L 5 RJ 216/00

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 2 RJ 436/99
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 5 RJ 216/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 26. Juni 2000 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Die am ... geborene Klägerin absolvierte nach eigenen Angaben in der Zeit von September 1962 bis August 1964 eine Ausbildung zur Spinnerin und war bis Juni 1967 als solche beschäftigt. Anschließend war sie bis Mai 1968 als Verkäuferin und von März 1974 bis November 1991 als Stepperin tätig. Vom 01. Januar 1991 bis zum 31. März 1997 bezog sie eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Grund eines Mammacarzinoms links mit Ablatio.

Den am 22. Oktober 1998 gestellten Antrag auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit begründete sie mit der Brustamputation und der Chemotherapie.

Im Verwaltungsverfahren lagen der Beklagten die medizinischen Unterlagen des ersten Rentenverfahrens, ein Befundbericht von Dr. L ..., Facharzt für Allgemeinmedizin, vom 19. Februar 1999 und das Gutachten von Frau Dr. F ... vor. In dem Gutachten vom 23. März 1999 wurde bei

- essentieller Hypertension ohne Zeichen einer Herzmuskelschwäche,
- Zustand nach Ablatio mammae links 1991, mit Axilladissektion und anschließender Chemotherapie bei Stadium T2N1Mx, jetzt ohne Rezidiv und ohne Metastasierung und
- Schmerzen im linken Schultergelenk bei Zustand nach Axilladissektion links mit minimaler Bewegungseinschränkung, jedoch ohne Lymphödem,

ein halb- bis unter vollschichtiges Leistungsvermögen als Stepperin und ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bescheinigt.

Mit Bescheid vom 10. Mai 1999 lehnte die Beklagte den Rentenantrag unter Verweis auf ein vollschichtiges Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ab. Den hiergegen erhobenen Widerspruch vom 03. Juni 1999 wies die Beklagte mit Bescheid vom 17. August 1999 zurück. Zwar könne die Klägerin in ihrem bisherigen Beruf als Stepperin, welcher allenfalls der Berufsgruppe der angelernten Arbeiter im oberen Bereich zuzuordnen sei, nur noch halb- bis unter vollschichtig tätig sein, je- doch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig leichte Arbeiten, nicht an laufenden Maschinen, ohne Überkopfarbeiten, ohne erhöhte Infektionsgefahr und ohne Gefährdung durch Zugluft, starke Temperaturunterschiede oder Nässe sowie als Pförtnerin oder Bürohilfskraft verrichten.

In der am 07. September 1999 bei dem Sozialgericht Dresden erhobenen Klage wiederholte die Klägerin ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren.

Das Sozialgericht hat einen Befundbericht von Dr. L ... vom 27. Dezember 1999 und ein Gutachten von Dr. G ..., Facharzt für Neurologie/Psychiatrie, vom 10. April 2000 eingeholt. Dr. G ... gelangte bei der Diagnose einer neurotischen Depression mit Somatisierungsstörung bei akzentuierter Persönlichkeit mit abhängigen, ängstlich-vermeidenden Zügen zu einem vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte Arbeiten ohne besonderen Zeitruck, ohne Wechselschicht, ohne hohe nervliche Belastung, ohne hohe Anforderungen an die Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit, ohne Stressbelastung sowie ohne gehobene Verantwortung. Als Stepperin sei die Klägerin mit diesen Einschränkungen nicht vollschichtig einsatzfähig, wohl aber als Pförtnerin oder Bürohilfskraft. Das Leistungsbild bestehe mindestens seit der Rentenantragstellung. Hinsichtlich der sozialmedizinischen Beurteilung bestehe volle Übereinstimmung mit dem Gutachten von Dr. F ... vom 23. März 1999.

Mit Gerichtsbescheid vom 26. Juni 2000 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Klägerin sei allenfalls der Gruppe der angelernten Arbeiter im oberen Bereich zuzuordnen und verfüge nach dem Gutachten des Dr. G ... über ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten. Damit sei sie in der Lage, beispielsweise die Verweisungstätigkeit einer Pförtnerin ganztägig zu verrichten.

Die Klägerin macht mit der hiergegen am 09. August 2000 bei dem Sozialgericht Dresden eingelegten Berufung geltend, sie könne auf Grund ihrer Gesundheitsbeeinträchtigungen einer vollschichtigen Tätigkeit, auch als Pförtnerin oder Bürohilfskraft, nicht nachgehen.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 26. Juni 2000 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 10. Mai 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. August 1999 zu verurteilen, ihr eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil.

Zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden die Leistungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Instanzen. Im Übrigen wird auf den gesamten Akteninhalt, insbesondere den Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten, Bezug genommen und verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist unbegründet.

Zu Recht hat das Sozialgericht Dresden (SG) die Klage abgewiesen, weil der Klägerin ein Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nicht zusteht.

Die Klägerin ist weder berufsunfähig (§ 43 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI -) noch erwerbsunfähig (§ 44 Abs. 2 Satz 1 SGB VI).

Berufsunfähigkeit im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI liegt nicht vor, da die Erwerbsfähigkeit der Klägerin wegen Krankheit oder Behinderung noch nicht auf weniger als die Hälfte derjenigen einer körperlich, geistig oder seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist.

Die Beurteilung, wie weit die Erwerbsfähigkeit einer Versicherten gesunken ist, wird danach getroffen, welchen Verdienst sie in einer Tätigkeit erzielen kann, auf die sie nach ihrem Gesundheitszustand und nach ihrem bisherigen Beruf zumutbar verwiesen werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 28. Februar 1963 - 12 RJ 24/58 - SozR Nr. 24 zu § 1246 RVO -). Für die Beurteilung, wie weit die Erwerbsfähigkeit einer Versicherten gesunken ist, kommt es auf den bisherigen Beruf an (vgl. BSG in SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 107 und 169). In der Regel ist dies die letzte versicherungspflichtige Tätigkeit oder Beschäftigung, die vollwertig und nachhaltig verrichtet worden ist (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 130, 164).

Letzte Beschäftigung in diesem Sinne ist die Tätigkeit als Stepperin. Diese hat die Klägerin von März 1974 bis November 1991 vollwertig bewusst und gewollt zur dauerhaften Einkommenserzielung ausgeübt.

Diesen Beruf kann die Klägerin nicht mehr vollwertig verrichten, ist jedoch mit den bestehenden Gesundheitsbeeinträchtigungen in der Lage, ganztägig eine ihr sozial zumutbare Verweisungstätigkeit als Pförtnerin sowie sonstige leichte Arbeiten ohne besonderen Zeitruck, ohne Wechselschicht, ohne hohe nervliche Belastung, ohne hohe Anforderungen an die Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit, ohne Stressbelastung und ohne gehobene Verantwortung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszuüben. Insoweit wird auf die beruflichen und medizinischen Feststellungen des erstinstanzlichen Gerichtes, welchen der Senat nach Überprüfung vollumfänglich beitritt, Bezug genommen und verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG). Insbesondere hat die Klägerin neue, bislang nicht berücksichtigte Gesundheitsstörungen mit der Berufung nicht bekundet.

Der Umstand, dass es in einer Zeit angespannter Arbeitsmarktlage schwierig ist, einen passenden Arbeitsplatz zu finden, und das Arbeitsamt zu einer derartigen Vermittlung nicht in der Lage ist, ist kein Grund zur Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit. Denn bei vollschichtiger Einsatzmöglichkeit ist der Arbeitsmarkt der gesamten Bundesrepublik Deutschland zu berücksichtigen, und es kommt auf die Zahl der vorhandenen, nicht auf die Zahl der gerade freien Arbeitsplätze an (BSG, Großer Senat, Beschluss vom 19.12.1996 - GS 2/95 - BSGE 80,24 -).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen für die Zulassung nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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