L 3 AL 245/03

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 12 AL 359/01
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AL 245/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zeiten des mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbots führen nicht zur Verlängerung der in § 196 S. 2 SGB III genannten Höchstdauer der Erlöschungsfrist des § 196 Abs. 1 S.1 und 2 SGB III.
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 28. August 2003 wird zurückgewiesen. II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Frage, ob der Klägerin für den Zeitraum vom 15. August 2000 bis 19. August 2001 Arbeitslosenhilfe (Alhi) zusteht.

Die am ... 1966 geborene Klägerin bezog zuletzt vor dem streitigen Zeitraum ab dem 18. November 1996 bis zum Erschöpfen des Anspruchs (19. Mai 1997) Arbeitslosengeld (Alg). Anschließend erhielt sie in der Zeit vom 19. Mai 1997 bis 03. November 1997 Anschluss-Alhi. Vom 04. November 1997 bis 05. Februar 1998 bezog die Klägerin Mutterschaftsgeld. In der Zeit vom 06. Februar 1998 bis zum 10. Dezember 2000 bezog sie Erziehungsgeld nach dem Bundes- bzw. (seit 11. Dezember 1999) Sächsischen Landeserziehungsgeldgesetz. Ab dem 20. August 2001 bewilligte ihr die Beklagte Unterhaltsgeld (Uhg).

Den Antrag auf Bewilligung von Anschluss-Uhg bzw. Alhi ab dem 04. Juni 2002 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 29. Oktober 2002. Entsprechend dem, im hiergegen erhobenen Widerspruch, geäußerten Wunsch, die Entscheidung bis zur Bescheidung der anhängigen Klage auszusetzen, ist der Widerspruch nicht bearbeitet worden.

Mit Bescheid vom 20. Januar 1998 hob die Beklagte wegen der Schutzfristen nach dem Mutterschutzgesetz (MuSchG) die Bewilligung der Alhi für die Zeit ab dem 30. Oktober 1997 bis 03. November 1997 auf.

Am 03. November 2000 meldete sich die Klägerin nach dem entsprechenden Vermerk einer Mitarbeiterin der Beklagten mit Wirkung zum 12. Dezember 2000 arbeitslos. Mit ihrer Unterschrift am 09. November 2000 bestätigte die Klägerin, dass die durch sie oder die Antragsannahme des Arbeitsamtes vorgenommenen Änderungen bzw. Ergänzungen bei den Fragen im Antragsformular der Richtigkeit entsprächen.

Mit Bescheid vom 15. November 2000 lehnte die Beklagte sowohl einen Anspruch auf Alg (mangels Erfüllens einer Anwartschaft) als auch einen Anspruch auf Alhi (mangels Bezuges von Alg in der dem 12. Dezember vorausgegangenen Vorfrist) ab. Zwar verlängere sich die Vorfrist auf drei Jahre, weil die Klägerin nach dem Bezug von Alhi ein Kind erzogen habe, das das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet habe. Auch innerhalb der dreijährigen Vorfrist sei jedoch an keinem Tag der Anspruch auf Alg erfüllt gewesen.

Hiergegen legte die Klägerin am 30. November 2000 Widerspruch ein. Sie habe bereits am 15. August 2000 in der Infothek eine persönliche Arbeitslosmeldung vorgenommen. Nach Einsicht in die Bescheide über das Erziehungsgeld bis einschließlich 10. Dezember 2000 sei sie auf eine erneute Arbeitslosmeldung Anfang November 2000 verwiesen worden. Antragsunterlagen seien nicht ausgehändigt worden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 02. April 2001 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Vorsprache am 15. August 2000 könne nicht als Arbeitslosmeldung gewertet werden. Eine solche Meldung sei nach § 122 Abs. 1 Satz 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) nur zulässig, wenn die Arbeitslosigkeit innerhalb der nächsten drei Monate zu erwarten sei. Die Klägerin habe jedoch bis zum 10. Dezember 2000 Erziehungsgeld erhalten. Erst mit Ablauf dieses Tages sei Arbeitslosigkeit eingetreten. Vorher habe sie den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes nicht zur Verfügung gestanden. Am 03. November 2000 habe sie Antrag auf Alg ab 11. Dezember 2000 gestellt. Sie habe keine Angaben dahin gemacht, dass die Zahlung des Erziehungsgeldes schon eher beendet würde. Die Rahmenfrist des § 124 Abs. 1 SGB III beginne am 10. Dezember 2000 und reiche bis zum 11. Dezember 1997 zurück. Wegen der Betreuung des Kindes verlängere sich diese bis zum 01. Januar 1995. Da am 18. November 1996 jedoch die Anwartschaftszeit für einen Anspruch auf Alg erfüllt gewesen sei, reiche die Rahmenfrist für die Prüfung des neuen Anspruchs gemäß § 124 Abs. 2 SGB III bis zum 18. November 1996. In diesem Zeitraum habe die Klägerin nur 63 Tage während des Bezuges von Mutterschaftsgeld in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden. Dies reiche zur Erfüllung der Anwartschaftszeit auf Alg nicht. Auch die Voraussetzungen für Alhi lägen nicht vor. Die hierfür maßgebende Vorfrist, die wegen der Betreuung eines Kindes, das das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet habe, längstens um zwei Jahre zu verlängern gewesen sei, umfasse den Zeitraum bis zum 11. Dezember 1997. Während dieser Zeit habe die Klägerin jedoch an keinem Tag Alg bezogen.

Der am 19. Mai 1997 nach dem Bezug von Alg entstandene Anspruch auf Alhi könne gemäß § 196 Abs. 1 SGB III nicht mehr geltend gemacht werden, da der Anspruch gemäß § 196 Abs. 1 Nr. 2 SGB III erlösche, wenn der letzte Tag des Alhi-Bezuges ein Jahr zurückliege. Diese Frist verlängere sich um Zeiten der Erziehung eines Kindes längstens um zwei Jahre. Demnach laufe diese Frist ebenfalls bis zum 11. Dezember 1997.

Die hiergegen am 19. April 2001 erhobene Klage hat das Sozialgericht Chemnitz (SG) mit Gerichtsbescheid vom 28. August 2003 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, eine Arbeitslosmeldung sei erst zum 11. Dezember 2000 erfolgt. Bei der Vorsprache am 15. August 2000 habe es sich lediglich um ein Auskunftsbegehren und ersichtlich um keine Arbeitslosmeldung gehandelt, da es verwunderlich sei, wenn die Klägerin nahezu bis Dezember 2000 abwarte und noch nicht einmal nachfrage, ob ihr Leistungen gewährt würden. Demnach müsse auch die Klägerin selbst davon ausgegangen sein, dass es sich zu diesem Zeitpunkt noch um keine persönliche Arbeitslosmeldung gehandelt habe. Im Übrigen greife § 122 Abs. 1 Satz 2 SGB III ein.

Auch in der Vorsprache am 03. November 2000 sei nicht erkennbar, dass sich die Klägerin habe arbeitslos melden wollen. Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch greife nicht ein, da die fehlende Arbeitslosmeldung nicht fingiert werden könne.

Gegen den ihnen am 08. September 2003 zugestellten Gerichtsbescheid haben die Bevollmächtigten der Klägerin am 07. Oktober 2003 Berufung eingelegt.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 28. Oktober 2003 sowie den Bescheid der Beklagten vom 15. November 2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02. April 2001 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Arbeitslosenhilfe vom 15. August 2000 bis zum 19. August 2001 zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend. Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Leistungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist gemäß § 144 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in der seit dem 01. Januar 2002 geltenden Fassung statthaft, da der Wert der Beschwer 500,00 Euro übersteigt. Sie ist auch im Übrigen zulässig. Dass sie vor Zustellung des Urteils eingelegt wurde, ist unschädlich, da das Urteil jedenfalls vorher verkündet worden war (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 7. Aufl., Rdnr. 9 zu § 151).

Die Berufung ist jedoch unbegründet: Die Klägerin hat zum 15. August 2000 keinen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe (Alhi) gemäß § 190 ff. Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) in der Fassung des 3. SGB III-Änderungsgesetzes (3. SGB III-ÄndG) vom 22. Dezember 1999 (BGBl. I S. 2624). Sie hat weder einen neuen Anspruch auf Alhi erworben (hierzu im folgenden unter I.) noch kann sie Rechte aus dem Vorbezug von Alhi geltend machen (hierzu im Folgenden unter II.).

I.

Nach § 190 Abs. 1 SGB III in der genannten Fassung haben Anspruch auf Alhi Arbeitnehmer, die 1. arbeitslos sind, 2. sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet haben, 3. einen Anspruch auf Arbeitslosengeld (Alg) nicht haben, weil sie die Anwartschaftszeit nicht erfüllt haben, 4. in der Vorfrist Alg bezogen haben, ohne dass der An spruch wegen des Eintritts von Sperrzeiten mit einer Dauer von insgesamt 24 Wochen erloschen ist und 5. bedürftig sind.

Die Voraussetzungen des § 190 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 und Nr. 5 liegen bei der Klägerin vor. Gemäß § 198 Satz 2 SGB III sind auf die Alhi die Vorschriften über das Alg hinsichtlich der Arbeitslosigkeit und der persönlichen Arbeitslosmeldung anzuwenden. Die persönliche Arbeitslosmeldung gemäß § 122 SGB III hat die Klägerin vorgenommen, allerdings zum einen erst am 03. November 2000 und zum anderen erst mit Wirkung zum 12. Dezember 2000, als der Erziehungsgeldbezug beendet war. Die von der Klägerin vorgebrachte Arbeitslosmeldung zum 15. August 2000 ist nicht erfolgt. Insoweit wird auf die zutreffenden Gründe im angefochtenen Gerichtsbescheid Bezug genommen und verwiesen, § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die Klägerin war arbeitslos im Sinne von § 118 SGB III, da sie vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stand und eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung suchte. Der Verfügbarkeit gemäß § 119 Abs. 2 SGB III stehen keine durchgreifenden Bedenken entgegen. § 119 Abs. 4 SGB III bestimmt, dass arbeitsbereit und arbeitsfähig der Arbeitslose auch dann ist, wenn er bereit oder in der Lage ist, unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes nur versicherungspflichtige Beschäftigungen mit bestimmter Dauer, Lage und Verteilung der Arbeitszeit aufzunehmen und auszuüben, soweit dies wegen der Betreuung und Erziehung eines aufsichtsbedürftigen Kindes erforderlich ist. Auch ohne dass die Klägerin entsprechende Einschränkungen in ihrer Arbeitsbereitschaft bzw. ihrer Arbeitsmöglichkeiten bekannt gegeben hätte, steht die Führung eines Familienhaushaltes mit Kindern ohnehin der objektiven Verfügbarkeit nicht entgegen (BSG SozR 3-4100 § 103 Nr. 4).

Ausreichende Anwartschaften für einen (neuen) Anspruch auf Alg hatte die Klägerin am 15. August 2000 nicht erfüllt. Nach der für den letzten Bezug von Alg ab dem 18. November 1996 maßgeblichen Rahmenfrist des § 124 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 SGB III keine anwartschaftsbegründenden Zeiten im Umfang von insgesamt mindestens 12 Monaten Dauer zurückgelegt. Auch wenn man die Zeit des Erziehungsgeldbezuges mit der Zeit vom 06. Februar 1997 bis 10. Dezember 1998 wegen des Antrages auf Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit als "umrahmt" i. S. d. Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) (Urt. v. 25. Juni 2002 - B 11 AL 67/01 R -) ansieht, ist die Anwartschaftszeit für Alg innerhalb der Rahmenfrist nicht erfüllt.

Nach § 124 Abs. 1 SGB III beträgt die Rahmenfrist drei Jahre und beginnt mit dem Tag vor Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg - hier: dem 10. Dezember 2000. Gemäß § 124 Abs. 3 Nr. 2 SGB III läuft die Rahmenfrist jedoch wegen der Betreuung und Erziehung des am 11. Dezember 1997 geborenen Kindes der Klägerin in der Zeit vom 01. Januar 1997 bis zum 10. Dezember 2000 nicht, da Zeiten der Betreuung und Erziehung eines Kindes, das das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, in die Rahmenfrist nicht eingerechnet werden. Die vor dem 01. Januar 1998 liegenden Zeiten des Bezuges von Mutterschaftsgeld waren gemäß § 107 Nr. 5b und c nach dem Recht des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) anwartschaftsbegründend gewesen, da sie den beitragspflichtigen Beschäftigungen des § 168 AFG gleichgestellt waren. An dieser rechtlichen Qualifikation der genannten Zeiten hat sich durch das SGB III deswegen nichts geändert, weil § 427 Abs. 3 SGB III bestimmt, dass sie für Zeiträume nach dem 01. Januar 1998 Zeiten in einem Versicherungspflichtverhältnis gleichstehen. Dies hat jedoch zur Folge, dass sie nach § 427 Abs. 2 SGB III bei der Anwendung der Regelungen zur Berechnung der Rahmenfrist unberücksichtigt bleiben.

Die vor dem 01. Januar 1998 zurückgelegten Zeiten gehen daher nicht "unter", sondern werden lediglich nicht doppelt berücksichtigt (einmal zur Rahmenfristverlängerung und ein weiteres Mal bei der Prüfung der Erfüllung der Anwartschaftszeit und Anspruchsdauer).

Unter Berücksichtigung der genannten Vorschriften lief die Rahmenfrist vom 10. Dezember 2000 bis zum Tage nach der letzten zum Alg-Bezug führenden Rahmenfrist, § 124 Abs. 2 SGB III. Nach diesem Tage bis zum Zeitpunkt der erneuten Arbeitslosmeldung sind außer dem vor dem 01. Januar 1998 liegenden Zeiten des Mutterschaftsgeldbezuges keine weiteren Anwartschaftszeiten vorhanden.

Die Anwartschaften aus den früheren versicherungspflichtigen Beschäftigungen sind durch den Bezug von Alg bis zu dessen Erschöpfung (am 19. Mai 1997) verbraucht.

Offen bleiben kann, ob es mit dem Gebot der Gleichheit vor dem Gesetz nach Artikel 3 Satz 1 Grundgesetz (GG) und dem Schutz- und Fürsorgeanspruch von Müttern nach Artikel 6 Abs. 4 GG vereinbar ist, dass die Zeit des Bezuges von Mutterschaftsgeld vom 01. Januar 1998 bis zum 05. Februar 1998 nicht zu den versicherungspflichtigen bzw. Zeiten der Versicherungspflicht gleichstehenden Zeiten gemäß § 26 Abs. 3 SGB III gehört. Im Hinblick auf den Vorlagebeschluss des BSG vom 20. Juni 2001 - B 11 AL 20/01 R - bestehen insoweit zwar gewichtige Bedenken. Unabhängig davon, welche rechtlichen Auswirkungen eine Verfassungswidrigkeit dieser Bestimmungen haben könnte, würde dies bei hier vorliegendem Sachverhalt zu keinem anderen Ergebnis führen. Da der Bezugszeitraum lediglich 36 Tage umfasst, ergäbe sich auch zusammen mit den Zeiten des Erziehungsgeldbezuges von 1998 noch kein Zeitraum von insgesamt 12 Monaten anwartschaftsbegründender Zeiten.

Die Nichtberücksichtigung des Bezuges von Erziehungsgeld als anwartschaftsbegründender Zeit begegnet keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Der Gesetzgeber ist nicht gehalten, jede mit der Mutterschaft zusammenhängende wirtschaftliche Belastung auszugleichen (BVerfGE 60, 68, [74]). Dem Schutzgedanken des Art. 6 Abs. 4 GG wird durch die Verlängerung der Rahmenfrist des § 124 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB III und durch die Schaffung besonderer Anspruchstatbestände für Berufsrückkehrer (§ 20 Nr. 1 SGB III) Rechnung getragen und damit der verfassungsrechtlich gebotene Schutz der Familie nach Art. 6 Abs. 1 GG und der Anspruch von Müttern auf Schutz und Fürsorge durch die Gemeinschaft gemäß Art. 6 Abs. 4 GG beachtet. Die genannten Vorschriften des GG gebieten nicht, dass der Gesetzgeber seinem durch diese normierten Auftrag dadurch nachkommt, Zeiten der Erziehung ohne beitragspflichtige Beschäftigung auch dann, wenn eine Beschäftigung wegen der Erziehung von Kindern nicht ausgeübt wird, den Zeiten der beitragspflichtigen Beschäftigung soweit gleichzustellen, dass sie ebenfalls Anwartschaften auf Arbeitslosengeld begründen.

Auch Art. 3 GG wird durch die Regelungen des SGB III, nach welchen durch den Erziehungsgeldbezug keine Anwartschaft begründet werden kann, nicht verletzt. Die gemäß § 26 Abs. 2 SGB III vorgenommene Gleichstellung der Bezieher von Krankengeld mit denjenigen, die eine beitragspflichtige Beschäftigung ausüben, privilegiert gegenüber den Erziehungsgeldbeziehern einen Lebenssachverhalt, der mit dem Bezug des Erziehungsgeldes gerade nicht vergleichbar ist. Der Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, wesentlich Gleiches auch gleich zu behandeln. Eine solche wesentliche Gleichheit der Lebenssachverhalte "Bezug von Krankengeld" und "Bezug von Erziehungsgeld" ist jedoch nicht gegeben. Krankengeld wird lediglich bei Vorliegen eines regelwidrigen körperlichen oder geistigen Zustandes gezahlt, der Arbeitsunfähigkeit oder Behandlungsbedürftigkeit nach sich zieht. Einem solchen Sachverhalt vergleichbar mag es sein, wenn wegen eines nicht regelmäßig auftretenden Zustandes, nämlich der Schwangerschaft, der Beschäftigungen ganz oder teilweise unmöglich macht oder nur unter besonderen Bedingungen noch zulässt, Leistungen gewährt werden, die - wie die übrigen in § 26 Abs. 2 SGB III genannten Tatbestände - von einem dort genannten Leistungsträger gezahlt werden. Das Erziehungsgeld wird aber weder von einer öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlich organisierten Krankenkasse bzw. Krankenversicherung gezahlt, noch beruht es (zumindest mit) auf körperlichen Zuständen. Die Gewährung von Erziehungsgeld ist vielmehr allein davon abhängig, dass Erziehungsurlaub bzw. Elternzeit in Anspruch genommen wird und die weiteren Voraussetzungen für einen (zahlbaren) Anspruch auf Erziehungsgeld erfüllt sind.

Die Klägerin hat in der Vorfrist des § 192 Satz 1 SGB III auch kein Alg bezogen. Die Vorfrist des § 192 SGB III in der Fassung des 3. SGB III-ÄndG vom 22. Dezember 1999 (BGBl. I S. 2624) beträgt ein Jahr und beginnt mit dem Tag vor Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alhi, mithin am 10. Dezember 2000. Sie würde damit grundsätzlich am 10. November 1999 geendet haben. Im vorliegenden Fall verlängert sich die Vorfrist jedoch gemäß § 192 Satz 2 Nr. 3 SGB III um zwei Jahre. Bei dem hier gegebenen Sachverhalt erstreckt sich die Vorfrist demgemäß auf die Zeit vom 10. Dezember 2000 bis zum 11. Dezember 1997. Da die Klägerin jedoch lediglich bis zum 19. Mai 1996 Alg bezogen hat, liegen die Voraussetzungen für einen (neuen) Anspruch auf Alhi nicht vor. Selbst wenn man zugunsten der Klägerin von einer Arbeitslosmeldung bereits zum 03. November 2000 ausgehen wollte, änderte sich insoweit nichts.

II.

Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Fortzahlung der Alhi auf der Grundlage des am 19. Mai 1997 entstandenen Stammrechts auf Alhi, welches dem Leistungsbezug bis zum 29. Oktober 1997 zu Grunde gelegen hat. Der am 19. Mai 1997 entstandene Anspruch auf Alhi ist gemäß § 196 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB III erloschen.

Nach der genannten Vorschrift erlischt der Anspruch auf Alhi dann, wenn seit dem letzten Tag des Bezuges von Alhi ein Jahr vergangen ist. Zuletzt hatte die Klägerin am 29. Oktober 1997 Alhi bezogen. Die Jahresfrist berechnet sich gemäß § 26 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) i. V. mit §§ 187 bis 193 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), sie beginnt an dem Tag, der dem letzten Bezugstag folgt und endet grundsätzlich ein Jahr später an dem Tag, der kalendermäßig dem letzten Alhi-Bezugstag entspricht; dies war hier der 29. Oktober 1998. Entscheidend ist lediglich der tatsächliche Bezug bzw. die tatsächliche Bewilligung von Alhi innerhalb dieser Wiederbewilligungsfrist. Unerheblich ist, auf welchen Gründen der zwischenzeitliche Bezug bzw. Nichtbezug beruhte und insbesondere, ob der Bezug oder Nichtbezug innerhalb dieser Frist rechtmäßig oder rechtswidrig war (Kärcher in Niesel, SGB III, 2. Aufl., Rdnr. 9 und 10 zu § 196 SGB III). Im Fall der Klägerin verlängert sich zwar die Frist nach Satz 1 Nr. 2 um Zeiten, in denen sie nach dem letzten Tag des Bezuges von Alhi (§ 196 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB III) ein Kind erzogen hat, das das 3. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte, jedoch längstens um zwei Jahre; also hier über den 29. Oktober 1998 hinaus bis zum 29. Oktober 2000. Die Arbeitslosmeldung zum 11. Dezember 2000 erfolgte angesichts dessen zu spät. Selbst eine Arbeitslosmeldung zum 03. November 2000 wäre zu spät gewesen.

Bei § 196 SGB III handelt es sich, ebenso wie bei § 147 Abs. 2 SGB III, um eine Ausschlussfrist, die ohne Hemmungs- und Unterbrechungsmöglichkeiten kalendermäßig abläuft. Das gilt auch dann, wenn der Fristablauf einen lediglich ruhenden Anspruch betrifft (vgl. § 125 AFG, bereits BSG SozR 3-4100 § 125 Nr. 2 und 3). Durch den Bezug von Mutterschaftsgeld in der Zeit vom 04. November 1997 bis 05. Februar 1998 ruhte der Anspruch der Klägerin auf Alhi gemäß §§ 134 Abs. 3, 118 Abs. 1 Nr. 2 AFG. Zwar führte der Bezug von Erziehungsgeld allein nicht mehr zum Ruhen des Anspruchs; um eine Wiederaufnahme der Zahlungen zu erreichen, hätte die Klägerin jedoch den Wegfall des ruhensbegründenden Tatbestandes bei der Beklagten anzeigen müssen (vgl. Düe in Niesel, AFG, 2. Aufl., § 118 Rn. 7). Im Übrigen hat die Beklagte die Bewilligung der Alhi bestandskräftig aufgehoben, so dass sich die Klägerin deswegen erneut arbeitslos melden musste. Dies ist vor Ablauf der Ausschlussfrist jedoch nicht geschehen.

§ 196 Satz 2 Nr. 3 SGB III kann auch nicht dahingehend ergänzend ausgelegt werden, dass auch die Zeiten des mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbotes vor der Entbindung gemäß § 3 Abs. 2 MuSchG, in denen die Klägerin Mutterschaftsgeld bezog, über die in Satz 2 genannte Höchstdauer zur Verlängerung der Erlöschensfrist führt. Eine solche ergänzende Auslegung findet zunächst schon ihre Schranke im Wortlaut des Gesetzes ("längstens") sowie insbesondere in dem Fehlen eines eindeutigen Willen des Gesetzgebers, auch diesen Tatbestand mit einzubeziehen, was eine "planwidrige Regelungslücke" bedeutete.

Eine planwidrige Regelungslücke stellt eine Lücke innerhalb des angestrebten Regelungszusammenhangs des Gesetzes dar. Ob eine derartige Lücke vorliegt, ist daher vom Standpunkt des Gesetzes zu beurteilen, anhand der ihm zugrunde liegenden Regelungsabsicht und der mit ihm verfolgten Zwecke: des gesetzgeberischen "Plans" (Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 5. Aufl. 1983, S. 358). Der dem Gesetz zugrunde liegende Regelungsplan ist aus ihm selbst im Wege der historischen und teleologischen Auslegung zu erschließen (Larenz, a. a. O.). Die insoweit aufzuklärende "immanente Teleologie" des Gesetzes hat nicht nur die Absichten und bewusst getroffenen Entscheidungen des Gesetzgebers zu berücksichtigen, sondern auch solche objektiven Rechtszwecke und allgemeinen Rechtsprinzipien, die in das Gesetz Eingang gefunden haben (Larenz, a. a. O., S. 359). Eine etwa zu schließende "Lücke des Gesetzes" stellt lediglich das Fehlen einer bestimmten, nach dem Regelungsplan oder dem Zusammenhang des Gesetzes zu erwartenden Regel dar. Das Gesetz ist "lückenhaft oder unvollständig" nur im Hinblick auf die von ihm erstrebte sachlich erschöpfende und in diesem Sinne "vollständige sowie sachgerechte" Regelung (Larenz, a. a. O., S. 360).

Vor diesem Hintergrund lässt sich bezogen auf die Vorschrift des § 196 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB III keine planwidrige Regelungslücke erkennen. Für eine ergänzende Auslegung im Sinne des SG wäre nur dann Raum, wenn ein Plan des Gesetzgebers aus der Gesetzesgenese und aus den mit dem Gesetz verfolgten Zwecken heraus erkennbar wäre, der dahin ginge, Eltern nach Ende der Höchstdauer des Bezuges von Bundes- und Landeserziehungsgeld bzw. der Höchstdauer des Erziehungsurlaubes bzw. nunmehr der Elternzeit zu ermöglichen, den Anspruch auf Alhi in einem umfassenden Sinne (wieder) zu erhalten.

Aus der Entstehungsgeschichte des SGB III und insbesondere der hier maßgeblichen Vorschrift des § 196 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3a SGB III geht dies hier jedoch nicht hervor. Vielmehr ist ersichtlich, dass der Gesetzgeber trotz bekannter rechtspolitischer Problematik eine so weit reichende Gesetzesregelung nicht getroffen hat.

§ 196 SGB III entspricht in weiten Teilen § 135 AFG, der bestimmt hatte, dass der Anspruch auf Alhi erlischt, wenn ein neuer Anspruch auf Alg erworben wurde oder seit dem letzten Tag des Bezuges von Alhi ein Jahr vergangen war. Die insofern wesentlichen Änderungen betreffen - soweit dies hier von Bedeutung ist - vor allem die Verlängerung der Vorbezugsfrist.

Die Gestaltung der Vorbezugsfrist entspricht derjenigen der Vorfrist nach § 192 SGB III und wurde weitgehend parallel zu dieser entwickelt. Nachdem bereits durch das Arbeitslosenhilfe-Reformgesetz (Alhi-RG) vom 24.06.1996 (BGBl. I S. 878) die in § 196 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 SGB III geregelten Tatbestände zur Verlängerung der Vorbezugsfrist in das AFG eingefügt worden waren, hat das Arbeitsförderungs-Reformgesetz vom 24. März 1997 (- AFRG - BGBl. I Seite 594) die nunmehr in § 196 Abs. 3 Nr. 4 und 5 SGB III geregelten Tatbestände und den hier einschlägigen Verlängerungstatbestand der Kinderbetreuung bzw. -erziehung normiert. § 196 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB III war in der ursprünglich vorgesehenen Fassung nicht enthalten.

In der ersten Fassung des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes (AF-RG) vom 24. März 1997 (BGBl. I S. 594) waren als Verlängerungstatbestände lediglich die in den jetzigen Nummern 1, 2, 4 und 5 enthaltenen Tatbestände vorgesehen. Die Einfügung der jetzigen Nummer 3 in § 192 Abs. 1 Satz 2 SGB III beruht letztlich auf einem Kompromiss hinsichtlich der Frage, wie Erziehungszeiten nach Ablösung des AFG durch das SGB III berücksichtigt werden sollten. In dem Beschluss des Bundesrates vom 21. Februar 1997 wird als Begründung für die Anrufung des Vermittlungsausschusses wegen des AFRG unter anderem (BR-Drs. 61/97 Seite 3 unter Ziffer 8) ausgeführt, dass der in dem Gesetz formulierte Anspruch auf Frauenförderung inhaltlich nicht umgesetzt werde. Die typischen Risiken und die sich daraus ergebenden Lücken im Berufsverlauf von Frauen würden durch die gesetzlichen Regelungen nicht abgedeckt, so dass die Diskriminierung von Zeiten auf dem Arbeitsmarkt anhalte. Die Anrechnung von Zeiten der Kindererziehung und -betreuung als Beschäftigungszeiten müsse mindestens in dem Umfang wiederhergestellt werden, wie sie bisher im § 107 AFG geregelt sei. Auch war unter anderem der Deutsche Frauenrat im Gesetzgebungsverfahren angehört worden, von dem aber hauptsächlich die Gestaltungen von Alg-Ansprüchen moniert wurden (BT-Drs. 13/6845 S. 344).

In seiner Stellungnahme hatte der Bundesrat den Gesetzesentwurf u. a. deshalb abgelehnt (BT-Drs. 13/5676 Nrn. 26 und 27 der Stellungnahme), weil der Anspruch auf Frauenförderung in den Gesetzesinhalten keinen ausreichenden Niederschlag finde, teilweise die diesbezüglichen Bestimmungen sogar hinter das geltende AFG zurückfielen. Der Entwurf sei weit davon entfernt, im Gesamtbereich der rechtlichen Regelungen die typischen Risiken und die sich daraus ergebenden Lücken im Berufsverlauf von Frauen so zu gestalten, dass sie nicht mehr zu Diskriminierungen von Frauen führten. So würden Erziehungs- und Pflegezeiten bei der Bemessung von Rahmenfristen schlechter behandelt als bisher. Insbesondere sei zu kritisieren, dass die bisherige teilweise Anerkennung von Zeiten des Bezuges von Erziehungs- und Mutterschaftsgeld mit einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gestrichen worden sei. Dies habe zunehmend den Verlust der Anspruchsvoraussetzungen für den Leistungsbezug zur Folge, der verstärkt Zugangsvoraussetzung für die Förderung innerhalb der aktiven Arbeitsmarktpolitik sei. In Nummer 28 der Stellungnahme wird nochmals betont, dass durch die Einführung starrer Rahmenfristen für die Aufrechterhaltung des Anspruchs auf Alg bzw. für den Zugang zu Leistungen der aktiven Arbeitsmarktpolitik insbesondere für Frauen, für die diskontinuierliche Erwerbsbiografien wegen Familienaufgaben typisch seien, von wesentlichen Maßnahmen der aktiven Arbeitsförderung ausgeschlossen würden. Derartige starre, kurze Fristen seien bestenfalls auf Ein-Kind-Familien ohne Pflegeprobleme zugeschnitten und widersprächen zudem dem familienpolitischen Leitbild der Bundesregierung.

In der Gegenäußerung der Bundesregierung hierzu (BT-Drs. 13/5730 vom 09. Oktober 1996) wird ausgeführt, dass gerade im Bereich der beruflichen Weiterbildung der Entwurf des Gesetzes eine Vielzahl von weiterführenden Neuerungen enthalte, z.B. den Verzicht auf eine Vorfrist bei der Förderung von Berufsrückkehrern, was bedeute, dass diese bereits dann gefördert werden könnten, wenn sie irgendwann ein Jahr beitragspflichtig beschäftigt gewesen seien. Die Übernahme von Kinderbetreuungskosten werde auf bis zu 200,00 DM monatlich je Kind erhöht. Hinsichtlich der Frauenförderung wird dahingehend Stellung genommen, dass diese als fester Bestandteil des Arbeitsförderungsrechts zum ersten Mal im Gesetz selbst verankert werde. Durch eine Vielzahl von Bestimmungen sei im Übrigen vorgesehen, auf die besondere Lebenssituation von Arbeitnehmern Rücksicht zu nehmen, die Kinder betreuten oder betreut hätten, wozu z.B. die Einführung der Erstattung von Kinderbetreuungskosten auch für Auszubildende, die bereits genannte Erhöhung der Erstattung von Kinderbetreuungskosten, die Möglichkeit der Arbeitsämter, freie Mittel für neuartige Arbeitsförderungsmaßnahmen einzusetzen, sowie die bessere soziale Absicherung von Teilzeitbeschäftigten durch das Absenken der Kurzzeitigkeitsgrenze auf die Geringfügigkeitsgrenze der allgemeinen Sozialversicherung und die Einführung eines Teilarbeitslosengeldes. Auch wird darauf hingewiesen, dass Berufsrückkehrer zu besonders förderungsfähigen Personengruppen im Bereich der aktiven Arbeitsförderung gezählt würden und Berufsrückkehrern, die vor der Familienpause bereits Anwartschaften auf Alg erworben hätten, dieser Anspruch länger als bisher erhalten bleibe. Bislang sei eine Anwartschaft bereits zwei Jahre nach dem Ende des Bezuges von Erziehungsgeld entfallen. Künftig bleibe eine solche Anwartschaft während des Zeitraumes einer familienbedingten Unterbrechung der Erwerbstätigkeit längstens fünf Jahre aufrechterhalten, allerdings beginne dieser Zeitraum mit Beendigung der Beschäftigung. Dies entspreche in etwa der durchschnittlichen Unterbrechungsdauer einer Erwerbstätigkeit durch Familienaufgaben. Darüber hinaus ermögliche es die neue Regelung auch, die Berufstätigkeit nach dem Erwerb einer neuen Anwartschaft wegen der Betreuung und Erziehung desselben Kindes erneut zu unterbrechen. Dies sei nach dem bisher geltenden Recht nicht möglich, da die Gleichstellung von Erziehungszeiten mit Zeiten einer beitragspflichtigen Beschäftigung an den Bezug von Erziehungsgeld geknüpft sei.

In der Begründung zum jetzigen § 196 (dort 195) im 1. AFRG-Entwurf (BT-Drs. 13/4941 Seite 189) wurde ausgeführt, die Vorschrift entspreche § 135 AFG, § 195 Abs. 1 SGB III. Satz 2 Nr. 3 und 4 (jetzt: § 116 Satz 2 Nr. 4 und 5) seien erforderliche Folgeänderungen, weil durch den Bezug von Unterhaltsgeld und Übergangsgeld bei berufsfördernden Maßnahmen ein Versicherungspflichtverhältnis nicht begründet würde.

Angesichts dieser Gesetzesversion und der dazu gegebenen Begründung wird ersichtlich, dass ursprünglich lediglich Zeiten, die gemäß § 107 Abs. 5a AFG den Zeiten einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gleichstanden und nicht gemäß § 26 Abs. 2 SGB III als Versicherungspflichtverhältnissen gleichstehende Zeiten übernommen werden sollten, sowie die aus der bisherigen Gleichstellung mit der Beitragspflicht begründenden Beschäftigung herausfallenden Zeiten des § 107 Satz 1 Nr. 5d AFG (wenigstens) zur Verlängerung der Erlöschensfrist des § 196 Abs. 1 Nr. 2 SGB III herangezogen werden sollten. Die Berücksichtigung von Zeiten des Mutterschutzes und von Bezug oder lediglich einkommensbedingtem Nichtbezug von Erziehungsgeld sollte gänzlich entfallen. Diese sollten nach dem ursprünglichen Entwurf weder anwartschaftsbegründend noch vorfristverlängernd bzw. erlöschensfristverlängernd wirken, wie §§ 26, 192 und 196 SGB III in der Fassung des AFRG vom 24. März 1997 belegen. Die Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten (ohne Anknüpfung an den Bezug von Erziehungsgeld) war lediglich noch in § 124 Abs. 3 Nr. 2 SGB III vorgesehen und wirkte sich insoweit nur dahin aus, dass die für die Erfüllung der Anwartschaft maßgebliche Rahmenfrist von drei Jahren zeitlich ausgedehnt wurde, ohne dass insoweit eine starre zeitliche Grenze gezogen worden war.

Die Einfügung der nunmehrigen Nummer 3 in § 196 Abs. 1 Satz 2 SGB III durch das 1. SGB III-ÄndG vom 16. Dezember 1997 (BGBl. I Seite 2970) erfolgte nach der Begründung hierzu (BT-Drs. 13/8012 Seite 20 zu Nr. 20) als "Folgeänderung zur Änderung des § 192". Dort war als Nummer 3 durch das 1. SGB III- ÄndG vom 16. Dezember 1997 erstmals der Tatbestand der Kindererziehung bzw. -betreuung als Verlängerungstatbestand für die Vorfrist aufgenommen worden. Dieser Tatbestand verlängerte die Vorfrist - wie auch in der jetzigen Fassung - um längstens zwei Jahre. In der Begründung hierzu (BT-Drs. 13/8012 Seite 20 zu Nr. 18 zu Buchstabe a) hieß es, dass eine Anpassung an die beim Arbeitslosengeld geltenden Regelungen (§ 124 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, 2, 4 und 5) vorgenommen werden sollte. Doch sollten - wie sich aus der eindeutigen Formulierung in § 192 und 196 SGB III jeweils ergibt - diese Tatbestände längstens zwei Verlängerungsjahre ergeben. Eine vollständige Anpassung an die Regelungen über die Verlängerung der Rahmenfrist durch Kindererziehungszeiten (ohne Begrenzung) ist weder den Gesetzesmaterialien noch dem Gesetzestext an irgendeiner Stelle zu entnehmen. Beabsichtigt war nach der Gesetzesentwicklung demnach lediglich, die Vorschriften über die Alhi und die Regelungen über das Alg zu harmonisieren, allerdings vor dem Hintergrund, dass - wie die ursprünglich vorgesehene Abschaffung der originären Alhi belegt - die Möglichkeit des Bezuges von Alhi insgesamt eingeschränkt werden sollte.

Die Entstehungsgeschichte der Norm spricht nicht dafür, dass diese an Vorschriften des Bundeserziehungsgeldgesetzes oder des Mutterschutzgesetzes anknüpfen sollte. Eine Bezugnahme auf diese Vorschriften fehlt in den Gesetzesbegründungen. Lediglich in § 77 des Entwurfes, später Artikel 74 des AFRG vom 24. März 1997, wird auf das Bundeserziehungsgeldgesetz Bezug genommen, allerdings nicht in dem Sinne, dass eine Angleichung des SGB III an die dortigen Vorschriften erfolgen sollte. Vielmehr wurde eine bis dahin bestehende Privilegierung von Erziehungsgeldbeziehern, § 2 Abs. 4 BErzGG aufgehoben. Diese Vorschrift hatte die Verfügbarkeit für Erziehungsgeldbezieher hinsichtlich der Arbeitslosenhilfe fingiert. Artikel 74 des AFRG regelte hingegen, dass der Anspruch auf Alhi während des Bezuges von Erziehungsgeld nicht dadurch ausgeschlossen wird, dass der Arbeitnehmer wegen der Betreuung und Erziehung des Kindes die Voraussetzung des § 103 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 AFG nicht erfüllt; insoweit ist § 136 Abs. 2 Satz 2 AFG nicht anzuwenden. Damit war zum einen die Verfügbarkeit nicht mehr fingiert und zum anderen ausgeschlossen worden, dass wegen Einschränkungen der Möglichkeit, das zuletzt der Bemessung der Alhi zugrunde liegende Arbeitsentgelt zu erzielen, eine Herabsetzung der Alhi erfolgen würde. In der Begründung zum Gesetzesentwurf (BR-Drs. 550/96) wird hierzu ausgeführt, dass die Alhi sowie das Alg Entgeltersatzleistungen seien, allein der Umstand, dass die Alhi eine bedürftigkeitsabhängige Leistung sei, die aus Bundesmitteln finanziert werde, rechtfertige die im Vergleich zum Alg begünstigende Regelung von § 2 Abs. 4 des BErzGG nicht mehr. Mit der Streichung dieser Regelung werde die Gleichbehandlung der Bezieher von Alg und Alhi gewährleistet.

Diese Streichung war auch sachgerecht, weil nach § 2 Abs. 2 BErzGG einer vollen Erwerbstätigkeit der Bezug von Alg gleichstand. In Abs. 3 der Vorschrift war lediglich dann Erziehungsgeld während des Bezuges von Alg zu gewähren, wenn dem Arbeitnehmer nach der Geburt eines Kindes aus einem Grund gekündigt worden war, den er nicht zu vertreten hatte, die Kündigung nach § 9 des MuSchuG oder § 18 zulässig war und der Wegfall des Erziehungsgeldes für ihn eine unbillige Härte bedeuten würde. Während es damit Alhi-Beziehern in § 2 Abs. 4 BErzGG möglich gewesen wäre, die Lohnersatzleistung weiter zu beziehen und gleichzeitig Erziehungsgeld zu erhalten, wäre dies Alg-Empfängern in der Regel nicht möglich gewesen. Insoweit ist die Antwort der Bundesregierung vom 25. Juli 1997 auf die kleine Anfrage (BT-Drs. 13/8222 i. V. m. BT-Drs. 13/8313) aufschlussreich, in der es heißt, dass mit Rücksicht darauf, dass das AFRG die Anforderungen der Arbeitslosigkeit neu regele und es danach künftig nicht mehr reichen werde, wenn der Arbeitnehmer verfügbar sei bzw. als verfügbar gelte, sondern er sich auch aktiv um die berufliche Eingliederung bemühen müsse, die Streichung in § 1 Abs. 4 BErzGG vorgesehen sei. Der Anspruch auf Alhi bestehe künftig nur dann, wenn die Bezieherinnen oder Bezieher von Erziehungsgeld den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes zur Verfügung stünden, sich selbst bemühten, ihre Beschäftigungslosigkeit zu beenden und die übrigen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt seien. Arbeitslose Bezieherinnen und Bezieher von Erziehungsgeld könnten sich wegen der Betreuung und Erziehung eines aufsichtsbedürftigen Kindes auf Teilzeitbeschäftigungen beschränken, die den üblichen Bedingungen des für sie in Betracht kommenden Arbeitsmarktes entsprächen, soweit diese Teilzeitbeschäftigungen versicherungspflichtig zur Bundesanstalt für Arbeit seien.

Diese Ausführungen, die vor In-Kraft-Treten des Gesetzes zum 01. Januar 1998 erfolgten, machen deutlich, dass im Gesetzgebungsverfahren das Problem der Erziehungsgeldberechtigten gesehen wurde, aus der Gesetzesgenese des SGB III - auch soweit sie Verknüpfungen zum Bundeserziehungsgeldgesetz aufweist - wird jedoch gerade kein Plan deutlich, Erziehungsgeldberechtigte weiter als es im Gesetz zum Ausdruck kommt zu privilegieren. Es wird vielmehr deutlich, dass Erziehungsgeldberechtigte - mit sachgerechten Modifikationen - den allgemeinen Regelungen des SGB III unterfallen sollten. Ausnahmen, wie sie in §§ 124, 192 und 196, 20, 119 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und etwa § 85 SGB III vorgesehen waren, beschränkten sich auf bestimmte Fristen bzw. Merkmale. Sie hatten und haben gegenüber dem früheren Rechtszustand des AFG teilweise einschneidende, aus Sicht des potentiellen Leistungsempfängers - sowohl negative (Wegfall als Anwartschaftszeit begründende Zeit) als auch positive (Verlängerung von Rahmen-, Vor- und Erlöschensfrist sowie Wegfall der Anknüpfung an den Bezug bzw. nur einkommensbedingten Nichtbezug von Erziehungsgeld) - Auswirkungen.

Auch die teleologische Methode führt nicht zur Feststellung eines solchen Gesetzeszweckes, der die Annahme einer planwidrigen Regelungslücke im obigen Sinne zulassen würde.

Im Entwurf des AFRG (BR-Drs. 550/96) war die Zielsetzung wie folgt umschrieben: 1. Die Erwerbschancen von Arbeitslosen verbessern und Arbeitslosigkeit vermeiden helfen, 2. das Arbeitsförderungsrecht weiterentwickeln und in der Anwendung verbessern, 3. Effektivität und Effizienz der Bundesanstalt für Arbeit erhöhen, 4. Leistungsmissbrauch besser feststellbar machen und einschließlich der illegalen Beschäftigung wirksamer bekämpfen und 5. die Beitragszahler entlasten.

Die Weiterentwicklung sollte sich darauf beziehen, dass unter anderem Teilzeitbeschäftigte unter 18 Stunden wöchentlich in den Versicherungsschutz einbezogen würden, ein Teilarbeitslosengeld für Versicherte mit mehreren Beschäftigungen eingeführt würde, flexible Arbeitszeiten bei Lohnersatzleistungen berücksichtigt werden sollten, Abfindungen gleichmäßig auf das Alg angerechnet würden, die Altersgrenze für verlängertes Alg um drei Jahre angehoben werden sollte, die Rahmenfrist des Alg bei Kindererziehung, Pflege und Selbstständigkeit erweitert werden sollte. Weiter war - wie die ursprünglich geplante Streichung der originären Alhi zeigt - eine Beschränkung des Bezuges von Alhi vom gesetzgeberischen Plan mit umfasst. Mit dem 3. SGB III -ÄndG vom 22. Dezember 1999 ist die originäre Alhi ab dem 01. Januar 2000 weggefallen, was belegt, dass nach wie vor der gesetzgeberische Plan die Beschränkung von Alhi-Ansprüchen ist. Weiterhin war (BT-Drs. 13/4941) die konsequente Ausrichtung des SGB III am Versicherungsprinzip bezweckt. Deshalb waren die Regelungen des bisherigen Rechts zur Berücksichtigung bzw. Gleichstellung beitragsfreier Zeiten, wie z.B. des Bezuges von Erziehungsgeld, entfallen (BT-Drs. 13/4941, S. 143/146). Insoweit wird verdeutlicht, dass der Anspruch auf Alg künftig grundsätzlich nur noch auf Grund der Zeiten der Versicherungspflicht und der damit verbundenen Beitragsleistung begründet werden soll. Lediglich zur Vermeidung von Härten soll für Arbeitnehmer, die bereits längere Zeit der Versichertengemeinschaft angehört hatten, die Rahmenfrist von drei Jahren bis zu sechs Jahren verlängert werden, sofern sie aufsichtsbedürftige Kinder oder pflegebedürftige Angehörige betreut haben und auf bis zu fünf Jahre bei Arbeitnehmern, die den Schritt in die Selbstständigkeit wagten.

Dieser erkennbar stärkeren Anknüpfung an den Bezug zur Versichertengemeinschaft entspricht es auch, die Erlöschensfrist zur Alhi und bei der Verlängerung der Vorfrist, innerhalb welcher der Anspruch auf Alhi im Übrigen begründet werden muss, an eine starre Zeitgrenze zu knüpfen.

Mit der Begrenzung der verlängerten Erlöschungsfrist auf höchstens drei Jahre kann ein Bezieher von Alhi selbst bei nahtlosem Übergang aus dem Leistungsbezug in die Elternzeit das Erlöschen des Anspruchs auf Alhi mit Vollendung des 3. Lebensjahres des Kindes nicht verhindern. Durch die Verlängerung der Rahmenfrist für das Alg auf bis zu fünf Jahre kann hingegen auch bei voller Ausschöpfung der Erziehungszeiten bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres des Kindes die Anwartschaftszeit für den Anspruch auf Arbeitslosengeld selbst dann noch erfüllt sein, wenn der Arbeitslose innerhalb der verlängerten Rahmenfrist neben den Erziehungszeiten ein weiteres volles Jahr ohne anwartschaftsbegründende Zeit zurückgelegt hat. Hierbei ist nicht zu erkennen, dass es dem objektiven Willen des Gesetzgebers entspräche, dem Verlängerungstatbestand auch bei voller Ausschöpfung der Betreuungs- und Erziehungszeit bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres des Kindes anspruchserhaltende Wirkung zukommen zu lassen.

Zum einen ergibt sich dies nicht aus den bereits vorgenannten Gesetzeszwecken. Eine Harmonisierung von §§ 192 und 196 SGB III mit § 124 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB III sollte nicht hergestellt werden, sondern allein im Hinblick auf die dort aufgeführten Verlängerungstatbestände erfolgen. Weder in § 124 Abs. 3 SGB III noch in § 192 Satz 2 SGB III sind jedoch die Zeiten des mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbotes als Verlängerungstatbestände aufgeführt. Im Übrigen ist festzuhalten, dass die Alhi und das Alg zwei eigenständige Leistungen bilden, da die eine - das Alg - eine beitragsfinanzierte und die andere - die Alhi - eine aus Steuermitteln finanzierte Leistung darstellt und damit auch andere Anspruchsvoraussetzungen gestellt werden können. Dies ergibt sich aus der Begründung zum 1. SGB III-ÄndG, wo es lediglich hieß, dass eine Anpassung an die beim Alg geltende Regelung vorgenommen werden solle. Zu § 196 hieß es in der Begründung zum 1. SGB III-ÄndG, dass eine Folgeänderung zur Änderung des § 192 erforderlich sei.

Angesichts der Entstehungsgeschichte und auch der aufgezeigten Gesetzeszwecke kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Drei-Jahres-Frist des § 196 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB III auf dem Bestreben des Gesetzgebers basiert hätte, den Anspruch bei Bezug von Mutterschaftsgeld vor der Geburt und anschließenden Erziehungsurlaub über die dort geregelte Jahresfrist hinaus zu erhalten. Diese Frist orientiert sich vielmehr an dem Gesichtspunkt, dass nach Ablauf von drei Jahren ohne Leistungsbezug oder ohne Erfüllung einer neuen Anwartschaft ein hinreichender Sachzusammenhang zur Versichertengemeinschaft nicht mehr gegeben ist.

Auch der sich aus Art. 6 Abs. 4 GG unmittelbar ergebende Anspruch jeder Mutter auf Schutz und Fürsorge der Gemeinschaft (vgl. BVerfGE 65, 104, 113) gebietet keine ergänzende Auslegung. Dem Fürsorgegebot des Art. 6 Abs. 4 GG ist vielmehr durch die Einbeziehung der nachgeburtlichen Erziehungszeiten bis zum Tag der Vollendung des dritten Lebensjahres in den Verlängerungstatbestand des § 196 SGB III hinreichend Genüge getan. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass durch § 2 Bundeserziehungsgeldgesetz und § 119 Abs. 4 SGB III neben dem Bezug von Erziehungsgeld Alhi-Bezug ohne Anrechnung von Erziehungsgeld ermöglicht wird (§ 194 Abs. 3 Nr. 3 SGB III), weil die in § 196 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB III angesprochenen Erzieher bzw. Betreuer die Möglichkeit haben, ihren Leistungsanspruch bereits vor Erreichen des dritten Lebensjahres des Kindes geltend zu machen und zugleich den Erziehungsurlaub vollumfänglich auszuschöpfen.

Hinsichtlich der Differenzierung von Alg und Alhi ist vor dem Hintergrund, dass der Gesetzgeber offenbar den Alhi-Bezug wesentlich begrenzen wollte, was auch aus verfassungsrechtlicher Sicht keinen durchgreifenden Bedenken begegnet, da es sich bei der Alhi um eine im Wesentlichen nicht durch Eigenleistung des Versicherten finanzierte Leistung handelt (vgl. hierzu Boecken in SGb 2002, S. 357 ff.), nachvollziehbar, dass der Alg- Anspruch nach Ablauf von vier Jahren nach seiner Entstehung erlischt (§ 147 SGB III), der Anspruch auf Alhi hingegen grundsätzlich ein Jahr nach dem letzten Bezug von Alhi, im Fall der Erziehung eines Kindes, das das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, jedoch längstens drei Jahre nach dem Ende des letzten Alhi-Bezuges, endet.

Aus dem Gesamtzusammenhang des Gesetzes ergibt sich im Übrigen hinsichtlich der Prüfung von Art. 6 Abs. 1 und 4 GG, dass der gebotene Ausgleich familiärer Lasten in verschiedener Weise vorgenommen werden sollte; hier allein den Fokus auf § 196 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 zu richten, scheint verfehlt. Die Gesamtschau ergibt, dass den Belangen der durch Erziehung an der vollen Entfaltung im Erwerbsleben gehinderten Personen durch die bereits vorgenannten verschiedenen begünstigenden Regelungen in rechtlich vertretbarer Weise Rechnung getragen wird. Wie den Stellungnahmen im Gesetzgebungsverfahren zu entnehmen ist, war auch beabsichtigt, Kindererziehende stärker dazu zu verpflichten, einen Bezug mit den Beitragszahlern und damit eine Verknüpfung mit dem Arbeitsmarkt vorzunehmen, um weiterhin in den Genuss von entsprechenden Lohnersatzleistungen zu kommen. Dies ist nicht zu beanstanden; dem erkennbaren Gesetzeszweck, nämlich (auch) der Begrenzung von Belastungen des Steuerzahlers im Bereich der Arbeitslosenversicherung durch "Aufforderung" sich stärker eigeninitiativ für die Beendigung des Leis- tungsfalles einzusetzen, wird dadurch entsprochen. Auch dem Sozialstaatsprinzip ist mit den verschiedenen Regelungen, die begünstigend für Erziehende wirken, Genüge getan. Die Tatsache, dass erziehungsgeldberechtigte Väter in der Regel später als die erziehungsgeldberechtigten Mütter aus dem Leistungsbezug der Alhi ausscheiden, weil bei ihnen keine Mutterschutzfristen einschlägig sind, begründet keine gegen Art. 3 GG verstoßende Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem, sondern ist im Rahmen der typisierenden und pauschalisierenden Betrachtung im Bereich der Massenverwaltung noch gerechtfertigt. Die Auswirkung ist insoweit gering, als es zum Einen faktisch selten vorkommt, dass ein Vater sofort nach dem Tag der Geburt die Erziehung des Kindes auf sich nimmt und Erziehungsgeld innerhalb der dreijährigen Möglichkeit hierzu ausschöpft, und es zum Anderen um einen Zeitraum von in der Regel sechs Wochen geht, der verhältnismäßig gering ins Gewicht fällt. Den betroffenen Frauen ist es zuzumuten, sich für eine entsprechende Teilzeitarbeit zur Verfügung zu stellen, kurz bevor das Erziehungsgeld endet, und dadurch innerhalb der Erlöschensfrist wieder einen Anspruch auf Alhi zu bewirken, soweit die Verfügbarkeit und die sonstigen Voraussetzungen zu bejahen sind. Nach Ablauf der Bezugsdauer des Erziehungsgeldes bleibt es ihnen dann unbenommen, sich wieder für eine Vollzeitstelle zur Verfügung zu stellen oder für eine Teilzeitstelle, welche über dem bisher durch die Regelungen über das Bundeserziehungsgeld bzw. Landeserziehungsgeld vorgegebenen, für den Bezug von Erziehungsgeld unschädlichen Umfang der Teilzeitbeschäftigung liegt.

III.

Auch im Wege eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs kann die Klägerin nicht so gestellt werden, als habe sie noch vor dem Ablauf der Erlöschensfrist den Anspruch wirksam geltend gemacht. Der von der Rechtsprechung entwickelte sozialrechtliche Herstellungsanspruch ist auf Vornahme einer Amtshandlung zur Herstellung desjenigen Zustandes gerichtet, der bestehen würde, wenn der Sozialleistungsträger eine ihm aus dem Sozialrechtsverhältnis erwachsene Nebenpflicht ordnungsgemäß wahrgenommen hätte, dies aber pflichtwidrig unterblieben ist (vgl. allg. Funk, DAngVers 1981, 26; Bieback, DVBl. 1983, 159). In solchen Fällen können gewisse sozialrechtliche Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen, wie etwa eine verspätete Antragstellung, eine verspätete Beitragsentrichtung, eine verspätete Vorlage von Unterlagen als erfüllt angesehen werden, wenn die Verspätung gerade auf einem pflichtwidrigen Verhalten des Leistungsträgers beruht. Dies gilt allerdings nicht für außerhalb des Sozialrechtsverhältnisses liegende Tatbestände, die nach materiellem Recht für das Entstehen des Sozialrechtsanspruchs erforderlich sind (BSG, SozR 2200 § 1233 Nr. 17 u. SozR 4100 § 56 Nr. 18). Im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs kann daher nicht die rechtzeitige Verfügbarkeit der Klägerin für die Arbeitsvermittlung fingiert werden, denn hierbei handelt es sich um persönliche Umstände sowohl subjektiver als auch objektiver Art, die dem Zuständigkeitsbereich und den Gestaltungsmöglichkeiten der Beklagten entzogen sind (BSG, Urteil vom 11.11.1982 - Az.: 7 RAr 24/80). Entsprechendes gilt für die persönliche Arbeitslosmeldung nach § 105 AFG. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG handelt es sich hierbei nicht um eine Willenserklärung i. S. v. § 133 BGB, sondern eine Tatsachenerklärung (BSGE 9, 7, 12; 9, 240, 243; 60, 43 ff.). Gemäß § 123 SGB III erfolgt die Arbeitslosmeldung dadurch, dass sich der Arbeitslose persönlich beim zuständigen Arbeitsamt arbeitslos meldet und diesem zur Verfügung steht. Der Erklärende teilt daher die Tatsache der Arbeitslosigkeit mit. Dies soll dem Arbeitsamt die Kenntnis vermitteln, dass ein Leistungsfall eingetreten ist bzw. in Kürze eintritt. Die Funktion der Arbeitslosmeldung besteht mithin darin, das Arbeitsamt tatsächlich in die Lage zu versetzen, mit seinen Vermittlungsbemühungen zu beginnen, um eingetretene Arbeitslosigkeit und damit auch die Leistungsverpflichtung möglichst rasch zu beenden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen, § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG.
Rechtskraft
Aus
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