L 4 RJ 327/00

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 15 RJ 316/99
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 4 RJ 327/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 17. August 2000 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von der Beklagten eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Die am ... geborene Klägerin beantragte am 31.8.1998 bei der Beklagten die eingangs erwähnte Rente. Sie hatte vom 01.09.1963 bis zum 28.2.1966 eine Ausbildung zur Uhrmacherin absolviert und sodann vom 1.2.1967 bis zum 14.2.1983 in diesem Beruf gearbeitet. Zu ihrer Tätigkeit gehörte das Reparieren von Uhren aller Art. Im Dezember 1983 brachte die Klägerin ihr zweites Kind zur Welt und widmete sich in der Folgezeit der Erziehung. Vom 01.01.1994 an zahlte die Klägerin freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung. Vorgesehen war nach ihren Angaben, dass sie im Frühjahr 1997 wieder in ihrem Beruf arbeiten würde. Aufgrund gesundheitlicher Probleme nahm sie davon jedoch Abstand. Sie meinte, sie sei aufgrund einer Lungenembolie sowie einer Thrombose erwerbs- bzw. berufsunfähig seit Oktober 1996. Sie könne lediglich noch leichte Hausarbeit verrichten. Des Weiteren leide sie unter Luftnot, Angstzuständen und Kreislaufproblemen. Daraufhin forderte die Beklagte einen Befundbericht an von Dipl.-Med. U ... W ..., der Hausärztin der Klägerin. Diese teilte der Beklagten am 24.8.1998 folgende Diagnosen mit: - Zustand nach Unterschenkelthrombose links nach Patellaluxation links im Oktober 1996 - Zustand nach Lungenembolie im November 1996 sowie degenerative Veränderungen im Bereich der Brustwirbelsäule

Die Klägerin leide unter Luftnot bei Belastung, Schmerzen mit Schwellungen im linken Unterschenkel sowie unter Beschwerden im Bereich der Brustwirbelsäule. Die Luftnot würde schon bei geringer körperlicher Belastung eintreten. Die Klägerin müsse Kompressionsstrümpfe tragen.

Daraufhin ließ die Beklagte die Klägerin durch die Gutachterärztin Sch ... untersuchen. Diese stellte bei der Klägerin einen Zustand nach Lungenembolie bei partieller Unterschenkelthrombose links nach Patellaluxation links im Oktober 1996 fest mit bestehender Luftnot bei körperlicher Belastung sowie belastungsabhängige Beschwerden im linken Bein und Kniegelenk. Bei der Luftnot handele es sich überwiegend um funktionelle Beschwerden nach der durchgemachten Lungenembolie. Es sei davon auszugehen, dass die Beschwerden erst in letzter Zeit zugenommen hätten, da der Rentenantrag erst 1998 gestellt und seither zusätzliche diagnostische Maßnahmen veranlasst worden seien. Es müsse eingeschätzt werden, dass die Klägerin für die bisher ausgeübte Tätigkeit als Uhrmacherin seit Oktober 1996 nicht mehr einsetzbar sei. Leichte körperliche Arbeit in wechselnder Körperhaltung sei jedoch vollschichtig möglich. Es seien berufsfördernde Maßnahmen erforderlich.

Die Beklagte lehnte daraufhin den Antrag der Klägerin ab mit Bescheid vom 24.11.1998, da weder Erwerbsunfähigkeit noch Berufsunfähigkeit vorliege. Nach den ärztlichen Untersuchungsergebnissen sei die Erwerbsfähigkeit der Klägerin durch folgende Krankheiten oder Behinderungen beeinträchtigt: - Zustand nach Lungenembolie bei partieller Unterschenkelthrombose links nach Patellaluxation links im Oktober 1996 mit bestehender Luftnot bei körperlicher Belastung sowie belastungsabhängige Beschwerden im linken Bein und Kniegelenk.

Mit dem vorhandenen Leistungsvermögen könne die Klägerin zwar nicht mehr als Uhrmacherin tätig sein. Unter Berücksichtigung ihrer Kenntnisse und Fähigkeiten sei sie jedoch dazu in der Lage, als Verkäuferin in Uhr- und Schmuckabteilungen vollschichtig zu arbeiten. Damit könne sie wenigstens die Hälfte dessen verdienen, was gesunde Versicherte mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten üblicherweise verdienten.

Dagegen legte die Klägerin Widerspruch ein am 16.12.1998. Ihr gesundheitlicher Zustand habe sich seit 1996 verschlechtert. Sie könne nicht nicht lange stehen oder sitzen. Den Beruf als Uhrmacherin könne sie daher nicht mehr ausführen. Sie sei deshalb auch nicht in der Lage, als Verkäuferin tätig zu sein. Sie trage von früh bis spät einen Kompressionsstrumpf, um die im Haushalt anfallende Arbeit bewältigen zu können. Aufgrund von Schmerzen und Schwellungen müsse sie das linke Bein von Zeit zu Zeit hochlegen. Die sporadisch auftretende Luftnot würde sich ihrer Ansicht nach in schlecht belüfteten Kaufhäusern, in öffentlichen Verkehrsmitteln sowie bei Witterungsumschwüngen verstärken.

Die Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin zurück mit Widerspruchsbescheid vom 22.3.1999. Die Klägerin könne zwar nicht mehr als Uhrmacherin tätig sein. Sie sei jedoch in der Lage, vollschichtig leichte Arbeit mit wechselnder Arbeitshaltung, ohne häufiges Knien, ohne Gefährdung durch inhalative Reizstoffe auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten. Die Aufnahme einer anderen, ihrem Leistungsvermögen entsprechenden Arbeit sei der Klägerin auch zuzumuten. Ausgehend von ihrem Beruf als Uhrmacherin könne sie zumutbar verwiesen werden auf eine Tätigkeit als Verkäuferin im Uhren- und Schmuckgeschäft. Da die Klägerin trotz der beschriebenen Gesundheitsstörungen somit nicht daran gehindert sei, wenigstens die Hälfte des durchschnittlichen Arbeitsverdienstes ihrer Versichertengruppe zu erzielen, sei sie nicht berufsunfähig. Zugleich seien auch die weitergehenden Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nicht gegeben.

Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer beim Sozialgericht Chemnitz (SG) am 23.4.1999 erhobenen Klage. Sie sei aufgrund der beschriebenen Gesundheitsstörungen nicht in der Lage, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben. Zumutbare Verweisungstätigkeiten seien nicht ersichtlich. Der vom Gericht eingeholte Befundbericht von Dipl.-Med. W ... vom 24.8.1999 bestätigte die bereits von ihr gegenüber der Beklagten gemachten Angaben während des Verwaltungsverfahrens. Zusätzlich äußerte die Ärztin, seit der Entlassung der Klägerin aus dem Kreiskrankenhaus R ... am 9.11.1996 habe sich der Gesundheitszustand der Klägerin nicht gebessert. Allerdings heißt es im an die Ärztin gerichteten Entlassungsbericht dieses Krankenhauses, die Klägerin sei bei Wohlbefinden am 9.11.1996 aus der stationären Behandlung entlassen worden. Der Kompressionsstrumpf der Klasse 2 wurde seitens der Krankenhausärzte für ein halbes Jahr verordnet.

Das SG beauftragte sodann Dr. R ... vom Klinikum A ... mit der Erstellung eines fachinternistischen Gutachtens, das dieser am 26.4.2000 vorlegte. Danach stehe die Schilderung der Klägerin über Luftnot bei geringen Belastungen im Widerspruch zu den in der Belastungsuntersuchung erhobenen Befunden. Die Erscheinungen nach der Thrombose im linken Bein und die sich daraus ergebenden Funktionseinschränkungen seien geringfügig, da es im Laufe der Zeit zu einer guten Rekanalisation und damit zu einem guten Blutabstrom aus dem linken Bein gekommen sei. Gleichwohl sei eine ausschließlich sitzende oder ausschließlich stehende Tätigkeit nicht empfehlenswert, da es in einem solchen Fall zu störenden Stauungserscheinungen im linken Bein kommen könne. Seit 1998 bestehe bei der Klägerin ein postthrombotisches Syndrom des linken Beines leichten Grades. Des Weiteren liege eine restriktive Ventilationseinschränkung der Lunge vor, wobei deren Ursache nicht sicher auf die durchgemachte Lungenembolie zurückzuführen sei. Seit Oktober 1998 habe sich der Gesundheitszustand der Klägerin nicht verschlechtert. Diese könne leichte und mittelschwere Arbeit verrichten im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen, wobei ausschließliches Stehen bzw. Sitzen zu vermeiden sei. Längeres Sitzen und längeres Stehen müsse durch kurzfristiges Laufen unterbrochen werden können. Die Klägerin könne 8 Std. täglich mit regelmäßigen üblichen Pausen tätig sein. Sie sei auch dazu in der Lage, ihren Beruf als Uhrmacherin auszuüben, wenn diese Arbeit durch Tätigkeiten etwa im Verkauf unterbrochen werden könne. Als Verkäuferin könne sie nicht eingesetzt werden, falls diese Tätigkeit überwiegend im Stehen an einem Ort durchgeführt werden müsse. Als Bürohilfskraft und Pförtnerin sei die Klägerin uneingeschränkt verwendbar. Die Einschätzung sei unter Berücksichtigung des postthrombotischen Syndroms und des Zustandes nach Lungenembolie erfolgt. Typische Beschwerden eines chronischen Lumbalsyndroms habe die Klägerin bei der Begutachtung nicht geklagt. Bei der theoretischen Berücksichtigung eines solchen Syndroms könne die Klägerin die erwähnten Tätigkeiten ebenfalls ausführen. Vermieden werden müsse dann jedoch häufiges Bücken, Arbeiten und Zwangshaltungen sowie schweres Heben und Tragen von Lasten. Der beschriebene Gesundheitszustand werde sich nicht grundlegend bessern.

Das SG wies die Klage ab durch Urteil vom 17.8.2000. Die Klägerin sei bereits nicht berufsunfähig. Berufsunfähig seien nach § 43 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen sei, umfasse alle Tätigkeiten, die objektiv ihren Kräften und Fähigkeiten entsprächen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit subjektiv zugemutet werden könnten. Ausgangspunkt für die Prüfung der Berufsunfähigkeit sei der bisherige Beruf, den der Versicherte ausgeübt hat. In der Regel sei dies die letzte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit, von der auch bei nur kurzfristiger Ausübung auszugehen sei, wenn sie zugleich die qualitativ höchste im Berufsleben des Versicherten gewesen ist. Nach Ansicht des SG sei als bisheriger Beruf der Klägerin somit ihre Tätigkeit als Uhrmacherin zugrunde zu legen. Diesen Beruf könne sie auch noch ausüben. Nach dem Gutachten von Dr. R ... sei die Klägerin noch in der Lage, leichte und mittelschwere körperliche Arbeiten im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen, aber ohne ausschließliches Stehen oder Sitzen, ohne Fließbandarbeit, ohne häufiges Bücken, ohne Arbeiten in Zwangshaltung und ohne schweres Heben und Tragen vollschichtig zu verrichten. Ihre Tätigkeit als Uhrmacherin könne sie auch unter den erwähnten Einschränkungen verrichten, da die Arbeit beispielsweise durch Verkaufstätigkeiten in einem Uhrengeschäft unterbrochen werden könne. Der Beruf des Uhrmachers schließe solche Verkaufstätigkeiten mit ein. Damit sei der bei der Klägerin aus gesundheitlichen Gründen erforderliche Wechsel von sitzender und stehender Tätigkeit in ihrem bisherigen Beruf möglich. Dagegen spreche auch nicht die von der Klägerin während der mündlichen Verhandlung am 17.8.2000 vorgelegte Bescheinigung der Hausärztin W ..., wonach die Klägerin keine Dämpfe einatmen solle. Denn aufgrund der berufskundlichen Informationen des Arbeitsamtes sei nicht erkennbar, dass die Klägerin selbst unter Beachtung der von der Hausärztin genannten weiteren Einschränkung den Beruf als Uhrmacherin nicht mehr ausüben könne. Zwar sei in den berufskundlichen Informationen von Lötdämpfen und dem Umgang mit Lösungs- und Reinigungsmitteln die Rede. Zu berücksichtigen sei jedoch, dass ein Uhrmacher nicht permanent solchen Dämpfen ausgesetzt sei. Deshalb sei aus der Bescheinigung der Hausärztin nicht zu schließen, dass die Klägerin ihren bisherigen Beruf nicht mehr vollwertig ausüben könne. Schließlich gehe aus der Bescheinigung auch nicht hervor, warum und in welchem Umfang diesbezüglich Leistungseinschränkungen bei der Klägerin vorhanden sein sollen. Demgegenüber habe der Gutachter Dr. R ... in dieser Hinsicht überhaupt keine Funktionseinschränkungen bei der Klägerin gesehen, obwohl auch ihm die berufskundlichen Informationen vorgelegen hätten. Stattdessen habe der Gutachter ausgeführt, die von der Klägerin vorgetragene Luftnot stehe im Widerspruch zu den in der Untersuchung erhobenen Befunden. Da die Klägerin nicht berufsunfähig sei, sei sie erst recht nicht erwerbsunfähig im Sinne des § 44 Abs. 2 SGB VI.

Gegen das ihr am 28.11.2000 zugestellte Urteil hat die Klägerin Berufung zum Sächsischen Landessozialgericht eingelegt am 21.12.2000. Sie wies darauf hin, dass die Auffassung des Gutachters Dr. R ..., wonach die Klägerin ihren Beruf als Uhrmacherin noch vollschichtig ausüben könne, der Auffassung der Gutachterin Sch ... widerspreche. Frau Sch ... sei zu diesem Ergebnis gekommen, da die Klägerin nur Tätigkeiten ohne Gefährdung durch inhalative Reizstoffe ausüben dürfe. Eine Uhrmacherin habe jedoch regelmäßig Umgang mit Staub durch Schleif- und Poliermittel sowie mit Lötdämpfen. Des Weiteren müsse sie mit Ölen, Fetten, Lösungs-, Schmier- und Reinigungsmitteln arbeiten sowie mit Kleb- und Kunststoffen, Chrom, Gold, Nickel und Zinn. Diese Stoffe könnten Haut- und Atemwege reizen. Die Gutachterin Sch ... habe weder qualitativ noch quantitativ konkretisiert, wann die Klägerin durch inhalative Reizstoffe gefährdet und was unter solchen Stoffen zu verstehen sei. Die Hausärztin W ... habe diese Leistungsminderung der Klägerin lediglich nochmals bestätigt. Demgegenüber habe das SG diese bedeutsame Einschränkung der Leistungsfähigkeit der Klägerin nicht beachtet. Schließlich habe der Gutachter Dr. R ... seine Einschätzung bezüglich der Luftnot der Klägerin lediglich im Zusammenhang mit der körperlichen Belastung der Klägerin diskutiert, nicht jedoch in Bezug auf inhalative Reizstoffe. Das SG wäre daher nach Ansicht der Klägerin gehalten gewesen, den medizinischen Sachverhalt weiter aufzuklären. Ferner könne die Klägerin nicht als Verkäuferin tätig sein. Dies habe Dr. R ... selbst festgestellt. Die Klägerin sei somit weder als Uhrmacherin noch als Verkäuferin einsetzbar. Sie könne daher in keinem anderen Facharbeiterberuf tätig sein, so dass Erwerbsunfähigkeit vorliege, mindestens jedoch Berufsunfähigkeit.

Der Senat hat einen weiteren Befundbericht von Dipl.-Med. W ... eingeholt. Diese bestätigte nochmals die bereits von ihr beschriebenen Gesundheitsstörungen. Als neue Leiden hinzugekommen seien eine Rheumatoidarthritis sowie eine Osteoporose. Lt. beigefügtem Bericht von Dr. L ... könnte eine Rheumatoidarthritis im morphologischen Stadium 1 in beiden Händen vorliegen. Diese verursache eine Morgensteifigkeit von etwa 5 Minuten. Des Weiteren sei eine schmerzhafte Schwellung im Bereich eines Fingermittelgelenks zu verzeichnen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 17.8.2000 sowie den Bescheid vom 24.11.1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22.3.1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab Antragstellung eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise Berufsunfähigkeit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die beigezogene Verwaltungsakte verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, jedoch unbegründet. Das Sozialgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Zudem liegen bereits die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit nicht vor. Nach § 43 Abs. 2 SGB VI in der bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung ist berufsunfähig, wessen Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung in gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Die ab dem 1.1.2001 geltende Neuregelung durch das Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20.12.2000 (BGBl. I, S. 1827) ist in diesem Fall noch nicht anzuwenden (vgl. § 300 Abs. 2 SGB VI). Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die objektiv ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit subjektiv zugemutet werden können (BSG, Urteil vom 14.9.1995 - 5 RJ 50/94 -).

Ausgangspunkt für die Prüfung der Berufsunfähigkeit ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG der bisherige Beruf, den der Versicherte ausgeübt hat. In der Regel ist dies die letzte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit, von der auch bei nur kurzfristiger Ausübung auszugehen ist, wenn sie zugleich die qualitativ höchste im Berufsleben des Versicherten gewesen ist (BSG, Urteil vom 29.3.1994 - 13 RJ 35/93 -).

Das SG hat zutreffend als bisherigen Beruf der Klägerin die Tätigkeit als Uhrmacherin zugrunde gelegt. Dabei kann es letztlich dahinstehen, ob die Klägerin noch dazu in der Lage ist, diesen Beruf auszüben, wie das SG meint. Denn jedenfalls ist die Klägerin objektiv dazu in der Lage, als Verkäuferin in einem Uhren- und Schmuckgeschäft bzw. in Uhren- und Schmuckabteilungen eines größeren Warenhauses tätig zu sein. Des Weiteren kann sie auf eine Tätigkeit als Pförtnerin verwiesen werden.

Nach sämtlichen Befunden und dem Gutachten von Dr. R ... und Frau Sch ... ist die Klägerin noch dazu in der Lage, zumindest leichte körperliche Arbeit im Wechsel von Sitzen, Stehen und Gehen zu verrichten. Gutachter R ... hat ausgeführt, dass die Klägerin gesundheitlich dazu in der Lage wäre, als Verkäuferin tätig zu sein, sofern ständiges Stehen bzw. ständiges Sitzen ausgeschlossen werden könne. In einem Uhren- und Schmuckgeschäft wäre ebenso wie in einer entsprechenden Abteilung eines größeren Warenhauses diese Voraussetzung gegeben.

Der Klägerin wäre eine solche Tätigkeit auch subjektiv zuzumuten. Zumutbar verwiesen werden kann der Versicherte jeweils nur auf Tätigkeiten der gleichen oder der nächst niedrigeren Gruppe im Mehrstufenschema, welches das BSG entwickelt hat und in ständiger Rechtsprechung anwendet (z. B. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 4, 16, 17, 86, 107, 138). Danach kann verwiesen werden ein Versicherter mit dem Leitberuf Vorarbeiter mit Vorgesetztenfunktion bzw. besonders hochqualifizierter Facharbeiter auf Tätigkeiten eines Facharbeiters und solche Tätigkeiten, die diesen qualitativ gleichwertig und auch tariflich gleichhoch eingestuft sind; ein Versicherter mit dem Leitberuf Arbeiter auf andere Facharbeiten, auf Tätigkeiten in Anlernberufen oder auf Arbeiten, die qualitativ gleichwertig und auch tariflich gleichhoch eingestuft sind; ein Versicherter mit dem Leitberuf angelernter Arbeiter auf andere Tätigkeiten seiner Gruppe und, soweit es sich um einen Angelernten im oberen Bereich mit einer Regelausbildung von bis zu 2 Jahren handelt, auf ungelernte Tätigkeiten, die nicht nur ganz geringen qualitativen Wert haben. Die Verweisungstätigkeiten müssen sich durch Qualitätsmerkmale - z. B. das Erfordernis einer Einweisung und Einarbeitung - oder die Notwendigkeit beruflicher oder betrieblicher Vorkenntnisse auszeichnen. Aus der so eingeschränkten Verweisbarkeit folgt, dass mindestens eine in Betracht kommende Verweisungstätigkeit konkret bezeichnet werden muss. Soweit es sich um Angelernte des unteren Bereichs handelt, sind diese auf andere ungelernte Tätigkeiten zu verweisen. Ein Versicherter mit dem Leitberuf ungelernter Arbeiter muss sich auf alle - auch die einfachsten - Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisen lassen.

Bezogen auf das Mehr-Stufen-Schema ist die Klägerin als Facharbeiterin anzusehen. Damit kann sie auf andere Facharbeiten sowie auf Tätigkeiten in Anlernberufen oder auf Arbeiten verwiesen werden, die qualitativ gleichwertig und auch tariflich gleichhoch eingestuft sind. Eine Verkäuferin in einem Uhren- und Schmuckgeschäft müsste eine Ausbildung von regelmäßig 2 Jahren absolvieren. Damit handelt es sich bei dieser Tätigkeit um einen Anlernberuf, auf den die Klägerin zumutbar verwiesen werden kann.

Des Weiteren könnte die Klägerin auf die Tätigkeit einer Bürohilfskraft verwiesen werden. Diese ist u. a. in der Vergütungsgruppe IX des BAT aufgeführt. Es handelt sich dabei um eine leichte körperliche Tätigkeit, die in wechselnder Arbeitshaltung ausgeübt werden kann. Damit wäre die Klägerin gesundheitlich in der Lage, diese Arbeit auszuüben. Es ist ohne weiteres davon auszugehen, dass die Klägerin innerhalb von 3 Monaten für diese Tätigkeit angelernt werden kann. Da es sich um einen Anlernberuf handelt, ist sie auch subjektiv auf diese Tätigkeit verweisbar.

Da die Klägerin nicht berufsunfähig ist im Sinne von § 43 Abs. 2 SGB VI ist sie erst recht nicht erwerbsunfähig, zumal sie vollschichtig leichte körperliche Arbeit verrichten kann (vgl. § 44 Abs. 2 SGB VI a. F.).

Die Berufung konnte deshalb keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG, die Nichtzulassung der Revision folgt aus § 160 Abs. 2 SGG.
Rechtskraft
Aus
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