L 5 RJ 169/03

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 16 RJ 48/01
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 5 RJ 169/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Grundsätzlich ist ein Berufskraftfahrer als angelernter Arbeiter im oberen Bereich sozial zumutbar auf die Tätigkeit eines Pförtners in Verwaltungsgebäuden verweisbar.
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 14. Mai 2003 wird zurückgewiesen. II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Der am ...1962 geborene Kläger erlernte nach Abschluss der 10. Klasse in der Zeit von September 1979 bis Juli 1981 den Beruf eines Instandhaltungsmechanikers (Facharbeiterzeugnis vom 15. Juli 1981), arbeitete (unterbrochen durch seine Wehrdienstzeit und eine Tätigkeit als Be- und Entlader von Januar 1986 bis Dezember 1986) bis Juli 1990 als Kraftfahrer (nach einjähriger Umschulung Erwerb des Facharbeitszeugnisses Berufskraftfahrer am 30. Januar 1988), bis Oktober 1990 als Busfahrer und anschließend erneut bis zum Eintritt der Arbeitsunfähigkeit am 17. November 1998 als Kraftfahrer. Seitdem bezieht der Kläger Krankengeld bzw. Leistungen der Bundesagentur für Arbeit.

Den am 28. Februar 2000 gestellten Rentenantrag begründete er mit Taubheit in den Gliedmaßen, Kopfschmerzen und Schwindelgefühl.

Im Verwaltungsverfahren lagen der Beklagten vor:

- die Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) vom 04. August 1999 und 31. Januar 2000, - der Bericht der Rehabilitationsklinik D ... vom 10. Januar 2000 über eine stationäre Rehabilitation vom 08. bis zum 29. Dezember 1999, aus welcher der Kläger als LKW-Fahrer mit einem vollschichtigen Leistungsvermögen für mittelschwere körperliche Arbeiten, ohne Tätigkeiten, die ein häufiges Heben und Tragen schwerer Lasten sowie häufiges Bücken oder Hocken bedingen, entlassen wurde sowie - der Befundbericht des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. D1 ... vom 04. Mai 2000.

Mit Bescheid vom 12. Juli 2000 lehnte die Beklagte den Rentenantrag unter Verweis auf ein vollschichtiges Leistungsvermögen als Berufskraftfahrer ab. Den am 01. August 2000 erhobenen Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 13. Dezember 2000 zurück. Mit den bestehenden gesundheitlichen Einschränkungen könne der Kläger nach den sozialmedizinischen Feststellungen weiterhin vollschichtig als Berufskraftfahrer tätig sein. Darüber hinaus sei er in der Lage, vollschichtig leichte und mittelschwere Arbeiten ohne häufiges Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten über 15 kg (ohne mechanische Hilfsmittel), ohne überwiegend einseitige Körperhaltung, ohne häufiges Bücken sowie ohne häufige Überkopfarbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten.

Auf die am 16. Januar 2001 erhobene Klage hat das Sozialgericht Chemnitz (SG) die Befundberichte des Facharztes für Neurologie Dr. K1 ... vom 13. Juli 2001 und 09. Januar 2002, des Dr. D ... vom 16. Juli 2001, des Facharztes für Innere Medizin / Rheumatologie Dr. L1 ... vom 16. August 2001 und vom 28. Januar 2002 sowie die Arbeitgeberauskunft der M ... GmbH vom 23. Juli 2001 eingeholt, das Gutachten des Arbeitsamtes P ... - Dr. K2 ... - vom 27. Juli 2000 beigezogen und von Dr. W1 ... auf psychiatrisch-sozialmedizinischem Gebiet ein Gutachten erstellen lassen.

Der Sachverständige konnte in seinem Gutachten vom 14. Januar 2003, nach Untersuchung des Klägers am 19. November 2002, keine eigenständige psychiatrische Diagnose laut ICD-10, Kapitel F erheben. Die psychischen Auffälligkeiten bedingten keinen sozialmedizinischen Krankheitswert, allerdings ließen sich qualitative Funktionseinschränkungen aus der körperlichen Symptomatik (Verdacht auf Morbus Sudeck) ableiten. Seit dem Arbeitsunfall im Juni 1997 habe sich fortschreitend eine somatische Symptomatik entwickelt, deren Intensität seit etwa Anfang 2000 bestehe. Seither sei der Kläger in der Lage, nur noch überwiegend körperlich leichte Tätigkeiten, im Gehen, Stehen und Sitzen, im Freien und in geschlossenen Räumen, vollschichtig, acht Stunden täglich, zu verrichten. Die Gebrauchsfähigkeit des rechten Armes und der rechten Hand sei auf ein Minimum eingeschränkt, häufiges Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten ohne mechanische Hilfsmittel seien nicht zumutbar und es dürften keine Anforderungen an die Feinmotorik und Kraft der rechten Hand gestellt werden. Auf Grund der HWS-Beschwerden seien auch keine Tätigkeiten in Überkopfarbeit möglich und häufiges Bücken, Klettern und Steigen sowie Tätigkeiten mit Absturzgefahr seien zu vermeiden. Eine Tätigkeit als Berufskraftfahrer könne der Kläger ohne unzumutbare Schmerzen und ohne Gefährdung seiner Gesundheit nicht mehr ausüben. Fußwege von über 800 Meter könne er in einem Zeitrahmen von unter 15 Minuten zurücklegen und öffentliche Verkehrsmittel benutzen.

Mit Urteil vom 14. Mai 2003 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger sei als Berufskraftfahrer der Gruppe der angelernten Arbeiter im oberen Bereich zuzuordnen und mit dem vollschichtigen Leistungsvermögen für überwiegend leichte Tätigkeiten sozial zumutbar auf die Tätigkeit eines Pförtners verweisbar.

Der Kläger macht mit der am 05. August 2003 eingelegten Berufung geltend, er sei als Berufskraftfahrer nicht in die Gruppe der angelernten Arbeiter im oberen Bereich einzustufen und daher nicht auf eine Tätigkeit als Pförtner verweisbar.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 14. Mai 2003 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 12. Juli 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Dezember 2000 zu verurteilen, ihm eine Rente wegen Erwerbs-, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf die ihrer Auffassung nach zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil.

Der Senat hat zur Tätigkeit eines Pförtners das berufskundliche Gutachten der Diplom-Verwaltungswirtin H1 ... vom 07. Januar 2000, erstellt für das Sächsische Landessozialgericht zum Az. L 167/98, beigezogen, eine ergänzende Stellungnahme des Dr. W1 ... vom 11. Oktober 2003 sowie die Befundberichte der Dres. L1 ... und K1 ... vom 18. Oktober 2003 bzw. 28. November 2003 eingeholt.

Zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden die Leistungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Instanzen. Im Übrigen wird auf den gesamten Akteninhalt, insbesondere den Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten, Bezug genommen und verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist unbegründet.

Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen, weil dem Kläger ein Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nicht zusteht.

Der Kläger ist weder berufs- noch erwerbsunfähig (§§ 43 Abs. 2 Satz 1, 44 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI - in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung [a.F.]) und auch nicht voll oder teilweise erwerbsgemindert (§ 43 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI in der ab 01. Januar 2001 geltenden Fassung [n.F.]). Die Anwendung der §§ 43, 44 SGB VI a.F. resultiert aus der Rentenantragstellung vom 28. Februar 2000 (§§ 300 Abs. 2, 302 b Abs. 1 SGB VI).

Berufsunfähigkeit im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI a.F. liegt nicht vor, da die Erwerbsfähigkeit des Klägers wegen Krankheit oder Behinderung noch nicht auf weniger als die Hälfte desjenigen eines körperlich, geistig oder seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist.

Ausgangspunkt für die Prüfung der Berufsunfähigkeit ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) der "bisherige Beruf", den der Versicherte ausgeübt hat (vgl. BSG in SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 107 und 169). In der Regel ist dies die letzte nicht nur vorübergehende versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit, von der auch bei nur kurzfristiger Ausübung auszugehen ist, wenn sie zugleich die qualitativ höchste im Berufsleben gewesen ist (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 130, 164; SozR 3-2200 § 1246 Nr. 55 und 61).

Letzte Beschäftigung in diesem Sinne ist die Tätigkeit als (Berufs-)Kraftfahrer. Diese hat der Kläger zuletzt vollwertig von Januar 1996 bis zum Eintritt der Arbeitsunfähigkeit am 17. November 1998 bewusst und gewollt zur dauerhaften Einkommenserzielung ausgeübt.

Ob der Kläger zur Verrichtung der Tätigkeit als Berufskraftfahrer, wegen der damit verbundenen mittelschweren Arbeiten und voller Belastbarkeit (insbesondere) der Arme und Hände auf Grund der orthopädischen Erkrankungen noch in der Lage ist (vgl. Gutachten von Dr. W1 ...), kann dahinstehen. Denn er ist zumutbar auf andere Tätigkeiten verweisbar, bei welchen er mehr als die Hälfte des Verdienstes einer gesunden Vergleichsperson erzielen kann.

Zur Bestimmung, auf welche Tätigkeiten ein leistungsgeminderter Versicherter zumutbar verwiesen werden kann, hat das BSG ein Mehr- Stufen-Schema entwickelt und die Arbeiterberufe in Gruppen eingeteilt. Es gibt die Gruppe der Facharbeiterberufe, der Anlerntätigkeiten und der ungelernten Tätigkeiten (vgl. BSG, Urteil vom 17. Juli 1972 - 5 RJ 105/72 - SozR Nr. 103 zu § 1246 RVO). Später hat das BSG noch die Gruppe der "Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion" hinzugefügt (vgl. BSG, Urteil vom 30. März 1977 - 5 RJ 98/76 - BSGE 43, Seite 243), zu welcher auch "besonders hoch qualifizierte Facharbeiter" gehören (vgl. BSG, Urteil vom 19. Januar 1978 - 4 RJ 81/77 - BSGE 45, Seite 276). Die vielschichtige und inhomogene Gruppe der angelernten Arbeiter gliedert sich in einen oberen und in einen unteren Bereich (vgl. BSG, SozR 2200 § 1246 Nr. 109, 132, 143). Dem unteren Bereich unterfallen alle Tätigkeiten mit einer regelmäßigen (auch betrieblichen) Ausbildungs- oder Anlernzeit von drei bis zwölf Monaten, dem oberen Bereich Tätigkeiten mit einer Ausbildungs- oder Anlernzeit von über zwölf Monaten bis zu vierundzwanzig Monaten (vgl. BSG, SozR 3-2200 § 1246 RVO Nr. 45). Die Einordnung eines bestimmten Berufes in dieses Mehrstufenschema erfolgt nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend hierfür ist vielmehr allein die Qualität der verrichteten Arbeit, das heißt der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an, wie es durch die in § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI a.F. genannten Merkmale (Dauer und Umfang der Ausbildung sowie des bisherigen Berufes, besondere Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit) umschrieben wird (vgl. BSG, SozR 3-2200 § 1246 Nr. 27 und 33). Jeder Versicherte kann auf Tätigkeiten zumutbar verwiesen werden, die eine Stufe tiefer einzuordnen sind, als es dem bisherigen Beruf entspricht (vgl. BSG, SozR 3-2200 § 1246 Nr. 5 und 61). Ein Facharbeiter kann daher auf Anlerntätigkeiten, ein angelernter Arbeiter im oberen Bereich auf angelernte und ein solcher im unteren Bereich auf ungelernte Tätigkeiten verwiesen werden (vgl. BSG, SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 143 m.w.N.).

In Übereinstimmung mit der sozialgerichtlichen Entscheidung ist der Kläger als Berufskraftfahrer der Gruppe mit dem Leitberuf des angelernten Arbeiters im oberen Bereich, nicht jedoch der Gruppe der Facharbeiter zuzuordnen. Nach der - hier maßgeblichen - Verordnung über die Berufsausbildung zum Kraftfahrer vom 26. Oktober 1973 (BGBl. I, Seite 1518) handelt es sich um eine zweijährige Regelausbildung, so dass "a priori" (vgl. BSG in SozR 2200 § 1246 Nr. 107) Berufsschutz als Facharbeiter nicht in Betracht kommt. Berufskraftfahrer sind aber dann als Facharbeiter einzustufen, wenn dieser Beruf in einer Facharbeitergruppe des einschlägigen Tarifvertrages genannt wird und der Versicherte in die Facharbeitergruppe eingruppiert war (vgl. BSG, Urteil vom 25. August 1993, Az.: 13 RJ 21/92). Aus der Auskunft der M ... GmbH vom 23. Juli 2001 ergibt sich jedoch weder, dass der Kläger als Berufskraftfahrer über die Ausbildungsverordnung hinausgehende, qualitative Tätigkeiten verrichtet hat, noch dass er tarifvertraglich in einer Facharbeiterlohngruppe eingestuft gewesen ist.

Angelernte Arbeitnehmer im oberen Bereich sind auf Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, mit Ausnahme solcher, die nur einen ganz geringen qualitativen Wert besitzen und sich durch das Erfordernis einer Einweisung und Einarbeitung oder die Notwendigkeit beruflicher oder betrieblicher Vorkenntnisse auszeichnen (vgl. BSG in SozR 2200 § 1246 Nr. 143, Seite 473 m.w.N.), verweisbar. Dem Kläger ist objektiv und subjektiv die Tätigkeit eines Pförtners in Verwaltungsgebäuden zumutbar. Das BSG hat die Verweisungstätigkeit Pförtner für Arbeitnehmer der Gruppe der Angelernten im oberen Bereich wiederholt zugelassen, so in den Urteilen vom 13. Juli 1988 (5/4a RJ 19/87), vom 18. Januar 1995 (5 RJ 44/92), vom 23. Mai 1996 (13 RJ 75/95) und in zwei Urteilen vom 22. Oktober 1996 (13 RJ 35/95 und 13 RJ 81/95). Nach dem beigezogenen berufskundlichen Gutachten der Diplom-Verwaltungswirtin H1 ... vom 07. Januar 2000 gehört zum Aufgabengebiet eines Pförtners im Wesentlichen das Empfangen und Weiterleiten von Besuchern, Betriebsangehörigen u.ä., gegebenenfalls das Prüfen von Legitimationen, Anmelden und Weiterleiten der Besucher, Ausstellen der Besucherscheine sowie das Erteilen von Auskünften. Je nach Arbeitsplatzgestaltung fallen auch das Bedienen der Telefonanlage, Postverteilung, Durchführung von Kontrollgängen an. Die Arbeit ist generell körperlich leicht und wird in der Pförtnerloge überwiegend im Sitzen, mit der Möglichkeit des Haltungswechsels zwischen Gehen, Stehen und Sitzen verrichtet. Auf Grund des Publikumsverkehrs kommt es zum Teil durch stoßweise Arbeitsbelastung (z.B. Schichtwechsel, Arbeitsende) zu Zeitdruck. In psychischer Hinsicht sind Reaktionsvermögen, Entschlusskraft, Handlungsbereitschaft, Besonnenheit und Umsichtigkeit, Verantwortungsbewusstsein, Zuverlässigkeit und Unbestechlichkeit erforderlich. Für den Kläger kommt die Ausübungsform "Pförtner in Verwaltungsgebäuden" (vgl. BSG, Urteil vom 22. Oktober 1996 13 RJ 81/95) in Betracht. Solche Pförtner werden beispielsweise im öffentlichen Dienst nach der Lohngruppe 2 Nr. 1.9 des "Manteltarifvertrages für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Bundes und der Länder" (MTArb) bezahlt. Es handelt sich um eine Lohngruppe, die sich aus dem Niveau der einfachen (Hilfs-) Arbeiten heraushebt und bestimmt ist für "Arbeiter, für die eine eingehende Einarbeitung erforderlich ist". Eine besondere Berufsausbildung wird nicht vorausgesetzt und die nötige Einarbeitungszeit übersteigt in keinem Fall die Dauer von drei Monaten. Die charakteristischen Tätigkeiten von Pförtnern dieser Lohngruppe bestehen - im Gegensatz zu Pförtnern der Lohngruppen 2a Nr. 6.11 und 3 Nr. 6.24 des MTArb - in der reinen Überwachung und Abwicklung des Besucherverkehrs einer Dienststelle oder Einrichtung derselben. Der Einsatz an verkehrsreichen Eingängen, wo es zu Zeitdruck und Stress kommen kann, einfacher oder erhöhter Fernsprechdienst, in nicht unerheblichem Umfang zu verrichtende schriftliche Arbeiten, Postverteilung oder die Durchführung von Kontrollgängen fallen nicht an.

Nach den Befunderhebungen im Bericht der Rehabilitationsklinik D ... vom 10. Januar 2000 und dem (nach Aktenlage erstellten) Gutachten des Arbeitsamtes P ... vom 27. Juli 2000 leidet der Kläger an einer Cervicobrachialgie beiderseits, einer Persönlichkeitsstörung, einer Lumbalgie und einer Adipositas. Auf Grund der erhobenen Messwerte nach der Neutral-Null-Methode, die trotz deutlicher Gegenspannung des Klägers im Wesentlichen nur leichte bis mäßige Bewegungseinschränkungen erbrachten, intakter Motorik, Sensibilität und Koordination sowie beiderseits negativem Zeichen nach Lasègue und Bragard ergab sich ein vollschichtiges Leistungsvermögen als LKW-Fahrer und für mittelschwere Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, ohne häufiges Heben und Tragen schwerer Lasten sowie häufiges Bücken oder Hocken. Die Beweglichkeit des rechten Armes wurde vom Kläger als erheblich eingeschränkt demonstriert, jedoch waren beiderseits der Nacken- und Schürzengriff sowie Faustschluss und Fingerspitzengriff vollständig möglich; die Kraft der Hände war mit Janda 4 rechts und Janda 5 links klinisch unauffällig. Der behandelnde Arzt Dr. L1 ... hat in seinem Befundbericht vom 18. Oktober 2003 seit September 2001 unveränderte Befunde angegeben. Hinsichtlich der peripheren Radialisparese rechts teilt Dr. K1 ... in seinem Bericht vom 28. November 2003 seit August 2000 gleichfalls einen unveränderten Befund mit; die vom Kläger angegebenen Ausfälle korrelieren nach wie vor nicht mit den neurologischen und elektrophysiologischen Befunden. Der im Rehabilitationsentlassungsbericht geäußerte Verdacht einer Persönlichkeitsstörung ist von Dr. W1 ... nicht bestätigt worden, die erhobenen psychischen Beschwerden (Minderwertigkeitsempfinden, depressive Symptome, Grübeln und psychosomatische Komponente) erfüllen nicht die Kriterien für eine Erkrankung gemäß ICD-10 (Kapitel F) und schränken das Leistungsvermögen nicht weiter ein. Ob auf Grund der somatischen Beschwerden, wie von Dr. W1 ... (fachfremd) eingeschätzt, das Leistungsvermögen seit etwa Anfang 2000 auf nur noch (vollschichtig) überwiegend leichte körperliche Tätigkeiten limitiert ist, kann dahingestellt bleiben. Denn selbst mit dem von Dr. W1 ... attestierten Leistungsvermögen ist der Kläger in der Lage, die Verweisungstätigkeit eines Pförtners in Verwaltungsgebäuden acht Stunden täglich ohne zusätzlich Pausen zu verrichten (vgl. Stellungnahme vom 11. Oktober 2003).

Mit dem vollschichtigen Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt und als Pförtner in Verwaltungsgebäuden ist der Kläger nicht berufsunfähig. Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine sonstige schwerwiegende Behinderung, die es dem Kläger auch bei vollschichtiger Einsatzfähigkeit unmöglich macht, eine geeignete Erwerbstätigkeit (hier: Pförtner in Verwaltungsgebäuden) aufzunehmen, sogenannte "Katalogfälle" (vgl. BSG, Urteil vom 25. Juni 1986 - 4 a RJ 55/84 - SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 137) liegen nicht vor. Insbesondere ist er nicht am Zurücklegen des Arbeitsweges, also des Weges von seiner Wohnung bis zu einer etwaigen Arbeitsstätte (vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 1991 - 13/5 RJ 43/90 - SozR 3-2200 § 1247 RVO Nr. 10), gehindert und muss keine betriebsunübliche Pausen (vgl. BSG, Urteil vom 30.-Mai 1984 - 5a RKn 18/83 - SozR 2200 § 1247 RVO Nr. 43) während der Arbeitszeit einhalten.

Der Umstand, dass es in einer Zeit angespannter Arbeitsmarktlage schwierig ist, einen passenden Arbeitsplatz zu finden, und die Bundesagentur für Arbeit zu einer derartigen Vermittlung nicht in der Lage ist, ist kein Grund zur Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit. Denn bei vollschichtiger Einsatzmöglichkeit muss der Arbeitsmarkt der Bundesrepublik Deutschland berücksichtigt werden; es kommt auf die Zahl der vorhandenen, nicht auf die Zahl der gerade freien Arbeitsplätze an (vgl. BSG, Großer Senat, Beschluss vom 19. Dezember 1996 - GS 2/95 - BSGE 80,24). Im Gegensatz zum gehobenen Pförtner (vgl. BSG, Urteil vom 28. Mai 1991, Az.: 13/5 RJ 29/89) handelt sich hierbei nicht ausschließlich um Schonarbeitsplätze. Arbeitsplätze für einfache Pförtner stehen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch in genügender Anzahl zur Verfügung. Bei in Tarifverträgen genannten Tätigkeiten besteht zudem die Vermutung, dass es Arbeitsplätze in ausreichender Anzahl gibt (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 102 m.w.N.).

Nachdem der Kläger nicht berufsunfähig im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI (a.F.) ist, hat er erst recht keinen Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach den strengeren Vorschriften des § 44 SGB VI (a.F.). Bei einem Leistungsvermögen von mehr als sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sind auch die Voraussetzungen zur Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB und Abs. 2 Satz 2 VI n.F. nicht erfüllt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen für die Zulassung nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen. -
Rechtskraft
Aus
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