hundehalters und sei nicht arbeitnehmerähnlich.

Die Akte der Beklagten lag dem Gericht vor. Zum Sachverhalt wird ergänzend auf die Gerichts- und die Verwaltungsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig; sie ist insbesondere als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage statthaft, §§ 54 Abs. 1, 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG.

Die Klage ist aber unbegründet. Es ist nicht festzustellen, dass der Ehemann der Klägerin am 3. Mai 2016 einen Arbeitsunfall erlitten hat.

Nach § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von versicherten Personen infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Der Ehemann der Klägerin übte zum Zeitpunkt seines Todes keine versicherte Tätigkeit in diesem Sinne aus.

1. Eine Versicherung ergibt sich im vorliegenden Fall nicht aus § 2 Abs. 1 SGB VII. Der Verstorbene war nicht als landwirtschaftlicher Unternehmer i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 5, § 123 Abs. 1 Nr. 5 SGB VII tätig, weil er nicht Jagdpächter oder dessen mithelfender Familienangehöriger war. Er war auch nicht Beschäftigter i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII, denn es bestand unstreitig kein Arbeitsvertrag mit dem Jagdpächter.

2. Ein Versicherungsschutz ergibt sich auch nicht aus § 2 Abs. 2 SGB VII.

a. Diese Vorschrift schützt Personen bei Tätigkeiten, die unter vergleichbaren Umständen geleistet werden wie eine Beschäftigung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII. Bei § 2 Abs. 2 SGB VII handelt es sich nicht um eine Billigkeitsvorschrift, die immer dann eingreift, wenn einzelne Merkmale des Abs. 1 Nr. 1 – wie zum Beispiel die persönliche Abhängigkeit zum Arbeitgeber oder dessen Weisungsrecht – fehlen. Es müssen nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung des BSG vielmehr bestimmte Voraussetzungen vorliegen, die die Zurechnung des Haftungsrisikos zum nutznießenden Unternehmen rechtfertigen. Die versicherte arbeitnehmerähnliche Tätigkeit ist abzugrenzen sowohl von der bloßen Gefälligkeit als auch von der unternehmerähnlichen Tätigkeit, die beide nicht dem Schutz der Unfallversicherung unterfallen. Dabei sind folgende Anforderungen an eine versicherte arbeitnehmerähnliche Tätigkeit zu stellen: Es muss sich erstens um eine ernstliche, einem fremden Unternehmen dienende (Handlungstendenz) Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert handeln. Zweitens muss die Tätigkeit dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entsprechen. Drittens muss die Tätigkeit muss ihrer Art nach von Arbeitnehmern verrichtet werden können und regelmäßig verrichtet werden. Die Tätigkeit muss viertens konkret unter arbeitnehmerähnlichen Umständen vorgenommen worden sein (vgl. Hess. LSG, Urt. v. 12. April 2016 - L 3 U 171/13 -, juris, Rn. 22 m.w.N.).

b. Diese Voraussetzungen für einen Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 SGB VII sind hier nicht erfüllt. Dies gilt für alle im Verlauf des Verwaltungs- und Klageverfahrens geschilderten Abläufe, weshalb eine weitere Aufklärung des Sachverhalts und Anhörung der von der Klägerin benannten Zeugen nicht erforderlich ist.

aa. Die Kammer nimmt an, dass der Ehemann der Klägerin als Hundeführer mit eigener Verantwortung an der Nachsuche teilgenommen hat.

Dies ergibt sich aus den unfallnahen Formulierungen des Jagdaufsehers, des Jagdgasts und des Jagdpächters, denen die Kammer besonders hohes Gewicht beimisst. So teilte der Jagdpächter mit, der Ehemann der Klägerin sei "vom Jagdaufseher zur Wildverfolgung angefordert" worden; hierbei seien die drei Männer über einen Bach gegangen, wo sich der Unfall ereignete (s. Unfallanzeige, Telefonvermerk und Faxschreiben vom 8. Mai 2012). Auch der Jagdgast gab an, er habe "sich mit den Gebrüdern A. auf einer Nachsuche befunden" (s. Bericht des Polizeipräsidiums Koblenz vom 4. Mai 2012). Der Jagdaufseher gab an, er habe den Verstorbenen gebeten, die "Suche mit seinem Jagdhund zu unterstützen" (s. Ermittlungsbericht des Polizeipräsidiums Koblenz vom 4. Mai 2012). Auch die arbeitsteilige Vorgehensweise, die in der mündlichen Verhandlung von der Klägerin erneut bestätigt wurde, lässt die Nachsuche als gemeinsame Tätigkeit erscheinen, bei der dem Ehemann der Klägerin als Besitzer des suchenden Hundes eine zentrale Rolle zukam. Danach führte der Ehemann der Klägerin zu Beginn der Suche selbst den Hund und wartete, als die Spur an einer unzugänglichen Stelle durch einen Bach führte, zunächst ohne die beiden anderen Männer mit dem Hund unmittelbar an der Spur. Damit war der Ehemann der Kläger jedenfalls zunächst selbst der Schweißhundeführer. Als die beiden anderen Männer den Bach an einer anderen Stelle überquert und auf der gegenüberliegenden Seite die Spur wieder erreicht hatten, übernahmen sie den Hund. Die beiden anderen Männer setzten zwar die Suche sogleich fort, gingen aber davon aus, dass der Ehemann der Klägerin sehr schnell wieder zu ihnen stoßen würde, denn sie bemerkten sein Fehlen schon nach einigen Metern. Der Ehemann der Klägerin hatte selbst auch eine Waffe dabei, hatte diese aber nach den Angaben des Polizeiberichts in seinem Wagen gelassen (Todesermittlungsbericht, S. 4). Er hatte daher also die Aufgabe, den Hund zu führen, sollte aber nicht selbst das verletzte Tier erschießen. Für eine aktive und eigenverantwortliche Rolle des Ehemanns der Klägerin als Hundeführer spricht auch, dass nach Angaben der Klägerin nur ihr Ehemann und sie selbst in der Lage gewesen wären, beim Auffinden des angeschossenen Tieres auf den Hund einzuwirken. Hinzu kommt, dass der Kläger als erfahrener Schweißhundeführer bereits öfter in eigener Verantwortung Nachsuchen durchgeführt hatte. Es sind keine Gründe dafür ersichtlich, weshalb er trotz seiner großen Erfahrung und der engen Beziehung zu seinem Hund ausgerechnet bei der Suche am 3. Mai 2012 der Anweisungen seines Bruders bedurft hätte oder sich diesem hätte unterordnen sollen.

In diesem Fall war der Ehemann der Klägerin nicht gem. § 2 Abs. 2 SGB VII nach dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung versichert. Denn bei der Durchführung der Nachsuche in der Funktion des Schweißhundeführers handelt es sich nicht um eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit. Zwar ist die Nachsuche mit Schweißhund eine fremdnützige Tätigkeit, denn sie dient dem Jagdausübungsberechtigten, der zur Nachsuche gesetzlich verpflichtet ist (§ 22a BJagdG, § 27 Hess. JagdG). Die Nachsuche ähnelt aber deutlich einer unternehmerischen Tätigkeit. So verfügt ein Schweißhundeführer über Spezialwissen und Erfahrung im Umgang mit seinem eigenen Hund. Er bedient sich bei der Nachsuche seines eigenen Hundes und nutzt damit eigenes "Arbeitsgerät". Nimmt er an einer Jagd nicht selbst als Jäger oder als Jagdgast teil, bedarf er für seine Tätigkeit eines konkreten Auftrags im Einzelfall von einer Person, die in einem Jagdbezirk zur Jagd befugt ist, in dem das Wild angeschossen worden ist. Er ist allerdings nicht verpflichtet, dieser Bitte nachzukommen. Auch muss der Hundeführer in eigener Verantwortung darüber entscheiden, wie er seinen Hund lenkt und wie er die Nachsuche konkret gestaltet, um das verletzte Tier möglichst schnell zu finden. Im vorliegenden Fall war der Ehemann der Klägerin zuvor bereits für verschiedene andere Auftraggeber tätig geworden. Gleichzeitig weist die Nachsuche auch Elemente einer ebenfalls nicht nach dem SGB VII versicherten Gefälligkeit auf. Denn sie erfolgt nach Aussage der Ehefrau der Klägerin grundsätzlich unentgeltlich und ist Ausdruck der "Jägerehre". Im hier zu entscheidenden Fall kommt noch hinzu, dass der Ehemann der Klägerin auf die Bitte seines Bruders, also eines nahen Verwandten hin, tätig geworden ist.

bb. Einer genauen Aufklärung der Abläufe im Detail bedarf es aber nicht. Denn auch wenn man den ersten Schilderungen des Bevollmächtigten der Klägerin folgen wollte, die sich in der Widerspruchsbegründung aus dem Oktober 2012 finden, bestand kein Unfallversicherungsschutz. Denn nach diesen Angaben hat der Ehemann der Klägerin "allein" die Aufgabe gehabt, seinen Hund zum Startpunkt der Suche zu bringen und dort an den Jagdaufseher und den Jagdgast abzugeben. Für die Nachsuche sei der Jagdaufseher "ausschließlich", "allein" sowie "eigenverantwortlich und eigenständig" verantwortlich gewesen. In diesem Fall hat der Ehemann der Klägerin nach der Übergabe des Hundes an Jagdaufseher und Jagdgast gar keine fremdnützige Tätigkeit mehr ausgeübt. Er folgte aus rein persönlichem Interesse am Verlauf der Nachsuche oder dem Verhalten und Erfolg seines Hundes der Gruppe, die die Nachsuche ohne ihn durchführte.

cc. Auch die jüngsten Schilderungen des Ablaufs durch den Bevollmächtigten der Klägerin führen nicht zu einer anderen rechtlichen Bewertung.

Danach hätte der Ehemann der Klägerin nach der Überquerung des Baches und der damit verbundenen Übergabe des Hundes an einen der beiden anderen Männer weiterhin die Aufgabe gehabt, seinen Hund zu beobachten und falls nötig auf ihn einzuwirken. Dieser Schilderung kommt nur ein geringes Gewicht zu. Sie stammt vom Bevollmächtigten der Klägerin und damit nicht von einer Person, die an der Jagd teilgenommen hat. Auch wurde sie als dritte Version der Ereignisse erstmals im Juli 2013, d.h. lange nach den Ereignissen geäußert und reagiert offenkundig auf die überzeugende Argumentation der Beklagten, dass der Verstorbene bei der zunächst geschilderten Version zum Todeszeitpunkt gar keine Aufgabe mehr gehabt hat.

Selbst wenn man diesen Ablauf trotzdem als wahr unterstellt, stand der Ehemann der Klägerin nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 2 Abs. 2 SGB VII. Denn auch nach dieser Schilderung handelte der Ehemann der Klägerin weiterhin nicht arbeitnehmerähnlich. Weil der Hund besonders gut – beim Auffinden des verletzten Tieres sogar ausschließlich – dem Ehemann der Klägerin gehorcht hat, hatte der Ehemann der Klägerin ununterbrochen die Kontrolle über seinen Hund als zentrales "Werkzeug" der Nachsuche. In diesem Fall ist unerheblich, dass einer der beiden anderen Männer zwischenzeitlich die Hundeleine festgehalten hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
Saved