L 6 KN 826/17

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 13 KN 666/14
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 6 KN 826/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Voraussetzung einer Weiterzahlung von Zwischen-Übergangsgeld ist, dass unmittelbar vor dem Zeitpunkt, zu dem die Weitergewährung des Übergangsgeldes geltend gemacht wird, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld gewährt wurde.
2. Wenn nach dem Bezug von Übergangsgeld ein Krankengeldanspruch besteht und Krankengeld gewährt wurde, ist auch für den folgenden Zeitraum ein Anspruch auf Zwischen-Übergangsgeld ausgeschlossen.
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 30.08.2017 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Instanzen nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Übergangsgeld für die Zeit vom 27.03.2013 bis zum 10.07.2014.

Der 1967 geborene Kläger war befristet als Referent für Öffentlichkeitsarbeit im Bereich Sachsen in der Regionaldirektion Z ... der Beklagten tätig. Am 03.10.2012 beantragte er Leistungen zur Teilhabe in Form einer medizinischen Rehabilitation, mit Bescheid vom 05.11.2012 bewilligte die Beklagte eine solche Leistung.

In der Zeit vom 27.11.2012 bis zum 08.01.2013 wurde die medizinische Rehabilitation in der Klinik Y ... durchgeführt, der Kläger erhielt während dieser Zeit Übergangsgeld. Die Behandlung erfolgte aufgrund der Diagnosen: rezidivierende depressive Störung (gegenwärtig mittelgradige Episode), kompensierter Tinnitus beiderseits, chronischer Schwindel, bilaterale Vestibulopathie, Rückenschmerzen. Die Entlassung erfolgte bei fortbestehender Arbeitsunfähigkeit. Der Kläger sei absehbar leistungsfähig für sechs Stunden und mehr täglich für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als regionaler Pressesprecher. Eine psychiatrisch-psychotherapeutische Weiterbehandlung wurde dringend empfohlen. Bei erheblicher Gefährdung der Erwerbsfähigkeit und hoher Eigenmotivation wurde ferner die Prüfung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (LTA) empfohlen.

Nachgehend zur stationären Rehabilitation nahm der Kläger eine intensivierte Reha-Nachsorge (IRENA) in der X ... Klinik B. auf.

Mit Schreiben vom 30.01.2013 machte die Beklagte den Kläger auf Leistungen zur beruflichen Rehabilitation aufmerksam.

Die Bundeagentur für Arbeit teilte der Beklagten mit Schreiben vom 14.03.2013 mit, dass der Kläger dort am 27.03.2013 Arbeitslosengeld beantragt habe. In Betracht komme eine Gewährung von Arbeitslosengeld in Anwendung der Nahtlosigkeitsregelung nach § 145 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III), da nach den Feststellungen der Bundesagentur für Arbeit das Leistungsvermögen für eine Beschäftigung von mindestens 15 Stunden wöchentlich nicht mehr ausreiche.

Am 22.05.2013 beantragte der Kläger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 25.06.2013 ab. Der Kläger sei in der Lage, eine Beschäftigung als Verwaltungsangestellter weiterhin auszuüben.

Diesen Bescheid griff der Kläger mit seinem Widerspruch vom 25.07.2013 an. Entgegen der zu optimistischen Eigen-Prognose im Reha-Bericht von Januar 2013 sei keine Erwerbsfähigkeit gegeben, er sei seit zwei Jahren erwerbsunfähig.

Mit Bescheid vom 27.11.2013 bewilligte die Beklagte Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben dem Grunde nach; mit Bescheid vom 19.02.2014 wurde ein Eingliederungszuschuss bewilligt, den der Kläger mit seinem Widerspruch vom 17.03.2014 angriff.

Mit Bescheid vom 10.07.2014 bewilligte die Beklagte zusätzlich die Beteiligung des Inte-grationsfachdienstes als weitere Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben, mit Widerspruchsbescheid vom 07.10.2014 wurde der Widerspruch vom 14.03.2014 gegen den Bescheid vom 19.02.2014 zurückgewiesen.

Mit Schreiben vom 03.03.2014 beantragte der Kläger die rückwirkende Bewilligung von Übergangsgeld für die Zeit ab 27.03.2013. Ihm sei mit Schreiben vom 30.01.2013 Hilfe bei eventuell notwendigen Leistungen zur beruflichen Rehabilitation angeboten worden, nach telefonischer Auskunft vom 21.05.2013 sei ein Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben als ursächlich zusammenhängend mit einer Erkrankung, die zur medizinischen Rehabilitation Anlass gegeben habe, anzusehen, wenn er innerhalb von sechs Monaten nach Ende der medizinischen Rehabilitation gestellt werde. Daraufhin habe er am 22.05.2013 einen Antrag auf LTA gestellt. Am 26.03.2013 sei seitens der Krankenversicherung die sogenannte Aussteuerung erfolgt. Seit 27.03.2013 beziehe er Arbeitslosengeld entsprechend der sogenannten Nahtlosigkeitsregelung nach § 145 Abs. 1 Satz 1 SGB III. Dies geschehe unter Vorbehalt. Nach § 51 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) habe er einen Anspruch auf Fortzahlung des Übergangsgeldes.

Mit Bescheid vom 21.03.2014 lehnte die Beklagte die Zahlung von Übergangsgeld nach § 51 Abs. 1 SGB IX ab. Sind nach Abschluss von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben weitere Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erforderlich, während derer dem Grunde nach Anspruch auf Übergangsgeld besteht, ist das Übergangsgeld bei Erfüllung weiterer Voraussetzungen weiter zu zahlen. Die mit Bescheid vom 19.02.2014 bewilligte Eingliederungshilfe begründe dem Grunde nach keinen Übergangsgeldanspruch. Aus diesem Grund bestehe auch kein Anspruch auf Übergangsgeld nach § 51 Abs. 1 SGB IX.

Diesen Bescheid griff der Kläger mit seinem Widerspruch vom 02.02.2014 an. Die Bundesagentur für Arbeit zahle Arbeitslosengeld nur unter Vorbehalt aufgrund der sogenannten Nahtlosigkeitsregelung. Er sei belehrt und aufgefordert worden, im Falle der Bewilligung einer beruflichen Rehabilitation seitens der Beklagten rückwirkend einen Antrag auf Übergangsgeld zu stellen. Diesem Ansinnen sei er nachgekommen. Die Voraussetzungen von § 51 Abs. 1 Satz 1 SGB IX seien erfüllt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 10.06.2014 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Eine Weiterzahlung von Übergangsgeld nach § 51 Abs. 1 SGB IX sei möglich, sofern nach Abschluss von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben weitere Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erforderlich werden, während derer dem Grunde nach Anspruch auf Übergangsgeld bestehe. Die mit Bescheid vom 19.02.2014 bewilligte Eingliederungshilfe begründe dem Grunde nach keinen Übergangsgeldanspruch. Aus diesem Grund bestehe auch kein Anspruch auf Übergangsgeld nach § 51 Abs. 1 SGB IX.

Hiergegen hat der Kläger am 26.06.2014 Klage zum Sozialgericht Leipzig (SG) erhoben. Der Anspruch nach § 51 Abs. 1 SGB IX bestehe. Die erwerbsmindernde Erkrankung, die zur Bewilligung der medizinischen Reha führte, habe nach deren Abschluss noch vorgelegen und auch den Anspruch auf berufsfördernde Maßnahmen begründet. Die Leistungspflicht des Rententrägers habe daher nicht mit Abschluss der medizinischen Rehabilitation geendet. Den Zustand der erzwungenen Untätigkeit habe der Rententräger zu vertreten, woraus seine Leistungspflicht resultiere. Es sei nicht gerechtfertigt, den Anspruch auf "Zwischenübergangsgeld" allein an ein später zu zahlendes Übergangsgeld während einer LTA zu knüpfen, da der Überbrückungstatbestand vom Ende der Reha bis zur Bewilligung der LTA identisch sei. Das Eingliederungshemmnis sei schließlich erst durch den Abhilfebescheid vom 19.02.2015 beseitigt worden.

Die Beklagte hat im Klageverfahren an ihrer Auffassung festgehalten und ausgeführt, dass die dem Grunde nach gewährte Eingliederungshilfe zur Erlangung eines Arbeitsplatzes in Form eines Eingliederungszuschusses an den Arbeitgeber keinen Übergangsgeldanspruch begründe, da sie unter § 33 Abs. 3 Nr. 1 SGB IX falle. Aus diesem Grund bestehe auch kein Anspruch auf Übergangsgeld nach § 51 Abs. 1 SGB IX. Die Gewährung von Arbeitslosengeld nach § 145 SGB III mit einer Fiktion der Verfügbarkeit im Sinne von § 139 SGB III ändere daran nichts. Auch aus einem Urteil des Hessischen Landessozialgerichts (Urteil vom 24.07.2015 – Aktenzeichen: L 5 R 429/12) ergebe sich kein anderes Ergebnis. Ein Anspruch des Klägers auf Übergangsgeld habe lediglich für die Zeit vom 27.11.2012 bis zum 08.01.2013 während der medizinischen Rehabilitation bestanden. Nach Beendigung der medizinischen Rehabilitation sei keine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben erfolgt, während derer dem Grunde nach ein Anspruch auf Übergangsgeld bestanden hätte. Auch habe die Beklagte keine Leistungen versagt, die für den Kläger erforderlich gewesen wären oder aus Gründen, die der Kläger nicht zu vertreten habe, nicht unmittelbar anschließend an die medizinische Maßnahme hätten durchgeführt werden können. Dem Kläger seien für den rückwirkend geltend gemachten Zeitraum bereits durchgehend Entgeltersatzleistungen gezahlt worden. Hingewiesen hat die Beklagte auf entsprechende Erstattungsansprüche bei rückwirkender Gewährung von Übergangsgeld.

Das SG hat mit Urteil vom 30.08.2017 die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 21.03.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.06.2014 verurteilt, dem Kläger über den 27.03.2013 hinaus bis zum 10.07.2014 Übergangsgeld zu gewähren. Zur Begründung hat das SG ausgeführt: "Gem. § 51 Abs. 1 des Neunten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IX) wird Übergangsgeld gewährt, sofern Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben abgeschlossen sind, weitere Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, während derer dem Grunde nach Anspruch auf Übergangsgeld besteht, erforderlich sind und die Leistungen aus Gründen, die Leistungsempfänger nicht zu vertreten haben, nicht unmittelbar anschließend durchgeführt werden können. Alternative Voraussetzungen sind ferner, dass die Leistungsempfänger arbeitsunfähig sind und keinen Anspruch auf Krankengeld mehr haben (Nr. 1) oder den Leistungsempfängern eine zumutbare Beschäftigung aus Gründen, die sie nicht zu vertreten haben, nicht vermittelt werden kann (Nr. 2).

Davon ausgehend sind die Voraussetzungen für einen Anspruch des Klägers auf Übergangsgeld auch für die Zeit ab 28.03.2013 bis 10.07.2014 erfüllt. Der Anspruch des Klägers auf Krankengeld endete am 26.03.2013.

Bereits im Entlassungsbericht der Rehabilitationsklinik Y ... wurden Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben empfohlen. Sie wurden dem Kläger auch mit Schriftsatz der Beklagten vom 30.01.2013 in Aussicht gestellt. Der Kläger stellte im Mai 2013 auch einen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe, dieser wurde jedoch zunächst abgelehnt. Erst nach Vorlage des Gutachtens von Dr. V ... am 14.10.2013 gewährte die Beklagte mit Bescheid vom 27.11.2013 Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben dem Grunde nach. Der Kläger hat somit nicht zu vertreten, dass er die berufsfördernden Leistungen zur Rehabilitation nicht unmittelbar im Anschluss an eine medizinische Maßnahme antrat. Das Merkmal "unmittelbar anschließend" bedeutet nicht "nahtlos", da praktischen Umsetzungsproblemen Rechnung zu tragen ist und ein gewisser zeitlicher Rahmen eingeräumt werden muss, so dass im Übrigen auch kein nahtloser Leistungsantrag erforderlich ist (Hessisches Landessozialgericht vom 24.07.2015 – L 5 R 429/12).

Es trifft allerdings zu, dass mit Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, während derer dem Grunde nach Anspruch auf Übergangsgeld besteht, nur solche im Sinne des § 33 Abs. 3 Nr. 2 bis 4 sowie der §§ 39 bis 41 SGB IX gemeint sind. Es muss sich um Leistungen zur Teilhabe handeln, die in einer Einrichtung "stationär" durchgeführt werden und nicht von dem Willen eines Dritten abhängig sind. Insofern bestünde auf Grund der Bewilligung eines Eingliederungszuschusses bzw. der Bewilligung des Integrationsfachdienstes kein Anspruch auf Übergangsgeld. Allerdings besteht nach den Ausführungen des Hessischen Landessozialgerichts vom 24.07.2015 (a.a.O.) im Falle der grundsätzlich bestehenden Notwendigkeit von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben im Anschluss an medizinische Leistungen während der Orientierungs- und Findungsphase Anspruch auf Übergangsgeld. Erst mit der Feststellung und Bewilligung der notwendigen Teilhabeleistungen ist geklärt, ob Leistungen, die einen Anspruch auf Übergangsgeld auslösen, erforderlich sind. Der dem Rehabilitationsträger obliegende Sicherstellungsauftrag gebietet es, die in Be-tracht kommenden rechtlichen Möglichkeiten und Maßnahmen umfassend zu prüfen. Erst mit der Feststellung und Bewilligung der notwendigen Teilhabeleistungen ist geklärt, ob Leistungen, die einen Anspruch auf Übergangsgeld auslösen, erforderlich sind. Zumindest bis dahin besteht der Anspruch auf Übergangsgeld. Dieser Ansicht schließt sich das Gericht an. Auch in der vorliegenden Konstellation ist die durch § 51 Abs. 1 SGB IX bezweckte wirtschaftliche Sicherstellung des Versicherten während einer von ihm nicht zu vertretenden Rehabilitationspause zwischen zwei Maßnahmen zu gewährleisten, soweit dieser – wie im vorliegenden Fall – des Schutzes bedurfte, weil er weder als Arbeitsunfähiger Krankengeld noch Arbeitsentgelt mehr bezog. Das Bedürfnis des Rehabilitanden nach wirtschaftlicher Sicherung durch Zwischenübergangsgeld besteht unabhängig davon, von welcher Art die abgeschlossene und die weitere Maßnahme zur Rehabilitation sind.

Vorliegend stand erst mit Bescheid vom 10.07.2014 fest, dass weitere Teilhabeleistungen wie z.B. eine Fortbildung oder Umschulung nicht in Betracht kamen. Der Kläger hat diesen Bescheid akzeptiert, wohingegen er mit der Bewilligung lediglich eines Eingliederungszuschusses nicht einverstanden war. Auch im Beratungsgespräch mit Frau U ... machte er deutlich, dass er eine Umschulung favorisiert. Gegen den Bescheid vom 19.02.2014 erhob er dann auch Widerspruch. Daraus folgt, dass dem Kläger ein Anspruch auf Überbrückungsübergangsgeld für die Zeit nach Beendigung der Krankengeldzahlung ab 27.03.2013 bis 10.07.2014 zusteht. Dass der Kläger Anfang des Jahres 2013 auch einen Rentenantrag gestellt hat, kann ihm nicht zum Nachteil gereichen, schließlich hat er am 27.03.2013 auch Arbeitslosengeld beantragt. Dies verdeutlicht lediglich, dass er sich in einer Orientierungs- und Findungsphase befand."

Gegen das der Beklagten am 12.10.2017 zugestellte Urteil richtet sich deren am 01.11.2017 beim Sächsischen Landessozialgericht eingelegte Berufung. Der Kläger habe bis zum 08.01.2013 eine medizinische Maßnahme zur Rehabilitation absolviert, nachfolgend sei er in ein IRENA-Nachsorgeprogramm integriert gewesen. Bis zum 26.03.2013 habe er Krankengeld und ab dem 27.03.2013 wegen Arbeitslosigkeit Leistungen seitens der Agentur für Arbeit bezogen. Der vom Kläger am 22.01.2013 gestellte Antrag auf Rente wegen voller Erwerbsminderung sei am 29.04.2013 abgelehnt worden, der hiergegen eingelegte Widerspruch sei am 14.03.2014 zurückgewiesen worden. Einen wirksamen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben habe der Kläger nach dem Aufklärungsschreiben der Beklagten vom 30.01.2013 erst am 22.05.2013 gestellt, mit Bescheid vom 27.11.2013 seien Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben dem Grunde nach bewilligt worden. Hierfür bestehe kein Anspruch auf Übergangsgeld. Das SG habe sich in seiner Entscheidung davon leiten lassen, dass ein Anspruch auf Übergangsgeld mit Verweis auf die Entscheidung des Hessischen Landessozialgerichts (Urteil vom 24.07.2015 – Aktenzeichen: L 5 R 429/12) gegeben sei. Dem sei entgegenzutreten. Für die Zeit ab dem Auslaufen des Krankengeldes bestehe kein Anspruch auf Überbrückungsübergangsgeld. Für die seitens der Beklagten bewilligte Leistung sei ein Übergangsgeldanspruch bereits kraft Gesetzes nicht gegeben, dieser entstehe nur unter den Voraussetzungen von § 33 Abs. 3 Nr. 2 bis 4 sowie der §§ 39 bis 41 SGB IX. Dass sich der Kläger Anfang des Jahres 2013 in einer Orientierungs- und Findungsphase befunden habe, begründe keinen Anspruch auf Übergangsgeld. Da der Kläger mit Hinweis auf den Leistungsbezug von Arbeitslosengeld dem Arbeitsmarkt zur Verfügung gestanden habe und zu diesem Zeitpunkt kein Verfahren wegen Leistungen zur Teilhabe anhängig gewesen sei, sei nicht von einer – nicht zu vertretenden – Rehabilitationspause auszugehen.

Nach Durchführung der medizinischen Rehabilitation habe der Kläger einen Anspruch auf Krankengeld gehabt und effektiv auch Krankengeld bezogen. Ab dem 27.03.2013 habe er wegen Arbeitslosigkeit Leistungen bezogen. Ein Übergangsgeldanspruch wäre im Falle von Arbeitsunfähigkeit ohne Krankengeldbezug auf sechs Wochen und im Falle von Arbeitslosigkeit ohne Arbeitslosengeldbezug auf drei Monate beschränkt. Der Kläger sei jedoch nicht unmittelbar nach Abschluss der Rehabilitationsmaßnahme arbeitslos gewesen. Es bestehe nach § 51 SGB IX kein Anspruch auf Übergangsgeld. Ausgehend von der Beendigung der medizinischen Maßnahme zur Rehabilitation sei kein Verfahren zur Gewährung einer weiteren Leistung zur Teilhabe anhängig gewesen. Bei bestehender Arbeitsunfähigkeit sei der Anspruch auf Krankengeld vorrangig gewesen und bei bestehender Arbeitslosigkeit der Anspruch auf Arbeitslosengeld.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 30.08.2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Rechtliche Grundlage für den geltend gemachten Anspruch sei § 51 SGB IX. Die Ausführungen des SG im Urteil vom 30.08.2017 seien zutreffend, insbesondere der Umstand des "Nicht-vertreten-müssen" sei ausreichend geprüft und gewürdigt worden. Ergänzend sei anzuführen, dass der streitige Zeitraum durch die zunächst ablehnende Entscheidung bezüglich der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben am 29.04.2013 im Macht- und Einflussbereich der Beklagten und Berufungsklägerin erheblich verlängert worden sei. Der Anspruch auf das sogenannte Überbrückungsübergangsgeld resultiere nicht allein auf einer Orientierungs- und Findungsphase, sondern aus den Voraussetzungen des § 51 SGB IX. Hiernach bestehe für den Rentenversicherungsträger ein Sicherstellungsauftrag für die Zeit nach Abschluss einer medizinischen Rehabilitation bis zur Erbringung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, während der Versicherte arbeitsunfähig ist und kein Arbeitsentgelt oder Krankengeld mehr erhält. Der Bezug von Kranken- und Arbeitslosengeld bringe den Anspruch des Klägers nicht zu Fall.

Dem Senat liegen die Gerichtsakte beider Instanzen sowie die Verwaltungsakte der Beklagten vor. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die form- sowie fristgerecht eingelegte und auch sonst zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 21.03.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.06.2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Das diesen Bescheid aufhebende Urteil des SG vom 30.08.2017 konnte keinen Bestand haben.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Übergangsgeld für die Zeit vom 28.03.2013 bis 10.07.2014.

Die Voraussetzungen des vom Kläger nach § 51 Abs. 1 SGB IX in der bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung (SGB IX a.F.) – seit 01.01.2018 inhaltsgleich in § 71 Abs. 1 SGB IX normiert (SGB IX n.F.) – geltend gemachten Anspruchs auf die Gewährung von Übergangsgeld liegen nicht vor. Danach werden das Verletztengeld, das Versorgungskrankengeld oder das Übergangsgeld weitergezahlt, wenn nach Abschluss von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben weitere Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erforderlich sind, während derer dem Grunde nach Anspruch auf Übergangsgeld besteht, und wenn diese Leistungen aus Gründen, die die Leistungsempfänger nicht zu vertreten haben, nicht unmittelbar anschließend durchgeführt werden können. Voraussetzung für die Weiterzahlung ist, dass 1. die Leistungsempfänger arbeitsunfähig sind und keinen Anspruch auf Krankengeld mehr haben oder 2. den Leistungsempfängern eine zumutbare Beschäftigung aus Gründen, die sie nicht zu vertreten haben, nicht vermittelt werden kann.

Nach dem Wortlaut dieser Norm ist somit Voraussetzung einer Weiterzahlung, dass unmittelbar vor dem Zeitpunkt, zu dem die Weitergewährung des Übergangsgeldes geltend gemacht wird, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld gewährt wurde. Bezogen auf den Fall des Klägers kommt allein die Gewährung von Übergangsgeld in Betracht; Verletztengeld (nach dem SGB VII) oder Versorgungskrankengeld (nach dem BVG) bezog der Kläger zu keinem Zeitpunkt. Übergangsgeld bezog er bis zum 08.01.2013, im Anschluss an die medizinische Rehabilitation erhielt er Krankengeld der Krankenversicherung, erst nachfolgend zu dieser Krankengeldgewährung macht der Kläger die Zahlung eines Übergangsgeldes nach § 51 Abs. 1 SGB IX (a.F.) geltend. Dies wird bereits nach dem Wortlaut von § 51 Abs. 1 SGB IX (a.F.) nicht erfasst, da nur die Weiterzahlung von Übergangsgeld bzw. Verletztengeld oder Versorgungskrankengeld geregelt wird (so auch Schlette in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IX, 2. Aufl. 2015, § 51 SGB IX Rn. 12). Hingegen schließt ein dem Kläger zustehender Anspruch auf Krankengeld den Anspruch auf Zwischen-Übergangsgeld aus (BSG, Urteil vom 22.08.1984 – 7 RAr 4/83 –, BSGE 57, 113-117, SozR 4100 § 59d Nr 2, Rn. 23 – juris). Die Zahlung eines Übergangsgeldes nach Auslaufen des Krankengeldanspruchs ist im Gesetz hingegen nicht vorgesehen. Eine solche Konstellation wäre auch keine "Weiterzahlung" der in § 51 Abs. 1 SGB IX (a.F.) genannten Leistungen, sondern eine Wiederbewilligung. Eine Wiederbewilligung sieht § 51 Abs.1 SGB IX (a.F.) jedoch nicht vor. Für eine Erweiterung des Anwendungsbereiches besteht kein Raum. Einerseits setzt die begehrte Leistung als persönliche Voraussetzung ein besonderes Sicherungsbedürfnis voraus (vgl. Schlette, a.a.O., Rn. 16), wobei ein bestehender Krankengeldanspruch dieses besondere Sicherungsbedürfnis gerade entfallen lässt. Andererseits stellt § 51 SGB IX (a.F.) eine Ausnahme zu dem in § 45 SGB IX (a.F.) enthaltenen Grundsatz dar, dass unterhaltssichernde Leistungen nur während der Dauer der Hauptmaßnahme erbracht werden (vgl. Schlette, a.a.O., Rn. 7 f.). Aus diesem Ausnahmecharakter folgt eine enge Auslegung (so auch Schlette, a.a.O., Rn. 10 m.w.N., wonach es sich um eine abschließende Regelung handelt und eine erweiternde Auslegung mangels Regelungslücke nicht in Betracht kommt). Durch den für die Zeit im unmittelbaren Anschluss an die medizinische Rehabilitation vom 09.01.2013 bis zum 26.03.2013 erfolgten Krankengeldbezug ist der Anwendungsbereich von § 51 SGB IX (a.F.) für den Kläger verschlossen, dieser unterfällt dadurch wieder den allgemeinen Regelungen einschließlich des Anspruchs auf Arbeitslosengeld nach § 145 SGB III mit einer Fiktion der Verfügbarkeit im Sinne von § 139 SGB III. Für eine Rückkehr in den Anwendungsbereich von § 51 SGB IX (a.F.) nach Auslaufen des Krankengeldanspruchs besteht angesichts der unterhaltssichernden Eigenschaften des Arbeitslosengeldes in der besonderen Form des § 145 SGB III auch kein Bedarf.

Da der Kläger ausdrücklich erst für die Zeit nach Auslaufen des Krankengeldanspruchs die Gewährung von Übergangsgeld beantragt, erübrigt sich eine eingehende Auseinandersetzung mit einem Anspruch auf Zwischen-Übergangsgeld im unmittelbaren Anschluss an die mit Übergangsgeldbezug bis zum 08.01.2013 andauernde Leistung zur medizinischen Rehabilitation. Allein das vom 09.01.2013 bis zum 26.03.2013 tatsächlich bezogene Krankengeld schließt einen solchen Anspruch aus. Nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX (a.F.) darf bei fortbestehender Arbeitsunfähigkeit ein Anspruch auf Krankengeld nicht bestehen. Vorliegend war der Kläger nach Abschluss der Leistung zur medizinischen Rehabilitation zwar arbeitsunfähig, er hatte aber gleichzeitig einen Anspruch auf Krankengeld und dieser Krankengeldanspruch wurde auch erfüllt.

Die im Urteil des SG in Bezug genommene Entscheidung des Hessischen Landessozialgerichts (Urteil vom 24.07.2015 – Aktenzeichen: L 5 R 429/12) führt zu keiner anderen Bewertung. Der dort im Streit stehende Anspruch auf Übergangsgeld bezog sich auf einen Zeitraum, der sich unmittelbar an eine gewährte Leistung der medizinischen Rehabilitation anschloss (Folgetag), wobei ein Anspruch auf Krankengeld bereits vor der dortigen medizinischen Rehabilitation schon nicht mehr bestand. Dementsprechend hat das Hessische Landessozialgericht in der benannten Entscheidung ausgeführt, dass die Weiterzahlung von u. a. Übergangsgeld kumulativ voraussetzt, dass Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben abgeschlossen sind, weitere Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, während derer dem Grunde nach Anspruch auf Übergangsgeld besteht, erforderlich sind und die Leistungen aus Gründen, die die Leistungsempfänger nicht zu vertreten haben, nicht unmittelbar anschließend durchgeführt werden können; zusätzlich seien die Voraussetzungen von Nr. 1 bzw. Nr. 2 gemäß § 51 Abs. 1 SGB IX (a.F.) erforderlich. Nicht von Bedeutung für die Entscheidung des Hessischen Landessozialgerichts war jedoch die Frage, ob Übergangsgeld gemäß § 51 SGB IX (a.F.) auch gewährt werden kann, wenn nach einer medizinischen Rehabilitation mit dem Bezug von Übergangsgeld zunächst Krankengeld bezogen wird und erst im Anschluss daran wieder Übergangsgeld geltend gemacht wird. Da jedoch eine solche Konstellation von § 51 SGB IX (a.F.) nicht erfasst wird, kommt es auf die Erwägungen des SG im angefochtenen Urteil im Hinblick auf das Vertretenmüssen gemäß § 51 Abs. 1 SGB IX (a.F.) nicht an.

Ein Anspruch des Klägers folgt auch nicht aus der seit dem 01.01.2018 für das Zwischen-Übergangsgeld geltenden Anspruchsgrundlage in § 71 SGB IX (n.F.). Diese Gesetzesnovelle brachte keine inhaltlichen Änderungen (vgl. Schlette in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IX, 3. Aufl. 2018, § 71 SGB IX Rn. 12 – juris).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1, 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 160 Abs. 2 SGG.
Rechtskraft
Aus
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