L 4 RA 182/00

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 8 RA 426/99
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 4 RA 182/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 14. Juli 2000 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind für beide Rechtszüge nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob die Beklagte nach § 8 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) als Versorgungsträger die Zeit vom 01.05.1977 bis 30.06.1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparates (Anlage I Nr. 19 zum AAÜG) sowie die für diesen Zeitraum nachgewiesenen tatsächlichen Entgelte festzustellen hat.

Der am ...1941 geborene Kläger war vom 15.04.1969 bis 31.12.1972 beim Rat für landwirtschaftliche Produktion und Nahrungsgüterwirtschaft in D ... beschäftigt und anschließend bis 14.11.1975 beim Rat des Kreises D ... ebenso als Finanzökonom tätig. In der Zeit vom 15.11.1975 bis 30.04.1977 war er bei der Vereinigten Molkereigenossenschaft e.G. D ... als Hauptbuchhalter beschäftigt. In der Folge arbeitete er bis 31.12.1991 beim Rat des Kreises D ... im Landratsamt als Sektorenleiter.

Am 03.12.1998 beantragte der Kläger die Kontenklärung und legte dazu unter anderem die Bescheinigung über Arbeitsentgelte oder Arbeitseinkommen gem. § 8 Abs. 1 Satz 2 AAÜG des Landratsamtes D ... vom 12.08.1992 für die Zeit von 1969 bis 15.11.1975 sowie ab 01.05.1977 bis 30.06.1990 vor. Gemäß der Beitragsnachweiskarte der freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für Mitarbeiter des Staatsapparates hat der Kläger die Tätigkeit im Staatsapparat am 15.04.1969 begonnen und für die Zeit von 1971 bis 1975 Jahresbeiträge in Höhe von insgesamt 690,90 M geleistet. Mit Schreiben vom 19.01.1976 kündigte der Kläger auf Grund Arbeitsstellenwechsels am 15.11.1975 die ab 01.03.1971 bestehende freiwillige zusätzliche Altersversorgung und bat um Rückerstattung der gezahlten Beträge. Die Rückerstattung des Betrages in Höhe von 690,90 M quittierte der Kläger am 19.01.1976.

Am 01.04.1986 trat er der freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) bei.

Mit Bescheid vom 19.03.1999 stellte die Beklagte die Daten zur Überführung der Ansprüche der Anwartschaften aus der Zusatzversorgung in die Rentenversicherung nach dem AAÜG fest. Dabei berücksichtigte sie als nachgewiesene Zeiten der freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparates den Zeitraum 15.04.1969 bis 14.11.1975 und stellte das erzielte Arbeitsentgelt fest.

Dagegen legte der Kläger am 23.04.1999 Widerspruch ein, da die Überführung der Entgelte am 14.11.1975 beendet worden sei. Er sei nachweislich ab 01.05.1977 wieder beim Rat des Kreises beschäftigt gewesen. Zu dieser Zeit sei er nicht wieder in die Altersversorgung übernommen worden.

Mit Bescheid vom 22.06.1999 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Soweit die Regelungen der Versorgungssysteme eine Beitrittserklärung vorsahen, ohne die eine Versorgungsberechtigung nicht eintrat, könnten Zusatzversorgungszeiten nicht entstanden sein. Anders als in sonstigen Zusatzversorgungssystemen, die eine Zugehörigkeit ohne weiteres bei Ausübung einer einschlägigen Beschäftigung vorgesehen hätten, sei hier eine Willenserklärung mit Verpflichtung zur Beitragszahlung zwingend erforderlich. Die Regelungen des Versorgungssystems Nr. 19 der Anlage I zum AAÜG setzten für Mitarbeiter des Staatsapparates eine Beitrittserklärung voraus. Nach den vorliegenden Unterlagen sei lediglich für die Zeit vom 01.03.1971 bis 14.11.1975 ein Beitritt zur Staatsapparatsversorgung einschließlich Beitragszahlung erfolgt. Nach Ausscheiden habe sich der Kläger die Beiträge aus der Versorgung erstatten lassen. Ab 01.05.1977 lägen keine Nachweise über den erneuten Eintritt zur Staatsapparatsversorgung vor. Die Zeit könne von daher nicht berücksichtigt werden.

Hiergegen richtete sich die am 09.07.1999 beim Sozialgericht (SG) Leipzig erhobene Klage. Er habe ab 01.05.1977 bei seinem früheren Arbeitgeber als hauptamtlicher Mitarbeiter des Staatsapparates eine versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt. Für das Beschäftigungsverhältnis bis zum 15.11.1975 habe eine rechtsgültige Beitragsnachweiskarte für die Zusatzversorgung bestanden. Bei seinem erneuten Beschäftigungsbeginn im Jahre 1977 habe er keine erneute Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem erhalten und er gehe davon aus, dass ihm die Einbeziehung im Normalfall wieder zugestanden hätte. Die Nichteinbeziehung sehe er eindeutig in einer ungerechtfertigten Anwendung der Verwaltungspraxis in der DDR. In analoger Anwendung des Urteils des Bundessozialgerichts (BSG) vom 24.03.1998 begehre er die Aufnahme in das Versorgungssystem. Richtig sei, dass zu DDR-Zeiten ein erneuter Beitritt nach Ausscheiden aus den Staatsapparat und nach Wiedereintritt in den Staatsapparat nicht möglich gewesen sei. Die von der Beklagten vertretene Rechtsauffassung widerspreche jedoch der Rechtsauffassung des BSG. Andererseits habe die Beklagte die Zeit bis 1975 als Zeit der Zusatzversorgung anerkannt, obwohl der Kläger sich seinerzeit die Beiträge habe erstatten lassen. Damit sei der Anspruch auf Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem wieder hergestellt worden.

Die Beklagte verwies darauf, dass nach der 2. Richtlinie zur Durchführung der Ordnung über die freiwillige zusätzliche Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparates vom 17.06.1975 (Abs. II, Buchst. A, Ziff. 2 a [Aichberger II Nr. 209]) ein erneuter Beitritt ausgeschlossen sei, da dem Kläger die Beiträge vom 01.03.1971 bis 14.11.1975 erstattet worden sind. Die Feststellung von Entgelt nach dem AAÜG sei in Erstattungsfällen bereits vor der Rechtsprechung des BSG gesetzlich geregelt worden (§ 5 Abs. 3 i. V. m. § 6 Abs. 7 AAÜG). Nach § 2 Abs. 2 der Ordnung über die freiwillige Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparates vom 29.01.1971 hätte der Beitritt zur Versorgung nur durch Abgabe einer schriftlichen Beitrittserklärung erfolgen können, ohne welche eine Versorgungsberechtigung nicht eingetreten wäre. Ohne erteilte Versorgungszusage bzw. Einbeziehung hätte von diesem Personenkreis niemand darauf vertrauen können, ihm (oder seinen Hinterbliebenen) werde eine Versorgungsrente im Leistungsfall bewilligt. Eine einer Versorgungsanwartschaft gleichstehende Rechtsposition sei somit nach der Rechtsprechung des BSG bis zum 30.06.1990 nicht entstanden.

Das SG hat der Klage mit Urteil vom 14.07.2000 stattgegeben und die Beklagte unter Abänderung der Bescheide verpflichtet, die strittige Zeit vom 01.05.1977 bis 30.06.1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparates sowie die für diesen Zeitraum nachgewiesenen tatsächlichen Entgelte festzustellen. Gemäß § 2 Abs. 1 der 2. Richtlinie zur Durchführung der Ordnung über die freiwillige zusätzliche Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparates (a. a. O.) sei Voraussetzung für einen Beitritt zu dem Versorgungssystem die Tätigkeit als Mitarbeiter im Staatsapparat, ferner die Möglichkeit ab Aufnahme der Tätigkeit im Staatsapparat noch mindestens 15 Jahre ununterbrochen dort tätig sein zu können oder noch mindestens fünf Jahre ununterbrochen im Staatsapparat tätig sein zu können, wenn bei der Einführung der Versorgung bereits eine Tätigkeit im Staatsapparat ausgeübt worden sei. Der Beitritt sei durch eine schriftliche Beitrittserklärung erfolgt. Eine solche sei bei dem Kläger für den Eintritt in das Versorgungssystem in seiner Tätigkeit als Finanzökonom ab 15.04.1969 zu unterstellen, da bei Errichtung des Versorgungssystems keine Aufnahme des Klägers erfolgt wäre. Die Rückerstattung der Beiträge an den Kläger auf seinen Antrag hin wegen Ausscheidens aus dem Staatsapparat und die Aufnahme einer Tätigkeit als Hauptbuchhalter in der Vereinigten Molkereigenossenschaft sei nach der Rechtsprechung des BSG unschädlich. Nach § 5 AAÜG hänge die Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem nicht notwendig davon ab, ob und wann in der ehemaligen DDR eine Versorgungszusage erteilt worden ist. Zugehörigkeit liege auch dann vor, wenn konkret eine entgeltliche Beschäftigung ausgeübt worden sei, deretwegen ihrer Art nach eine zusätzliche Altersversorgung vorgesehen war. Dies habe die Beklagte im Bescheid vom 19.03.1999 für die Zeit vom 15.04.1969 bis 14.11.1975 auch richtig gesehen. Auch bei dem Wiedereintritt des Klägers in den Staatsapparat am 01.05.1977 habe er noch die Voraussetzung einer 15 Jahre ununterbrochenen Tätigkeit erfüllen können. Eine erneute Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem sei grundsätzlich möglich gewesen. Selbst wenn die Regelungen der Versorgungssysteme einen Verlust der Anwartschaften bei einem Ausscheiden aus dem Versorgungssystem vor dem Leistungsfall vorgesehen hätten, gelte dieser Verlust gem. § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG als nicht eingetreten. Auf die einschränkende Auslegung der Versorgungsordnung seitens der Organe der ehemaligen DDR komme es nicht an. Auf eine erneute Beitrittserklärung des Klägers am 01.05.1977 früher oder später könne es nicht ankommen, da nach ehemaligem DDR-Recht die Anwartschaft erloschen und damit eine erneute Beitrittserklärung für den Kläger sinnlos gewesen wäre. Dies könne vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des BSG kein Abgrenzungskriterium darstellen.

Gegen das am 26.10.2000 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 07.11.2000 Berufung zum Sächsischen Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Die Regelungen des Versorgungssystems Nr. 19 hätten für Mitarbeiter des Staatsapparates eine Beitrittserklärung vorgesehen. Nach den vorliegenden Unterlagen sei eine solche lediglich für die Zeit bis 14.11.1975 einschließlich Beitragszahlung erfolgt. Das Sozialgericht räume selbst ein, dass ein erneuter Beitritt ausgeschlossen sei, da dem Kläger die Beiträge vom 01.03.1971 bis 14.11.1975 zurückgezahlt worden sind. Das SG stützte sich in seiner Entscheidung auf die Rechtsprechung des BSG, wonach es auf die DDR-Praxis nicht ankomme. Das BSG habe aber die 2. Richtlinie in einem anderen Verfahren gelten lassen (Urteil vom 04.05.1999 - B 4 RA 6/99 R). Das SG räume weiter ein, dass es für den Kläger sinnlos gewesen wäre, erneut eine Beitrittserklärung abzugeben. Demnach habe er aber nicht darauf vertrauen können, ihm werde eine Versorgungsrente im Leistungsfall bewilligt.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 14.07.2000 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung für zutreffend. Ergänzend legte er zwei Zeugenerklärungen vor, wonach er 1977 den Beitritt zum Zusatzversorgungssystem nach Anlage I Nr. 19 AAÜG erneut beantragt habe. Dieser Antrag sei abgelehnt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten aus beiden Rechtszügen und die beigezogene Verwaltungsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte Berufung ist zulässig (§ 143 Sozialgerichtsgesetz - SGG) und erweist sich als begründet. Der Kläger hat gem. § 8 Abs. 1 bis 3 i. V. m. § 5 Abs. 1 AAÜG keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte als Zusatzversorgungsträger die strittige Zeit als Zeit der Zugehörigkeit zum Versorgungssystem für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparates sowie die in dieser Zeit erzielten tatsächlichen Arbeitsentgelte feststellt. Der dazu ergangene Feststellungsbescheid der Beklagten vom 19.03.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.06.1999 ist rechtmäßig ergangen. Zu Unrecht hat das SG die Beklagte zur Abänderung des Bescheides unter Feststellung der streitigen Zeit als Zugehörigkeitszeit und der tatsächlichen Entgelte verurteilt.

Der Versorgungsträger stellt gem. § 8 Abs. 1 AAÜG in einem, dem Rentenfeststellungsverfahren vorgelagerten, dem Vormerkungsverfahren nach § 149 Abs. 5 SGB VI ähnlichen Verfahren einzelne Daten verbindlich fest, die für die spätere Feststellung des Wertes der Rente nach dem SGB VI von Bedeutung sein können (BSG, Urteil vom 23.06.1998 - Soz-R 3-8570 § 5 AAÜG Nr. 4). Für festgestellte Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatz- oder Sonderversorgungssystem ist § 259 b SGB VI i. V. m. § 6 AAÜG abweichend von § 256 a SGB VI zur Beurteilung heranzuziehen. Prüfungsmaßstab für die Rechtmäßigkeit des Ablehnungsbescheides und Anspruchsgrundlage für das Verpflichtungsbegehren, insbesondere für die Frage, ob die Beklagte den Begriff "Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem, in denen eine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden ist" zutreffend ausgelegt hat, ist § 5 Abs. 1 AAÜG. Diese Vorschrift knüpft faktisch an den Text der einschlägigen Vorschriften der DDR an, hier der Ordnung über die freiwillige zusätzliche Altersversorgung für Mitarbeiter des Staatsapparates vom 29.01.1971 (FZAO-StMitarb.) sowie der 2. Richtlinie vom 17.06.1975 (2. FZAVR-StMitarb. a. a. O.). Der Regelungsgehalt des § 5 AAÜG ist ausschließlich nach den objektiven Auslegungskriterien des Bundesrechts zu ermitteln; auf die Auslegung der entsprechenden Verordnungen durch die Staatsorgane der früheren DDR oder deren Verwaltungspraxis kommt es nicht an. Insoweit hängt die Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem nicht notwendig davon ab, ob und wann in der DDR eine Versorgungszusage erteilt worden war. Zugehörigkeitszeiten im Sinne des § 5 AAÜG liegen auch dann vor, wenn konkret eine entgeltliche Beschäftigung ausgeübt worden ist, derentwegen ihrer Art nach eine zusätzliche Altersversorgung vorgesehen war (vgl. BSG, Urteil vom 24.03.1998 - B 4 RA 27/97 R - SozR 3-8570 § 5 Nr. 3; BSG, Urteil vom 23.06.1998 - B 4 RA 61/97 - SozR 3-8570 § 5 Nr. 4; Urteile vom 30.06.1998 - B 4 RA 94/97 R und B 4 RA 11/98R; Urteil vom 04.08.1998 - B 4 RA 63/97 R).

Nach den anzuwendenden Kriterien war eine Zugehörigkeit des Klägers zum genannten Zusatzversorgungssystem für die Zeit ab 01.05.1977, dem Zeitpunkt der erneuten Tätigkeitsaufnahme beim Rat des Kreises D ..., nicht festzustellen. Nach den Entscheidungen des BSG kommt es dabei nicht auf die Verwaltungspraxis in der DDR an. Dies könnte gegen die Anwendung der Durchführungsbestimmungen bzw. Richtlinien sprechen, kann aber nur gelten, wenn es um Bestimmungen geht, die ihrer Art nach von der Verwaltung Belohnung für Wohlverhalten zuließen, die zu bestimmten Gelegenheiten erlassen wurden und den Betroffenen nicht bekannt waren. Bei den vorliegenden Verordnungen und Durchführungsbestimmungen handelte es sich um Vorschriften, die veröffentlicht waren und bis zur Schließung der Versorgungssysteme galten, bzw. durch veröffentlichte Vorschriften ersetzt oder ergänzt wurden (BSG, Urteil vom 30.06.1998 - B 4 RA 11/98 R). Danach kann, soweit für den streitigen Zeitraum eine Versorgungszusage, die nach Artikel 19 des Einigungsvertrages (EV) auch nach dem Beitritt der ehemaligen DDR nach Maßgabe des EV wirksam geblieben ist (vgl. BSG, SozR 3-8570 § 1 Nr. 1), nicht vorliegt, die Frage, ob eine Beschäftigung oder Tätigkeit in einem Versorgungssystem zurückgelegt worden ist, nur anhand derjenigen Begebenheiten der ehemaligen DDR beantwortet werden, an die das AAÜG maßgeblich anknüpft. Das sind die Texte der in den Anlagen I und II zum AAÜG als "bundesrechtlich relevante Fakten" aufgelisteten Versorgungsordnungen (BSG, Urteil vom 24.03.1998, a. a. O.). Deren Bedeutung ist nach Maßgabe des Bundesrechtes, insbesondere nach Sinn und Zweck des § 5 AAÜG zu bestimmen. Schließlich sind vorliegend nur die Versorgungsordnungen selbst und die hierzu ergangenen Durchführungebestimmungen (Richtlinien) ein hinreichend publizierter und objektiver, Erkenntnisprozessen in gerade noch ausreichendem Maße zugänglicher, - faktischer - Anknüpfungspunkt (BSG, Urteil vom 30.06.1998 a. a. O.). Demnach sind eben nur der Versorgungsordnung widersprechende, diese als Instrument politischer Gängelung, Missbrauch und nicht ausreichend veröffentlichter Durchführungsbestimmungen und Verwaltungsanweisungen als faktischer Anknüpfungspunkt für das Bundesrecht grundsätzlich ungeeignet. Dies trifft vorliegend auf das Zusatzversorgungssystem Nr. 19 bzw. auf die 2. Richtlinie (a. a. O.) nicht zu. Insoweit hat das BSG in einem Verfahren zur Ermittlung und Feststellung des tatsächlichen Arbeitsentgelts im Sinne von § 8 Abs. 1 AAÜG (Urteil vom 04.05.1999, a. a. O.) auf die auch vorliegend zur Beurteilung herauszuziehenden Regelungen der oben genannten 2. Richtlinie Bezug genommen, so dass demnach eine einschränkende Auslegung der Versorgungsordnung seitens der Organe der ehemaligen DDR, wie vom SG ausgeführt, nicht abzuleiten ist.

Zutreffend hat die Beklagte vorgetragen, dass nach der Ordnung über die freiwillige zusätzliche Altersversorgung (a. a. O.) der Beitritt zur Versorgung durch Abgabe einer schriftlichen Beitrittserklärung des Mitarbeiters gegenüber dem Staatsorgan erfolgte. Der Mitarbeiter erhielt vom Staatsorgan einen Nachweis über den Beitritt (§ 2 Abs. 2). Mitarbeiter des Staatsapparates, die durch Kündigung vor Vollendung einer 15-jährigen ununterbrochenen Tätigkeit im Staatsapparat ihre Tätigkeit beendeten, schieden aus der Versorgungsordnung aus, die von ihnen gezahlten Beiträge zur Versorgung würden als Beiträge zur FZR bei der Sozialversicherung anerkannt oder auf Antrag zurückgezahlt (§ 15 Abs. 2 der Ordnung). Demnach ist ohne schriftliche Beitrittserklärung eine Versorgungsberechtigung nicht eingetreten, so dass eine einer Versorgungsanwartschaft gleichstehende Rechtsposition nicht entstanden ist (BSG, Urteil vom 30.06.1998, a. a. O.). Nach der 2. Richtlinie zur Durchführung der Ordnung (a. a. O.) war ein erneuter Beitritt ausgeschlossen.

Gemäß § 15 Abs. 1 Buchst. a des Zusatzversorgungssystems konnten Mitarbeiter des Staatsapparates, die nach einer mindestens 15-jährigen ununterbrochenen Tätigkeit im Staatsapparat nicht durch Kündigung oder fristlose Entlassung aus dem Staatsapparat ausscheiden, den Anspruch auf Versorgung durch Weiterzahlung der Beiträge entsprechend dem außerhalb des Staatsapparates erzielten Bruttoverdienst aufrechterhalten. Diese Voraussetzungen sind vorliegend jedoch nicht gegeben. Ebenso liegt ein Fall des § 4 Abs. 2 der 2. Richtlinie (a. a. O.) nicht vor, wonach Mitarbeiter des Staatsapparates, die wegen Übernahme einer anderen beruflichen Tätigkeit durch den Ehepartner ihren Wohnort wechseln mussten und denen trotz rechtzeitiger Bewerbung bei einem von der Ordnung erfassten Organ am neuen Wohnort wegen Nichtvorhandensein freier Planstellen keine ihrer Qualifikation, ihren Kenntnissen und Erfahrungen entsprechende Arbeit nachgewiesen werden konnte und daher am neuen Wohnort sofort eine Tätigkeit außerhalb der genannten Organe aufnahmen, der erneute Beitritt zur Altersversorgung gestattet werden, soweit nicht gemäß § 15 der Ordnung bereits eine Weiterführung der Altersversorgung möglich war. Sofern vorliegend eine Weiterführung der Versorgung nicht erfolgte bzw. nicht möglich war, konnte der Kläger dem Zusatzversorgungssystem nicht erneut beitreten, so dass es auf erneute Antragstellung zum Beitritt zum Zusatzversorgungssystem im Jahre 1977, durch den Kläger belegt mit zwei Zeugenerklärungen, nicht ankommt. Auf Grund der fehlenden Voraussetzungen war somit nach dem Wortlaut des Zusatzversorgungssystems sowie der 2. Richtlinie eine Weiterführung der Zusatzversorgung ausgeschlossen und der Kläger konnte nicht darauf vertrauen, ihm (oder seinen Hinterbliebenen) werde im Leistungsfall eine Versorgungsrente bewilligt. Insoweit hat das SG zwar zutreffend festgestellt, dass nach ehemaligem DDR-Recht die Anwartschaften erloschen sind, dennoch hat es zu Unrecht der Klage stattgegeben.

Ferner ist in § 17 Abs. 2 der 2. Richtlinie geregelt, dass Mitarbeiter, die weniger als fünf Jahre ununterbrochen im Staatsapparat tätig waren, die Beiträge in die freiwillige Zusatzrentenversicherung der Sozialversicherung überführen können oder sich diese zurückzahlen lassen. Nach Abschnitt II Buchst. A 2. a Punkt 2 kann ein erneuter Beitritt erfolgen, wenn die allgemeinen Voraussetzungen dafür gegeben sind und wenn der Mitarbeiter der Altersversorgung beigetreten war und er bei Beendigung seiner Tätigkeit im Staatsapparat von der Überleitung in die FZR gemäß der Vereinbarung vom 11.02.1972 Gebrauch gemacht hatte. Konnte der Mitarbeiter eine Überleitung in die FZR nicht vornehmen lassen, weil die Voraussetzungen dafür fehlten (in keinem Monat einen Bruttoverdienst von mehr als 600,00 M) und wurden ihm aus diesem Grund seine Beiträge zurückgezahlt, ist ein erneuter Beitritt bei Vorliegen der allgemeinen Voraussetzungen möglich. Die Anwendung dieser Regelungen zu Gunsten des Klägers scheitert jedoch bereits daran, dass er erst am 01.04.1986 der freiwilligen Zusatzrentenversicherung beigetreten ist.

Aus den genannten Gründen ist ein erneuter Beitritt zum Zusatzversorgungssystem nicht erfolgt, so dass unter Heranziehung der genannten Vorschriften eine fortgesetzte Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem für Mitarbeiter des Staatsapparates nicht gegeben ist.

Aus den genannten Gründen hatte die Berufung Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.

Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen (§ 160 Abs. 2 Ziff. 1 SGG).
Rechtskraft
Aus
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