L 2 U 90/01

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 4 U 287/98
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 90/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 09. Mai 2001 wird zurückgewiesen. II. Die Beklagte trägt auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens. III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob der Kläger bei einem Arbeitsunfall am 15.05.1997 eine Meniskusverletzung erlitten hat.

Ausweislich der Unfallanzeige des Arbeitgebers des Klägers vom 16.05.1997 verletzte sich der Kläger an diesem Tag in Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit das linke Knie. Der Kläger sei beim Laufen zum Arbeitsort durch eine Unebenheit im Fußboden gestolpert und gestürzt. Beim Sturz sei das Knie so ungünstig belastet worden, dass es zu einer Innenbandzerrung gekommen sei. Im Durchgangsarztbericht vom 22.05.1997 wird ausgeführt, dass der Kläger am 15.05.1997 eine Meniskusläsion medial links erlitten habe. Er sei mit dem linken Bein in ein Betonloch getreten und habe sich dabei das linke Bein verdreht. Der Kläger wurde unmittelbar nach dem Unfallereignis in der Notaufnahme des Klinikums C ... versorgt.

Am 23.05.1997 wurde eine Arthroskopie des linken Kniegelenkes durchgeführt, anlässlich derer sich ein dislozierter Korbhenkelriss fand. Das vordere und hintere Kreuzband waren stabil, es fand sich jedoch eine retropatellare Knorpelläsion. Nach Ansicht des Operateurs war die retropatellare Knorpelläsion degenerativ bedingt, die Meniskusläsion Unfallfolge. In einem Bericht des Facharztes für Pathologie Dr. N1 ... vom 30.05.1997 wird beschrieben, dass der ihm übersandte Meniskus medial links sich in der histologischen Untersuchung gering- bis mäßiggradig verändert gezeigt habe. Es habe sich um offenbar noch altersgerecht gebautes Meniskusgewebe mit einer recht ausgedehnten, in früher Regeneration und Reparation befindlichen destruierten Risszone gehandelt, die dem Stand der regeneratorischen Aktivität zufolge durchaus mit dem angegebenen Traumazeitpunkt vereinbar sei. Für ein mehrzeitiges Rissgeschehen ergebe sich kein Hinweis. Im Zuge ihrer weiteren Ermittlungen zog die Beklagte u.a. den Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung des Klägers bei.

Zudem beauftragte sie Dr. P1 ... mit der Erstellung eines chirurgischen Fachgutachtens. Im Gutachten vom 14.12.1997 diagnostizierte der Sachverständige einen Teilverlust des medialen Meniskus links, degenerative Gelenkknorpelveränderungen retropatellar sowie eine Muskelverschmächtigung des linken Oberschenkels. Der Kläger habe am 15.05.1997 ein Distorsionstrauma des linken Kniegelenkes mit anschließender Gelenkarretierung erlitten. Er sei mit dem linken Fuß in ein Betonloch des Fußbodens getreten, nach links gestürzt und habe sich das linke Knie verdreht. Nach dem Sturz habe er das linke Knie nicht mehr voll beugen und strecken können, es sei in leichter Beugestellung wie eingeklemmt gewesen. Die histologische Untersuchung nach der Arthroskopie vom 23.05.1997 habe degenerative Meniskusveränderungen ergeben. Nach der einschlägigen medizinischen Literatur könne ein isolierter Meniskusschaden ohne verletzungsspezifische Veränderungen im Bereich von Nachbarstrukturen nicht begründet werden. Ein Arbeitsunfall könne damit nicht vorliegen, es liege eine Gelegenheitsursache vor.

Mit Bescheid vom 25.02.1998 erkannte die Beklagte das Ereignis vom 15.05.1997 als Arbeitsunfall mit der Folge einer Kniedis-torsion an. Nach den Ausführungen im Gutachten vom 14.12.1997 könne durch ein indirektes Trauma keine isolierte Meniskusläsion verursacht werden. Bei der Arthroskopie habe sich nach dem vorliegenden Bericht einen isolierten medialen Innenmeniskusschaden degenerativer Art gezeigt, welcher schicksalsbedingt sei und ein typisch anlagebedingtes Krankheitsbild darstelle.

Der gegen den Bescheid eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 03.09.1998 zurückgewiesen.

Hiergegen ist am 02.10.1998 Klage vor dem Sozialgericht Chemnitz (SG) erhoben worden. Zur Klagebegründung ist ausgeführt worden, dass der Kläger bei dem Arbeitsunfall einen Drehsturz erlitten habe, bei dem es auch nach Meinung der Gutachter zu einer isolierten Meniskusläsion kommen könne. Beim Sturz habe sich der Kläger das linke Kniegelenk so stark verdreht, dass es dabei zu einer solchen gekommen sei. Das Loch, in das der Kläger getreten sei, sei 4 cm tief und ca. 10 x 30 cm groß gewesen.

Das SG hat im Rahmen seiner Ermittlungen u.a. ein Gutachten bei Prof. Dr. V1 ..., Klinikum H ..., eingeholt. Anlässlich der Untersuchung zum Gutachten habe der Kläger angegeben, er habe Schwellenschienen in einer Halle eingebaut. Im Betonboden sei ein etwa 8 cm tiefes Loch gewesen, in das er mit dem Arbeitsschuh geglitten sei. Da er sich in einer Drehbewegung befunden habe, sei er mit dem Kniegelenk eingeknickt, der Fuß sei in dem Loch gefangen geblieben und der Körper habe sich über das Bein hinweg gedreht. Er habe sich plötzlich sitzend am Boden wiedergefunden. Das linke Knie habe sofort heftigst geschmerzt und sei wie eingeklemmt gewesen. Ein Arbeitskollege habe ihn auf einen Stuhl gesetzt. Der Gutachter kam zu dem Ergebnis, dass die Korbhenkelverletzung des Innenmeniskus links mit Teilentfernung des Meniskus als Unfallfolge anerkannt werden könne. Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) messbaren Grades aus den Unfallfolgen liege nicht vor. Eine geringe Beugebehinderung um 10° und später eine geringe Muskelminderung am Ober- und Unterschenkel seien Folgen der Chondropathie bzw. retropatellaren Knorpelabnutzung und nicht Folge des Unfallereignisses.

In einem weiteren Gutachten vom 28.12.2000, das auf Veranlassung des Klägers erstellt wurde, kam der Gutachter und Facharzt für Chirurgie Dr. T1 ... zu dem Ergebnis, dass der Kläger an einem Zustand nach Korbhenkelriss des Innenmeniskus links mit Teilmeniskusentfernung, posttraumatischer Chondropathie und minimaler Instabilität leide. Der Zustand des Kniegelenkes sei zu einem Teil auf eine unfallunabhängige Arthrose und zu einem anderen Teil aber auch auf arthrotische Veränderungen aufgrund des fehlenden Meniskus (unfallbedingt) und der damit verbundenen Teilinstabilität zurückzuführen. Die MdE sei mit 15 v.H. zu beziffern und auf die Progredienz der posttraumatischen Arthrose zurückzuführen. 2/3 seien unfallbedingt (Instabilität, Arthrose durch Meniskektomie) und zu 1/3 durch degenerative Veränderungen des Knorpels, besonders retropatellar bedingt.

Das SG hat mit Urteil vom 09.05.2001 die Beklagte verurteilt, die Läsion des Meniskus links medial als Folge des Unfalles vom 15.05.1997 anzuerkennen und zur Begründung insbesondere auf den zeitlichen Zusammenhang zwischen Eintritt der Beschwerden und Unfallereignis hingewiesen. Vorbestehende Erkrankungen seien nicht aktenkundig. Hinsichtlich des Unfallherganges ist das SG davon ausgegangen, dass der Kläger in ein Betonloch trat, so dass sein linker Fuß fixiert war und dass er beim Sturz mit dem Körper eine Drehbewegung vollführt hat.

Gegen das ihr am 04.07.2001 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 31.07.2001 Berufung eingelegt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass ihrer Meinung nach die Vertiefung im Boden, aufgrund derer der Kläger gestürzt sei, keine solche Beschaffenheit aufgewiesen habe, dass sie geeignet gewesen sei, den Fuß des Klägers zu fixieren. Sie habe vor Ort nochmals recherchiert. Auch wenn die den Sturz auslösende Bodenvertiefung heute nicht mehr bestehe, so sei nach den insoweit übereinstimmenden Zeugenaussagen von einer Bodenvertiefung bis max. 3 cm auszugehen. Es sei nicht vorstellbar, dass der Fuß in der - wohl durch das Gewicht eines Gabelstaplers verursachten - Bodenvertiefung fixiert gewesen sei. Zudem sei dem SV-Ausweis zu entnehmen, dass der Kläger 1968 unter der Diagnosenummer 717 (innere Kniegelenksschädigung) behandelt worden sei, so dass auch ein Vorschaden belegt sei.

Der Berufungsbegründung beigefügt war ein Besuchsbericht, wonach ein Mitarbeiter der Beklagten am 16.08.2001 den Arbeitgeber des Klägers aufgesucht hatte, um die Unfallstelle in Augenschein zu nehmen. Einer der Befragten hatte hierbei angegeben, der Kläger sei mit dem linken Fuß durch schadhaften Fußboden umgeknickt und habe das Knie verdreht. Die Unfallstelle hat er wie folgt beschrieben: ca. 20 x 20 cm, ca. 3 cm tief. Ein weiterer Kollege des Klägers gab an, das Loch sei ca. 1,5 cm tief gewesen und habe einen Durchmesser von ca. 20 cm gehabt.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 09.05.2001 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Seiner Meinung nach ist insbesondere ein Vorschaden nicht bewiesen.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 10.10.2003 hat der Zeuge Freitag angegeben, er sei am 15.05.1997 so ungefähr 6 bis 7 m vom Kläger entfernt gewesen. Was der Kläger zu diesem Zeitpunkt gerade gemacht habe, könne er nicht mehr genau sagen. Der Kläger sei mit dem Fuß in ein Loch im Fußboden geraten, das ungefähr 60 cm lang, von ovaler Form und ungefähr 5 cm tief gewesen sei. Er habe den Kläger gesehen, als er schon gelegen habe. Wie er genau gelegen habe, könne er nicht mehr sagen. Er sei aber zur Seite weggefallen. Was weiter passiert sei, könne er nicht mehr sagen, es sei einfach zu lange her. Er sei selbst einmal durch dieses Loch gestürzt.

Der Zeuge Z ... hat erklärt, er habe das Unfallereignis nicht direkt beobachtet. Er sei ungefähr 4 m vom Unfallort entfernt gewesen und der Kläger habe sich rechts von ihm befunden und sei damit beschäftigt gewesen, die defekte Schwelle eines Werktores zu reparieren. Dabei habe er einen sehr großen Hammer benutzt. Er habe gehört, wie der Hammer zu Boden gefallen sei und dass der Kläger laute Schreie ausgestoßen habe. Als er hingekommen sei, sei der Kläger in gebeugter Haltung dagestanden und habe sein - wie er glaube - linkes Knie gehalten. Das Bein sei irgendwie komisch verdreht gewesen. Der Kläger habe offensichtlich große Schmerzen gehabt und sei nicht ansprechbar gewesen. In der Halle seien mehrere Löcher im Boden gewesen. Es seien keine richtig tiefen Löcher gewesen, nur etwa 3 cm tief. Ob der Kläger in ein solches Loch hineingetreten sei, könne er nicht sagen, er habe es jedenfalls nicht gesehen. Wo der Kläger sich befunden habe, sei jedenfalls kein Loch gewesen. Die Löcher, die im Boden vorhanden gewesen seien, seien nicht scharfkantig gewesen, sondern in der Mitte tief und zu den Rändern hin eher abgerundet. Man habe immer aufpassen müssen, dass man nicht mit dem Fuß umknicke.

Die Beteiligten haben sich mit Schreiben vom 18.06.2003 und 03.07.2003 mit einer Entscheidung durch die Berichterstatterin als Einzelrichterin einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten aus beiden Rechtszügen und die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht konnte durch die Berichterstatterin als Einzelrichterin entscheiden, da die hierfür gemäß § 155 Abs. 4, 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erforderlichen Einverständniserklärungen vorliegen.

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das SG hat zu Recht die Läsion des medialen Innenmeniskus am linken Kniegelenk des Klägers als Folge des Arbeitsunfalles (§ 8 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VII -) vom 15.05.1997 anerkannt.

Grundvoraussetzung dafür, dass ein Gesundheitsschaden als unmittelbare Folge eines Arbeitsunfalles anerkannt werden kann, ist, dass das Unfallereignis nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der vorliegende Gesundheitsschaden entfiele (Kausalität in naturwissenschaftlich-philosophischem Sinne; vgl. Erlenkemper, Sozialgerichtsbarkeit 1997, S. 356; Urteil des BSG vom 30.10.1991 = SozR 3200, § 548 Nr. 13). Dabei ist der Ursachenzusammenhang zwischen Arbeitsunfall und Gesundheitsschaden nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialsgerichtes (BSG) bereits dann zu bejahen, wenn er hinreichend wahrscheinlich ist (BSGE 45, 285). Hinreichende Wahrscheinlichkeit ist zu bejahen, wenn bei vernüftiger Abwägung aller Umstände des Einzelfalles den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann (BSGE 32, 203, 209).

Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine Unfallfolge nur dann infolge einer versicherten Tätigkeit eingetreten und somit zu entschädigen ist, wenn die beruflichen Umstände in rechtlich wesentlicher Weise bei der Entstehung des Körperschadens mitgewirkt haben. Die Wertung als rechtlich wesentliche Ursache erfordert nicht, dass der berufliche Faktor die alleinige oder überwiegende Bedingung ist. Haben mehrere Ursachen (in medizinisch-naturwissenschafticher Hinsicht) gemeinsam zum Entstehen des Gesundheitsschadens beigetragen, so sind sie nebeneinander (Mit-)Ursachen im Rechtssinne, wenn beide in ihrer Bedeutung und Tragweite beim Eintritt des Erfolges wesentlich mitgewirkt haben. Der Begriff "wesentlich" ist hierbei nicht identisch mit den Beschreibungen "überwiegend, gleichwertig oder annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern verhältnismäßig niedriger zu wertende Bedingung kann für den Erfolg wesentlich sein. Ein mitwirkender Faktor ist nur dann unwesentlich, wenn er von einer anderen Ursache ganz in den Hintergrund gedrängt wird. Daher ist es zulässig, eine rein naturwissenschaftlich betrachtet nicht gleichwertige Ursache rechtlich als wesentlich anzusehen, weil gerade und nur durch ihr Hinzutreten zu der anderen wesentlichen Ursache der Erfolg eintreten konnte. Letztere Ursache hat dann im Verhältnis zur ersteren keine überragende Bedeutung (Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, Handkommentar, Stand 8/2002, § 8 SGB VII, Rdnr. 8.2.3).

Zudem ist zu beachten, dass im Hinblick auf den Schutzzweck der gesetzlichen Unfallversicherung jeder Versicherte grundsätzlich in dem Gesundheitszustand geschützt ist, in dem er sich bei Aufnahme seiner Tätigkeit befindet, auch wenn dieser Zustand eine größere Gefährdung begründet. Insoweit eingebunden sind alle im Unfallzeitpunkt bestehenden Krankheiten, Anlagen, konstitutionell oder degenerativ bedingten Schwächen und Krankheitddispositionen (vgl. zu alledem Schönberger/Mehrtens/Vallentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage 2003, S. 233 ff.).

Dementsprechend darf eine Schadensanlage als rechtlich allein wesentliche Bedingung nur dann gewertet werden, wenn sie so stark ausgeprägt und so leicht ansprechbar war, dass es zur Auslösung des akuten Krankheitsbildes an sich keiner besonderen, in ihrer Art unersetzlichen äußeren Einwirkung aus der versicherten Tätigkeit bedurft hat, sondern wenn der Gesundheitsschaden wahrscheinlich auch ohne diese Einwirkungen durch beliebig austauschbare Einwirkungen des unversicherten Alltagslebens zu annähernd gleicher Zeit und annähernd gleicher Schwere entstanden wäre (vgl. z. B. BSG, Urteil vom 02.02.1999, Az. B 2 U 6/98 R; s. zusammenfassend Erlenkämper, Arbeitsunfall, Schadensanlage und Gelegenheitsursache, in: SGb 1997, S. 355, 358 m.w.N.).

Zu berücksichtigen ist des Weiteren, dass die der Kausalitätsbeurteilung zugrunde liegenden Tatsachen im Sinne des Vollbeweises bewiesen sein müssen; somit auch die unfallunabhängigen Kausalfaktoren, deren ursächliche Beteiligung an dem Eintritt eines streitigen Schadens erwogen wird. Sofern eine grundsätzlich in Betracht zu ziehende unfallfremde Mitursache in ihren tatsächlichen Grundlagen nicht nachgewiesen werden kann, kann sie nicht Ursache im Rechtssinne sein (vgl. BSGE 61, 127, 130). Deshalb darf eine ursächlich wesentliche Mitwirkung eines Schadensanlage an der Entstehung eines Körperschadens nur dann erwogen werden, wenn die Schadensanlage für den individuellen Einzelfall in ihren tatsächlichen Grundlagen im Sinne des Vollbeweises nachgewiesen ist (vgl. zu alledem ausführlich schon Urteil des Senates vom 12.12.2000, Az. L 2 U 51/98 m ... w. N.).

Bezogen auf den vorliegenden Fall ergibt sich hiernach Folgendes:

Zunächst ist davon auszugehen, dass das Unfallereignis vom 15.05.1997 die Meniskusläsion (in mathematisch-naturwissenschaftlichem Sinne) verursacht hat. Dies folgt zum einen aus dem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang von Unfallereignis, Eintritt der heftigen Beschwerden im Bereich des linken Kniegelenkes und Feststellung der Meniskusläsion anlässlich der Operation am 23.07.1997 und wird zum anderen von den Gutachtern Prof. Dr. V1 ... und Dr. T1 ... vorausgesetzt; Dr. P1 ... hat sich hierzu nicht eindeutig geäußert.

Ob der Kläger im Rahmen eines sog. Drehsturzes (Rotationstrauma des Knies bei festgestelltem Fuß) zu Fall kam, ließ sich auch durch die Einvernahme der Zeugen und nicht klären. Auch konnte nicht im Sinne des Vollbeweises festgestellt werden, ob der Fußboden der Halle, in der sich der Arbeitsunfall ereignete, zum streitgegenständlichen Zeitpunkt so ausgeprägte Unebenheiten aufwies, dass bei einem unvorhergesehenen Hineintreten der Fuß des Klägers arretiert sein könnte.

Damit war entsprechend den oben dargelegten Grundsätzen zu entscheiden: Der von der Beklagten als solcher anerkannte Arbeitsunfall war kausal in mathematisch-naturwissenschaftlichem Sinne für den Eintritt der Meniskusläsion als Gesundheitsschaden. Ein Vorschaden in Form eines degenerativ so stark veränderten Meniskusgewebes, dass er als rechtlich allein wesentliche Ursache in Betracht käme, ist nicht im Sinne des erforderlichen Vollbeweises bewiesen; insbesondere lässt sich aus dem histologischen Befund vom 30.05.1997, in dem ein "gering- bis mäßiggradig degenerativ verändertes, offenbar aber noch altersgerecht gebautes Meniskusgewebe" beschrieben wird, ein solcher Vorschaden nicht herleiten. Ein Vorschaden ist im Übrigen auch nicht durch den von der Beklagten zitierten Eintrag im Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung belegt. Zum einen wäe eine einmalige Kniegelenksschädigung 1968 wenig aussagekräftig hinsichtlich einer degenerativen Erkrankung im Jahre 1997. Zum anderen war im Jahre 1968 die ICD-Ausgabe 1967 maßgeblich; danach betrifft die Diagnose-Nr. 717 "sonstige Formen des nichtartikulären Rheumatismus" (Internationale Klassifikation der Krankheiten, VEB Berlin 1967, S. 100).

Da ein relevanter, jedenfalls über das altersübliche Maß an Degeneration hinausgehender Vorschaden somit nicht bewiesen - wenn nicht gar widerlegt - ist, kann er auch nicht als rechtlich allein wesentliche Ursache für den Eintritt der Meniskusläsion herangezogen werden; die einzige im Sinne des Vollbeweises feststehende Ursache für den Eintritt des Gesundheitsschadens - das Unfallereignis vom 15.05.1997 - ist als rechtlich wesentliche Ursache zu bewerten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG). -
Rechtskraft
Aus
Saved