Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 9 RA 504/97
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 4 RA 99/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 06. April 1999 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Auslagen sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Weitergewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Die am ...1951 geborene Klägerin erlernte von September 1968 bis Juli 1970 den Beruf einer Herrenschneiderin und erwarb am 19.07.1970 das entsprechende Facharbeiterzeugnis. Sie arbeitete im erlernten Beruf bis September 1972. Nach der Geburt ihrer Tochter gab sie zunächst kurzzeitig die Berufstätigkeit auf und war danach ab Februar 1973 bis Oktober 1989 als Stanzerin im elterlichen Betrieb beschäftigt. Von Oktober 1990 bis April 1992 war sie arbeitslos. Von Mai 1992 bis April 1995 war sie als kaufmännische Angestellte im Unternehmen ihres Ehemannes beschäftigt. Die Einarbeitungszeit dauerte 8 Monate und wurde in Form einer praktischen Probezeit durchgeführt. Wegen eines Mamma-Karzinoms war die Klägerin seit 28.02.1994 arbeitsunfähig und bezog Krankengeld.
Vom 14.12.1995 bis 31.08.1996 bezog die Klägerin eine befristete Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit (Rentenbescheid vom 08.02.1996) und beantragte am 19.04.1996 die Weitergewährung der Rente. Wegen der Bearbeitung dieses Antrags verlängerte die Beklagte zunächst mit Bescheid vom 02.07.1996 die bisher ausgesprochene Befristung bis zum 31.10.1996.
Am 26.02.1997 meldete sich die Klägerin beim zuständigen Arbeitsamt arbeitslos und bezog Arbeitslosengeld.
Die Beklagte holte ein internistisches Gutachten von Dr. R ... und ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Dr. L ... ein. In dem internistischen Gutachten vom 23.09.1996 attestierte Dr. R ... der Klägerin einen Narbenzustand nach operiertem Mamma-Karzinom rechts mit Chemo- und Radiotherapie sowie ein vertebragenes Syndrom mit einem vollschichtigen Leistungsvermögen für eine geistig und körperlich leichte Arbeit ohne Dauerbeanspruchung des rechten Armes. Prof. Dr. L ... diagnostizierte in seinem psychiatrischen Gutachten vom 08.10.1996 eine neurotisch gefärbte, verstehbare, aber nicht objektiv begründbare Begehrenshaltung ohne Krankheitswert. Die Klägerin könne ohne körperlich schwere Belastungen und bei gelegentlichen Ruhepausen für den rechten Arm vollschichtig als Angestellte arbeiten.
Nach Auswertung der Gutachten durch den beratungsärztlichen Dienst lehnte die Beklagte den Weitergewährungsantrag mit Bescheid vom 19.02.1997 ab. Den Widerspruch der Klägerin wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 05.06.1997 zurück. Die von der Klägerin eingereichten ärztlichen Unterlagen seien nicht geeignet, eine über den Wegfallmonat der Zeitrente (10/1996) hinaus bestehende Leistungseinschränkung zu bestätigen.
Mit der am 16.06.1997 vor dem Sozialgericht Chemnitz erhobenen Klage begehrte die Klägerin die Weitergewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Sie hat die Auffassung vertreten, mit den bestehenden gesundheitlichen Einschränkungen und aufgrund der stetigen Behandlungen sei es ihr nicht möglich, einer geregelten Erwerbstätigkeit nachzugehen.
Das Sozialgericht zog zur medizinischen Sachaufklärung Befundberichte der Gynäkologin Dr. J ..., des praktischen Arztes Dipl.-Med. D ..., der praktischen Ärztin Dr. W ... sowie ein Gutachten des Arbeitsamtes A ... vom 29.10.1997 bei. Nach dem amtsärztlichen Gutachten sei die Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für eine ständig leichte körperliche Arbeit in überwiegend sitzender Arbeitshaltung vollschichtig leistungsfähig. Vordringlich seien kraftanfordernde Betätigungen im Arm-Hand-Bereich zu meiden, aber auch Tätigkeiten mit hoher emotionaler Belastung und unter Zeitdruck.
Das Sozialgericht holte ferner ein internistisch-chirurgisch- sozialmedizinisches Gutachten, erstattet am 20.05.1998 von Dr. F ..., ein. Der Sachverständige stellte folgende Gesundheitsstörungen fest:
- Beschwerdekomplex mit psychosomatischer Überlagerung objektiver Symptome und isolierte psychosomatische Schmerzsensationen,
- depressives Syndrom,
- Zustand nach Mamma-Amputation mit axillärer Lymphknotendissektion rechts und nachfolgender Strahlen-, Chemo- und Hormontherapie wegen eines Mammakarzinoms
- zur Zeit in anhaltender Remission,
- Cervicalsyndrom (Verspannung der Nackenmuskulatur, Schwindel, Ohrensausen) mit überwiegend rechtsseitiger cervico-brachialer Symptomatik (Schmerzen im Schulter-Arm- und Halsbereich), axiale Hiatushernie
- chronische Anstrumgastritis,
- Leukopenie
- Fettstoffwechselstörung
Seit der letzten Untersuchung im Rentenverfahren habe sich der Gesundheitszustand im Wesentlichen nicht weiter verschlechtert. Wegen der bestehenden Gesundheitsstörungen könne die Klägerin als kaufmännische Angestellte und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur noch leichte körperliche Arbeiten verrichten. Nach längerer körperlicher Belastung sei eine Tätigkeit mit der Möglichkeit zum Wechsel zwischen gehender, stehender und sitzender Tätigkeit sinnvoll. Die Arbeit solle überwiegend in geschlossenen temperierten Räumen erfolgen; Heben und Tragen von Lasten und Überkopfarbeiten sowie Tätigkeiten auf Leitern oder Gerüsten seien zu vermeiden. Arbeiten an Maschinen oder am Fließband seien der Klägerin wegen des Zeitdrucks und der damit verbundenen erhöhten psychonervalen Belastung nicht zumutbar. Das Tätigkeitsfeld einer kaufmännischen Angestellten entspreche diesen Anforderungen. Dr. F ... bescheinigte der Klägerin insgesamt ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt und als kaufmännische Angestellte. Da jedoch bei der Klägerin nach vierjähriger Herauslösung aus dem Arbeitsprozess eine subjektiv geminderte Ausdauer und ein glaubhaft fehlendes Zutrauen zur eigenen Leistungsfähigkeit bestehe, sei eine Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess nach dem Hamburger Modell notwendig. Es sei möglich, dass die übliche Dauer von drei Monaten nicht ausreichen könne.
In der Ergänzung vom 25.11.1998 bestätigte Dr. F ... auf einem übersandten Bericht der praktischen Ärztin Dr. W ... vom 02.11.1998 seine Leistungsbeurteilung. Aus gutachtlicher Sicht stehe nicht das 1994 behandelte Mammakarzinom im Vordergrund, sondern der "Beschwerdekomplex mit psychosomatischer Überlagerung objektiver Symptome und isolierte psychosomatische Schmerzsensationen" und das "depressive Syndrom". Der Bericht der Hausärztin enthalte keine Aspekte, die nicht schon im Gutachten berücksichtigt worden seien.
Das Sozialgericht wies die Klage mit Urteil vom 06.04.1999 ab. Der Bescheid vom 19.02.1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.06.1997 sei nicht zu beanstanden, da die Klägerin weder berufs- noch erwerbsunfähig im Sinne der §§ 43 Abs. 2 , 44 Abs. 2 SGB VI sei. Bisheriger Beruf der Klägerin sei der Beruf der kaufmännischen Angestellten. Diesen Beruf habe sie seit Mai 1992 bewusst und gewollt zur dauerhaften Einkommenserzielung ausgeübt. Nach dem Ergebnis der medizinischen Beweisaufnahme, vor allem in Auswertung des von Dr. F ... erstatteten Gutachtens und der ergänzenden Stellungnahme sei die Klägerin in der Lage, den bisherigen Beruf als kaufmännische Angestellte noch vollschichtig auszuüben. Mit dem festgestellten Leistungsvermögen sei sie zumindest seit November 1996 wieder vollschichtig für eine leichte körperliche Tätigkeit in ihrem Berufsbereich als kaufmännische Angestellte, aber auch beispielsweise als Mitarbeiterin in der Poststelle leistungsfähig. Nach dem in einem anderen Verfahren erstellten berufskundlichen Gutachten der Dipl.-Verwaltungswirtin H ... vom 31.05.1996 handele es sich bei dieser Tätigkeit generell um eine körperlich leichte, geistig einfache und routinemäßige Bürohilfsarbeit, welche im Wechsel der Körperhaltung zwischen Gehen, Stehen und Sitzen ausgeübt wird, so dass Zwangshaltungen vermieden werden können. Diese Arbeiten bedingten kein schweres Heben oder Tragen von Lasten, da die zu transportierenden Schriftstücke mittels fahrbarer Wagen befördert würden. Eine andauernd hohe Konzentration und Verantwortungsbewusstsein fielen, da es sich um einfache und routinemäßig ablaufende Tätigkeiten handele, nicht an. Für die vorbenannte Tätigkeit werde grundsätzlich kein anerkannter Ausbildungsabschluss oder eine bestimmte Ausbildung vorausgesetzt. Eine Anlernung/Einarbeitungszeit sei üblich. Tätigkeiten dieser Art könnten auch von Berufsfremden innerhalb einer Einarbeitungszeit von maximal drei Monaten ausgeführt werden. Diese Tätigkeiten könne die Klägerin aus medizinischer Sicht ausführen, sie sei daher nicht berufsunfähig. Mangels Berufsunfähigkeit bestehe auch kein Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gem. § 44 SGB VI.
Gegen das dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 13.04.1999 zugestellte Urteil richtet sich die am 14.05.1999 eingelegte Berufung.
Die Klägerin geht weiterhin davon aus, dass sie aufgrund der auch im Gutachten von Dr. F ... festgestellten erheblichen Gesundheitsstörungen nicht mehr in der Lage sei einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Es sei nicht nachvollziehbar, dass es auf dem Arbeitsmarkt eine Tätigkeit gebe, die den im erstinstanzlichen Urteil genannten Einschränkungen Rechnung tragen könnte. Da der allgemeine Arbeitsmarkt durch ständig steigende Anforderungen an die Ausführung insbesondere auch kaufmännischer Arbeiten mit hoher psychischer und auch körperlicher Belastung gekennzeichnet sei, müsse davon ausgegangen werden, dass ein vom Sozialgericht benanntes Berufsbild auf dem freien Arbeitsmarkt nicht zu finden sei. Ferner seien die vermehrt ärztlich verordneten Lymphdrainagen mit den entsprechenden Auswirkungen auf das Allgemeinbefinden der Klägerin sowie den damit verbundenen Bewegungseinschränkungen der Arme durch Bandagierung und medikamentöse Behandlung für mindestens 4 Arbeitstage pro Woche nicht ausreichend gewürdigt worden. Die Klägerin könne aber auch eine Tätigkeit als Mitarbeiterin in einer Poststelle nicht ausführen. Es mag sich zwar um leichte Arbeiten handeln, sie setzten aber gleichwohl Verantwortungsbewusstsein und Konzentrationsfähigkeit in einem Maße voraus, das an die Klägerin wegen der ständigen Schmerzen nicht mehr zu stellen sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 06.04.1999 sowie den Bescheid der Beklagten vom 19.02.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.06.1997 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin ab 01.11.1996 eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Auch das vom Senat eingeholte neurologisch-psychiatrische Gutachten bestätige ein vollschichtiges Leistungsvermögen der Klägerin. Den psychopathologischen Erscheinungen sei keine sozialmedizinische Relevanz beizumessen. Der Gesamtbeschwerdekomplex sei teilweise bewusstseinsnahe und durch die Klägerin zu steuern. Eine Rentengewährung komme nicht in Betracht. Die Beklagte sei aber bei Berufungsrücknahme bereit, bei entsprechender Motivation der Klägerin geeignete Maßnahmen zur Rehabilitation anzubieten.
Der Senat hat zur medizinischen Sachaufklärung einen Befundbericht des Hausarztes Dipl.-Med. D ... vom 24.07.2000 nebst diverser Befunde beigezogen und ein neurologisch- psychiatrisches Gutachten, erstattet am 18.01.2001 von Prof. Dr. Re ..., eingeholt. Der Sachverständige stellte nach ausführlicher Befunderhebung und Auswertung der vorliegenden Akten auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet bei der Klägerin das Bestehen einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung fest. Der anhaltende, schwere und quälende Schmerz sei durch einen physiologischen Prozess oder durch körperliche Störungen nicht vollständig zu erklären. Bei der Klägerin könne durchaus ein Osteoporoseschmerz vorhanden sein. Allerdings würde dieser allein nicht sozialmedizinische Bedeutung haben und sich einer Behandlung nicht verschließen. Die psychopathologischen Erscheinungen lägen bei der Klägerin nicht in bedeutsamer Ausprägung vor. Weder habe die depressive Verstimmung noch die Phobie eine sozialmedizinisch relevante Ausprägung. Die Klägerin sei durch zumutbare Willensanstrengung in der Lage, ihre Leistungsfähigkeit zu verbessern. Sie könne - bei primär durchschnittlicher intellektueller Ausstrahlung - ihre Interessen durchsetzen und sei von der Stimmung her nicht bedeutsam beeinträchtigt. Der Gesamtbeschwerdekomplex sei teilweise bewusstseinsnahe und durch sie steuerbar. Zwar sei nach ärztlicher Prognose nicht sicher zu beurteilen, ob die Erscheinungen bei Ablehnung einer Rente verschwinden würden. Der Abschluss des sozialgerichtlichen Verfahrens führe aber zur Stabilisierung der psychischen Situation und sei die Basis für eine psychotherapeutische Behandlung. Die Klägerin sei bislang von ihrem Hausarzt mit Schmerzmitteln und Psychopharmaka behandelt; eine psychiatrische Therapie sei nicht durchgeführt worden. Die Klägerin könne trotz der bestehenden Gesundheitsstörungen wieder Tätigkeiten leichter Natur auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt und Tätigkeiten als kaufmännische Angestellte (Sachbearbeiterin) oder als Büroangestellte vollschichtig verrichten. Dazu bedürfe es einer psychiatrischen Behandlung. Die Klägerin könne die festgestellten Gesundheitsstörungen bei zumutbarer Willensanstrengung mit ärztlicher Hilfe innerhalb eines halben Jahres überwinden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten aus beiden Rechtszügen und auf die beigezogene Verwaltungsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 144, 151, 153 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) ist zulässig, aber unbegründet.
Zutreffend hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Auch nach den im Berufungsverfahren erfolgten medizinischen Ermittlungen ist der Bescheid der Beklagten vom 19.02.1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.06.1997 nicht zu beanstanden. Der Klägerin steht weder ein Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit im Sinne des § 43 Abs. 2 in der bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung noch auf Erwerbsunfähigkeit nach § 44 Abs. 2 SGB VI zu.
Zutreffend hat das Sozialgericht die hier maßgeblichen Rechtsvorschriften benannt und ausgehend von der Rechtssprechung des Bundessozialgerichts (BSG) erläutert. Der Senat nimmt darauf gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug.
Unter Anwendung dieser rechtlichen Maßstäbe ist die Klägerin nicht berufsunfähig im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI. Auch nach dem im Berufungsverfahren eingeholten neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Prof. Dr. Re ... hat sich kein anderes als das bereits vom Sozialgericht festgestellte vollschichtige Leistungsbild ergeben. Ein weiteres Herabsinken der Leistungsfähigkeit ist medizinisch nicht nachgewiesen. Dem schlüssigen und im Ganzen überzeugenden Gutachten vom 18.01.2001 sind keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass die zweifelsfrei bei der Kläger vorliegende neurologisch-psychiatrische Erkrankung, die zwar einer Behandlung bedarf, eine derartige sozialmedizinisch relevante Ausprägung aufweist, dass eine Rentengewährung angezeigt wäre.
Aus neurologisch-psychiatrischer Sicht besteht bei der Klägerin in erster Linie eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, wobei der bestehende Schmerz durch einen physiologischen Prozess oder durch körperliche Störungen nicht vollständig erklärbar ist. Ausweislich der sachverständigen Feststellungen liegen bei der Klägerin psychopathologische Erscheinungen nicht in bedeutsamer Ausprägung vor. Bei zumutbarer Willensanstrengung und unter Nutzung psychiatrisch therapeutischer Behandlung ist sie in der Lage, ihre Leistungsfähigkeit zu verbessern. Der Sachverständige schätzt zweifelsfrei ein, dass die Klägerin bei zumutbarer Willensanstrengung die festgestellten Gesundheitsstörungen mit ärztlicher Hilfe innerhalb eines halben Jahres überwinden kann. Eine für diesen Zeitraum bestehende Einschränkung der Leistungsfähigkeit fällt jedoch, entgegen der Ansicht der Klägerin, in den Risikobereich der Kranken- nicht hingegen der Rentenversicherung.
Ausweislich der Feststellungen des Sachverständigen kann bei der Klägerin zwar durchaus auch ein Osteoporoseschmerz vorhanden sein. Dieser ist indessen der Behandlung zugänglich. Psychopathologische Erscheinungen liegen, wie der Sachverständige darlegt, bei der Klägerin nicht in bedeutsamer Ausprägung vor. Sowohl die depressive Verstimmung als auch die Phobie haben hiernach keine sozialmedizinisch relevante Ausprägung. Die Klägerin ist vielmehr durch zumutbare Willensanstrengung in der Lage, ihre Leistungsfähigkeit zu verbessern. Im Vordergrund der von der Klägerin angegebenen Beschwerden mögen mithin zwar Beeinträchtigungen psychiatrischer Natur bestehen. Indessen führt der Sachverständige gerade insoweit aus, dass die Klägerin bislang lediglich von ihrem Hausarzt mit Schmerzmitteln und Psychopharmaka behandelt worden ist, ohne dass - wie offensichtlich angezeigt - eine psychiatrische Therapie durchgeführt worden wäre. Ungeachtet dessen kann die Klägerin, wie der Sachverständige Prof. Dr. Re ... unmissverständlich darlegt, trotz der bestehenden Gesundheitsstörungen Tätigkeiten leichter Natur auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt und Tätigkeiten als kaufmännische Angestellte (Sachbearbeiterin) oder als Büroangestellte nach wie vor vollschichtig verrichten. Insbesondere kann sie die festgestellten Gesundheitsstörungen bei zumutbarer Willensanstrengung mit ärztlicher Hilfe innerhalb eines halben Jahres überwinden. Diesen sachverständigen Feststellungen schließt sich der Senat nach Auswertung und eigener Überzeugung vollinhaltlich an.
Unabhängig von dem Vorstehenden hat die Beklagte bei entsprechender Motivation der Klägerin die Durchführung einer stationären neurologisch-psychiatrischen Rehabilitationsmaßnahme angeboten. Eine derartige Motivation zur Verbesserung des Leis- tungsvermögens ist jedoch nicht anzunehmen, soweit die Klägerin den Erhalt einer Dauerrente begehrt.
Da bei der Klägerin weder auf körperlichem noch auf seelischem Gebiet schwerwiegende Funktionseinschränkungen festgestellt werden konnten, der Sachverständige vielmehr angibt, die neurologische Untersuchung hat keine wesentlichen Abweichungen erbracht und psychisch besteht das Bild einer leichten depressiven Verstimmung mit phobischen Anteilen, aber ohne kognitive Defizite, sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, die auch der Ausübung einer körperlich leichten Tätigkeit, wie sie aus berufskundlicher Sicht Büro- und Verwaltungsarbeiten darstellen, entgegenstehen könnten. Die Klägerin kann nach Überzeugung des Senates - wenn auch zunächst mit ärztlicher Hilfe - weiterhin Tätigkeiten als kaufmännische Angestellte (Sachbearbeiterin) oder als Büroangestellte (Mitarbeiterin einer Poststelle) vollschichtig ausüben. Insoweit nimmt der Senat gem. § 153 Abs. 2 SGG Bezug auf die zutreffenden berufskundlichen Darstellungen im erstinstanzlichen Urteil.
Entgegen der Ansicht der Klägerin stehen die vermehrten physiotherapeutischen Behandlungen in Form von Lymphdrainagen der Möglichkeit einer regelmäßigen Berufstätigkeit nicht entgegen. Derartige Behandlungen erfolgen typisch serienweise und können nach Überzeugung des Senates von der Klägerin bei Bedarf auch im zeitlichen Anschluss an eine berufliche Tätigkeit wahrgenommen werden. Die vom Senat und zuvor vom Sozialgericht beigezogenen Gutachten gelangen unter Berücksichtigung des nachgewiesenen Beschwerdebildes übereinstimmend und für den Senat ohne Weiteres nachvollziehbar zu der Einschätzung, dass die Klägerin mit den vorstehend genannten Maßgaben vollschichtig in ihrem bisherigen Berufsfeld leistungsfähig ist. Berufsunfähigkeit im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI a. F. scheidet danach aus.
Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen, die es der Klägerin trotz vollschichtiger Einsatzmöglichkeit unmöglich macht, eine geeignete Erwerbstätigkeit aufzunehmen (so genannte Katalogfälle BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 137), liegt bei ihr nicht vor. Insbesondere ist sie nicht gehindert, die üblichen Verkehrswege zum Erreichen eines Arbeitsplatzes zurückzulegen (BSG SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10). Betriebsunübliche Pausen muss sie aus medizinischer Sicht während der Arbeitszeit nicht einlegen (BSG SozR 2200 § 1247 Nr. 43; SozR 2200 § 1246 Nr. 136).
Nachdem somit bei der Klägerin Berufsunfähigkeit im Sinne des § 43 Abs. 2 a. F. nicht vorliegt, hat sie erst recht keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach den strengeren Anforderungen des § 44 Abs. 2 SGB-VI.
Unmaßgeblich ist, ob der vollschichtig leistungsfähigen Klägerin bei der derzeit angespannten Arbeitsmarktlage in absehbarer Zeit ein den gesundheitlichen Einschränkungen entsprechender Arbeitsplatz vermittelt werden kann. Es kommt bei vollschichtig einsetzbaren Versicherten allein darauf an, ob die für sie zumutbaren Tätigkeiten, seien sie frei oder besetzt, auf dem Arbeitsmarkt in ausreichender Anzahl vorhanden sind. Das ist für die der Klägerin zumutbaren kaufmännischen Tätigkeiten zu bejahen.
Aus den genannten Gründen hatte die Berufung keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Auslagen sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Weitergewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Die am ...1951 geborene Klägerin erlernte von September 1968 bis Juli 1970 den Beruf einer Herrenschneiderin und erwarb am 19.07.1970 das entsprechende Facharbeiterzeugnis. Sie arbeitete im erlernten Beruf bis September 1972. Nach der Geburt ihrer Tochter gab sie zunächst kurzzeitig die Berufstätigkeit auf und war danach ab Februar 1973 bis Oktober 1989 als Stanzerin im elterlichen Betrieb beschäftigt. Von Oktober 1990 bis April 1992 war sie arbeitslos. Von Mai 1992 bis April 1995 war sie als kaufmännische Angestellte im Unternehmen ihres Ehemannes beschäftigt. Die Einarbeitungszeit dauerte 8 Monate und wurde in Form einer praktischen Probezeit durchgeführt. Wegen eines Mamma-Karzinoms war die Klägerin seit 28.02.1994 arbeitsunfähig und bezog Krankengeld.
Vom 14.12.1995 bis 31.08.1996 bezog die Klägerin eine befristete Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit (Rentenbescheid vom 08.02.1996) und beantragte am 19.04.1996 die Weitergewährung der Rente. Wegen der Bearbeitung dieses Antrags verlängerte die Beklagte zunächst mit Bescheid vom 02.07.1996 die bisher ausgesprochene Befristung bis zum 31.10.1996.
Am 26.02.1997 meldete sich die Klägerin beim zuständigen Arbeitsamt arbeitslos und bezog Arbeitslosengeld.
Die Beklagte holte ein internistisches Gutachten von Dr. R ... und ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Dr. L ... ein. In dem internistischen Gutachten vom 23.09.1996 attestierte Dr. R ... der Klägerin einen Narbenzustand nach operiertem Mamma-Karzinom rechts mit Chemo- und Radiotherapie sowie ein vertebragenes Syndrom mit einem vollschichtigen Leistungsvermögen für eine geistig und körperlich leichte Arbeit ohne Dauerbeanspruchung des rechten Armes. Prof. Dr. L ... diagnostizierte in seinem psychiatrischen Gutachten vom 08.10.1996 eine neurotisch gefärbte, verstehbare, aber nicht objektiv begründbare Begehrenshaltung ohne Krankheitswert. Die Klägerin könne ohne körperlich schwere Belastungen und bei gelegentlichen Ruhepausen für den rechten Arm vollschichtig als Angestellte arbeiten.
Nach Auswertung der Gutachten durch den beratungsärztlichen Dienst lehnte die Beklagte den Weitergewährungsantrag mit Bescheid vom 19.02.1997 ab. Den Widerspruch der Klägerin wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 05.06.1997 zurück. Die von der Klägerin eingereichten ärztlichen Unterlagen seien nicht geeignet, eine über den Wegfallmonat der Zeitrente (10/1996) hinaus bestehende Leistungseinschränkung zu bestätigen.
Mit der am 16.06.1997 vor dem Sozialgericht Chemnitz erhobenen Klage begehrte die Klägerin die Weitergewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Sie hat die Auffassung vertreten, mit den bestehenden gesundheitlichen Einschränkungen und aufgrund der stetigen Behandlungen sei es ihr nicht möglich, einer geregelten Erwerbstätigkeit nachzugehen.
Das Sozialgericht zog zur medizinischen Sachaufklärung Befundberichte der Gynäkologin Dr. J ..., des praktischen Arztes Dipl.-Med. D ..., der praktischen Ärztin Dr. W ... sowie ein Gutachten des Arbeitsamtes A ... vom 29.10.1997 bei. Nach dem amtsärztlichen Gutachten sei die Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für eine ständig leichte körperliche Arbeit in überwiegend sitzender Arbeitshaltung vollschichtig leistungsfähig. Vordringlich seien kraftanfordernde Betätigungen im Arm-Hand-Bereich zu meiden, aber auch Tätigkeiten mit hoher emotionaler Belastung und unter Zeitdruck.
Das Sozialgericht holte ferner ein internistisch-chirurgisch- sozialmedizinisches Gutachten, erstattet am 20.05.1998 von Dr. F ..., ein. Der Sachverständige stellte folgende Gesundheitsstörungen fest:
- Beschwerdekomplex mit psychosomatischer Überlagerung objektiver Symptome und isolierte psychosomatische Schmerzsensationen,
- depressives Syndrom,
- Zustand nach Mamma-Amputation mit axillärer Lymphknotendissektion rechts und nachfolgender Strahlen-, Chemo- und Hormontherapie wegen eines Mammakarzinoms
- zur Zeit in anhaltender Remission,
- Cervicalsyndrom (Verspannung der Nackenmuskulatur, Schwindel, Ohrensausen) mit überwiegend rechtsseitiger cervico-brachialer Symptomatik (Schmerzen im Schulter-Arm- und Halsbereich), axiale Hiatushernie
- chronische Anstrumgastritis,
- Leukopenie
- Fettstoffwechselstörung
Seit der letzten Untersuchung im Rentenverfahren habe sich der Gesundheitszustand im Wesentlichen nicht weiter verschlechtert. Wegen der bestehenden Gesundheitsstörungen könne die Klägerin als kaufmännische Angestellte und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur noch leichte körperliche Arbeiten verrichten. Nach längerer körperlicher Belastung sei eine Tätigkeit mit der Möglichkeit zum Wechsel zwischen gehender, stehender und sitzender Tätigkeit sinnvoll. Die Arbeit solle überwiegend in geschlossenen temperierten Räumen erfolgen; Heben und Tragen von Lasten und Überkopfarbeiten sowie Tätigkeiten auf Leitern oder Gerüsten seien zu vermeiden. Arbeiten an Maschinen oder am Fließband seien der Klägerin wegen des Zeitdrucks und der damit verbundenen erhöhten psychonervalen Belastung nicht zumutbar. Das Tätigkeitsfeld einer kaufmännischen Angestellten entspreche diesen Anforderungen. Dr. F ... bescheinigte der Klägerin insgesamt ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt und als kaufmännische Angestellte. Da jedoch bei der Klägerin nach vierjähriger Herauslösung aus dem Arbeitsprozess eine subjektiv geminderte Ausdauer und ein glaubhaft fehlendes Zutrauen zur eigenen Leistungsfähigkeit bestehe, sei eine Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess nach dem Hamburger Modell notwendig. Es sei möglich, dass die übliche Dauer von drei Monaten nicht ausreichen könne.
In der Ergänzung vom 25.11.1998 bestätigte Dr. F ... auf einem übersandten Bericht der praktischen Ärztin Dr. W ... vom 02.11.1998 seine Leistungsbeurteilung. Aus gutachtlicher Sicht stehe nicht das 1994 behandelte Mammakarzinom im Vordergrund, sondern der "Beschwerdekomplex mit psychosomatischer Überlagerung objektiver Symptome und isolierte psychosomatische Schmerzsensationen" und das "depressive Syndrom". Der Bericht der Hausärztin enthalte keine Aspekte, die nicht schon im Gutachten berücksichtigt worden seien.
Das Sozialgericht wies die Klage mit Urteil vom 06.04.1999 ab. Der Bescheid vom 19.02.1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.06.1997 sei nicht zu beanstanden, da die Klägerin weder berufs- noch erwerbsunfähig im Sinne der §§ 43 Abs. 2 , 44 Abs. 2 SGB VI sei. Bisheriger Beruf der Klägerin sei der Beruf der kaufmännischen Angestellten. Diesen Beruf habe sie seit Mai 1992 bewusst und gewollt zur dauerhaften Einkommenserzielung ausgeübt. Nach dem Ergebnis der medizinischen Beweisaufnahme, vor allem in Auswertung des von Dr. F ... erstatteten Gutachtens und der ergänzenden Stellungnahme sei die Klägerin in der Lage, den bisherigen Beruf als kaufmännische Angestellte noch vollschichtig auszuüben. Mit dem festgestellten Leistungsvermögen sei sie zumindest seit November 1996 wieder vollschichtig für eine leichte körperliche Tätigkeit in ihrem Berufsbereich als kaufmännische Angestellte, aber auch beispielsweise als Mitarbeiterin in der Poststelle leistungsfähig. Nach dem in einem anderen Verfahren erstellten berufskundlichen Gutachten der Dipl.-Verwaltungswirtin H ... vom 31.05.1996 handele es sich bei dieser Tätigkeit generell um eine körperlich leichte, geistig einfache und routinemäßige Bürohilfsarbeit, welche im Wechsel der Körperhaltung zwischen Gehen, Stehen und Sitzen ausgeübt wird, so dass Zwangshaltungen vermieden werden können. Diese Arbeiten bedingten kein schweres Heben oder Tragen von Lasten, da die zu transportierenden Schriftstücke mittels fahrbarer Wagen befördert würden. Eine andauernd hohe Konzentration und Verantwortungsbewusstsein fielen, da es sich um einfache und routinemäßig ablaufende Tätigkeiten handele, nicht an. Für die vorbenannte Tätigkeit werde grundsätzlich kein anerkannter Ausbildungsabschluss oder eine bestimmte Ausbildung vorausgesetzt. Eine Anlernung/Einarbeitungszeit sei üblich. Tätigkeiten dieser Art könnten auch von Berufsfremden innerhalb einer Einarbeitungszeit von maximal drei Monaten ausgeführt werden. Diese Tätigkeiten könne die Klägerin aus medizinischer Sicht ausführen, sie sei daher nicht berufsunfähig. Mangels Berufsunfähigkeit bestehe auch kein Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gem. § 44 SGB VI.
Gegen das dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 13.04.1999 zugestellte Urteil richtet sich die am 14.05.1999 eingelegte Berufung.
Die Klägerin geht weiterhin davon aus, dass sie aufgrund der auch im Gutachten von Dr. F ... festgestellten erheblichen Gesundheitsstörungen nicht mehr in der Lage sei einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Es sei nicht nachvollziehbar, dass es auf dem Arbeitsmarkt eine Tätigkeit gebe, die den im erstinstanzlichen Urteil genannten Einschränkungen Rechnung tragen könnte. Da der allgemeine Arbeitsmarkt durch ständig steigende Anforderungen an die Ausführung insbesondere auch kaufmännischer Arbeiten mit hoher psychischer und auch körperlicher Belastung gekennzeichnet sei, müsse davon ausgegangen werden, dass ein vom Sozialgericht benanntes Berufsbild auf dem freien Arbeitsmarkt nicht zu finden sei. Ferner seien die vermehrt ärztlich verordneten Lymphdrainagen mit den entsprechenden Auswirkungen auf das Allgemeinbefinden der Klägerin sowie den damit verbundenen Bewegungseinschränkungen der Arme durch Bandagierung und medikamentöse Behandlung für mindestens 4 Arbeitstage pro Woche nicht ausreichend gewürdigt worden. Die Klägerin könne aber auch eine Tätigkeit als Mitarbeiterin in einer Poststelle nicht ausführen. Es mag sich zwar um leichte Arbeiten handeln, sie setzten aber gleichwohl Verantwortungsbewusstsein und Konzentrationsfähigkeit in einem Maße voraus, das an die Klägerin wegen der ständigen Schmerzen nicht mehr zu stellen sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 06.04.1999 sowie den Bescheid der Beklagten vom 19.02.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.06.1997 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin ab 01.11.1996 eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Auch das vom Senat eingeholte neurologisch-psychiatrische Gutachten bestätige ein vollschichtiges Leistungsvermögen der Klägerin. Den psychopathologischen Erscheinungen sei keine sozialmedizinische Relevanz beizumessen. Der Gesamtbeschwerdekomplex sei teilweise bewusstseinsnahe und durch die Klägerin zu steuern. Eine Rentengewährung komme nicht in Betracht. Die Beklagte sei aber bei Berufungsrücknahme bereit, bei entsprechender Motivation der Klägerin geeignete Maßnahmen zur Rehabilitation anzubieten.
Der Senat hat zur medizinischen Sachaufklärung einen Befundbericht des Hausarztes Dipl.-Med. D ... vom 24.07.2000 nebst diverser Befunde beigezogen und ein neurologisch- psychiatrisches Gutachten, erstattet am 18.01.2001 von Prof. Dr. Re ..., eingeholt. Der Sachverständige stellte nach ausführlicher Befunderhebung und Auswertung der vorliegenden Akten auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet bei der Klägerin das Bestehen einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung fest. Der anhaltende, schwere und quälende Schmerz sei durch einen physiologischen Prozess oder durch körperliche Störungen nicht vollständig zu erklären. Bei der Klägerin könne durchaus ein Osteoporoseschmerz vorhanden sein. Allerdings würde dieser allein nicht sozialmedizinische Bedeutung haben und sich einer Behandlung nicht verschließen. Die psychopathologischen Erscheinungen lägen bei der Klägerin nicht in bedeutsamer Ausprägung vor. Weder habe die depressive Verstimmung noch die Phobie eine sozialmedizinisch relevante Ausprägung. Die Klägerin sei durch zumutbare Willensanstrengung in der Lage, ihre Leistungsfähigkeit zu verbessern. Sie könne - bei primär durchschnittlicher intellektueller Ausstrahlung - ihre Interessen durchsetzen und sei von der Stimmung her nicht bedeutsam beeinträchtigt. Der Gesamtbeschwerdekomplex sei teilweise bewusstseinsnahe und durch sie steuerbar. Zwar sei nach ärztlicher Prognose nicht sicher zu beurteilen, ob die Erscheinungen bei Ablehnung einer Rente verschwinden würden. Der Abschluss des sozialgerichtlichen Verfahrens führe aber zur Stabilisierung der psychischen Situation und sei die Basis für eine psychotherapeutische Behandlung. Die Klägerin sei bislang von ihrem Hausarzt mit Schmerzmitteln und Psychopharmaka behandelt; eine psychiatrische Therapie sei nicht durchgeführt worden. Die Klägerin könne trotz der bestehenden Gesundheitsstörungen wieder Tätigkeiten leichter Natur auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt und Tätigkeiten als kaufmännische Angestellte (Sachbearbeiterin) oder als Büroangestellte vollschichtig verrichten. Dazu bedürfe es einer psychiatrischen Behandlung. Die Klägerin könne die festgestellten Gesundheitsstörungen bei zumutbarer Willensanstrengung mit ärztlicher Hilfe innerhalb eines halben Jahres überwinden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten aus beiden Rechtszügen und auf die beigezogene Verwaltungsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 144, 151, 153 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) ist zulässig, aber unbegründet.
Zutreffend hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Auch nach den im Berufungsverfahren erfolgten medizinischen Ermittlungen ist der Bescheid der Beklagten vom 19.02.1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.06.1997 nicht zu beanstanden. Der Klägerin steht weder ein Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit im Sinne des § 43 Abs. 2 in der bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung noch auf Erwerbsunfähigkeit nach § 44 Abs. 2 SGB VI zu.
Zutreffend hat das Sozialgericht die hier maßgeblichen Rechtsvorschriften benannt und ausgehend von der Rechtssprechung des Bundessozialgerichts (BSG) erläutert. Der Senat nimmt darauf gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug.
Unter Anwendung dieser rechtlichen Maßstäbe ist die Klägerin nicht berufsunfähig im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI. Auch nach dem im Berufungsverfahren eingeholten neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Prof. Dr. Re ... hat sich kein anderes als das bereits vom Sozialgericht festgestellte vollschichtige Leistungsbild ergeben. Ein weiteres Herabsinken der Leistungsfähigkeit ist medizinisch nicht nachgewiesen. Dem schlüssigen und im Ganzen überzeugenden Gutachten vom 18.01.2001 sind keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass die zweifelsfrei bei der Kläger vorliegende neurologisch-psychiatrische Erkrankung, die zwar einer Behandlung bedarf, eine derartige sozialmedizinisch relevante Ausprägung aufweist, dass eine Rentengewährung angezeigt wäre.
Aus neurologisch-psychiatrischer Sicht besteht bei der Klägerin in erster Linie eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, wobei der bestehende Schmerz durch einen physiologischen Prozess oder durch körperliche Störungen nicht vollständig erklärbar ist. Ausweislich der sachverständigen Feststellungen liegen bei der Klägerin psychopathologische Erscheinungen nicht in bedeutsamer Ausprägung vor. Bei zumutbarer Willensanstrengung und unter Nutzung psychiatrisch therapeutischer Behandlung ist sie in der Lage, ihre Leistungsfähigkeit zu verbessern. Der Sachverständige schätzt zweifelsfrei ein, dass die Klägerin bei zumutbarer Willensanstrengung die festgestellten Gesundheitsstörungen mit ärztlicher Hilfe innerhalb eines halben Jahres überwinden kann. Eine für diesen Zeitraum bestehende Einschränkung der Leistungsfähigkeit fällt jedoch, entgegen der Ansicht der Klägerin, in den Risikobereich der Kranken- nicht hingegen der Rentenversicherung.
Ausweislich der Feststellungen des Sachverständigen kann bei der Klägerin zwar durchaus auch ein Osteoporoseschmerz vorhanden sein. Dieser ist indessen der Behandlung zugänglich. Psychopathologische Erscheinungen liegen, wie der Sachverständige darlegt, bei der Klägerin nicht in bedeutsamer Ausprägung vor. Sowohl die depressive Verstimmung als auch die Phobie haben hiernach keine sozialmedizinisch relevante Ausprägung. Die Klägerin ist vielmehr durch zumutbare Willensanstrengung in der Lage, ihre Leistungsfähigkeit zu verbessern. Im Vordergrund der von der Klägerin angegebenen Beschwerden mögen mithin zwar Beeinträchtigungen psychiatrischer Natur bestehen. Indessen führt der Sachverständige gerade insoweit aus, dass die Klägerin bislang lediglich von ihrem Hausarzt mit Schmerzmitteln und Psychopharmaka behandelt worden ist, ohne dass - wie offensichtlich angezeigt - eine psychiatrische Therapie durchgeführt worden wäre. Ungeachtet dessen kann die Klägerin, wie der Sachverständige Prof. Dr. Re ... unmissverständlich darlegt, trotz der bestehenden Gesundheitsstörungen Tätigkeiten leichter Natur auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt und Tätigkeiten als kaufmännische Angestellte (Sachbearbeiterin) oder als Büroangestellte nach wie vor vollschichtig verrichten. Insbesondere kann sie die festgestellten Gesundheitsstörungen bei zumutbarer Willensanstrengung mit ärztlicher Hilfe innerhalb eines halben Jahres überwinden. Diesen sachverständigen Feststellungen schließt sich der Senat nach Auswertung und eigener Überzeugung vollinhaltlich an.
Unabhängig von dem Vorstehenden hat die Beklagte bei entsprechender Motivation der Klägerin die Durchführung einer stationären neurologisch-psychiatrischen Rehabilitationsmaßnahme angeboten. Eine derartige Motivation zur Verbesserung des Leis- tungsvermögens ist jedoch nicht anzunehmen, soweit die Klägerin den Erhalt einer Dauerrente begehrt.
Da bei der Klägerin weder auf körperlichem noch auf seelischem Gebiet schwerwiegende Funktionseinschränkungen festgestellt werden konnten, der Sachverständige vielmehr angibt, die neurologische Untersuchung hat keine wesentlichen Abweichungen erbracht und psychisch besteht das Bild einer leichten depressiven Verstimmung mit phobischen Anteilen, aber ohne kognitive Defizite, sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, die auch der Ausübung einer körperlich leichten Tätigkeit, wie sie aus berufskundlicher Sicht Büro- und Verwaltungsarbeiten darstellen, entgegenstehen könnten. Die Klägerin kann nach Überzeugung des Senates - wenn auch zunächst mit ärztlicher Hilfe - weiterhin Tätigkeiten als kaufmännische Angestellte (Sachbearbeiterin) oder als Büroangestellte (Mitarbeiterin einer Poststelle) vollschichtig ausüben. Insoweit nimmt der Senat gem. § 153 Abs. 2 SGG Bezug auf die zutreffenden berufskundlichen Darstellungen im erstinstanzlichen Urteil.
Entgegen der Ansicht der Klägerin stehen die vermehrten physiotherapeutischen Behandlungen in Form von Lymphdrainagen der Möglichkeit einer regelmäßigen Berufstätigkeit nicht entgegen. Derartige Behandlungen erfolgen typisch serienweise und können nach Überzeugung des Senates von der Klägerin bei Bedarf auch im zeitlichen Anschluss an eine berufliche Tätigkeit wahrgenommen werden. Die vom Senat und zuvor vom Sozialgericht beigezogenen Gutachten gelangen unter Berücksichtigung des nachgewiesenen Beschwerdebildes übereinstimmend und für den Senat ohne Weiteres nachvollziehbar zu der Einschätzung, dass die Klägerin mit den vorstehend genannten Maßgaben vollschichtig in ihrem bisherigen Berufsfeld leistungsfähig ist. Berufsunfähigkeit im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI a. F. scheidet danach aus.
Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen, die es der Klägerin trotz vollschichtiger Einsatzmöglichkeit unmöglich macht, eine geeignete Erwerbstätigkeit aufzunehmen (so genannte Katalogfälle BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 137), liegt bei ihr nicht vor. Insbesondere ist sie nicht gehindert, die üblichen Verkehrswege zum Erreichen eines Arbeitsplatzes zurückzulegen (BSG SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10). Betriebsunübliche Pausen muss sie aus medizinischer Sicht während der Arbeitszeit nicht einlegen (BSG SozR 2200 § 1247 Nr. 43; SozR 2200 § 1246 Nr. 136).
Nachdem somit bei der Klägerin Berufsunfähigkeit im Sinne des § 43 Abs. 2 a. F. nicht vorliegt, hat sie erst recht keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach den strengeren Anforderungen des § 44 Abs. 2 SGB-VI.
Unmaßgeblich ist, ob der vollschichtig leistungsfähigen Klägerin bei der derzeit angespannten Arbeitsmarktlage in absehbarer Zeit ein den gesundheitlichen Einschränkungen entsprechender Arbeitsplatz vermittelt werden kann. Es kommt bei vollschichtig einsetzbaren Versicherten allein darauf an, ob die für sie zumutbaren Tätigkeiten, seien sie frei oder besetzt, auf dem Arbeitsmarkt in ausreichender Anzahl vorhanden sind. Das ist für die der Klägerin zumutbaren kaufmännischen Tätigkeiten zu bejahen.
Aus den genannten Gründen hatte die Berufung keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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