L 5 RJ 211/99

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 13 RJ 510/96
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 5 RJ 211/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 25. Juni 1999 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Unter den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit Invalidität hat.

Die am ... geborene Klägerin hat in der Zeit von 1963 bis 1965 eine Berufsausbildung zur Ringzwirnerin erfolgreich absolviert und war in diesem Beruf bis 1968 tätig. In der Folgezeit war sie als Spulerin, Streckerin, Putzerin und Stanzerin beschäftigt. Von 1981 bis April 1989 war sie als Küchenhilfe tätig. Vom 01. Mai 1989 bis 30. April 1994 arbeitete sie als Reinigungskraft. Vom 01. Janaur 1993 bis 30. April 1994 war sie als Gebäudereinigerhilfskraft beschäftigt. Hierbei hatte sie leichte Reinigungstätigkeiten zu erbringen, die von ungelernten Arbeitern nach ca. vier Wochen Einarbeitungszeit vollwertig verrichtet werden können.

Auf den am 22. März 1994 gestellten Antrag auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bzw. Invalidität bewilligte die Beklagte der Klägerin zunächst eine Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation, die in der Zeit vom 07. Juni 1994 bis 05. Juli 1994 durchgeführt wurde. Auf den Entlassungsbericht der Reha-Klinik A ... vom 18. Juli 1994 wird Bezug genommen.

Mit Bescheid vom 03. August 1995 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dem Rentenantrag nicht entsprechen zu können, da sie Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig verrichten könne. Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 09. September 1996 zurück. Die Klägerin sei noch in der Lage, leichte und mittelschwere Arbeiten in wechselnder Körperhaltung, ohne häufiges Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten, ohne häufiges Bücken, ohne Gefährdung durch inhalative Reizstoffe vollschichtig zu verrichten. Eine konkrete Bezeichnung eines Verweisungsberufs sei angesichts der Zugehörigkeit ihres Hauptberufs zur Gruppe der ungelernten Arbeiter nicht erforderlich.

Hiergegen hat die Klägerin das Sozialgericht Chemnitz (SG) angerufen.

Dem Gericht lagen vor:

- Gutachten des Arbeitsamtes Chemnitz vom 03. November 1994 - Gutachten von Dr. Sch ..., Fachärztin für Innere Medizin/Lungen- und Bronchialheilkunde vom 15. September 1998 Sie stellte ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte körperliche Tätigkeiten fest. - Gutachten Dr. G ..., Facharzt für Orthopädie/Chirotherapie vom 28. April 1999, der schwere und mittelschwere körperliche Tätigkeiten, Überkopfarbeiten und in Körperhöhe ausschloss. - Befundbericht vom 28. April 1999 von Dr. R ..., Facharzt für Innere Medizin/Kardiologie - Arztbrief vom 23. März 1999 von Dr.med. K ..., Internist, Lungen- und Bronchialheilkunde.

Mit Urteil vom 25. Juni 1999 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin sei als Reinigungskraft der Gruppe der ungelernten Arbeiter zuzuordnen und könne damit auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden. Leichte körperliche Tätigkeiten könne sie vollschichtig ausüben. Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen bzw. schwere spezifische Leistungsbeeinträchtigung lägen nicht vor.

Hiergegen richtet sich die am 02. August 1999 eingegangene Berufung der Klägerin. Ihre behandelnden Ärzte gingen - anders als die im sozialgerichtlichen Verfahren gehörten Gutachter - von schwerer Leistungsbeeinträchtigung aus.

Sie beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 25. Juni 1999 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 03. August 1995 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09. September 1996 zu verurteilen, ihr Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie nimmt auf die Gründe des sozialgerichtlichen Urteils Bezug.

Dem Senat liegen die Befundberichte von Dipl.-Med. Sch ... vom 17. November 2000, Dr. med. K ..., Internist/Facharzt für Lungen- und Bronchialheilkunde, vom 06. November 2000 und Dr. med. S ..., Facharzt für Neurologie/Psychiatrie, vom 14. Juli 1999, 14. November 2000 sowie von Dr. G ..., Facharzt für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, vom 05. April 2001 vor.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist unbegründet.

Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Auf dessen zutreffende Ausführungen wird verwiesen, § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Ergänzend ist folgendes auszuführen: Dem Gutachten von Dipl.-Med. G ... vom Ärztlichen Dienst des Arbeitsamtes Chemnitz vom 03. November 1994 ist nicht zu folgen. Dieser kommt zu der Feststellung, dass die Klägerin wegen obstruktiver Lungenfunktionsstörung und Asthma nur noch in der Lage sei, halb- bis untervollschichtig in leichten Tätigkeiten überwiegend gehend, zeitweise stehend ohne Nässe, Kälte, Zugluft, Temperaturschwankungen, Staub, Rauch, Gase, Dämpfe, ohne Zwangshaltungen und ohne Heben und Tragen über 10 Kilogramm tätig zu sein. Dem Gutachten lag u.a. auch der Arztbrief von Dr. K ... vom 03. Februar 1994 zu Grunde. In Letzerem war bei Erstellung des Belastungs-EKG ein Abbruch nach 1 Minute bei 100 Watt wegen Erschöpfung ohne EKG-Veränderungen bei regelrechter Erholung festgestellt worden. Dr. Sch ..., Facharzt für Innere Medizin/Lungen- und Bronchialheilkunde/Allergologie hat in seinem für das SG erstellte Gutachten vom 15. September 1998 eine obstruktive Atemwegserkrankung aus lungenfachärztlicher Sicht nicht nachvollziehen können. Die Belastungsatemnot, welche die Klägerin empfinde, wird als Folge der Adipositas, der schmerzhaften Muskelpartien im Schulter-/Nackenbereich und eines mangelhaften körperlichen Trainingszustandes nachvollziehbar herausgearbeitet. In dem überarbeiteten Gutachten vom 07. Januar 1999 schließt der Gutachter ein asthmatisches Atemwegsleiden mit hoher Wahrscheinlichkeit aus. Das Belastungs-EKG ergab einen Abbruch des Belastungsversuches bei 90 Watt wegen subjektiver Erschöpfungserscheinungen. Eine krankheitswertige Ruhe- und Belastungsreaktion war nicht zu erkennen. Der von der Klägerin vorgelegte kardiologische Befundbericht vom 28. April 1999 belegt eine Belastung bis 2 Minuten im 75 Watt-Bereich. Eine Leistung zwischen 75 und 125 Watt entspricht mittelschwerer Tätigkeit, wie Handarbeit, Gartenarbeit; eine maximale Leistung von 50 bis 75 Watt einer deutlichen Einschränkung und läßt nur noch leichte körperliche Arbeit zu (vgl. "Sozialmedizinische Begutachtung in der gesetzlichen Rentenversicherung" 5. Auflage, Hrg. vom Verband Deutscher Rentenversicherungsträger 1995, Seite 202 und 237). Angesichts dessen ist die Ansicht von Dipl.-Med. G ... nicht begründbar, wonach nur noch eine halb- bis untervollschichtige Tätigkeit leichter Art erbracht werden kann. Unter Berücksichtigung der weiter beigezogenen Befunde und insbesondere auch des orthopädischen Gutachtens von Dr. G ... ist das Sozialgericht zutreffend von einem vollschichtigen Leistungsvermögen für körperlich leichte Arbeit ausgegangen. Als qualitative Leistungseinschränkung sind nach den erhobenen Befunden von den Gutachtern nachvollziehbar das Erfordernis wechselner Körperhaltung, ohne Kälte-Nässe-Exposition und inhalative Noxen, ohne ständiges Arbeiten Überkopf und in Kopfhöhe, ohne Lärmarbeit und ohne Absturzgefahr festgestellt.

Der Gesundheitszustand der Klägerin hat sich auch nach dem 25. Juni 1999 - der Urteilsverkündung - nicht wesentlich verschlechtert. Der Befundbericht des behandelnden Internisten Dr. K ... zeigt dies hinsichtlich dieses Fachgebietes ausdrücklich. Die Gesichtsneuralgie und die die Interkostalneuralgie sind behandelbar und haben noch nicht zu einer weitergehenden dauerhaften Einschränkung des Leistungsvermögens geführt. Unter dem 14. März 2000 war in dem Schreiben von Dr. K ... an Herrn Dipl.-Med. Sch ... keine Einbuße der Lungenfunktion festgestellt worden. Kardiologisch war keine weitere Einschränkung festgestellt worden, als bereits in dem Arztschreiben von Dr. R ... vom 28. April 1999 festgestellt - 75 Watt. Die Einschränkungen auf hals-, nasen- und ohrenärztlichem Fachgebiet - gelegentliche Schwindelgefühle und zeitweilige Ohrengeräusche sowie geringradige kombinierte Schwerhörigkeit - führen lediglich dazu, dass die Klägerin keine Lärmarbeit und nur Arbeiten ohne Absturzgefahr verrichten kann.

Damit liegen - wie bereits das SG festgestellt hat - weder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen noch eine schwere spezifische Leistungsbeeinträchtigung vor.

Eine weitere Exploration der Klägerin auf neurologisch/psychiatrischem Gebiet war nicht erforderlich. Weder der behandelnde Neurologe/Psychiater der Klägerin noch die übrigen im Verfahren gehörten Ärzte haben bei der Klägerin eine geistig-psychische Störung festgestellt.

Damit liegen - wie das SG zutreffend festgestellt hat - bei der Klägerin weder Berufsunfähigkeit gemäß § 43 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (a.F.), noch Erwerbsunfähigkeit gemäß § 44 SGB VI a.F. vor. Die Anwendung der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung dieser Normen beruht auf § 300 Abs. 2 SGB VI. Mit vollschichtigem Leistungsvermögen entfällt auch ein Anspruch nach § 43 SGB VI in der ab dem 01. Januar 2001 geltenden Fassung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision, § 160 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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