L 2 U 130/99

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 4 U 452/97
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 130/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 11. August 1999 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Anerkennung und Entschädigung des Ereignisses vom 09.10.1996 als Arbeitsunfall.

Die Klägerin war die Ehefrau des am ...1946 geborenen D ... F ... (F.), ehrenamtlicher Bürgermeister der Gemeinde T ... W ... Dieser suchte in seiner hauptberuflich ausgeübten Funktion als Geschäftsführer der Gesellschaft Kur und Rehabilitation mbH T ... W ... 1996 am 09.10.1996 Herrn Dr. R ..., H ... 5 im T ... W ... auf, um ihn für die Mitarbeit in der Gesellschaft zu gewinnen. Auf dem Rückweg von Dr. R ... nach Hause stürzte der Ehemann der Klägerin mit dem F ... und zog sich dabei ein schweres Schädel-Hirn-Trauma zu, an dessen Folgen er am 21.08.1997 verstarb.

Die Gemeinde war nach § 3 der Satzung der T ... W ... GmbH alleinige Gesellschafterin der GmbH mit einer Stammkapitalanlage in Höhe von 50.000,00 DM. Zwischen der GmbH und F. wurde am 25.11.1993 ein Geschäftsführer- und Anstellungsvertrag mit Wirkung ab 01.11.1992 geschlossen. Nach § 2 Abs. 1 dieses Vertrages war F. allein geschäftsführungs- und vertretungsberechtigt unter Befreiung der Beschränkungen des § 181 BGB und bedurfte lediglich bei den unter § 2 Abs. 3 des Vertrages fallenden Handlungen der vorherigen Zustimmung der Gesellschafter. An bestimmte Arbeitszeiten war er nicht gebunden (§ 3). Nach § 6 Abs. 2 verzichteten die Gesellschafter auf ihr Recht, dem Geschäftsführer Weisungen zu erteilen und sich in die laufende Geschäftsführung einzuschalten.

Die Beklagte zog im Rahmen ihrer Ermittlungen die Satzung der T ... W ... Gesellschaft für Kur und Rehabilitation mbH vom 05.04.1993, die Satzungsänderung laut notarieller Urkunde vom 28.02.1995, den Geschäftsführer- und Anstellungsvertrag vom 25.11.1993, Unterlagen über die medizinische Versorgung des verstorbenen Ehemannes der Klägerin sowie eine Bestätigung von Dr. R ..., T ... W ..., vom 16.12.1996 bei und lehnte mit Bescheid vom 11.03.1997 noch gegenüber F. selbst die Gewährung von Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung aus Anlass des Unfalles vom 09.10.1996 ab, weil dieser nicht nach § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO unter Unfallversicherungsschutz gestanden habe. Das Tätigwerden von F. als Geschäftsführer der T ... W ... GmbH sei als unternehmerähnlich anzusehen, da er über die Funktion des Bürgermeisters der Alleingesellschafterin (Gemeinde T ... W ...) maßgeblichen Einfluss auf die Willensbildung der Gesellschaft habe ausüben können. Mit dem am 09.04.1997 erhobenen Widerspruch machte F. geltend, er habe in einem Angestelltenverhältnis gestanden und sei der Kontrolle des Alleingesellschafters - Gemeinde T ... W ... - unterlegen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 21.11.1997 wies die Beklagte den Widerspruch von F. als unbegründet zurück ohne zu wissen, dass F. bereits am 21.08.1997 verstorben war.

Mit der am 22.12.1997 zum Sozialgericht Chemnitz (SG) erhobenen Klage begehrt die Klägerin die Feststellung, dass der Unfall ihres Ehemannes vom 09.10.1996 ein Arbeitsunfall im Sinne von § 548 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 550 Abs. 1 RVO war. Nach ihrer Auffassung war ihr Ehemann als Geschäftsführer Beschäftigter im Sinne von § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO und befand sich in einem persönlichen Abhängigkeitsverhältnis zur T ... W ... GmbH. Indiz für die Beschäftigteneigenschaft sei, dass für ihren verstorbenen Ehemann Sozialversicherungsbeiträge abgeführt worden seien. Eine Gewinn- oder Verlustbeteiligung der Kur GmbH habe nicht bestanden, so dass kein wirtschaftliches Risiko getragen worden sei.

Das SG hat im Rahmen seiner Ermittlungen die Verwaltungsakte der Beklagten beigezogen sowie schriftliche Auskünfte über die tatsächliche Gestaltung der Geschäftsführertätigkeit des verstorbenen Ehemannes der Klägerin von Frau R ... K ..., Frau K ... K ... (Sekretärin von F. in der Gemeinde T ... W ...) und von Frau J ... N ... (Sekretärin in der T ... W ... GmbH) eingeholt.

Mit Urteil vom 11. August 1999 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 11.03.1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.11.1997 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, den Unfall des verstorbenen Ehemannes der Klägerin vom 09.10.1996 als Arbeitsunfall anzuerkennen und zu entschädigen. Zur Begründung hat das SG u. a. ausgeführt:

Die angefochtenen Bescheide der Beklagten seien zwar an den verstorbenen F. adressiert gewesen, die Klägerin könne jedoch als Sonderrechtsnachfolgerin ihres Ehemannes nach § 56 Abs. 1 Nr. 1 SGB I fällige Ansprüche auf laufende Geldleistungen (z. B. Verletztengeld) geltend machen. Die Klägerin sei auch klagebefugt nach § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG, weil die Verletzung eigener Rechtspositionen auch möglich sei bei Verwaltungsakten, die gegenüber Dritten ergangen seien, sofern wenigstens mittelbar in eigene rechtlich geschützte Interessen des Klägers eingegriffen werde (Hinweis auf Meyer-Ladewig, SGG Kommentar, § 54 Rn. 12). Die Bescheide der Beklagten, mit denen das Vorliegen eines Arbeitsunfalles des verstorbenen Ehemannes der Klägerin abgelehnt würden, berührten die rechtlichen Interessen der Klägerin, weil diese als Sonderrechtsnachfolgerin und auch als Hinterbliebene Ansprüche gegen die Beklagte habe. Der Unfall von F. sei als Arbeitsunfall von der Beklagten anzuerkennen und zu entschädigen. Er stelle einen Arbeitsunfall im Sinne von § 548 Abs. 1 Satz 1 RVO i. V. m. § 550 Abs. 1 RVO dar, weil der verstorbene F. als versicherte Person nach § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO bei versicherter Tätigkeit einen Unfall erlitten habe. Es seien noch die bis zum 31.12.1996 geltenden Vorschriften der Reichsversicherungsordnung anzuwenden (so genanntes Versicherungsfallprinzip - § 212 SGB VII, Artikel 36 UVEG).

Zum Unfallzeitpunkt sei F. versicherte Person nach § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO gewesen, weil er als Geschäftsführer Beschäftigter der T ... W ... Gesellschaft für Kur und Rehabilitation mbH gewesen sei. In der gesetzlichen Unfallversicherung seien unter anderem gegen Arbeitsunfall die aufgrund eines Arbeits-, Dienst- oder Lehrverhältnisses Beschäftigten (§ 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO) versichert. Nach dieser Vorschrift sei die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Unfallversicherung Folge einer abhängigen Beschäftigung. Nach § 7 Abs. 1 SGB IV sei die Beschäftigung die nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Die Abgrenzung zur selbständigen Arbeit sei stets tätigkeitsbezogen, nicht personenbezogen. Entscheidend seien jeweils die tatsächlichen Verhältnisse. Maßgeblich sei die Gewichtung und Gesamtbewertung aller Umstände. Das Gesamtbild und die rechtliche Einordnung bestimmten sich letztlich danach, welche Merkmale im Einzelfall überwögen (BSGE 38, 53). Aufgrund eines Arbeits- oder Dienstverhältnisses Beschäftigter sei demnach, wer von einem Arbeitgeber persönlich abhängig sei. Persönliche Abhängigkeit erfordere Eingliederung in den Betrieb und Unterordnung unter das Weisungsrecht des Arbeitgebers in Bezug auf Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung (Hinweis auf BSGE 13, 196, 201 f.; 20, 6, 8; 38, 53, 57; 51, 164, 167). Persönliche Abhängigkeit äußere sich häufig in der Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation wie einen Betrieb, eine Verwaltung oder einen Haushalt. Durch die persönliche Abhängigkeit sei dem Beschäftigten die Einflussnahme auf das wirtschaftliche Ergebnis weitestgehend versagt. Die Weisungsgebundenheit und das Direktionsrecht könnten jedoch auch bei abhängiger Beschäftigung insbesondere bei qualifizierten Berufen hinsichtlich der Entscheidungen, die unmittelbar am Arbeitsplatz zu treffen seien, stark eingeschränkt sein. Dies gelte insbesondere bei Diensten höherer Art, bei denen die Eigenverantwortlichkeit des Dienstleistenden für sich allein noch nicht die persönliche Unabhängigkeit begründe. Die Weisungsgebundenheit verfeinere sich in diesen Fällen zur funktionsgerechten, dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess (BSGE, 16, 289, 294). Zwar könne das Weisungsrecht erheblich eingeschränkt sein, wie das insbesondere bei Diensten höherer Art der Fall sei, vollständig entfallen dürfe es jedoch nicht; es müsse eine fremdbestimmte Leistung bleiben, die Dienstleistung also zumindest in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes aufgehen (Hinweis auf BSGE, 16, 289, 293 und 38, 53, 57). Fehle ein derartiges Weisungsrecht, könne der Betreffende seine Tätigkeit also wesentlich frei gestalten, insbesondere über die eigene Arbeitskraft, über Arbeitsort und Arbeitszeit frei verfügen, oder füge er sich nur in die von ihm selbst gegebene Ordnung des Betriebes ein, liege keine abhängige, sondern eine selbständige Tätigkeit vor, die zusätzlich durch ein Unternehmerrisiko gekennzeichnet zu sein pflege (Hinweis auf BSGE, 13, 196, 201; 38, 53, 57; 70, 81, 82). Nach diesen Grundsätzen richte sich auch, ob der Geschäftsführer einer GmbH abhängig und damit versicherungspflichtig beschäftigt sei oder nicht. Dabei sei zu beachten, dass das GmbH-Recht die Bindung des Geschäftsführers an das willensbildende Organ, in der Regel die Gesamtheit der Gesellschafter, in unterschiedlichster Weise zu regeln erlaube. Die Regelung des sachlichen Umfangs der Geschäftsführerbefugnis ermögliche daher Varianten, die von einer weisungsfreien Geschäftsführung bis zu einer durchgehend weisungsgebundenen reichten, wobei letztere zur Folge hätten, dass die Gesellschafter mit Hilfe des Weisungsrechtes die Geschäfte der GmbH im Wesentlichen selbst führen. Dass der Geschäftsführer auch in den letztgenannten Fällen gesetzlicher Vertreter der GmbH sei (Hinweis auf § 35 Abs. 1 GmbH-Gesetz), schließe eine abhängige Beschäftigung nicht aus (BSGE 13, 196, 200). Gegen eine abhängige Beschäftigung des Geschäftsführers einer GmbH lasse sich auch nicht einwenden, dass der Geschäftsführer gegenüber den Arbeitnehmern der GmbH Arbeitgeberfunktionen wahrnehme; denn auch wer Arbeitgeberfunktionen ausübe, könne durchaus seinerseits bei einem Dritten persönlich abhängig beschäftigt sein (Hinweis auf BSG, Urt. vom 08.12.1997 - 7 RAr 25/96 HV-Info 22/1988 S. 1684, 1692).

Ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis liege allerdings nicht vor, wenn der Geschäftsführer an der Gesellschaft beteiligt sei und allein oder jedenfalls mit Hilfe seiner Gesellschafterrechte die für das Beschäftigungsverhältnis typische Abhängigkeit vermeiden könne. Ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zur GmbH habe das BSG daher verneint, wenn der Geschäftsführer über die Hälfte des Stammkapitals der Gesellschaft verfüge (Hinweis auf BSGE, 23, 83, 84). Ebenso sei entschieden worden im Falle eines Geschäftsführers, der über eine sogenannte Sperrminorität verfüge, um ihm nicht genehme Weisungen der Gesellschaft zu verhindern. Aber auch dort, wo die Kapitalbeteiligung des Geschäftsführers hierfür nicht ausreiche, könne ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zu verneinen sein, wenn der Geschäftsführer hinsichtlich von Zeit, Dauer, Umfang und Ort seiner Tätigkeit im Wesentlichen weisungsfrei sei und, wirtschaftlich gesehen, seine Tätigkeit nicht für ein fremdes, sondern für ein eigenes Unternehmen ausübe (BSGE, 13, 196, 38, 53, 70, 81, 83). Sei jedoch ein Geschäftsführer an dem Kapital der Gesellschaft nicht beteiligt, werde in der Regel ein versicherungsrechtliches Beschäftigungsverhältnis vorliegen (Hinweis auf BSG, Breithaupt 1974, S. 369, 370; Podzun, Der Unfallsachbearbeiter, Suchnr. 305 S. 6). Prüfungsmaßstab für die Beurteilung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung oder einer unternehmerähnlichen Tätigkeit seien zunächst die im Gesellschafts- und im Anstellungsvertrag zur Rechtsstellung des Geschäftsführers getroffenen Regelungen. Soweit die tatsächlichen Verhältnisse von diesen Regelungen entscheidend abwichen, sei im Einzelfall darauf abzustellen (Hinweis auf u. a. BSG vom 28.01.1992 - 11 RAr 133/99).

Bei Anwendung der genannten Maßstäbe sei F. als Geschäftsführer der T ... W ... GmbH abhängig Beschäftigter im Sinne von § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO gewesen: Er habe über keine eigene Kapitalbeteiligung an der T ... W ... GmbH verfügt, so dass er die für das Beschäftigungsverhältnis typische Abhängigkeit nicht mit Hilfe von Gesellschafterrechten habe vermeiden können. Somit blieben die vertraglichen Beziehungen zwischen F. und der T ... W ... GmbH und die mit den vertraglichen Regelungen übereinstimmenden tatsächlichen Gegebenheiten hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Art der Tätigkeiten maßgebend. Bei deren Abwägung und Gewichtung überwögen die für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Umstände bei weitem. Nach dem Geschäftsführer- und Anstellungsvertrag vom 25.11.1993 habe F. ein festes Jahresgehalt erhalten (§ 7), so dass er kein Unternehmerrisiko (kein Entgeltrisiko) getragen habe. Nach § 12 des Vertrages habe er einen Urlaubsanspruch gehabt. Der Vertrag enthalte in § 1 Abs. 3 bis 8 vertragliche Regelungen zu Kündigungsfristen. Dem verstorbenen F. seien Sozialversicherungsbeiträge gewährt (§ 7 Abs. 2) und Sachleistungen zur Verfügung gestellt worden (§ 8, § 9: Spesen und Auslagen, Dienstwagen). Er habe ein risikofreies Arbeitsentgelt erhalten, das auch im Krankheitsfall fortzuzahlen gewesen sei (§ 7 Abs. 5) und sei zur persönlichen Dienstleistung verpflichtet gewesen. Darüber hinaus sei im Vertrag vom 25.11.1993 ein Verbot von Nebentätigkeiten und ein Wettbewerbsverbot vereinbart. Der verstorbene F. sei verpflichtet gewesen, seine ganze Arbeitskraft der Erfüllung des Anstellungsvertrages zu widmen und alle seine Kenntnisse und Fähigkeiten der Gesellschaft zur Verfügung zu stellen (§ 4 Abs. 1). Nach § 3 sei er zwar an bestimmte Arbeitszeiten nicht gebunden gewesen, seine Arbeitszeit habe sich aber nach den betrieblichen Erfordernissen gerichtet und sei mit eventuellen weiteren Geschäftsführern abzustimmen gewesen. Nach § 6 Abs. 2 hätten die Gesellschafter zwar auf das Recht, dem Geschäftsführer Weisungen zu erteilen und sich in laufende Geschäftsführung einzuschalten, verzichtet. Kontrollrechte und das Eingreifen bei akuter Gefahr für die Gesellschaft seien jedoch unberührt geblieben. Die konkrete Weisungsabhängigkeit von F. habe sich insbesondere in § 2 Abs. 3 des Vertrages gezeigt, wonach der Geschäftsführer der vorherigen Zustimmung durch den Gesellschafterbeschluss oder durch Beschluss des Aufsichtsrates für die in Buchstaben a bis e genannten Geschäfte bedurft habe, insbesondere nach § 2 Abs. 3 Ziff. d bei allen Geschäften, die über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausgingen.

Demgegenüber ließen sich als Indizien für die Annahme einer unternehmerähnlichen Tätigkeit die Alleingeschäftsführungs- und Alleinvertetungsberechtigung aus § 2 Abs. 1 und die Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB nach § 2 Abs. 2 anführen. Zwar sei die Nichtbefreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB wichtiges Indiz gegen eine unternehmerähnliche Tätigkeit (LSG Baden-Württemberg vom 11.06.1997, HVBG-Info 1998 S. 918), doch sei dem hier keine entscheidende Bedeutung beizumessen, da sich diese Befreiung schon allein aus der Tatsache erkläre, dass der verstorbene F. gleichzeitig Geschäftsführer der GmbH und ehrenamtlicher Bürgermeister der Gemeinde T ... W ... gewesen sei und ohne eine solche die Gesellschaft überhaupt nicht gegenüber der Gemeinde im Rechtsverkehr hätte tätig sein können.

Die von der Rechtsprechung des BSG gemachten Ausnahmen von dem Grundsatz - wonach bei einem GmbH-Geschäftsführer, der nicht am Kapital der GmbH beteiligt sei, in der Regel ein versicherungsrechtliches Beschäftigungsverhältnis vorliege - beträfen so genannte Familiengesellschaften, bei denen der Geschäftsführer mit den Gesellschaftern familiär verbunden sei und die Höhe seiner Bezüge auch von der Ertragslage der Gesellschaft abhängig sei (Hinweis auf BSG, Urt. vom 29.10.1986 - 7 RAr 43/85; BSG, Urt. vom 08.12.1987 - 7 RAr 25/86 in: HV-Info 23/1988 S. 1684 ff.). Zwar sei der verstorbene F. gleichzeitig Geschäftsführer der Thermalbad GmbH und Bürgermeister der Gemeinde gewesen, die zu 100 % Anteilseignerin der T ... W ... GmbH gewesen sei. Das BSG habe jedoch bei seiner Rechtsprechung zu den so genannten Familiengesellschaften darauf abgestellt, dass der nichtkapitalbeteiligte GmbH-Geschäftsführer ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Familien-GmbH habe und als Geschäftsführer de facto weisungsfrei tätig sein könne. Der verstorbene Ehemann habe jedoch gerade kein eigenes wirtschaftliches Interesse an dem Wohlergehen der T ... W ... GmbH gehabt, weil seine Jahresbezüge unabhängig von dem wirtschaftlichen Abschneiden der T ... W ... GmbH garantiert gewesen seien.

F. sei auch nicht in diesem Sinne weisungsfrei gewesen. Als Bürgermeister der Gemeinde T ... W ... habe F. zwar in eigener Organzuständigkeit die Geschäfte der laufenden Verwaltung zu erledigen gehabt (§ 53 Abs. 2 Satz 1 Sächs.GemO). Zu diesen gehörten jedoch nur solche Angelegenheiten, die für die Gemeinde weder nach der wirtschaftlichen noch nach der grundsätzlichen Seite von wesentlicher Bedeutung gewesen seien und die mit einer gewissen Häufigkeit wiederkehrten (Hinweis auf Gern, Sächsisches Kommunalrecht, Rdnr. 412). Entscheidungen, die mit der gemeindeeigenen Gesellschaft zusammenhingen, habe der verstorbene F. als Bürgermeister der Gemeinde weder über § 53 Abs. 2 Satz 1 noch über § 53 Abs. 2 Satz 3 i. V. m. § 41 Abs. 2 Sächsische Gemeindeordnung ohne den Gemeinderat erledigen können. Dieser sei nach § 28 Abs. 1 Sächsische Gemeindeordnung für die grundlegenden und wirtschaftlich bedeutsamen Entscheidungen hinsichtlich der GmbH verantwortlich und zuständig. Dem Gemeinderat habe daher auch die Ausübung des Stimmrechtes in der GmbH oblegen, und F. habe auch als Bürgermeister ihm nicht genehme Beschlüsse der Gesellschaft somit allein nicht verhindern können.

Die Beklagte hat gegen das Urteil Berufung eingelegt. Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus:

Das Vorliegen eines Arbeitsunfalles sei von ihr verneint worden, weil von einem persönlichen Abhängigkeitsverhältnis und der damit verbundenen Weisungsgebundenheit durch die Gesellschaft bei F. nicht habe ausgegangen werden können, weil dieser als Geschäftsführer der GmbH zwar bestimmten Beschränkungen unterlegen habe, jedoch im Wesentlichen seine Tätigkeit und seine Arbeitszeit habe frei gestalten können. Es liege eben gerade kein arbeitnehmerähnliches Verhältnis, wie im sozialgerichtlichen Urteil dargestellt, bei F. vor. In der Rechtsprechung werde bei der Abgrenzung zwischen arbeitnehmerähnlicher oder unternehmerähnlicher Tätigkeit auf die Weisungsgebundenheit und das Direktionsrecht abgestellt. Bestehe entsprechend einem Vertrag und der tatsächlichen Gegebenheiten kein Weisungsrecht, könne der Betreffende seine Tätigkeit also wesentlich frei gestalten, so über seine eigene Arbeitskraft, über Arbeitsort und -zeit frei verfügen, liege keine abhängige, sondern eine selbständige Tätigkeit vor.

In dem maßgebenden Vertrag zwischen der T ... W ... GmbH, vertreten durch den gesellschaftsvertretenden Bürgermeister - F. - und F. als Geschaftsführer, sei festgelegt worden, dass der Geschäftsführer allein vertretungsberechtigt sei. Im Übrigen stellten sich die tatsächlichen Verhältnisse, nach denen die Beurteilung des Versicherungsschutzes zu führen sei, so dar, dass die Gesellschaft mit beschränkter Haftung allein durch die Gemeinde T ... W ... unterhalten wurde, welche im Übrigen gemäß § 51 Sächsischer Gemeindeordnung (GemO) durch F. selbst vertreten worden sei, der zum Zeitpunkt des Unfallgeschehens Bürgermeister der Gemeinde T ... W ... sei. Gemäß § 53 Abs. 2 GemO erledige der Bürgermeister in eigener Zuständigkeit die Geschäfte der laufenden Verwaltung, zu denen die Vertragsabschlüsse gehörten. Dass dies tatsächlich zu dem Aufgabenfeld von F. gehört habe, ergebe sich aus der Befugnis, die Satzung der T ... W ... GmbH zu zeichnen und natürlich auch den Geschäftsführer- und Anstellungsvertrag sowohl als Bürgermeister als auch als Geschäftsführer zu unterzeichnen.

Im Übrigen geht dies wohl auch aus dem Protokoll Nr. 10 in Bezug auf die Festlegung des monatlichen Gehaltes ab 01.06.1995 (BI. 124 der dem SG vorliegenden Verwaltungsakte) hervor, in dem gerade der Gemeinderat sozusagen als Gesellschafter, nicht wie im Urteil des Sozialgerichtes dargelegt, tatsächlich nicht habe gehört werden müssen oder gehört worden sei. Im Übrigen sei in § 53 Abs. 2 GemO die Möglichkeit der dauernden Übertragung der Erledigung bestimmter Aufgaben durch Hauptsatzungsregelung festgelegt worden.

Die Beklagte halte daher an der Auffassung fest, dass eben ein besonderer Fall in der Konstellation des die Gemeinde vertretenden Bürgermeisters als Geschäftsführer der mit 100 Prozent der Gemeinde gehörenden GmbH gegeben sei und somit allein aus dem Sachverhalt heraus eben kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vorgelegen habe.

Dazu ergänzend führt die Beklagte ferner aus:

Gerade die vom SG herangezogene Rechtsprechung belege die Auffassung der Beklagten. Wenn das SG ausführe, der verstorbene F. habe über keine eigene Kapitalbeteiligung an der T ... W ... GmbH verfügt, so dass er die für das Beschäftigungsverhältnis typische Abhängigkeit nicht mit Hilfe von Gesellschafterrechten habe vermeiden können, so sei dies zwar grundsätzlich richtig. Hierzu führe jedoch der 11. Senat des Bundessozialgerichts im Urteil vom 08.08.1990 (11 RAr 77/1989) aus, dass in den Fällen, in denen die Beteiligung des Gesellschafter-Geschaftsführers am Kapital der Gesellschaft unter 50 vom Hundert liege, die einfache Mehrheit der Stimmen zur Beschlussfassung der Gesellschaft genüge und dem Geschäftsführer auch sonst keine rechtlichen Möglichkeiten zur Verfügung stünden, Weisungen zu verhindern, eine versicherungspflichtige Beschäftigung des Geschäftsführers dann zu verneinen sei, wenn er nach der Gestaltung seiner vertraglichen Beziehung zur GmbH und der tatsächlichen Durchführung des Vertrages hinsichtlich Zeit, Dauer, Umfang und Ort im Wesentlichen weisungsfrei sei. Diese gesellschaftsrechtliche Abhängigkeit könne nämlich auch durch den tatsächlich eingeräumten Einfluss aufgehoben werden.

Hierzu führe das Sozialgericht aus, dass nach dem Geschäftsführer- und Anstellungsvertrag vom 25.11.1993 der verstorbene Ehemann der KIägerin ein festes Jahresgehalt erhalten habe, so dass er kein Unternehmerrisiko (kein Entgeltrisiko) getragen habe. Außerdem sei nach § 12 des Vertrages ein Urlaubsanspruch festgelegt worden. Ebenso seien vertragliche Regelungen im § 1 Abs. 3 bis 8 zu Kündigungsfristen aufgeführt. Zudem seien Sozialversicherungsbeiträge gewährt worden und dem verstorbenen Ehemann der Klägerin sei Arbeitsmaterial gestellt worden. Er habe ein risikofreies Arbeitsentgelt erhalten, was auch im Krankheitsfall zu zahlen gewesen sei. Er sei zu persönlichen Dienstleistungen verpflichtet gewesen. Außerdem habe der verstorbene Ehemann der Klägerin die Verpflichtung gehabt, seine Arbeitskraft der Erfüllung des Geschäftsführer- und Anstellungsvertrages zu widmen und alle seine Kenntnisse und Fähigkeiten der Gesellschaft zur Verfügung zu stellen. All dies sei Indiz dafür, dass ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vorgelegen habe.

Den Ausführungen des SG zum fehlenden Unternehmerrisiko von F. sei entgegenzuhalten, dass es sich bei der in Rede stehenden GmbH um eine gemeinnützige Gesellschaft handele, deren Ziel es nicht sei, Gewinne zu erzielen. Das erkläre die vertragliche Regelung genügend und bilde kein Indiz für eine Arbeitnehmereigenschaft.

Sowohl der Urlaubsanspruch als auch die aufgeführte Kündigungsfrist entsprächen der üblichen Form des Anstellungsvertrages eines Geschäftsführers und seien weder Hinweise für noch gegen eine weisungsabhängige Tätigkeit. Insoweit Sozialversicherungsbeitrage abgeführt worden seien, so begründe auch dies nicht von vornherein eine Bindungswirkung hinsichtlich einer eventuellen Arbeitnehmereigenschaft von F. Genauso sei es üblich, dass F. die Verpflichtung gehabt habe, seine Arbeitskraft der Erfüllung des Geschäftsführer- und Anstellungsvertrages zu widmen und seine Kenntnisse und Fähigkeiten der Gesellschaft zur Verfügung zu stellen.

Das SG führe weiter aus, dass nach § 3 des Anstellungsvertrages F. zwar an bestimmte Arbeitszeiten nicht gebunden sei, seine Arbeitszeit sich aber nach den betrieblichen Erfordernissen richte. Die Abstimmungsverpflichtung von F. hinsichtlich der Arbeits- und Urlaubszeiten mit evtl. vorhandenen weiteren Geschäftsführern sei gerade ein Hinweis darauf, dass eine Weisungsgebundenheit hinsichtlich des Zeitpunktes der Arbeitleistung nicht angenommen werden könne, denn F. habe selbst entscheiden können, ob das Wohl der Gesellschaft seine Dienste zu einem bestimmten Zeitpunkt erforderlich machten oder nicht. Die Verpflichtung des Geschäftsführers, seine Arbeitskraft mit seinen Kenntnissen und Erfahrungen der Gesellschaft zur Verfügung zu stellen, stelle lediglich eine allgemeine Tätigkeitspflicht dar, rechtfertige aber nicht den Schluss auf Weisungsgebundenheit im Einzelfall.

Der Umstand, dass nach § 6 Abs. 2 die Gesellschafter auf das Recht, dem Geschäftsführer Weisungen zu erteilen und sich in laufende Geschäftsführung einzuschalten, verzichten, sei ein weiteres erhebliches Merkmal für eine unternehmerähnliche Tätigkeit, hier verzichte sogar die Gesellschaft darauf, dem Geschäftsführer Weisungen zu erteilen. Zu Ausnahmen wie den in § 2 Abs. 3a bis d des Anstellungsvertrages benannten Handlungen, die der vorherigen Zustimmung durch den Gesellschafterbeschluss oder durch den Beschluss des Aufsichtsrates bedürften, habe das BSG im Urteil vom 29.10.1986 (7 RAr 43/1985) ausgeführt, dadurch werde nur die Sachentscheidungsbefugnis eingeschränkt, was die Errichtung oder Aufhebung von Zweigniederlassungen, den Erwerb, die Veräußerung oder die Überlassung von Beteiligungen an andere Unternehmen u. ä. betreffe, sie stellten jedoch keine Beschränkungen dar, soweit es sich um die Gestaltung und die Ausführung der Geschäftsführung an sich handle, denn diese sei eindeutig durch den Verzicht auf das Recht geregelt, dem Geschäftsführer Weisungen zu erteilen und sich in die laufende Geschäftsführung einzuschalten. Auch und gerade die Befreiung nach § 181 BGB deute auf eine unternehmerähnliche Tätigkeit hin, was im konkreten Fall bereits die Vertragsabschlusslage, insbesondere die Befugnis der Zeichnung der Verträge, verdeutliche.

Darüber hinaus sei von der Vergleichbarkeit zu den vom Bundessozialgericht getroffenen Entscheidungen vom 29.10.1986 und vom 08.12.1987 auszugehen. Es liege zwar keine Familiengesellschaft vor, jedoch die besondere Konstellation, dass der alleinvertretungs- und geschäftsführungsberechtigte Geschaftsführer der GmbH gleichzeitig Bürgermeister der Gemeinde T ... W ... sei. Die aufgeführten Urteile stellten nicht darauf ab, ob überhaupt eine familiäre Beziehung innerhalb der Gesellschafter und des Geschäftsführers bzw. der Geschäftsführer vorliege, sondern darauf, dass sie wie ein Alleininhaber und somit de facto weisungsfrei handelten. F. habe seine Tätigkeit im Bürgermeisteramt ebenso wie ein Alleininhaber die Geschäfte der Gesellschaft nach eigenem Ermessen führen können, so dass es an der für ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis unabdingbaren Voraussetzung der persönlichen Abhängigkeit gefehlt habe. Das Bundessozialgericht führe im Urteil vom 08.12.1987 dazu aus, dass in den Fällen, in denen der Geschäftsführer lediglich bei bestimmten wichtigeren Geschäften in seiner Entscheidungsfreiheit eingeschränkt sei, ohne einem für die persönliche Abhängigkeit ausschlaggebenden Direktionsrecht der Gesellschaft in Bezug auf die Ausführung seiner Tätigkeit unterworfen zu sein, eine abhängige Beschäftigung nicht vorliege. Aus keinem der vom Sozialgericht genannten Punkte gehe hervor, dass der Geschäftsführer der T ... W ... GmbH in der Ausführung seiner Tätigkeit als Geschäftsführer eingeschränkt gewesen sei, außer den in § 2 Abs. 3a bis e genannten Fällen, die im Übrigen im gleichen Urteil als unerhebliche und übliche Einschränkung der Tätigkeit eines Geschäftsführers einer GmbH aufgeführt würden.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichtes Chemnitz vom 11.08.1999 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

und hält dem Vorbringen der Beklagten entgegen, die angeführte Entscheidung des BSG vom 08.08.1990 (11 RAr 77/89) stelle die Abgrenzungskriterien zwischen einer abhängigen und einer selbständigen Beschäftigung dar. Die Rechtsprechung habe es gerade nicht für ausreichend gehalten, dass ein GmbH-Geschäftsführer seine Tätigkeit für die Gesellschaft frei von inhaltlichen Weisungen ausübe, um ihn der Versicherungspflicht zu entziehen (Hinweis auf BSG, NJW 1974, 297). Der Arbeitgeber habe für F. regelmäßig Versicherungsbeiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung geleistet. Eine Gewinnbeteiligung sei in § 7 Abs. 3 des Vertrages gerade ausgeschlossen. Sicherlich sei es nicht Ziel der GmbH, Verluste zu erzielen. Sie sei lediglich nicht vorrangig bestrebt, Gewinne zu erzielen. Unabhängig von ihrer Gemeinnützigkeit habe die Gesellschaft über die Gewährung einer Gewinnbeteiligung frei entscheiden können, die aber nicht vereinbart gewesen sei. Gleiches gelte für eine Beteiligung an den Verlusten. Der Geschäftsführer habe ein Festgehalt bezogen. Zudem seien für den Fall einer Erkrankung und sonstiger unverschuldeter Verhinderung diese Bezüge gem. § 7 Abs. 5 für die Dauer von sechs Wochen fortgezahlt worden.

Darüber hinaus sei im Vertrag vom 25.11.1993 ein Verbot von Nebentätigkeiten und ein Wettbewerbsverbot vereinbart. Die Weisungsgebundenheit des Geschäftsführers zeige sich zudem insbesondere in § 2 Abs. 3, wonach er der vorherigen Zustimmung durch Gesellschafterbeschluss für die in Buchstaben a) bis e) genannten Geschäfte bedurft habe, insbesondere für alle Geschäfte, die über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausgingen. Auch die von F. in Personalunion ausgeübten Ämter als Geschäftsführer der GmbH sowie als Bürgermeister änderten an der Zustimmungsbedürftigkeit einzelner Geschäfte nichts. Der Geschäftführer sei insoweit auf die Zustimmung der Gesellschafter angewiesen, die wiederum nicht von ihm allein, sondern durch Gemeinderatsbeschluss habe herbeigeführt werden müssen. Der verstorbene Ehemann sei folglich keinesfalls einem Alleininhaber, der die Geschäfte der Gesellschaft nach eigenem Ermessen führen könne, gleichzustellen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gem. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.

Dem Senat liegen neben den Prozessakten beider Rechtszüge die Verwaltungsakten der Beklagten vor.

Entscheidungsgründe:

Die fristgemäß eingelegte und auch sonst zulässige Berufung ist nicht begründet. Zu Recht hat das SG der Klage stattgegeben, denn der Klägerin steht als Sonderrechtsnachfolgerin ihres an den Unfallfolgen gestorbenen Ehemannes F. der geltend gemachte Anspruch zu.

Die hier wesentlichen Normen hat das SG zutreffend genannt; darauf wird Bezug genommen. Auch inhaltlich ist der sorgfältig abwägenden Entscheidung des SG in allen wesentlichen Punkten zuzustimmen. Die von der Beklagten dagegen erhobenen Einwände greifen nicht durch.

Versicherungsschutz in der sozialen Unfallversicherung besteht für die "auf Grund eines Arbeitsverhältnisses Beschäftigten" (§ 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO). Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 SGB IV). Diesen Ausgangspunkt hat das SG folgerichtig unter Beachtung der Rechtsprechung des BSG entwickelt. Die Beklagte beanstandet im Wesentlichen, das SG habe der Regelung in § 6 Abs. 2 des Geschäftsführer- und Anstellungsvertrages zu wenig Beachtung geschenkt, wonach die Gesellschafter auf ihr Recht verzichten, dem Geschäftsführer Weisungen zu erteilen und sich in die laufenden Geschäfte einzuschalten. Doch abgesehen davon, dass schon das SG zu Recht auf den folgenden Satz 2 hingewiesen hat, wonach "Kontrollrechte und das Eingreifen bei akuter Gefahr für die Gesellschaft unberührt bleiben und dass sich die Weisungsfreiheit gerade nicht auf die in § 6 Abs. 3 genannten für die Gesellschaft wesentlichen Handlungen, vor allem aber für alle Geschäfte, die über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb der Gesellschaft hinausgehen" (Buchst. d) erstreckt, bleibt auf Folgendes hinzuweisen:

Die eigentliche systematische Bedeutung der Weisungsfrage liegt in der Indizfunktion für die Beurteilung der Unternehmereigenschaft, denn nur diese ist der eigentliche Gegenpol zur abhängigen Beschäftigung. Während aber der für seine Gesellschaft tätige Gesellschafter durch Beschlüsse der Gesellschaft an diese gesellschaftsrechtlich (durch den Gesellschaftsvertrag) gebunden ist, wirken solche Beschlüsses für einen kapitallosen Geschäftsführer als (arbeitsvertragliche) Weisungen.

Dass es für die Beantwortung der Frage Weisungsfreiheit/Weisungsgebundenheit nicht auf die Routinehandlungen des Alltags entscheidend ankommt, ist in der Rechtsprechung am Beispiel des Chefarztes längst erkannt worden. Das BSG hat dazu sogar ausgeführt, es bedürfe keiner näheren Darlegung, dass eine persönliche Abhängigkeit durch die weisungsfreie und eigenverantwortliche Stellung eines Chefarztes nicht berührt werden (BSG Urt. v. 23.10.1970 - 2 RU 6/69 - E 32, 38, 39 m. w. N.). Es kann dahingestellt bleiben, ob die Feststellung im Urteil des 7. Senats des BSG v. 29.10.1986 (7 RAr 43/85), das Weisungsrecht könne insbesondere bei Diensten höherer Art "erheblich eingeschränkt" sein, es dürfe aber "nicht völlig entfallen" (Die Beiträge 1987,17 ff.), als Einschränkung gemeint war (der Senat erwähnt das frühere Urteil nicht), denn auch im Falle von F. fehlte es schon nach dem Anstellungsvertrag nicht, wie bereits das SG zutreffend ausgeführt hat. Zu Unrecht beruft sich die Beklagte auf die Ausführungen im genannten Urteil zu der Abgrenzung von Weisung und Sachentscheidungsbefugnis. Zwar entsprechen die dort genannten Handlungen den Einschränkungen von § 2 Abs. 3 Buchst. a bis c (vgl. auch BSG, Urt. v. 08.12.1987 - 7 RAr 25/86, HV-INFO 1988, 1684 ff.), doch beachtet die Beklagte nicht genügend Buchst. d) dieser Bestimmung, wonach der Geschäftsführer der vorherigen Zustimmung durch Gesellschafterbeschluss "für alle Geschäfte" bedurfte, "die über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb der Gesellschaft hinausgehen". Dies stellt eine massive Beschränkung des weisungsfreien Tätigkeitsbereichs des - anteilslosen - Geschäftsführers dar, der eine "unternehmerähnliche" Position ausschließt.

Eine vollständige Weisungsfreiheit wäre auch kommunalrechtlich nicht zulässig. Nach § 98 Abs. 1 Satz 5 GemO steht der Gemeinde die Befugnis zu, ihren Vertretern in einer Gesellschaft Weisungen zu erteilen. Dass F. als Geschäftsführer zugleich (ehrenamtlicher) Bürgermeister der Gemeinde war, ist - anders als die Vertretung der Gemeinde in der Gesellschafterversammlung (s. § 98 Abs. 1 Satz 1 GemO) - rechtlich zufällig; diese Funktion hätte auch jede andere dritte (Privat-)Person ausüben können. Nach § 96 Abs. 1 GemO darf eine Gemeinde zur Erfüllung ihrer Aufgaben ein Unternehmen in der Rechtsform des privaten Rechts - wozu auch eine GmbH zählt - u. a. nur errichten, wenn (1) durch die Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrages oder die Satzung die Erfüllung der Aufgaben der Gemeinde sichergestellt ist, (2) die Gemeinde einen angemessenen Einfluss, insbesondere im Aufsichtsrat oder in einem entsprechenden Überwachungsorgan des Unternehmens erhält und (3) die Haftung der Gemeinde auf einen ihrer Leistungsfähigkeit angemessenen Betrag begrenzt wird. Diese Erfordernisse schließen eine weisungsfreie, unternehmerische Tätigkeit eines Geschäftsführers aus, da andernfalls nicht sicherzustellen wäre, dass die Aktivitäten der gemeindeeigenen GmbH diesen Anforderungen entspricht. Weisungsfreiheit in dem hier zu entscheidenden Zusammenhang kann sich immer nur auf die unternehmerische Freiheit beziehen, die Entscheidungen nach den eigenen unternehmerischen Interessen zu treffen. Dies hat auch das BSG im Urteil vom 08.12.1987, auf das sich die Beklagte beruft, nicht anders gesehen. Denn es stellt ausdrücklich auf den Errichtungszweck und den "Gleichklang der Interessen" zwischen Gesellschafterin (Mutter) und der nicht am Kapital der Gesellschaft beteiligten Geschäftsführerin (Tochter), deren Existenzsicherung in jenem Falle die Gesellschaft dienen sollte, so dass es dem sachlichen Gehalt nach um die eigene Gesellschaft der geschäftsführenden Tochter ging. Nach dem Sachverhalt des Urteils v. 29.10.1986 war dort die Interessenidentität noch deutlicher ausgeprägt: Die Geschäftsführerin hielt als Mutter der zwei minderjährigen Mitgesellschafter selbst ein Drittel des Kapitals. Weisungen der anderen kamen nach der Einschätzung des BSG aufgrund dieser familiären Verhältnisse nicht in Betracht.

So verhält es sich hier gerade nicht. Die GmbH dient allein den Zwecken und Interessen der Gemeinde, allein an diesen hatte F. seine Arbeit und die Gemeinde ihre Überwachungsfunktion auszurichten. Das Gemeinderecht verlangt von den Gemeinden aufgrund der generell bestehenden Einwirkungspflicht, sich einen entsprechenden Einfluss auf die Willensbildung ihrer Gesellschaften zu sichern (s. dazu Schmidt-Aßmann, Kommunalrecht Rn. 25 in: ders., Besonderes Verwaltungsrecht, 11. Aufl. 1999 S. 86 m. w. N.). Dem entspricht die in § 98 Abs. 1 Satz 5 GemO getroffene Bestimmung, wonach der Gemeinderat seinen Vertretern in der GmbH Weisungen erteilen kann (zur Einwirkungspflicht nach der sächsischen Gemeindeordnung s. Hegele / Ewert, Kommunalrecht im Freistaat Sachsen, 2. Aufl. 1997 S. 190). Hierbei handelt es sich um eine Befungnisnorm zur Durchsetzung der in § 96 GemO formulierten Anforderungen. Dieses Weisungsrecht des Gemeinderates gilt auch gegenüber dem Bürgermeister als seinen Vertreter in der GmbH (Krieger/Menke/Ahrens, Gemeindeordnung für den Freistaat Sachsen, Erl. Nr. 3 zu § 98, 3. Aufl. 1999 S. 203).

Schon wegen der weder dem Grund noch der Höhe nach beschränkbaren Möglichkeit und damit Kalkulierbarkeit einer sog. "Durchgriffshaftung" der Gemeinde als Folge einer Verletzung ihrer Überwachungsfunktion kann sich eine Gemeinde ihrer Verantwortlichkeit für die Tätigkeit des Geschäftsführers einer ihrer Gesellschaften nicht durch Verzicht auf das Erteilen von Weisungen an diesen - vermittelt über ihren Vertreter in der Gesellschaft - entziehen (zur Durchgriffshaftung allgemein s. Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz, Rn. 10 ff. zu § 13, 16. Aufl. 1996 S. 178 ff.). Das aber prägt das Bild eines von den unternehmerischen (Grund-)Entscheidungen der Gemeinde abhängigen und damit abhängig beschäftigten Geschäftsführers, der sich darüber hinaus in die durch die Gemeinde vorgegebene Organisationsform einfügen muss und keine Möglichkeit hat, diese - wie es typisch für einen Unternehmer wäre - (mit-)umzugestalten. Da es aber um die versicherungsrechtliche Fixierung des Status eines derartigen Geschäftsführers von Beginn seiner Tätigkeit an geht, kann es nicht darauf ankommen, ob und wann im Einzelfall derartige konkrete Weisungen erteilt wurden. Hier ist die durch das Gemeinderecht geprägte Rechtslage entscheidend, die dem Geschäftsführer vom Grunde aus keine Unternehmerposition zubilligt.

Sind damit die Würfel für die Beurteilung des Status jedenfalls des Geschäftsführers einer gemeindeeigenen GmbH gefallen, dann ist es nur mehr an Rande erwähnenswert, dass F. keinerlei unternehmerisches Risiko trug und in seinem Anstellungsvertrag nicht einmal von der in § 11 Nr. 3 der Satzung vorgesehenen Möglichkeit einer Gewinnbeteiligung Gebrauch gemacht wurde. Abschließend sei aus den Details des Vertrages, die für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprechen und die auch schon vom SG gewürdigt worden sind, nur noch das in § 4 des Vertrages enthaltene Verbot ungenehmigter Nebentätigkeiten hervorgehoben, insbesondere dort das Recht der Gesellschaft zur Kündigung bei wiederholtem Verstoß. Diese Regelung ist einer selbständigen Tätigkeit konträr: Dieser ist schon aus wirtschaftlichen Gründen darauf angewiesen, die sich ihm bietenden Erwerbschancen zu nutzen, es gibt niemanden, den er (von etwa erforderlichen Genehmigungen abgesehen) um Erlaubnis bitten müsste.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG; die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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