L 2 U 51/00

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 5 U 116/98
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 51/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 07.02.2000 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob dem Kläger wegen einer im Jahre 1985 anerkannten Berufskrankheit (BK) nach Nr. 71 der Ersten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Verhütung, Meldung und Begutachtung von Berufskrankheiten - Liste der Berufskrankheiten - vom 21. April 1981 (GBl der DDR T I Nr. 12/181, im Folgenden: BKV-DDR) eine Verletztenrente zu gewähren ist.

Der am ... geborene Kläger war von 1963 bis 1983 als Industriemaurer beschäftigt. Mit Bescheid vom 23.01.1985 wurde von der zuständigen Betriebsgewerkschaftsleitung eine BK nach Nr. 71 BKV-DDR (Verschleißkrankheiten von Gliedmaßengelenken einschließlich der Zwischengelenkscheiben durch langjährige mechanische Überbelastungen) ab Januar 1981 anerkannt. Der Kläger leide an einer beidseitigen Koxarthrose und Chondropathia patellae rechts. Ausführungen zum Grad des Körperschadens enthält der Bescheid nicht; eine Verletztenrente wurde nicht gewährt. Jedoch wurden dem Kläger nach seinen Angaben wegen der durch die Berufskrankheit eingetretenen Erwerbsminderung Ausgleichszahlungen als Schadensersatz für entgangenen Lohn gezahlt, die nach der Übernahme der Staatlichen Versicherung der DDR durch die Allianz Versicherung von dieser bis 31.10.1995 gezahlt worden seien.

Mit Schreiben der damaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 09.10.1995, bei der Beklagten eingegangen am 11.10.1995 wurde der Bescheid vom 23.01.1985 an die Beklagte übersandt. In einem Schreiben der Prozessbevollmächtigten vom 02.07.1996 wird darauf hingewiesen, dass der Kläger eine Verletztenrente wegen seiner Berufskrankheit spätestens ab 01.11.1995 begehre.

Mit Bescheid vom 04.02.1998 lehnte die Beklagte die Zahlung einer Verletztenrente wegen der anerkannten BK Nr. 71 nach der BKV-DDR ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, die dem Bescheid vom 23.01.1985 zugrundeliegenden Verhältnisse hätten sich nicht geändert. Der Bescheid vom 23.01.1985 sei weiterhin bindend. Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde mit Bescheid vom 25.03.1998 zurückgewiesen.

Am 02.04.1998 ist Klage vor dem Sozialgericht Dresden (SG) erhoben worden mit dem Begehren der Gewährung von Verletztenrente. Mit Gerichtsbescheid vom 07.02.2000 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass die gesundheitlichen Folgen der anerkannten BK Nr. 71 keine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 v. H. oder mehr begründeten.

Gegen den ihm am 14.03.2000 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 03.04.2000 Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt, von der Beklagten sei zwar die BK Nr. 71 anerkannt worden; jedoch liege entgegen der Ansicht der Beklagten eine MdE von mindestens 20 v. H. vor.

Er beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 07.02.2000 aufzuheben, den Bescheid vom 04.02.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.03.1998 abzuän- dern und die Beklagte zu verurteilen, ihm wegen der BK Nr. 71 BKV-DDR eine Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 20 v.H. zu gewähren, hilfsweise, den vormals gewährten Verdienstausfall weiter auszugleichen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Ihrer Ansicht nach hat sie keine Leistungen an den Kläger zu erbringen.

Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

Mit Schreiben vom 06.06.2001, 18.06.2001 und 21.06.2001 haben die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch die Berichterstatterin als Einzelrichterin erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten aus beiden Rechtszügen und die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte durch die Berichterstatterin als Einzelrichterin entscheiden, da das gemäß § 155 Abs. 3,4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hierfür erforderlich Einverständnis der Beteiligten vorliegt.

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente aufgrund der Folgen der mit Bescheid vom 23.01.1985 anerkannten Berufskrankheit. Die angefochtenen Bescheide sind jedenfalls insoweit rechmäßig, als dem Kläger eine Verletztenrente bzw. Verdienstausfall nicht bewilligt wurden. Ob die Beklagte aufgrund des Bescheides vom 04.02.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.03.1998 im Übrigen Leistungen zu erbringen hat, kann dahinstehen, da streitgegenständlich nur die Bewilligung einer Verletztenrente ist und der Kläger zudem gegenüber dem angefochtenen Urteil nicht schlechter gestellt werden darf (Meyer/Ladewig, Sozialgerichtsgesetz mit Erläuterungen, 6. Auflage 1998, Vor § 143, Rn. 17).

Der Anspruch des Klägers richtet sich noch nach den vor Inkrafttreten des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) geltenden Vorschriften, da die hier streitgegenständliche Berufskrankheit bereits vor dem Inkrafttreten des SGB VII am 01.01.1997 eingetreten war (Art. 36 des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetztes - UVEG -, §§ 212 ff. SGB VII).

Verletztenrente wird nach § 581 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m § 551 Abs. 1 Satz 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) gewährt, solange die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten wegen einer Berufskrankheit um wenigstens ein Fünftel gemindert ist. Jedoch leidet der Kläger schon nicht an einer Berufskrankheit in diesem Sinne.

Nach § 1150 Abs. 2 Satz 1 RVO gelten Unfälle und Krankheiten, die vor dem 01.01.1992 eingetreten sind und die nach dem im Beitrittsgebiet geltenden Recht Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten der Sozialversicherung waren, als Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten i.S. des Dritten Buches der RVO. Gemäß Satz 2 Nr. 1 der Vorschrift gilt dies nicht für Unfälle und Krankheiten, die einem ab 01.01.1991 für das Beitrittsgebiet zuständigen Träger der Unfallversicherung erst nach dem 31.12.1993 bekannt werden und die nach dem Dritten Buch der RVO nicht zu entschädigen wären.

Die hier streitgegenständliche Berufskrankheit bestand zwar ausweislich des Bescheides vom 23.01.1985 seit dem 01.01.1985; sie ist dem zuständigen Träger der Unfallversicherung jedoch erst am 11.10.1995 bekannt geworden. Damit ist vorliegend die Regelung des § 1150 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 RVO einschlägig mit der Folge, dass die Fiktion des Satz 1 der Vorschrift nicht eingreift und zu prüfen ist, ob die geltend gemachte Erkrankung sowohl nach dem Recht der DDR als auch nach dem Recht der RVO eine Berufskrankheit darstellt.

Unerheblich ist nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift, ob die jeweilige Berufkrankheit in der DDR als solche anerkannt worden war (vgl. hierzu im Einzelnen Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 19.12.2001, Az. B 2 U 8/00 R).

Hiernach könnte der Kläger mit seinem Begehren der Gewährung einer Verletztenrente wegen der dem Bescheid vom 23.01.1995 zugrunde liegenden Erkrankung nur dann Erfolg haben, wenn eine solche auch nach dem Recht der RVO zu gewähren wäre. Insoweit fehlt es jedoch bereits einem Berufskrankheitentatbestand. Gemäß § 551 Abs. 2, 3 RVO sind Berufskrankheiten die (durch die berufliche Tätigkeit rechtlich wesentlich bedingten) Erkrankungen, die in die Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) aufgenommen worden sind. Eine der BK Nr. 71 BKV-DDR vergleichbare Berufskrankheit findet sich dort nicht mit der Folge, dass eine Entschädigung nach dem Dritten Buch der RVO nicht in Betracht kommt und die Fiktion des § 1150 Abs. 1 Satz 1 RVO nicht eingreift. Die Gewährung einer Verletztenrente kommt somit nicht in Betracht.

Auch dem hilfsweise gestellten Antrag des Klägers auf Gewährung des bis 31.10.1995 gewährten Verdienstausfalles konnte nicht stattgegeben werden. Insoweit ist schon eine Anspruchsgrundlage nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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