L 4 RA 10/00

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 12 RA 581/99
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 4 RA 10/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 30. November 1999 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte als Zusatzversorgungsträger verpflichtet ist, für die Zeit ab 01.09.1973 nach Maßgabe der §§ 5 und 6 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) die in der Zeit der Tätigkeit der Klägerin für die Deutsche Akademie der Landwirtschaftswissenschaften zu Berlin (DAL) erzielten Entgelte in die gesetzliche Rentenversicherung zu überführen.

Die am ... geborene Klägerin erhielt mit Urkunde vom 13.03.1957 nach erfolgreicher Ausbildung an der biologischen Zentralanstalt in N ... und an der landwirtschaftlichen Fakultät der Universität H .../Saale die Berufsbezeichnung "Staatlicher geprüfter technischer Assistent für Landwirtschaft" verliehen. Sodann war sie als Laborantin an einer Einrichtung der Friedrich-Schiller-Universität J ... tätig und arbeitete anschließend bis zum 31.12.1958 bei der biologischen Zentralanstalt der DAL ebenfalls als Laborantin. Bis zum 05.06.1967 war sie in verschiedenen Instituten der DAL als technische Assistentin beschäftigt. Danach war sie bis 01.04.1968 beurlaubt und ab 02.04.1968 "familienversichert". Ab April 1968 entrichtete sie monatlich 3,00 Mark freiwillige Beiträge zur Sozialversicherung. Auf der Grundlage von Honorarverträgen war die Klägerin ab 15.09.1973 wieder für die DAL tätig. Nach Angabe des Prozessbevollmächtigen der Klägerin wurde für die bezogenen Einkünfte Honorarsteuer abgeführt.

Am 23.02.1999 beantragte sie bei der Beklagten die Zeit vom 15.10.1957 bis zum 30.06.1990 mit Unterbrechnungen durch Schwangerschaft und Kindererziehung als Zeitraum der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem zu behandeln. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 19.05.1999 ab, weil die Qualifikation als Staatlich geprüfter technischer Assistent die Voraussetzungen für eine Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem Nr. 5 der Anlage I zum AAÜG nicht erfülle.

Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies die Beklagte mit Bescheid vom 15.07.1999 zurück, da die Klägerin nicht über den für das Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage I zum AAÜG geforderten ingenieurtechnischen Fach- oder Hochschulabschluss verfüge und für das Versorgungssystem Nr. 5 der Anlage I zum AAÜG die Tätigkeit der technischen (später wissenschaftlichen) Assistentin noch nicht ausreiche.

Dagegen richtete sich die am 18.08.1999 beim Sozialgericht (SG) Dresden erhobene Klage. Die Klägerin trug vor, dass ihre Qualifikation zur Aufnahme in das Versorgungssystem ausreiche, da in der Verordnung über die Altersvorsorge der Intelligenz vom 12.07.1951 (Nr. 4 der Anlage I) auch Garteninspektoren und Gärtnermeister aufgelistet seien. Ihre Berufsbezeichnung sei erst 1956 geschaffen worden und könne daher in der Verordnung auch nicht erwähnt worden seien.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 30.11.1999 abgewiesen, da die Klägerin keinen Anspruch auf Einbeziehung in ein Zusatzversorgungssystem der DDR habe. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) könne ein solcher Anspruch gegeben sein, auch wenn er sich nicht im Erhalt einer entsprechenden Urkunde über die Gewährung einer zusätzlichen Altersvorsorge dokumentiere. Nach dieser Rechtsprechung sei Voraussetzung, dass konkret eine entgeltliche Beschäftigung im Sinne von § 1 Satz 1 Nr. 1 Regelung I Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) ausgeübt worden sei. Bei der ab 15.09.1973 ausgeübten Tätigkeit handele es sich gerade nicht um eine "abhängige" Beschäftigung, sondern um eine selbständige Tätigkeit. Diese Zeit sei daher keine Zugehörigkeitszeit zu einem Versorgungssystem im Sinne des AAÜG in der durch das BSG gefundenen Auslegung. Die Zeiten als abhängig beschäftigte Laborantin und technische Assistentin schieden ebenso als Zugehörigkeitszeiten zum Versorgungssystem Nr. 5 oder Nr. 1 der Anlage I zum AAÜG aus. Ebenso hätten die Voraussetzungen zur Einbeziehung in das Versorgungssystem der DAL nicht vorgelegen, da sie in keine Vergütungsgruppe nach Anlage I der Verordnung über die Vergütung der wissenschaftlichen Mitarbeiter der Deutschen Akademie der Wissenschaften (DAW-VergütVO) vom 20.09.1951 eingruppiert gewesen sei, welche nach § 1 der Verordnung über die Vergütung der wissenschaftlichen Mitarbeiter der DAL vom 15.05.1952 auch für die Mitarbeiter der DAL galten.

Gegen das am 25.12.1999 zugestellte Urteil richtet sich die am 13.01.2000 eingelegte Berufung der Klägerin zum Sächsischen Landessozialgericht (LSG). Sie begehre ihr zuzuerkennen, dass sie ab 01.09.1973 Angehörige des Zusatzversorgungssystems Nr. 5 (Akademie der landwirtschaftlichen Wissenschaften zu Berlin) gewesen sei. Für die Zeit vor dem 01.09.1973 wird die Feststellung ausdrücklich nicht mehr begehrt.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 30.11.1999 sowie den Bescheid der Beklagten vom 19.05.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.07.1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Zeit ab 01.09.1973 bis 30.06.1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem nach Anlage I Nr. 5 zum AAÜG sowie die in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidungsgründe des Sozialgerichts für zutreffend.

Die Klägerin beantragte am 23.11.2000 das Ruhen des Verfahrens anzuordnen, da weitere Novellierungen des AAÜG zu erwarten seien. Diesem Antrag stimmte die Beklagte nicht zu.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten aus beiden Rechtszügen und auf die beigezogene Verwaltungsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte Berufung ist zulässig (§ 143 Sozialgerichtsgesetz - SGG), erweist sich jedoch als unbegründet.

Zutreffend haben das SG und die Beklagte festgestellt, dass die streitige Zeit nicht als Zeit der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der wissenschaftlichen Mitarbeiter der Akademie der Wissenschaften zu Berlin und der Deutschen Akademie der Landwirtschaftswissenschaften zu Berlin, eingeführt mit Wirkung vom 01.08.1951 bzw. 01.01.1952, einschließlich der für diesen Zeitraum nachgewiesenen tatsächlichen Arbeitsentgelte nach Maßgabe der §§ 5 und 6 des AAÜG in die gesetzliche Rentenversicherung überführt werden kann. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Zeitraum ab September 1973, als die Klägerin auf der Grundlage von Honorarverträgen freiberuflich für die DAL tätig war. Für diese Zeit bestand keine Versicherungspflicht. Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung oder zu einem Zusatzversorgungssystem wurden nicht abgeführt. Ein Arbeitsverhältnis ist durch die Honorarverträge nicht begründet worden und die Klägerin erzielte keinen beitragspflichtigen Arbeitsverdienst. Prüfungsmaßstab für die Rechtmäßigkeit des ablehnenden Bescheides und Anspruchsgrundlage für das Verpflichtungsbegehren ist insbesondere die Frage, ob die Beklagte den Begriff "Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem, in denen eine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden ist" zutreffend ausgelegt hat, ist § 5 Abs. 1 AAÜG (vgl. BSG, Urteil vom 24.03.1998 - B 4 RA 27/97 R - SozR 3-8517 § 5 AAÜG Nr. 3; Urteil vom 23.06.1998 - B 4 RA 61/97 R - SozR 3-8570 § 5 AAÜG Nr. 4; Urteile vom 30.06.1998 - B 4 RA 94/97 R - und B 4 RA 11/98 R; Urteil vom 04.08.1998 - B 4 RA 63/97 R -). Die Vorschrift des § 5 Abs. 1 AAÜG knüpft faktisch - nicht normativ - an den Text der vorliegend einschlägigen Versorgungsordnung der wissenschaftlichen Mitarbeiter der DAW und der DAL an. Danach hängt die Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem nicht notwendig davon ab, ob und wann in der DDR eine Versorgungszusage erteilt worden ist; Zugehörigkeitszeiten im Sinne des § 5 AAÜG liegen auch vor, wenn konkret eine entgeltliche Beschäftigung (im Sinne von § 1 Satz 1 Nr. 1 Regelung 1 des SGB VI) ausgeübt worden ist, deretwegen ihrer Art nach eine zusätzliche Altersvorsorgung vorgesehen war (BSG Urteil vom 24.03.1998 a. a. O.).

Insoweit sind die angefochtenen Entscheidungen rechtmäßig und verletzten die Klägerin nicht in ihren Rechten. Maßgeblich ist schon nach dem Wortlaut des § 5 Abs. 1 AAÜG allein, ob die Beschäftigung im streitigen Zeitraum ihrer Art nach zu denjenigen gehörte, deretwegen nach den in den Anlagen I und II zum AAÜG genannten Texten das jeweilige Versorgungssystem errichtet war. Danach wird eine zusätzliche Altersversorgung nur gewährt, wenn sich der Begünstigte im Zeitraum des Eintritts des Versorgungsfalles in einem Anstellungsverhältnis zur DAL befindet. Dies ergibt sich aus § 1 der Verordnung über die Vergütung der wissenschaftlichen Mitarbeiter der Deutschen Akademie der Landwirtschaftswissenschaften vom 15. Mai 1952 (GBl. S. 371) in Verbindung mit § 13 der Verordnung über die Vergütung der wissenschaftlichen Mitarbeiter der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin vom 20. September 1951 (GBl. S. 865), der auf die Verordnung vom 12. Juli 1951 über die Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen der DDR (AVI; GBl. S. 675) verweist. Nach § 11 dieser Verordnung ist das Anstellungsverhältnis Voraussetzung der Gewährung der Altersversorgung.

Die Klägerin hat im hier streitigen Zeitraum keine entgeltliche Beschäftigung in diesem Sinne ausgeübt, da es sich bei der ab September 1973 ausgeübten Tätigkeit gerade nicht um eine "abhängige" Beschäftigung, sondern um eine selbständige Tätigkeit handelte, wie bereits das SG zutreffend feststellte. Danach ist für den vorliegenden Fall unerheblich, dass für den streitigen Zeitraum keine Versorgungszusage vorliegt, da die Klägerin auf Honorarbasis für die DAL beschäftigt war und es mithin nicht darauf ankommt, welche Tätigkeit die Klägerin "ihrer Art nach" ausübte. Selbst wenn die Beschäftigung in der Versorgungsordnung der DAL als versorgungsberechtigend aufgelistet wäre, kann eine zusätzliche Altersvorsorgung nicht beansprucht werden, da es an der zwingenden Voraussetzung der "entgeltlichen Beschäftigung" mangelt (BSG Urteil vom 24.03.1998 a. a. O.).

Die Tätigkeit auf Honorarbasis stellt kein Anstellungsverhältnis dar. Für die Einkünfte aus einem Anstellungsverhältnis war Lohnsteuer abzuführen. Der Versicherungspflicht unterlagen die Arbeitsverdienste, für die Lohnsteuerpflicht bestand, § 67 der Sozialversicherungsordnung (SVO) vom 29.12.1961 (GBl. S. 533), § 10 der SVO vom 14.11.1974 (GBl. S. 531), § 16 der SVO vom 17.11.1977 (GBl. S. 373). Die Klägerin war nicht lohnsteuerpflichtig. Damit war sie auch nicht in einem Anstellungsverhältnis. Dies zeigt auch die Tatsache, dass sie freiwillige Beiträge zahlte. Dies war nach § 1 der Verordnung über die freiwillige und zusätzliche Versicherung nur möglich, wenn keine Versicherungspflicht bestand.

Nach der Rechtsprechung des BSG, welcher sich der Senat nach eigener Prüfung anschließt, übte die Klägerin auch keine Tätigkeit aus, die in der Versorgungsordnung als versorgungsberechtigend genannt wäre. Beschäftigungen in diesem Sinne sind die in § 2 der AVI-VO angeführten Tätigkeiten. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 24.03.1998 aaO) gehören hierzu die Mitarbeiter, die nach der auch für die wissenschaftlichen Mitarbeiter der DAL gültigen Gehaltstabelle für die Beschäftigten der DAW bezahlt wurden. Die Klägerin wurde unstreitig nicht nach dieser Gehaltstabelle bezahlt und gehört damit nicht in den Kreis der versorgungsberechtigten Mitarbeiter.

Der Senat ist der Überzeugung, dass Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem nach § 5 Abs. 1 AAÜG nicht vorliegen, da eine im Text der betreffenden Versorgungsordnungen begründete Rechtsposition zu keiner Zeit bestand, die einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gerechtfertigt hätte.

Aus den genannten Gründen war die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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