L 5 RJ 294/00

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 7 RJ 685/98
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 5 RJ 294/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Leipzig vom 21. September 2000 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Die am ... geborene Klägerin verfügt über keine Berufsausbildung und hat verschiedene an- und ungelernte Tätigkeiten ausgeübt. Zuletzt war sie von Mai 1995 bis zum 10. April 1997 sowie vom 09. Dezember 1997 bis zum 31. Dezember 1997 als Reinigungshilfe beschäftigt. Seitdem ist die Klägerin arbeitslos und bezieht Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit bzw. Krankengeld.

Den am 26. November 1997 gestellten Antrag auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit begründete sie mit Rücken- und Hüftbeschwerden, einem Nierenleiden und Diabetes.

Im Verwaltungsverfahren lagen der Beklagten vor:

- der Befundbericht der Assistenzärztin für Chirurgie B ... vom 26. März 1997, - der Bericht der Sachsenklinik B ... vom 05. Juni 1997 über eine stationäre Anschlussheilbehandlung vom 15. April bis zum 20. Mai 1997, aus welcher die Klägerin arbeitsunfähig für die Tätigkeit als Reinigungskraft mit einem vollschichtigen Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten, überwiegend im Sitzen, entlassen wurde, - der Befundbericht des Allgemeinarztes Dr. K ... von Dezember 1997 (mit Fremdbefunden), - das Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) vom 22. August 1997 (arbeitsunfähig für noch vier bis sechs Wochen) sowie - das Gutachten des Dr. S ... (Sozialmedizinischer Dienst) vom 03. März 1998, in welchem der Klägerin bei Zustand nach Bandscheiben-Operation im Segment L 4/5 1984 und L5/S1 1997 ohne wesentliches Funktionsdefizit, statisch-dynamischer Minderbelastbarkeit des Achsenorganes und leichten Gefühlsstörungen am linken Fuß/Unterschenkel sowie Adipositas ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte körperliche Tätigkeiten ohne bzw. in begrenzten Zwangshaltungen am ehesten im Wechselrhythmus zu ebener Erde attestiert wurde.

Mit Bescheid vom 20. März 1998 lehnte die Beklagte den Rentenantrag unter Verweis auf ein vollschichtiges Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ab. Den am 20. April 1998 eingegangenen Widerspruch wies die Beklagte mit Bescheid vom 30. September 1998 zurück. Die Klägerin sei nach ihrem beruflichen Werdegang als Reinigungskraft der Berufsgruppe der angelernten Arbeiter zuzuordnen und auf alle ungelernten Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar. Mit den bestehenden gesundheitlichen Einschränkungen könne sie nach den sozialmedizinischen Feststellungen zwar nicht mehr als Reinigungskraft tätig sein. Sie sei jedoch in der Lage, vollschichtig leichte Arbeiten mit wechselnder Arbeitshaltung, ohne Gefährdung durch Kälte und Nässe auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten.

Auf die am 16. November 1998 erhobenen Klage, in welcher die Klägerin eine Gesundheitsverschlechterung bekundete und unter anderem den Bescheid des Amtes für Familie und Soziales Leipzig vom 05. Dezember 1997 über einen Grad der Behinderung (GdB) von 40 einreichte, hat das Sozialgericht Leipzig einen Befundbericht von Dr. K ... vom 23. Januar 1999 eingeholt und aus der Akte des Amtes für Familie und Soziales die Befundberichte des Dr. K ... vom 22. September 1997 und der Dr. G ..., Internistin, vom 30. Oktober 1997 beigezogen. Nach Einreichung des Gutachtens des MDK vom 15. April 1999 durch die Klägerin hat das Sozialgericht Dr. M ..., Facharzt für Chirurgie und Prof. Dr. von S ..., Direktor der Orthopädischen Klinik des Universitätsklinikums Leipzig, jeweils mit der Erstellung eines orthopädischen Gutachtens beauftragt. Dr. M ... erhob, nach ambulanter Untersuchung am 25. November 1999, in seinem Gutachten vom selben Tag folgende Feststellungen/Diagnosen:

- Bandscheibenvorfälle in den Segmenten LWK 4/5 operiert 1984 sowie in dem Segment L5/S1 links operiert 3/97

Mit dem bestehenden Krankheitsbild könne die Klägerin leichte körperliche Tätigkeiten, im Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen zu etwa gleichen Anteilen, bezogen auf den Arbeitstag, halb- bis unter vollschichtig verrichten. Die Arbeitsstelle könne zu Fuß erreicht werden, wenn sie ca. zwei bis drei Kilometer entfernt sei. Ansonsten seien öffentliche Verkehrsmittel zumutbar.

Prof. Dr. von S ... gelangte in seinem Gutachten vom 02. Mai 2000, nach ambulanter Untersuchung am 17. April 2000, zu folgenden Feststellungen:

- Funktionsstörung der Lendenwirbelsäule mit geringgradiger Bewegungseinschränkung und leichter Nervenwurzelreizung im linken Bein nach zweimaliger Bandscheibenoperation,
- Fehlform und geringgradige Verschleißerscheinung der Brustwirbelsäule mit geringgradiger Bewegungseinschränkung,
- geringgradige Verschleißerscheinung der Halswirbelsäule mit endgradigen Bewegungseinschränkungen und leichten Nervenwurzelreizungen,
- Adipositas

Unter Würdigung aller Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Gebiet seien der Klägerin seit der Rentenantragstellung nur noch leichte körperliche Arbeiten im Wechselrhythmus über den Tag verteilt zu gleichen Anteilen vollschichtig zumutbar. Arbeiten, die mit häufigem Bücken verbunden seien, sollten gemieden werden, ebenso das regelmäßige Besteigen von Leitern und Gerüsten. Auf Grund des Fehlens einer Niere sollten Arbeiten in Nässe und Kälte unterlassen werden. Übliche Fußwege von 2000 Meter könnten von der Klägerin zurückgelegt und öffentliche Verkehrsmittel ohne Einschränkungen benutzt werden. Die Tätigkeit als Reinigungskraft sei nicht mehr zuzumuten, da hier Arbeiten verrichtet würden, die deutlich über dem Maß der körperlich leichten Arbeiten einzustufen seien. Der Beurteilung des Terminssachverständigen vom 25. November 1999 könne nicht gefolgt werden, da die vorliegenden objektivierbaren Funktionsstörungen keine so starke zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens bedingten.

Mit Gerichtsbescheid vom 21. September 2000 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat die Klägerin, ausgehend von der Tätigkeit als Reinigungskraft, der Gruppe der ungelernten Arbeiter zugeordnet und dem Gutachten des Prof. Dr. von S ...- ... folgend ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt festgestellt.

Die Klägerin macht mit der am 28. November 2000 fristgemäß bei dem Sächsischen Landessozialgericht eingelegten Berufung geltend, Prof. Dr. von S ... habe ihre berufliche Vorgeschichte nicht richtig wiedergegeben, so dass ein völlig falscher Eindruck entstehe. Auch sei er nicht auf die beginnende neue Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes (Beschwerden der Halswirbelsäule mit starken Beschwerden im rechten Arm) eingegangen. Ein Befundbericht ihres damaligen Hausarztes Dr. K ... läge nicht vor.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Leipzig vom 21. September 2000 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 20. März 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. September 1998 zu verurteilen, ihr eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf die ihrer Auffassung nach zutreffenden Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil.

Der Senat hat auf medizinischem Gebiet folgende Befundberichte eingeholt:

- Dr. W ..., Radiologie und Nuklearmedizin, vom 27. März 2001,
- Dr. G ..., Fachärztin für Innere Medizin, vom 06. April 2001,
- Dipl.-Med. Sch ..., Facharzt für Orthopädie, vom 16. April 2001,
- Prof. Dr. M ..., Direktor der Klinik und Poliklinik für Neurochirurgie des Universitätsklinikums Leipzig, vom 01. Juni 2001.

Ein aktueller Befundbericht des von der Klägerin angegebenen Arztes Dr. K ... konnte nicht eingeholt werden, da sie dort letztmalig am 12. Juli 1999 vorstellig gewesen ist.

Zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden die Leistungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Instanzen. Im Übrigen wird auf den gesamten Akteninhalt, insbesondere den Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten, Bezug genommen und verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist unbegründet.

Zu Recht hat das Sozialgericht Leipzig (SG) die Klage abgewiesen, weil der Klägerin ein Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nicht zusteht.

Die Klägerin ist weder berufs-, noch erwerbsunfähig (§§ 43 Abs. 2 Satz 1, 44 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI - in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung [a. F.]).

Berufsunfähigkeit im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI a. F. liegt nicht vor, da die Erwerbsfähigkeit der Klägerin wegen Krankheit oder Behinderung noch nicht auf weniger als die Hälfte derjenigen einer körperlich, geistig oder seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist.

Die Beurteilung, wie weit die Erwerbsfähigkeit einer Versicherten gesunken ist, wird danach getroffen, welchen Verdienst sie in einer Tätigkeit erzielen kann, auf die sie nach ihrem Gesundheitszustand und nach ihrem bisherigen Beruf zumutbar verwiesen werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 28. Februar 1963 - 12 RJ 24/58 - SozR Nr. 24 zu § 1246 RVO -). Für die Beurteilung, wie weit die Erwerbsfähigkeit einer Versicherten gesunken ist, kommt es auf den bisherigen Beruf an (vgl. BSG in SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 107 und 169). In der Regel ist dies die letzte versicherungspflichtige Tätigkeit oder Beschäftigung, die vollwertig und nachhaltig verrichtet worden ist (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 130, 164).

Letzte Beschäftigung in diesem Sinne ist die Tätigkeit als Reinigungskraft. Diese hat die Klägerin von Mai 1995 bis April 1997 bewusst und gewollt zur dauerhaften Einkommenserzielung ausgeübt.

Den Beruf als Reinigungskraft kann die Klägerin nicht mehr vollwertig verrichten. Diese mittelschwere Arbeit mit Zwangshaltungen und Heben, Tragen oder Bewegen von mindestens mittelschweren Lasten ist mit ihren orthopädischen Funktionsbeeinträchtigungen nicht mehr vereinbar. Hiervon geht auch die Beklagte aus.

Dennoch liegt Berufsunfähigkeit bei der Klägerin nicht vor. Sie ist zumutbar auf andere Tätigkeiten verweisbar, bei welchen sie mehr als die Hälfte des Verdienstes einer gesunden Vergleichsperson erzielen kann.

Zur Bestimmung, auf welche Tätigkeiten eine leistungsgeminderte Versicherte zumutbar verwiesen werden kann, hat das Bundessozialgericht ein Mehr-Stufen-Schema entwickelt und die Arbeiterberufe in Gruppen eingeteilt. Es gibt die Gruppe der Facharbeiterberufe, der Anlerntätigkeiten und der ungelernten Tätigkeiten (vgl. BSG, Urteil vom 17. Juli 1972 - 5 RJ 105/72 - SozR Nr. 103 zu § 1246 RVO). Später hat das Bundessozialgericht zu diesen drei Gruppen noch eine weitere Gruppe der "Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion" hinzugefügt (vgl. BSG, Urteil vom 30. März 1977 - 5 RJ 98/76 - BSGE 43, 243), zu welcher auch "besonders hoch qualifizierte Facharbeiter" gehören (vgl. BSG, Urteil vom 19. Januar 1978 - 4 RJ 81/77 - BSGE 45, 276). Die vielschichtige und inhomogene Gruppe der angelernten Arbeiter gliedert sich in einen oberen und in einen unteren Bereich (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 109, 132, 143). Dem unteren Bereich unterfallen alle Tätigkeiten mit einer regelmäßigen (auch betrieblichen) Ausbildungs- oder Anlernzeit von drei bis zwölf Monaten und dem oberen Bereich dementsprechend Tätigkeiten mit einer Ausbildungs- oder Anlernzeit von über zwölf Monaten bis zu vierundzwanzig Monaten (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 RVO Nr. 45). Jeder Versicherte kann auf Tätigkeiten zumutbar verwiesen werden, die eine Stufe tiefer einzuordnen sind, als es dem bisherigen Beruf entspricht. Ein Facharbeiter kann daher auf Anlerntätigkeiten, ein angelernter Arbeiter auf ungelernte Tätigkeiten verwiesen werden.

In Übereinstimmung mit der sozialgerichtlichen Entscheidung ist die Klägerin der Gruppe mit dem Leitberuf der ungelernten Arbeiter zuzuordnen. Dies ergibt sich aus den eigenen Darstellungen der Klägerin im Verwaltungsverfahren, wonach sie für die Tätigkeit als Reinigungskraft weder über drei Monate angelernt worden ist noch eine Ausbildung absolviert hat. Insofern ist die Klägerin sozial zumutbar auf sämtliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar, ohne dass diese konkret benannt werden müssten.

Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ist die Klägerin seit der Rentenantragstellung vollschichtig für leichte körperliche Tätigkeiten, im Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen, ohne häufiges Bücken sowie ohne regelmäßigem Besteigen von Leitern und Gerüsten und ohne Arbeiten in Nässe und Kälte einsatzfähig. Dieses Leistungsvermögen ergibt sich unter Würdigung der im Verwaltungsverfahren und der im erstinstanzlichen Verfahren eingeholten medizinischen Unterlagen, insbesondere auf Grund der in dem Gutachten des Prof. Dr. von S ... erhobenen Befunde. Der Sachverständige hat Funktionsstörungen der Lendenwirbelsäule mit geringgradiger Bewegungseinschränkung und leichter Nervenwurzelreizung im linken Bein nach zweimaliger Bandscheibenoperation, eine Fehlform und geringgradige Verschleißerscheinung der Brustwirbelsäule mit geringgradiger Bewegungseinschränkung, geringgradige Verschleißerscheinung der Halswirbelsäule mit endgradigen Bewegungseinschränkungen und leichten Nervenwurzelreizungen sowie eine Adipositas diagnos- tiziert. Bei fehlenden neurologischen Ausfallserscheinungen oder einem beidseitig positiven Zeichen nach Lasègue von bis bzw. kleiner 30 Grad ist mit den bestehenden orthopädischen Verschleißerscheinungen der Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule ein noch vollschichtiges Leistungsvermögen nach den erhobenen altersphysiologischen Bewegungsmaßen gemäß der Neutral-Null-Methode für leichte körperliche Tätigkeit im Wechsel der Arbeitshaltung nachvollziehbar. Dies steht nicht im Widerspruch zu den Vorbefunden, insbesondere nicht zu dem Gutachten des Dr. M ..., denn dieser hat keine objektiven Befunde erhoben. Insoweit wird auf die Feststellungen des SG Bezug genommen und vollumfänglich verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG).

Aus den im Berufungsverfahren eingeholten Befundberichten ergibt sich keine andere Leistungsbeurteilung. Auf internistischem Gebiet wurden von Dr. G ... pathologische Erkrankungen mit wesentlichem Einfluss auf die Erwerbsfähigkeit nicht mitgeteilt. Der Befundbericht des Orthopäden Schönemann ist nicht aussagekräftig, da die Klägerin dort zuletzt am 03. Juni 1999, und damit vor den Untersuchungen durch die Sachverständigen M ... und von S ..., vorstellig gewesen ist. Nach dem Befundbericht des Prof. Dr. M ... vom 01. Juni 2001 lässt sich eine weitergehende, dauerhafte Einschränkung der Erwerbsfähigkeit gegenwärtig nicht ableiten. Die von ihm bekundete eingeschränkte Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule (bei demonstrativer Beschwerdedarstellung) lässt, mangels objektiver Befunde, sozialmedizinisch eine weitere, dauerhafte Einschränkung der Erwerbsfähigkeit nicht zu. Der diagnostizierte Bandscheibenvorfall im Segment LWK 5/SWK 1 ist eine Diagnose; klinische Funktionseinschränkungen werden nicht angegeben. Für die sozialmedizinische Beurteilung der Erwerbsfähigkeit sind jedoch die Funktionseinschränkungen, nicht die Diagnosen als solche maßgebend. Ob sich auf Grund des Bandscheibenvorfalls eine dauerhafte Einschränkung der Erwerbstätigkeit ergibt, kann gegenwärtig nicht festgestellt werden. Da der Bandscheibenvorfall diagnostisch erst anlässlich der Untersuchung am 03. Mai 2001 in der Klinik für Neurochirurgie des Universitätsklinikums Leipzig erhoben wurde und die Behandlung noch nicht abgeschlossen ist, handelt es sich um eine Akuterkrankung, welche Arbeitsunfähigkeit im Sinne der Krankenversicherung bedingt. Die Nierenaplasie rechts führt nur insofern zu einer Einschränkung, als Tätigkeiten in Kälte und Nässe nicht verrichtet werden sollten. Die linke Niere ist nach den erhobenen medizinischen Erhebungen voll funktionsfähig. Bezüglich des Diabetes werden von der behandelnden Internistin Dr. G ... keine Besonderheiten angegeben.

Der Einwand der Klägerin, ein Befundbericht ihres ehemaligen Hausarztes Dr. K ... läge nicht vor, greift nicht durch. Aktenkundig sind Befundberichte des Dr. K ... vom 22. September 1997, von Dezember 1997 und vom 23. Januar 1999. Die Einholung eines aktuellen Befundberichtes war nicht möglich, da die Klägerin bei Dr. K ... zuletzt am 12. Juli 1999 vorstellig gewesen ist.

Mit dem vollschichtigen Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ist die Klägerin nicht berufsunfähig. Bei einer auf das allgemeine Arbeitsfeld verweisbaren Versicherten bedarf es nach dem Urteil des Bundessozialgerichtes vom 01. März 1984 (4 RJ 43/83 - SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 117) nur dann der konkreten Benennung zumindest einer Verweisungstätigkeit, wenn die Klägerin selbst leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes nur noch mit vielfältigen und/oder erheblichen gesundheitlichen Einschränkungen ausführen kann. Dies ist jedoch nicht der Fall. Die Einschränkung bezüglich des Wechsels der Körperhaltung stellt lediglich eine Beschreibung von leichten Tätigkeiten dar (vgl. BSG, Urteil vom 27. April 1982 - 1 RJ 132/80 - SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 90 und Urteil vom 01. März 1984 a. a. O.). Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine sonstige schwerwiegende Behinderung, die es der Klägerin auch bei vollschichtiger Einsatzfähigkeit unmöglich macht, eine geeignete Erwerbstätigkeit aufzunehmen, so genannte "Katalogfälle" (vgl. BSG, Urteil vom 25. Juni 1986 - 4a RJ 55/84 - SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 137) liegen nicht vor. Insbesondere ist die Klägerin nicht am Zurücklegen des Arbeitsweges, also des Weges von ihrer Wohnung bis zu einer etwaigen Arbeitsstätte (vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 1991 - 13/5 RJ 43/90 - SozR 3-2200 § 1247 RVO Nr. 10), gehindert. Betriebsunübliche Pausen (vgl. BSG, Urteil vom 30. Mai 1984 5a RKn 18/83 SozR 2200 § 1247 RVO Nr. 43) muss sie während der Arbeitszeit nicht einhalten.

Der Umstand, dass es in einer Zeit angespannter Arbeitsmarktlage schwierig ist, einen passenden Arbeitsplatz zu finden, und die Bundesanstalt für Arbeit (BA) zu einer derartigen Vermittlung nicht in der Lage ist, ist kein Grund zur Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit. Denn bei vollschichtiger Einsatzmöglichkeit ist der Arbeitsmarkt der gesamten Bundesrepublik Deutschland zu berücksichtigen, und es kommt auf die Zahl der vorhandenen, nicht auf die Zahl der gerade freien Arbeitsplätze an (vgl. BSG, Großer Senat, Beschluss vom 19. Dezember 1996 - GS 2/95 BSGE 80,24 -).

Nachdem die Klägerin nicht berufsunfähig im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI (a. F.) ist, hat sie erst recht keinen Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach den strengeren Vorschriften des § 44 SGB VI (a. F.). Bei einem Leistungsvermögen von mehr als sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sind auch die Voraussetzungen zur Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI (in der Fassung ab dem 01. Januar 2001 BGBl. 2000, Teil I, Seite 1827) nicht erfüllt.

Die Anwendung der §§ 43, 44 SGB VI a. F. resultiert aus der Rentenantragstellung vom 26. November 1997 (§ 300 Abs. 2 SGB VI).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen für die Zulassung nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
Saved