L 1 B 19/01 P-ER

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 16 P 111/00 ER
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 1 B 19/01 P-ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 22. Januar 2001 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Beschwerdeführer (Bf.) macht gegenüber der Beschwerdegegnerin (Bg.) im Wege der Eilentscheidung die Auszahlung eines von der Bg. bereits gepfändeten Betrags i. H. v. insgesamt 1.107,80 DM geltend.

Die Bg. teilte dem Bf. mit Bescheid vom 11. November 1998 mit, er werde ab 01. Juli 1992 als landwirtschaftlicher Unternehmer krankenversichert. Darüber hinaus bestehe ab 01. Januar 1995 Mitgliedschaft in der gesetzlichen Pflegeversicherung. Die Beitragsforderung betrage 13.325,26 DM. Dagegen legte der Bf. am 12. Februar 1999 sinngemäß Widerspruch ein. Er habe keine Landwirtschaft im Sinne der Beklagten. Er beziehe Arbeitslosenhilfe und sei bei der AOK versichert. Die Beklagte habe an ihn keine Ansprüche zu stellen.

Unter dem 16. Februar 1999 teilte die Bg. dem Bf. unter anderem mit, dass trotz des eingelegten Widerspruchs zunächst Zahlungspflicht gem. § 62 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) i. V. m. § 86 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bestehe. Am 14. Mai 1999 erließ sie sodann eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung gegenüber dem Staatlichen Amt für Landwirtschaft in N ... Sie könne von dem Bf. folgende Beiträge beanspruchen: Beiträge vom 01. Juli 1992 bis 31. März 1999 i. H. v. 5.637,57 DM, Säumniszuschläge i. H. v. 171,00 DM und Zustellungskosten i. H. v. 11,00 DM (insgesamt 5.819,57 DM).

Beim Verwaltungsgericht Dresden (Az: 4 K 2658/99) beantragte der Bf. am 23. August 1999 "eine einstweilige Verfügung zur Aufhebung der Pfändung gegen Dritte und die Rückzahlung der gepfändeten Beiträge an sich bis zur endgültigen Klärung der willkürlichen Pfändungsbescheide". Mit Beschluss vom 20. Oktober 1999 hat sich das Verwaltungsgericht Dresden für sachlich unzuständig erklärt und verwies den Rechtsstreit an das Sozialgericht Dresden (SG) verwiesen. In den Monaten Oktober 1999, Dezember 1999 und März 2000 wurden von der Bg. insgesamt Beträge i. H. v. 1.107,80 DM gepfändet.

In einer nichtöffentlichen Sitzung des SG am 08. Juni 2000 schlossen die Beteiligten folgenden Vergleich: "I. Die Beteiligten sind sich darüber einig, dass der Widerspruch des Antragstellers vom 10.02.1999, bei der Antragsgegnerin am 12.02.1999 eingegangen, bis zum Erlass eines Widerspruchsbescheides aufschiebende Wirkung hat.

II. Die Beteiligten sind sich darüber einig, dass die Antragsgegnerin ab 08.06.2000 bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides die Vollziehung der Pfändungs- und Einzugsverfügung vom 14.05.1999 aussetzt.

III. Die Beteiligten erklären das vorliegende Antragsverfahren übereinstimmend für erledigt.

IV. Außergerichtliche Kosten sind nicht auszugleichen.".

Unter dem 03. Juli 2000 beantragte der Bf. beim SG "den Erlass einer einstweiligen Verfügung, sämtliche gepfändeten Beträge zurückzuzahlen".

Zur Begründung hat er vorgetragen, es ständen noch ca. 1.107,00 DM aus, die im Zeitraum von Oktober 1999 bis Mai 2000 als Pfändung vom Amt für Landwirtschaft in N ... an die Bg. aus der Mutterschaftsprämie 1999 in drei Raten überwiesen worden sei. Der Vergleich vom 08. Juni 2000 habe nachträglich keine weiteren Beitragsbescheide seitens der Bg. erbracht, gegen die er hätte Einspruch erheben können. Es stehe noch in Zukunft etwas offen. Seines Erachtens sei das Verfahren damit noch nicht abgeschlossen. Die Pfändung der 1.107,00 DM sei trotz des Vergleiches nicht erledigt.

Die Bg. ist der Auffassung, Grundlage des Vergleiches sei es gewesen, dass die Vollziehung der Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 14. Mai 1999 ab dem 08. Juni 2000 ausgesetzt werde. Die vor diesem Zeitpunkt an sie erfolgten Zahlungen sollten nicht an den Bf. erstattet werden. Eine Erstattung des gepfändeten Betrages an den Bf. komme nicht in Betracht, da die Vollziehung der Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 14. Mai 1999 erst ab 08. Juni 2000 ausgesetzt sei. Seit dem 08. Juni 2000 habe sie keine Vollstreckungsmaßnahmen ergriffen.

Mit Beschluss vom 22. Januar 2001 hat das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sinngemäß abgelehnt. Der Antrag sei unzulässig. Die zwangsweise Beitreibung einer Beitragsschuld des Bf. aufgrund der Pfändungs- und Einziehungsverfügung der Bg. vom 14. Mai 1999 sei bereits Gegenstand des unter dem Az: S 4 KR 79/00 ER vor dem SG anhängig gewesenen Antragsverfahrens gewesen. Dieses Antragsverfahren sei gem. § 101 Abs. 1 SGG durch den im Termin am 08. Juni 2000 zur Niederschrift des Vorsitzenden geschlossenen Vergleichs erledigt. Der Vergleich habe lediglich eine Aussetzung der weiteren Vollziehung der Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 14. Mai 1999 für den Zeitraum ab dem 08. Juni 2000 ergeben, nicht hingegen die Auszahlung des bis zu diesem Zeitpunkt bereits gepfändeten Betrages. Eine solche Auszahlung, wie sie der Antragsteller nunmehr begehre, habe nach dem Willen der Beteiligten vielmehr gerade ausgeschlossen sein sollen. Dieser Wille der Beteiligten habe im geschlossenen Vergleich darin Ausdruck gefunden, dass für die Aussetzung der Vollziehung als Anfangstermin der 08. Juni 2000, nicht hingegen ein vorhergehender Zeitpunkt, bestimmt worden sei. Damit sei ein neuer Antrag in derselben Sache unzulässig.

Gegen den dem Bf. am 26. Januar 2001 zugestellten Beschluss legte dieser am 22. Februar 2001 beim SG Beschwerde ein. Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Senat vorgelegt.

Nunmehr macht der Bf. eine "Erweiterung des Antrags auf Abweisung der Forderung der Krankenkasse und Pflegekasse sowie Rückzahlung des Betrages (Pfändung) von 1.107,80 DM" geltend. Das Urteil gehe von einer falschen Grundlage aus. Er besitze seit dem 11. Mai 1995 2,85 ha Grünland nicht 31 ha - dann korrigierten 14,23 ha - durch die Krankenkasse - Pflegekasse. Die erneute Forderung gehe wiederum von 14,23 ha aus.

Der Bf. beantragt (sinngemäß),

den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 22. Januar 2001 aufzuheben und die Bg. im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichten, die gepfändeten Beträge in Höhe von 1.107,80 DM an ihn zurückzuzahlen.

Die Bg. beantragt (sinngemäß),

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, der Beschluss vom 22. Januar 2001 befasse sich inhaltlich nicht mit der Frage, welche Flächen dem Bf. zuzurechnen seien. Die Sächsische Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft stelle im Rahmen eines derzeitig anhängigen Widerspruchsverfahren Ermittlungen dazu an, wie groß das landwirtschaftliche Unternehmen des Bf. sei. Nach Abschluss dieser Ermittlungen werde von ihr zu prüfen sein, ob die Versicherungs- und Beitragspflicht des Bf. zu Recht bestehe.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge, der Akte des Sozialgerichts Dresden mit dem Az: S 4 KR 79/00 ER sowie die beigezogene Verwaltungsakte verwiesen.

Soweit der Kläger in seiner Beschwerdebegründung vom 20. Februar 2001, beim SG eingegangen am 22. Februar 2001, auch eine "Erweiterung des Antrages auf Abweisung der Forderung der Krankenkasse und Pflegekasse" geltend macht, ist die Beschwerde nicht statthaft i. S. d. § 172 Abs. 1 SGG und damit unzulässig. Das SG hat in seinem Beschluss vom 22. Januar 2001 allein darüber entschieden, ob die Bg. dem Bf. im Rahmen des Erlasses einer einstweiligen Verfügung sämtliche gepfändeten Beträge zurückzuzahlen hat. Eine Entscheidung darüber, ob die Beitragsforderung der Bg. insgesamt besteht, hat das SG jedoch nicht getroffen. Vielmehr ergibt sich aus dem Schriftsatz der Bg. vom 21. März 2001, dass noch nicht einmal eine abschließende Verwaltungsentscheidung in der Form eines Widerspruchsbescheides hinsichtlich des Rechtsstreits in der Hauptsache vorliegt. Der Senat weist diesbezüglich auch ausdrücklich darauf hin, dass sich die Beteiligten im Vergleich vom 08. Juni 2000 unter I. dahingehend geeinigt haben, dass der Widerspruch des Bf. vom 10. Februar 1999, bei der Bg. eingegangen am 12. Februar 1999, gegen die auf der Basis des Bescheides vom 11. November 1998 erfolgte Beitragsfestsetzung der Bg. vom 03. Februar 1999 bis zum Erlass eines Widerspruchsbescheides aufschiebende Wirkung hat. Soweit sich die Beschwerde gegen den Beschluss des SG vom 22. Januar 2001 wendet, ist sie statthaft und zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet. Die mit der Beschwerde angegriffene Entscheidung ist nicht zu beanstanden.

Zu Recht hat das SG das Antragsbegehren unter dem Gesichtspunkt des Erlasses einer einstweiligen Anordnung gewürdigt, die auch im sozialgerichtlichen Verfahren zulässig ist; ihre Voraussetzungen richten sich in der Regel nach den in § 123 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) bestimmten Maßgaben (vgl. BVerfGE 46, 166 = SozR 1500 § 198 Nr. 1; Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz mit Erläuterungen, 6. Aufl. 1998, § 97 Rdnr. 22 ff. m. w. N.).

Das Antragsverfahren ist mit Abschluss des Vergleichs am 08. Juni 2000 vor dem SG unmittelbar beendet worden. Der Vergleich regelt auch den Verbleib der von der Bg. bereits gepfändeten, hier erneut streitigen Beträge i. H. v. 1.107,80 DM. Ein neuer Antrag in derselben Sache ist aber unzulässig (vgl. Meyer-Ladewig a. a. O. § 101 Rdnr. 10).

Da der am 08. Juni 2000 zwischen den Beteiligten geschlossene Vergleich ausdrücklich keine Regelung hinsichtlich des bereits gepfändeten Betrages enthält, war durch Auslegung zu ermitteln, was die Beteiligten insoweit gewollt haben. Zu berücksichtigen war dabei insbesondere, dass der Kläger bereits in seiner Antragsschrift vom 23. August 1999 im Wege des Eilantrages die Rückzahlung der gepfändeten Beiträge bis zur endgültigen Klärung der Pfändungsbescheide begehrt hat. Unter Punkt II. des Vergleichs waren sich die Beteiligten darüber einig, dass die Bg. ab 08. Juni 2000 bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides die Vollziehung der Pfändungs- und Einzugsverfügung vom 14. Mai 1999 aussetzt. Der Vergleich beinhaltet nicht die Aussetzung der Pfändungs- und Einzugsverfügung vom 14. Mai 1999 zu einem früheren Zeitpunkt, sondern benennt allein den 8. Juni 2000. Da den Beteiligten zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vergleiches bekannt war, dass bereits Beträge im Zeitraum von Oktober 1999 bis März 2000 i. H. v. insgesamt 1.107,80 DM aufgrund der Pfändungs- und Einzugsverfügung vom 14. Mai 1999 gepfändet wurden und sich das Antragsbegehren des Bf. ausdrücklich auf eine Rückzahlung der bereits gepfändeten Beträge bezog, ist nach Überzeugung des Senates unter Berücksichtigung des Wortlautes des Vergleiches und der Schriftsätze der Beteiligten im Verfahren vor dem SG mit dem Az: S 4 KR 79/00 ER das Gewollte dahingehend auszulegen, dass die vor dem 08. Juni 2000 von der Bg. gepfändeten Beträge an den Bf. nicht zurückzuzahlen sind. Im Übrigen haben die Beteiligten unter Punkt III. des Vergleiches das vorliegende Antragsverfahren - und damit auch die Geltendmachung der Rückzahlung der gepfändeten Beträge an den Bf. im Wege einer einstweiligen Verfügung - übereinstimmend für erledigt erklärt.

Aus den genannten Gründen hatte die Beschwerde keinen Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 SGG.

Diese Entscheidung ist endgültig (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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