L 6 U 91/17

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 5 U 331/14
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 6 U 91/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zum Vorliegen eines Wegeunfalls nach Beendigung eines schulischen Praktikums
I. Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 12.04.2017 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Instanzen nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten noch über die Anerkennung eines Ereignisses vom 30.07.2013 als Arbeitsunfall.

Der 1995 geborene Kläger zeigte mit Schreiben vom 30.05.2014 gegenüber der Beklagten an, Schüler des Beruflichen Schulzentrums für Technik "Z ..." in B ... gewesen zu sein. Begleitend zum Schulbesuch habe er fachpraktischen Unterricht in Form eines Betriebspraktikums wahrnehmen müssen. Diesbezüglich sei im Verhältnis Schule/Schüler/Praktikumsbetrieb ein entsprechender Vertrag mit der Y ... GmbH in X ..., abgeschlossen worden. Am 30.07.2013 habe er um 11 Uhr einen Termin bei seinem Praktikumsbetreuer Herrn C ... gehabt, auf dem Weg zu diesem Termin sei er schwer verunfallt. Nach Abschluss der Primärversorgung stehe die Finanzierung der notwendigen Rehabilitation zwischen den potenziellen Kostenträgern im Streit. Da es sich bei dem Unfallereignis um einen Wegeunfall gehandelt habe, sei die Beklagte als Versicherungsträger einstandspflichtig.

Zur Akte reichte der Kläger einen Bericht der Klinik W ... vom 04.03.2014. Danach erlitt der Kläger durch den Unfall am 30.07.2013 ein Polytrauma u.a. mit Schädel-Hirn-Trauma Grad III und komplexer Beckenringfraktur.

Die Beklagte zog Informationen zum Unfallhergang bei und holte Auskünfte von der vom Kläger benannten Schule ein. Danach werde in der 11. Klasse ein Praktikum absolviert. 50 % der 11. Klasse sei Fachpraxis. Die 11. Klasse schließe mit Ende des Schuljahres ab. Ab diesem Zeitpunkt seien keine Praktika mehr vorgesehen. Der Kläger habe den fachpraktischen Unterricht in der Y ... GmbH in X ... absolviert. Die Beurteilung der Leistung des Klägers während des fachpraktischen Unterrichts sei bereits am 31.05.2013 vom Praktikumsbetrieb und vom Kläger unterschrieben worden. Eine Verpflichtung, dass sich der Kläger nach Abschluss des Schuljahres noch einmal im Praktikumsbetrieb vorstellen müsse, habe nicht bestanden. Das Praktikum sei am 12.07.2013 beendet gewesen. Die Schule habe am 20.08.2013 durch die Eltern des Klägers Kenntnis vom Unfall erhalten.

Der Beklagten wurde von der Schule die Vereinbarung über die Durchführung des fachpraktischen Unterrichts zwischen der Y ... GmbH und der Schule Berufliches Schulzentrum für Technik "Z ..." in B ... das Praktikum des Klägers betreffend überreicht. Danach wurde ein Praktikum in der Zeit vom 17.09.2012 bis zum 12.07.2013 vereinbart. Für den Praktikumsbetrieb bestand kein Anspruch auf finanziellen Ausgleich; zur Zahlung von Entgelt, Fahrtkosten u. ä. gegenüber der Schule oder dem Praktikanten war der Praktikumsbetrieb nicht verpflichtet. Ausgeführt wird, dass der Praktikant über die Beklagte gesetzlich unfallversichert sei. Übergeben wurde ferner der Durchlaufplan für den Schuljahresablauf 2012/2013 der Klasse 11 OS 12 b. Dieser beinhaltete 39 Unterrichtswochen in der Zeit vom 03.09.2012 bis zum 12.07.2013, wobei die Wochen jeweils mit "Schule" bzw. "Praxis" gekennzeichnet waren. Die letzte Praxis-Woche war vom 08.07.2013-12.07.2013. Aufgeführt sind ferner die Ferien, u.a. die Sommerferien vom 15.07.2013 bis zum 23.08.2013. Datierend auf den 31.05.2013 ist die Beurteilung der Leistung von Fachoberschülern der Klassenstufe 11 während des fachpraktischen Unterrichts aktenkundig, unterschrieben einerseits vom Kläger, andererseits vom Praktikumsbetrieb. Ferner wurde von der Schule das Schreiben der Eltern des Klägers vom 20.08.2013 an die Schule zur Akte der Beklagten gereicht. Darin wurde ein schwerer Verkehrsunfall am 30.07.2013 mit andauerndem Krankenhausaufenthalt (künstliches Koma nach schwerem Schädel-Hirn-Trauma) mitgeteilt. Es sei noch nicht absehbar, wann der Kläger wieder in der Lage sein werde, die Schule zu besuchen.

Die Beklagte holte am 03.07.2014 im Rahmen eines Ortstermins Auskünfte vom Praktikumsbetrieb ein. Mit dem Kläger sei für den 30.07.2013 um 11.00 Uhr ein Termin vereinbart worden, um ein Abschlussgespräch über das Praktikum zu führen, im Rahmen dessen habe dem Kläger auch eine Prämie ausgehändigt werden sollen. Es habe die Vereinbarung zwischen dem Praktikumsbetrieb und dem Kläger bestanden, dass der Kläger pro Tag 10,00 Euro erhalte, wenn er gut arbeite. Er habe bereits für die Monate September 2012 bis April 2013 Prämien in Höhe von 450,00 Euro erhalten. Der Restbetrag in Höhe von 210,00 Euro habe am 30.07.2013 ausgezahlt werden sollen. Die entsprechende Quittung sei schon vorbereitet gewesen, das Geld habe sich aber noch in den gezeigten Unterlagen befunden. Vorgelegt wurde ferner die Beurteilung des Praktikumsbetriebs, wobei auf dem vorgelegten Exemplar die Unterschrift des Klägers fehlte. Ergänzt wurde, dass die bei dem Unfall ebenfalls verletzte weibliche Person die Freundin des Klägers sei, dieser habe er den Betrieb zeigen wollen.

Die Beklagte holte ergänzende Auskünfte der Schule des Klägers ein. Danach sei die Beurteilung des fachpraktischen Unterrichts nur dahingehend Bestandteil des Zeugnisses, als ein Vermerk "bestanden/nicht bestanden" erfolge, wobei sich dieser Vermerk nicht auf den Inhalt der Beurteilung der gezeigten Leistungen des Schülers, sondern auf die Anwesenheit bzw. Nichtanwesenheit des Schülers beziehe. Ab 20 % Nichtanwesenheit gelte der fachpraktische Unterricht als "nicht bestanden". Die Beurteilungen hätten vier Wochen vor der Zeugnisausgabe vorliegen sollen. Am letzten Schultag sei die Klasse des Klägers in der Schule gewesen, der Kläger habe somit sein Zeugnis am 12.07.2013 erhalten. Im Rahmen der Zeugnisübergabe habe er auch eine Kopie der Beurteilung erhalten. Der Praktikumsbetrieb sei nicht verpflichtet, ein Abschlussgespräch mit dem Praktikanten zu führen, die Schule erhalte auch keinen diesbezüglichen Bericht.

Mit Schreiben vom 14.07.2014 wandte sich die Beklagte an die Beigeladene mit der Bitte um Prüfung der dortigen Zuständigkeit vor dem Hintergrund der durchgeführten Prämienzahlung angesichts eines Rundschreibens der DGUV vom 18.12.2008, wonach die Zahlung eines Entgelts an einen Praktikanten der Jahrgangsstufe 11 der Fachoberschule regelmäßig dazu führe, diesen als Beschäftigten des Betriebes anzusehen.

Die Beigeladene teilte der Beklagten mit Schreiben vom 22.07.2014 mit, dass das Abschlussgespräch unabhängig davon, ob es de facto nach Praktikumsrichtlinien erforderlich war, als Teil des Praktikums zu sehen sei. Hierfür liege die Zuständigkeit der Beklagten vor. Dass anlässlich des Abschlussgesprächs eine Prämie an den Kläger habe ausgehändigt werden sollen, könne Versicherungsschutz bei der Beigeladenen nicht begründen. Die Regelungen im DGUV-Rundschreiben vom 18.12.2008 träfen auf diesen Fall nicht zu.

Die Beklagte zog ergänzend die Akte der Staatsanwaltschaft Dresden bezogen auf den Unfall vom 30.07.2013 bei. In einer Vernehmung vom 25.06.2014 führte der Kläger aus, dass er von seinem ehemaligen Arbeitgeber die Information über die Prämienzahlung erhalten habe, diese habe er am Unfalltag abholen wollen. Seine Freundin habe mitfahren wollen. Im Anschluss sei eine Fahrt nach U ... geplant gewesen.

Mit Bescheid vom 28.08.2014 lehnte die Beklagte ihre Leistungspflicht für das Ereignis vom 30.07.2013 ab. Zum Unfallzeitpunkt habe der Kläger nicht zum Kreis der bei der Beklagten versicherten Personen gehört. Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 8 b Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) habe nicht bestanden. Das Abschlusszeugnis der 11. Klasse sei am 12.07.2013 an den Kläger übergeben worden, im Rahmen dessen habe er auch eine Kopie der Praktikumsbeurteilung vom 31.05.2013 erhalten. Es habe keine Verpflichtung des Praktikumsbetriebes bestanden, mit dem Kläger ein Abschlussgespräch zu führen und dem Berufsschulzentrum einen Bericht hierüber zu erstatten. Versicherungsschutz bestehe für Schüler während des Besuchs von Allgemein- oder Berufsbildenden Schulen und während der Teilnahme an unmittelbar vor oder nach dem Unterricht von der Schule oder im Zusammenhang mit ihr durchgeführten Betreuungsmaßnahmen. Entsprechend der am 11.07.2012 geschlossenen Vereinbarung über die Durchführung des fachpraktischen Unterrichts der Klassenstufe 11 in der Fachoberschule habe das Praktikum im organisatorischen und inhaltlichen Verantwortungsbereich des BSZ für Technik "Z ..." in B ... gestanden. Versicherungsschutz habe daher für die Dauer des Praktikums vom 17.09.2012 bis zum 12.07.2013 nach § 2 Abs. 1 Nr. 8b SGB VII bestanden. Da sich der Unfall nach Beendigung des Praktikums ereignet und keine Verpflichtung bestanden habe, nochmals den Praktikumsbetrieb aufzusuchen, sei die Fahrt am 30.07.2013 zur Y ... GmbH nicht dem organisatorischen Verantwortungsbereich des BSZ für Technik "Z ..." in B ... zuzurechnen. Der Kläger habe zum Unfallzeitpunkt nicht zum bei der Beklagten versicherten Personenkreis gehört. Ob Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII bestanden habe, sei durch die zuständige Berufsgenossenschaft zu prüfen. Eine Mehrfertigung des Bescheides werde der Beigeladenen übersandt.

Diesen Bescheid griff der Kläger mit seinem Widerspruch vom 10.09.2014 an. Er sei zum Zeitpunkt des Unfalls Schüler gewesen. Es sei unschädlich, dass sich der Unfall während der Ferienzeit ereignet habe, die Zuordnung zum Kreis der Versicherten knüpfe an den Status Schüler an, dieser Status ende nicht mit dem Ferienbeginn. Das zu absolvierende Betriebspraktikum gehöre zum Lehrplan. Auf Basis des abgeschlossenen Vertrages sei er berechtigt und verpflichtet gewesen, den Praktikumsbetrieb aufzusuchen und den Weisungen des Betreuers im Unternehmen Folge zu leisten. Schülerpraktika seien schulische Veranstaltungen. Für den Unfalltag habe er sich einer Weisung des ihn im Praktikum betreuenden Herrn C ... gegenüber gesehen. Dieser habe verfügt, dass er am 30.07.2013 bei ihm persönlich zu einem Abschlussgespräch vorstellig werden sollte. Dieser Weisung sei er nachgekommen bzw. habe er der Weisung nachkommen wollen. Der Termin sei dem Praktikum zuzurechnen und damit eine schulische Veranstaltung. Die vertragliche Vereinbarung zwischen Schule und Praktikumsbetrieb bilde lediglich den rechtlichen Rahmen, ohne jedoch abschließender Natur zu sein. Die inhaltliche Ausgestaltung des Praktikums habe einzig dem Praktikumsbetrieb oblegen. Der Praktikumsbetrieb entscheide, mit welchen Aufgaben und Terminen der Praktikant zu belegen und in welcher Weise er in die betrieblichen Abläufe einzugliedern sei. Es bestehe auch die Verpflichtung, neben der Auswertung der fachlichen Eignung/Entwicklung auch eine Einschätzung der sonstigen für den Arbeitsalltag notwendigen Kompetenzen vorzunehmen und mit dem betreffenden Mitarbeiter zu erörtern. Bei dem Termin vom 30.07.2013 habe es sich um einen solchen dem Praktikum zuzurechnenden Termin gehandelt. Er habe den Betrieb nicht aus freien Stücken aufgesucht, sondern um der Weisung des Betreuers folgend eine abschließende inhaltliche Besprechung/Auswertung des Praktikums vorzunehmen. Dass hierbei auch eine Prämie habe übergeben werden sollen, ändere nichts daran, dass es sich bei dem Termin um ein "Personal-/Mitarbeitergespräch" gehandelt habe. Zwar sei der Praktikumsbetrieb hierzu nicht verpflichtet gewesen, dies führe jedoch nicht dazu, dass das Praktikum seinen Status als schulische Veranstaltung verliere. Die Prämie sei lediglich Ausdruck der Wertschätzung dessen, was er im Zuge des Schülerpraktikums geleistet habe. Außerhalb des Schülerpraktikums habe kein Kontakt zwischen ihm und dem Praktikumsbetrieb bestanden. Die Leistungspflicht der Beklagten sei zu bejahen.

Parallel zum Widerspruchsverfahren beantragte der Kläger mit Schreiben vom 11.09.2014 die Übernahme der Kosten der weiteren medizinischen Behandlung der Unfallfolgen gemäß § 43 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I), was die Beklagte mit Bescheid vom 16.09.2014 ablehnte. Der hiergegen gerichtete Widerspruch des Klägers vom 23.09.2014 blieb ausweislich eines Widerspruchsbescheides vom 26.11.2014 erfolglos.

Mit weiterem Widerspruchsbescheid vom 26.11.2014 wies die Beklagte auch den Widerspruch gegen den Bescheid vom 28.08.2014 zurück und führte zur Begründung aus, dass sich der gesetzliche Unfallversicherungsschutz auf den Besuch der Schule bzw. des Unterrichts sowie auf sogenannte schulische Veranstaltungen, d.h. auf den sogenannten organisatorischen Verantwortungsbereich der Schule erstrecke. Der fachpraktische Unterricht in Form von Betriebspraktika stelle dabei grundsätzlich eine solche schulische Veranstaltung dar, hierzu sei am 11.07.2012 eine Vereinbarung zwischen der Schule und dem Praktikumsbetrieb geschlossen worden, der Praktikumsbetrieb habe sich bereit erklärt, im Zeitraum vom 17.09.2012 bis zum 12.07.2013 den Kläger als Praktikanten aufzunehmen. Insoweit habe gesetzlicher Unfallversicherungsschutz bestanden. Bei dem Abschlussgespräch habe es sich jedoch um keine schulische Veranstaltung im organisatorischen Verantwortungsbereich des Berufsschulzentrums gehandelt. Es habe die Verpflichtung bestanden, dass der Praktikumsbeauftragte am Ende des Praktikums eine Einschätzung der Leistung und des Verhaltens des Praktikanten vornehme und diese der Schule übersende. Die Beurteilung sei im Fall des Klägers bereits am 31.05.2013 erfolgt und habe vor dem Abschluss des Schuljahres dem beruflichen Schulzentrum vorgelegen. Eine Verpflichtung des Praktikumsbetriebes, mit dem Kläger nachfolgend noch ein persönliches Abschlussgespräch zu führen, habe weder nach der Praktikumsvereinbarung bestanden noch habe der Praktikumsbetrieb von der Schule hierzu eine Aufforderung erhalten. Die Fahrt am 30.07.2013 sei nicht im organisatorischen Zusammenhang mit dem Besuch der Fachoberschule bzw. dem Betriebspraktikum erfolgt. Zum Unfallzeitpunkt habe weder Schulbetrieb noch Praktikum stattgefunden, vielmehr seien Sommerferien gewesen. Die Entscheidung, zum Praktikumsbetrieb zu fahren, sei keiner organisatorischen Maßnahme der Schule zuzuordnen. Der Kläger habe eigenwirtschaftlich gehandelt.

Gegen die Ablehnung der vorläufigen Übernahme der Behandlungskosten hat der Kläger am 19.12.2014 Klage zum Sozialgericht Dresden (SG) – geführt unter dem Az. S 39 U 332/14 – erhoben. Zur Begründung hat er sich auf § 43 SGB I als Anspruchsgrundlage gestützt.

Mit weiterer Klage vom 17.12.2014 hat sich der Kläger gegen den Bescheid der Beklagten vom 28.08.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.11.2014 gerichtet.

Mit Beschluss vom 22.04.2015 hat das SG die beiden Klageverfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden, mit Beschlüssen vom 22.04.2015 und vom 16.11.2015 hat das SG die Beigeladene notwendig nach § 75 Abs. 2 SGG beigeladen.

Der Kläger hat zur Begründung seiner Klagen die Argumentation aus den Widerspruchsverfahren wiederholt und ergänzend ausgeführt, dass die Zahlung der Prämie als Entgelt anzusehen sei, woraus die Leistungspflicht der Beigeladenen resultiere. Entgegen der Ansicht der Beigeladenen sei keine künstliche Aufspaltung in bezahlte bzw. nichtbezahlte Tage vorzunehmen. Der Praktikumsbetrieb habe zu Beginn des Praktikums mit der Zusage der Vergütung die Status begründende Entscheidung getroffen.

Die Beklagte hat im Klageverfahren ausgeführt, dass der Schutzbereich der "Schüler-Unfallversicherung" enger sei als der Versicherungsschutz von Beschäftigten, weil er auf den organisatorischen Verantwortungsbereich der Schule beschränkt sei. Außerhalb dieses Verantwortungsbereiches bestehe in der Regel kein Versicherungsschutz. Zwar bestehe Versicherungsschutz für die Schüler auch auf Wegen nach und von dem Ort des Schulunterrichts oder anderen schulischen Veranstaltungen, das Abschlussgespräch werde aber vom Versicherungsschutz des § 2 Abs. 1 Nr. 8 b SGB VII nicht erfasst. Ausweislich der zwischen der Schule und dem Praktikumsbetrieb geschlossenen Vereinbarung war eindeutig die Zahlung von Entgelt nicht vorgesehen. Wenn gleichwohl eine Vergütung vereinbart werde, könne dies nur dazu führen, den Kläger als Beschäftigten des Praktikumsbetriebes anzusehen. Zwar lägen in aller Regel Schülerbetriebspraktika im organisatorischen Verantwortungsbereich der Schule. Deshalb wäre die Beklagte grundsätzlich zuständiger Unfallversicherungsträger für das im Zeitraum vom 17.09.2012 bis zum 12.07.2013 vom Kläger durchgeführte Betriebspraktikum. Hiervon abzugrenzen sei jedoch der konkrete Unfalltag vom 30.07.2013. Dies sei nicht dem organisatorischen Verantwortungsbereich der Schule zuzurechnen. Die vom Praktikumsbetrieb gezahlte Prämie sei als Vergütung anzusehen.

Die Beigeladene hat im Klageverfahren darauf hingewiesen, dass bei Zahlung eines Entgelts an den Praktikanten dieser als Beschäftigter des Betriebes gelte und Unfallversicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII über die jeweilige Fach-Berufsgenossenschaft bestehe. Wenn kein Praktikumsentgelt gezahlt werde, gelte das Praktikum als schulische Veranstaltung und es bestehe Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 8 b SGB VII. Die Beigeladene hat Rundschreiben der DGUV vom 18.12.2008 und vom 12.04.2010 zur Akte gereicht, auf die Bezug genommen wird. Der Praktikumsbetrieb habe mit dem Kläger eine Vereinbarung getroffen, dass er 10,00 Euro pro Tag erhalte, wenn er "gut" gearbeitet habe. Aus dieser Absprache könne nicht die Schlussfolgerung gezogen werden, dass die gezahlten Prämien als Arbeitsentgelt zu werten seien. Es handele sich nicht um Arbeitsentgelt, wie es im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses gewährt werde. Aus der Summe der gezahlten Prämien sei auch ersichtlich, dass der Kläger nicht für jeden Arbeitstag eine Prämie erhalten habe. Selbst wenn die Prämien als Arbeitsentgelt gewertet würden, sei zum Arbeitsbeginn nie feststellbar, welcher Unfallversicherungsträger am jeweiligen Tag zuständig sei, da erst nach Arbeitsende durch den Praktikumsbetrieb die Entscheidung getroffen werden könne, ob die Arbeitsleistung "gut" gewesen sei und die Prämie gezahlt werde oder nicht. Ein im Zweifel täglicher Wechsel der Zuständigkeiten zwischen verschiedenen Unfallversicherungsträgern sei vom Gesetzgeber nicht vorgesehen. Es liege kein Praktikum mit Entgeltzahlung vor, so dass sich die Zuständigkeit der Beigeladenen nicht begründen lasse. Prämie und Entgelt seien grundsätzlich zwei unterschiedliche Leistungen. Entgelt schuldet der Arbeitgeber als Gegenleistung für eine Arbeit mittlerer Art und Güte, vorliegend sei eine Prämie für gute Arbeit in Aussicht gestellt worden, ein Anspruch, der durch den Kläger kaum rechtlich einklagbar gewesen wäre. Ein Grundgehalt sei nicht vereinbart gewesen. Dass der Kläger die Prämie fast für jeden Tag erhalten habe, ändere nichts daran, dass er diese als Prämie ausgezahlt bekommen habe. Ausweislich des zwischen dem Berufsschulzentrum und dem Praktikumsbetrieb geschlossenen Praktikumsvertrages stehe das Praktikum im organisatorischen Verantwortungsbereich der Schule, wobei auch in der Schulordnung der Fachoberschule ein entsprechendes Praktikum vorgesehen sei. Die Zahlung der Prämie ändere daran nichts, zumal diese auch nicht den Entgeltbegriff erfülle. Ein innerer Zusammenhang zwischen dem für den 30.07.2013 geplanten Abschlussgespräch und dem Betriebspraktikum sei nicht zu verneinen. Das Betriebspraktikum habe nach Erstellung der schriftlichen Beurteilung noch sechs Wochen angedauert. Auch wenn das für den 30.07.2013 geplante Abschlussgespräch erst nach dem Ende des Praktikums erfolgte, verliere es nicht seinen unmittelbaren Bezug zur fachpraktischen Ausbildung, es habe noch in unmittelbarer zeitlicher Nähe stattgefunden. Die Annahme eines eigenständigen Praktikums am 30.07.2013 bei Verneinung eines inneren Zusammenhangs zum Praktikum des 11. Schuljahres sei ebenfalls nicht sachgerecht, da an diesem Tag keine Arbeiten im Praktikumsbetrieb durchgeführt werden sollten.

Mit Gerichtsbescheid vom 12.04.2017 hat das SG die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 28.08.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.11.2014 verpflichtet, das Ereignis vom 30.07.2013 als Arbeitsunfall anzuerkennen und dem Kläger Leistungen nach den Bestimmungen der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren. Zur Begründung hat das SG ausgeführt: "Die Anfechtungs-/Feststellungs- und Leistungsklagen sind zulässig und begründet. Der Kläger ist durch die angefochtenen Bescheide der Beklagten in seinen Rechten verletzt. Bei dem Unfall vom 30.07.2013 handelt es sich um einen Arbeitsunfall, für den die Beklagte der zuständige Versicherungsträger ist.

Nach § 8 Abs. 1 Sozialgesetzbuch VII (SGB VII) sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit. Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Für einen Arbeitsunfall ist danach im Regelfall erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist, diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis geführt hat und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten begründet hat (BSGE 96, 196). Das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens ist keine Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls, sondern u. a. für die Gewährung einer Verletztenrente.

Der Kläger hat am 30.07.2013 wegen seiner Praktikantentätigkeit nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII unter Versicherungsschutz gestanden. Nach dieser Vorschrift ist auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit im Sinne von § 8 Abs. 1 SGB zusammenhängenden unmittelbaren Wegs nach und von dem Ort der Tätigkeit versicherte Tätigkeit. Versichert war der Kläger hier nach § 2 Abs. 8 b SGB VII als Schüler während des Besuchs von allgemein- oder berufsbildenden Schulen und während der Teilnahme an unmittelbar vor oder nach dem Unterricht von der Schule oder im Zusammenhang mit ihr durchgeführten Betreuungsmaßnahmen.

Dass der Kläger als Praktikant grundsätzlich unter dieser Vorschrift fiel wurde im Verwaltungs- und Vorverfahren auch von der Beklagten nicht bezweifelt. Dieser Versicherungsschutz war zum Unfallzeitpunkt auch noch nicht erloschen.

Am 30.07.2013 sollte ein Schlussgespräch des Klägers mit dem Verantwortlichen beim Praktikumsbetrieb stattfinden. Dass dem Kläger schon vor diesem Zeitpunkt die schriftliche Beurteilung ausgehändigt worden war, schließt den unmittelbaren Zusammenhang des Gespräches mit dem Praktikum nicht aus, zumal nach Erstellung der Beurteilung das Praktikum noch weitere sechs Wochen lang andauerte. Auch der zeitliche Bezug war am 30.07.2013 noch gegeben. Die Eindrücke und Erfahrungen aus dem Praktikum waren für die Beteiligten an dem Gespräch noch frisch.

Der Kläger war während des Praktikums auch kein Beschäftigter im Sinne von § 2 Abs. 1 SGB VII.

Eine nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versicherte Tätigkeit als Beschäftigter liegt vor, wenn der Verletzte zur Erfüllung eines von ihm begründeten Rechtsverhältnisses, insbesondere eines Arbeitsverhältnisses, eine eigene Tätigkeit in Eingliederung in das Unternehmen eines anderen (vgl. § 7 Abs. 1 SGB IV) zu dem Zweck verrichtet, dass die Ergebnisse ihrer Verrichtung diesem und nicht ihr selbst unmittelbar zum Vorteil oder Nachteil gereichen (vgl. § 136 Abs. 3 Nr. 1 SGB VII). Es kommt objektiv auf die Eingliederung des Handelns des Verletzten in das Unternehmen eines anderen und subjektiv auf die zumindest auch darauf gerichtete Willensausrichtung an, dass die eigene Tätigkeit unmittelbare Vorteile für das Unternehmen des anderen bringen soll. Eine Beschäftigung iS des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII wird daher ausgeübt, wenn die Verrichtung zumindest dazu ansetzt und darauf gerichtet ist, entweder eine eigene objektiv bestehende Haupt- oder Nebenpflicht aus dem zu Grunde liegenden Rechtsverhältnis zu erfüllen, oder der Verletzte eine objektiv nicht geschuldete Handlung vornimmt, um einer vermeintlichen Pflicht aus dem Rechtsverhältnis nachzugehen, sofern sie nach den besonderen Umständen ihrer Beschäftigung zur Zeit der Verrichtung annehmen durfte, sie treffe eine solche Pflicht, oder sie unternehmensbezogene Rechte aus dem Rechtsverhältnis ausübt (vgl. BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 8/11 R - BSGE 111, 37 = SozR 4-2700 § 2 Nr. 20, RdNr. 27 ff).

§ 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII erfasst die Beschäftigten iS des § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (Satz 1). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (Satz 2). Eine Beschäftigung liegt daher immer dann vor, wenn ein Arbeitsverhältnis besteht. Sie kann aber auch ohne Arbeitsverhältnis gegeben sein, wenn die Verletzte sich in ein fremdes Unternehmen eingliedert und ihre konkrete Handlung sich dem Weisungsrecht eines Unternehmers insbesondere in Bezug auf Zeit, Dauer, Ort und Art der Verrichtung unterordnet (vgl. BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 8/11 R - BSGE 111, 37 = SozR 4-2700 § 2 Nr. 20, RdNr. 31 ff). Dabei kommt es auf die das Gesamtbild bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse an. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine formlose Abbedingung rechtlich möglich ist. Entscheidend ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. BSG vom 29.8.2012 - B 12 KR 25/10 R - BSGE 111, 257).

Die Rechtsbeziehung zwischen dem Kläger und dem Praktikumsbetrieb fußte vorliegend auf landesrechtlichen Vorschriften, die für Fachoberschüler der Jahrgangsstufe 11 eine fachpraktische Ausbildung vorsahen. Auch diese ist dem organisatorischen und inhaltlichen Verantwortungsbereich der Schule zugeordnet. Daher wird der Praktikant während des Praktikums nicht zum Beschäftigten oder Arbeitnehmer, sondern bleibt Schüler im Sinne von § 2 Abs. 8 b SGB VII. Ob dies dann anders zu bewerten wäre, wenn der Praktikant für die Dauer der praktischen Beschäftigung Arbeitslohn erhält kann dahin stehen. Denn Arbeitsentgelt in diesem Sinne erhielt der Kläger nicht.

Die zwischen dem Praktikumsbetrieb und dem Beruflichen Schulzentrum für Technik "Z ..." am 11.07.2012 geschlossene Vereinbarung über die Durchführung des fachpraktischen Unterrichts der Klassenstufe 11 in der Fachoberschule (FOS) sah vor, dass der Betrieb nicht zur Zahlung von Entgelt, Fahrkosten u. ä. gegenüber der Schule und dem Praktikanten verpflichtet war. Da der Kläger die ihm übertragenen Arbeiten vollständig und sachlich fehlerfrei ausführte zahlte ihm der Betrieb für gesamte Praktikumszeit eine als "Prämie" bezeichnete Zuwendung in Höhe von insgesamt 660,- Euro, wovon der letzte Teil in Höhe von 210,- Euro dem Kläger am 30.07.2013 übergeben werden sollte. Hierbei handelte es sich schon deshalb nicht um Arbeitsentgelt, weil der Kläger nicht Beschäftigter im Sinne des § 2 Abs. 1 SGB VII i.V.m. § 7 Abs. 1 SGB IV war (vgl. hierzu BSG Urteil vom 13.12.1984 – 2 RU 79/83 -). Ob die Zuwendung zu versteuern war, ist dabei unerheblich. Im Übrigen wäre die geleitete Vergütung auch kein angemessenes Entgelt bei der Dauer des Praktikums."

Gegen den der Beklagten am 27.04.2017 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 19.05.2017 beim Sächsischen Landessozialgericht eingelegte Berufung. Zur Begründung hat die Beklagte ausgeführt, dass ausgehend von der gezahlten Prämie der Arbeitsentgeltbegriff gemäß § 14 SGB VII erfüllt sei. Danach spiele es weder eine Rolle, ob eine Verpflichtung zur Zahlung bestanden habe oder ob eine angemessene Vergütung vorliege, noch wie das Entgelt bezeichnet werde. Zudem habe das SG verkannt, dass – wenn das Praktikum dem Besuch der berufsbildenden Schule zuzuordnen wäre – nur Versicherungsschutz für Veranstaltungen gegeben sei, sofern und soweit diese dem organisatorischen Verantwortungsbereich der Schule zuzurechnen sei. Außerhalb dieses Verantwortungsbereiches bestehe kein Unfallversicherungsschutz. Der organisatorische Verantwortungsbereich erfordere einen unmittelbaren räumlichen und zeitlichen Zusammenhang zur Schule, die Schule müsse also Inhalt und Ablauf zumindest derart mit veranstalten, dass die Unternehmung als von der Schule organisatorisch (mit-)getragen erscheine. Daran fehle es, wenn wirksame schulische Aufsichtsmaßnahmen nicht mehr gewährleistet seien. Ob die unfallbringende Handlung vom Unfalltag noch dem schulischen organisatorischen Verantwortungsbereich zugeordnet werden könne, habe das SG nicht geprüft. Das Praktikum habe am 12.07.2013 geendet, am selben Tag sei die Zeugnisausgabe erfolgt und drei Tage später hätten die Ferien begonnen. Erst am 30.07.2013, also fast drei Wochen nach offiziellem Praktikumsende, habe der Kläger den ehemaligen Praktikumsbetrieb ohne jedes Wissen der Schule nochmals aufgesucht, um einen Geldbetrag in Höhe von 210,00 Euro entgegenzunehmen und nochmals ein Gespräch zu führen. Diese Aktion sei jeglicher schulischen Einflussnahme entzogen. Gesetzlicher Unfallversicherungsschutz gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 8 b SGB VII könne zum Unfallzeitpunkt nicht bestanden haben.

Die Beklagte beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 12.04.2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verkenne, dass es sich bei dem streitbefangenen Praktikum um ein Pflichtpraktikum gehandelt habe. Das Praktikum sei organisatorisch und inhaltlich dem Verantwortungsbereich der Schule zugeordnet. Unfallversicherungsschutz habe nach § 2 Abs. 1 Nr. 8 b SGB VII bestanden. Vom Praktikumsbetrieb gewährte Zahlungen hätten keine Verlagerung zur Zuständigkeit der Beigeladenen zur Folge. Ausweislich der zwischen der Schule und dem Praktikumsbetrieb geschlossenen Vereinbarung sei der Praktikumsbetrieb ihm gegenüber weisungsberechtigt gewesen. Die Ausübung jener Weisungsbefugnis könne nicht zur Folge haben, dass er seinen Versicherungsschutz verliert, wenn er den entsprechenden Weisungen – hier die Einladung zum Abschlussgespräch – nachkomme. Eine schriftliche Vereinbarung im Hinblick auf die gewährte Prämie habe es nicht gegeben, der Gesprächstermin zum 30.07.2013 sei telefonisch vereinbart worden, wobei er sich nicht daran erinnern könne, zu welchem Zeitpunkt der Termin vereinbart wurde. Bei dem Abschlussgespräch habe der Ausbilder mit ihm dessen Leistung in dem Praktikum besprechen und auswerten wollen.

Die Beigeladene beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 12.04.2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Sie hat im Berufungsverfahren darauf hingewiesen, dass die Beklagte die Zuständigkeit für das Praktikum des 11. Schuljahres bei sich gesehen habe. Streitig sei lediglich, ob der 30.07.2013 noch als Bestandteil des Praktikums zu werten sei. Ausgehend von einem Unterschied zwischen schriftlicher Beurteilung und Abschlussgespräch sei ein unmittelbarer Bezug zur fachpraktischen Ausbildung herstellbar. Die Kriterien für ein Beschäftigungsverhältnis und damit Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII lägen nicht vor.

Der Senat hat eine Auskunft des Geschäftsführers des Praktikumsbetriebes eingeholt. In der Auskunft vom 04.02.2019 wird bestätigt, dass es neben der zwischen der Schule und dem Praktikumsbetrieb geschlossenen Vereinbarung keine weiteren Vereinbarungen gegeben habe. Die Prämien würden alle Praktikanten erhalten. Es könne keine Aussage mehr dazu getroffen werden, zu welchem Zeitpunkt der Termin für das Abschlussgespräch vereinbart worden sei. Auch sei nicht mehr bekannt, ob dem Kläger neben der Praktikumsbeurteilung vom 31.05.2013 noch ein anderes Zeugnis ausgehändigt werden sollte. Die Initiative zur Durchführung des Gesprächs am 30.07.2013 sei von der Firma ausgegangen. Wegen der Einzelheiten der Auskünfte wird auf Blatt 116, 118 der Gerichtsakte Bezug genommen.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 01.08.2019 hat der Kläger Erledigung des Rechtsstreits im Hinblick auf den Bescheid der Beklagten vom 16.09.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.11.2014 erklärt.

Dem Senat liegen die Gerichtsakten beider Instanzen sowie die Verwaltungsakte der Beklagten vor. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die form- sowie fristgerecht eingelegte und auch sonst zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 28.08.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.11.2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die entgegenstehende Entscheidung des SG im Gerichtsbescheid vom 12.04.2017 war aufzuheben.

Die gegen den Bescheid der Beklagten vom 28.08.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.11.2014 erhobene Klage ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteile vom 07.09.2004, Az.: B 2 U 35/03 R und B 2 U 45/03 R) auf Anerkennung eines Ereignisses als Arbeitsunfall gerichtet und daher als Feststellungsklage i.S.d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG auszulegen. Ein berechtigtes Interesse des Klägers an dieser Feststellung besteht, weil es die Vorfrage für die Entscheidung der Beklagten über die zu gewährenden Leistungen darstellt. Eine Entscheidung hierüber war dem Senat verwehrt, weil die Beklagte über einzelne in Betracht kommende Leistungen noch keine Entscheidung getroffen hat (BSG, a.a.O.). Die gegen den Bescheid vom 16.09.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.11.2014 erhobene Klage wurde im Berufungsverfahren für erledigt erklärt.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung, dass das Ereignis vom 30.07.2013 ein Arbeitsunfall ist. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII sind versicherte Tätigkeiten auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit.

Bezogen auf den Fall des Klägers setzt Versicherungsschutz für den auf dem Weg (i.S.v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII) zu seinem Praktikumsbetrieb am 30.07.2013 erlittenen Unfall voraus, dass die geplante Verrichtung im Praktikumsbetrieb nach § 2 SGB VII versichert gewesen wäre. Dies ist nicht der Fall.

Versicherungsschutz bei der Beklagten kommt – entsprechend der Ausführungen des SG im angefochtenen Gerichtsbescheid – allenfalls nach § 2 Abs. 1 Nr. 8 b SGB VII in Betracht. Danach sind kraft Gesetzes versichert Schüler während des Besuchs von allgemein- oder berufsbildenden Schulen und während der Teilnahme an unmittelbar vor oder nach dem Unterricht von der Schule oder im Zusammenwirken mit ihr durchgeführten Betreuungsmaßnahmen.

Die Beklagte und die Beigeladene gehen übereinstimmend davon aus, dass Versicherungsschutz bei der Beklagten nur für den Fall anzunehmen ist, dass die an den Kläger vom Praktikumsbetrieb gezahlten Prämien kein Entgelt darstellen. Der Senat sieht angesichts des von der Beigeladenen im Klageverfahren zur Akte gereichten Rundschreibens der DGUV vom 18.12.2008, ergänzt durch das Rundschreiben 0204/2010 vom 12.04.2010, keine Ansatzpunkte, diese Bewertungen in Frage zu stellen, wobei die in dem Rundschreiben dargelegten Grundsätze die Zuständigkeit des Versicherungsträgers betreffen, nicht aber den Versicherungsschutz selbst.

Unter der Annahme, dass die dem Kläger gewährte Prämienzahlung kein Entgelt darstellt und damit grundsätzlich das vom Kläger absolvierte Praktikum entsprechend der Praktikumsvereinbarung zwischen der Schule des Klägers und dem Praktikumsbetrieb in die Zuständigkeit der Beklagten fällt, fehlt für die am Unfalltag geplante Tätigkeit und damit für den zurückgelegten Weg zum Praktikumsbetrieb Versicherungsschutz.

Dabei erachtet der Senat die vom Praktikumsbetrieb ausgezahlten Prämien in Höhe von 10 Euro arbeitstäglich bei "guter Arbeit" nicht als Arbeitsentgelt; das Schülerpraktikumsverhältnis gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 8 b SGB VII wird dadurch nicht in ein Beschäftigtenverhältnis gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII "umgewandelt". Arbeitsentgelt setzt das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses voraus, begründet ein solches aber nicht; maßgeblich ist vielmehr die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte so, wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, Urteil vom 23.04.2015, B 2 U 5/14 R – juris Rn. 16, 22). Vorliegend wurde ein Schülerpraktikum absolviert, das auf einer Vereinbarung zwischen Schule und Praktikumsbetrieb im Rahmen der vom Kläger durchgeführten Schulausbildung beruhte. Aus dem Inhalt der Akten ist nicht ansatzweise erkennbar, dass von einer der beteiligten Personen ein relevantes Abweichen vom geplanten und vereinbarten Schülerpraktikum beabsichtigt war. Auch ergibt sich weder aus der Höhe der Prämie (10 Euro pro Arbeitstag) noch aus dem Anknüpfen an den Arbeitserfolg ("bei guter Arbeit") für den Senat, dass die dem Kläger gezahlte Prämie dem Praktikum ein mit einer Beschäftigung vergleichbares Gepräge verliehen hat.

Ausgehend von diesen Erwägungen besteht für die Fahrt am 30.07.2013 kein Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 8 b SGB VII. Nach der Praktikumsvereinbarung, die zwischen dem Praktikumsbetrieb und der Schule geschlossen wurde, war das Praktikum in der Zeit vom 17.09.2012 bis zum 12.07.2013 durchzuführen. Nach den Ermittlungen der Beklagten, denen der Kläger nicht entgegengetreten ist, wurde vom Praktikumsbetrieb eine Praktikumsbescheinigung, datiert auf den 31.05.2013, erstellt; diese wurde dem Kläger mit der Zeugnisübergabe bereits am 12.07.2013 überreicht.

Der Versicherungsschutz gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 8 b SGB VII umfasst den Besuch allgemeinbildender und berufsbildender Schulen als bildungspolitische notwendige Vorstufe der beruflichen Erwerbstätigkeit. Die berufliche Zweckorientierung der Schülerunfallversicherung liegt darin, dass die in allgemeinbildenden Schulen vermittelte Allgemeinbildung sich nicht nur im Privaten erschöpft, sondern irgendwann auch beruflich, im öffentlichen Interesse oder speziell ehrenamtlich genutzt werden kann. Die Eigenart dieser Vorstufen bedingt im Unterschied zur Erwerbstätigkeit Einschränkungen auf den organisatorischen Verantwortungsbereich der Schulen und Erweiterungen auf Betreuungsmaßnahmen vor und nach dem Schulunterricht, die sich bildungspolitisch als notwendig erwiesen haben. Es kommt ferner nicht auf das Alter des Schülers an, sondern nur auf das Bildungsziel der Einrichtung, unabhängig davon, ob diese in öffentlicher oder privater Trägerschaft betrieben werden (vgl. für alles Bieresborn in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VII, 2. Aufl. 2014, § 2 SGB VII, Rn. 165 m.w.N.).

Der Versicherungsschutz besteht nur während des Besuchs (und nicht "beim" Besuch) der Schule bzw. während der Teilnahme an den benannten Maßnahmen und ist somit enger als z.B. für Beschäftigte nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII in der "echten" Unfallversicherung. Der Gesetzgeber ging nicht von einem umfassenden Versicherungsschutz ohne Rücksicht auf den organisatorischen Verantwortungsbereich der Schule aus; es kommt somit nicht auf den inneren Zusammenhang einer Verrichtung mit dem Schulbesuch an, sondern darauf, ob die Verrichtung im organisatorischen Verantwortungsbereich der Schule geschieht. Außerhalb des Verantwortungsbereichs besteht in der Regel auch dann kein Versicherungsschutz, wenn diese wesentlich durch den Schulbesuch bedingt ist, was insbesondere damit begründet wird, dass das Unfallrisiko ansonsten nicht eingrenzbar sei. Zum organisatorischen Verantwortungsbereich zählt insbesondere die Teilnahme am Schulunterricht, einschließlich von Prüfungen und anderer schulischer Veranstaltungen wie Klassenausflüge und -reisen. Ob ein Schulbesuch vorliegt, wird nicht durch die inhaltliche Ausrichtung einer Veranstaltung oder die Art der zum Unfallzeitpunkt verrichteten Tätigkeit bestimmt, sondern dadurch, ob eine Verrichtung, die ggf. wegen ihres privaten Zwecks an sich nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung steht, in den organisatorischen Verantwortungsbereich der Schule fällt. Das ist der Fall, wenn es sich um eine Veranstaltung handelt, hinsichtlich derer die Schule sich nicht jeder Einwirkungsmöglichkeit sowie ordnungsgemäßen Aufsicht begeben hat und daher (Mit-)Verantwortung trägt und das Verhalten des Schülers zum Unfallzeitpunkt als Teilnahme an einer solchen anzusehen ist (Bieresborn in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VII, 2. Aufl. 2014, § 2 SGB VII, Rn. 170 ff m.w.N.).

Dieser Bereich war vorliegend nicht mehr gegeben. In der Praktikumsvereinbarung zwischen der Schule und dem Betrieb war die Zeit des Praktikums genau definiert, diese endete am 12.07.2013, also mehrere Wochen vor dem Unfalltag. Auch die Pflichten des Praktikumsbetriebes aus der Praktikumsvereinbarung waren erfüllt, insbesondere die Ermöglichung des Praktikums sowie die Erstellung einer Praktikumsbestätigung. Aus der Praktikumsvereinbarung vom 11.07.2012 ist keine darüber hinausgehende Pflicht des Praktikumsbetriebs abzuleiten, mit dem Schüler ein ergänzendes Gespräch nach Beendigung des Praktikums in der Ferienzeit durchzuführen. Auch ergibt sich aus der Vereinbarung keine Ermächtigung des Praktikumsbetriebes, einen Schüler (hier den Kläger) außerhalb der festgeschriebenen Praktikumszeiten zu konkreten Handlungen im Namen der Schule heranzuziehen. Zwar hat die Schule einen Teil ihres organisatorischen Verantwortungsbereiches durch die abgeschlossene Praktikumsvereinbarung auf den Praktikumsbetrieb übertragen, wobei neben dem "Praktikumsbeauftragten" (Ansprechpartner im Praktikumsbetrieb) auch ein "Praktikumsbetreuer" (Ansprechpartner in der Schule) benannt war, woraus ersichtlich ist, dass die Schule für die Organisation und Durchführung des Praktikums weiterhin die Verantwortung tragen wollte und getragen hat. Dafür, dass die Schule über den Inhalt der Praktikumsvereinbarung hinaus ihren organisatorischen Verantwortungsbereich an den Praktikumsbetrieb – zeitlich oder inhaltlich – übertragen hat, sind keine Ansatzpunkte erkennbar. In der Anlage zur Praktikumsvereinbarung waren die Zeiten im Schuljahr 2012/2013 aufgeführt, in denen das Praktikum durchzuführen war. Diesbezüglich endeten diese Zeiten mit der letzten Schulwoche, nach Beginn der Ferien am 15.07.2013 waren keine Termine mehr vorhanden. Die Fahrt am 30.07.2013 fand auch nicht mit Billigung der Schule statt, weder vom Praktikumsbetrieb noch von der Schule wurden entsprechende Aspekte vorgetragen. Auch der Kläger hat keine Umstände dargelegt, die eine Übernahme der Fahrt vom 30.07.2013 in den organisatorischen Verantwortungsbereich der Schule rechtfertigen könnten.

Es bestand auch keine aus dem Schul- bzw. Praktikumsverhältnis resultierende Pflicht des Klägers zur Teilnahme an einem Abschlussgespräch. Ansatzpunkte dafür, dass das Gespräch vom 30.07.2013 an diesem Tag stattfinden musste, weil es im Rahmen der unmittelbaren Praktikumszeit, also während der Laufzeit der Praktikumsvereinbarung, aus besonderen Gründen nicht mehr stattfinden konnte und deswegen weit in die Ferienzeit hinein verschoben werden musste, waren für den Senat nicht ersichtlich. Weder der Kläger noch der Praktikumsbetrieb konnten auf Nachfrage diesbezüglich Angaben dahingehend machen, wann der Termin 30.07.2013 vereinbart wurde.

Versicherungsschutz resultiert auch nicht aus einer vermeintlichen Pflichterfüllung. Zwar ist für die Beschäftigtenversicherung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII eine versicherte Verrichtung auch dann möglich, wenn eine objektiv nicht geschuldete Handlung vorgenommen wird, um einer vermeintlichen Pflicht aus dem Rechtsverhältnis nachzugehen. Dies setzt aber voraus, dass nach den besonderen Umständen der Beschäftigung zur Zeit der Verrichtung der Kläger habe annehmen dürfen, ihn treffe eine solche Pflicht (vgl. BSG, Urteil vom 23.04.2015, B 2 U 5/14 R – juris Rdnr. 14 m.w.N.). Dies trifft vorliegend auf den Kläger nicht zu, da ihm nach den Umständen des Einzelfalls hätte auffallen müssen, dass es sich nicht mehr um eine Pflicht im Zusammenhang mit dem aus dem Schulbesuch resultierenden Betriebspraktikum handeln kann. Er hatte bereits das Abschlusszeugnis der 11. Klasse erhalten. Inhalt dieses Zeugnisses war auch die Bestätigung der Teilnahme an dem Praktikum. Die Schüler hatten nach dem letzten Unterrichtstag und der Zeugnisübergabe Ferien. Für den weiteren Schulbesuch notwendige Aspekte im Zusammenhang mit dem Schülerpraktikum wurden weder vom Kläger noch vom Ausbildungsbetrieb vorgetragen. Dass – worauf auch die Beigeladene im Verfahren hingewiesen hat – eine nachgelagerte Besprechung des Praktikums sachgerecht sein kann, ändert an dieser Bewertung nichts. Zu unterscheiden ist hier zwischen der allein für die erfolgreiche Schulausbildung notwendigen Absolvierung des Praktikums mit anschließender Erstellung einer Praktikumsbescheinigung und den gegebenenfalls im Abschlussgespräch dem Kläger verbal mitzuteilenden Bewertungen, die für diesen im weiteren beruflichen Werdegang hilfreich sein könnten. Die erstgenannten Umstände waren bereits erfüllt, die anderen Umstände sind nicht mehr dem vom Versicherungsschutz umfassten Bereich zuzurechnen, zumal Einzelheiten des geplanten Gesprächs nicht mehr ermittelbar waren. Dies gilt erst recht, wenn der Kläger entsprechend seiner im polizeilichen Ermittlungsverfahren in der Vernehmung vom 25.06.2014 gemachten Aussage von seinem ehemaligen Arbeitgeber die Information über die Prämienzahlung erhalten habe und er diese am Unfalltag habe abholen wollen; ferner habe seine Freundin mitfahren wollen und im Anschluss sei eine Fahrt nach U ... geplant gewesen. Keiner dieser Aspekte kann ansatzweise dem organisatorischen Verantwortungsbereich der Schule zugeordnet werden. Insbesondere aus der geplanten Übergabe der Prämie ist kein Versicherungsschutz nach § 2 Abs.1 Nr. 8 b SGB VII abzuleiten. Die Prämienzahlung erfolgte vom Praktikumsbetrieb überobligatorisch. Es bestand nach der mit der Schule abgeschlossenen Praktikumsvereinbarung keine Pflicht zu einer Zahlung. Dass gleichwohl eine Vereinbarung zwischen dem Kläger und dem Praktikumsbetrieb über die Zahlung einer Prämie abgeschlossen wurde, führt nicht zu einer Erweiterung des Verantwortungsbereichs der Schule.

Selbst die Bewertung der Prämie als Entgelt würde zu keinem anderen Ergebnis führen. Zwar wäre die Beigeladene als zuständiger Unfallversicherungsträger anzusehen und Versicherungsschutz ergäbe sich aus der Beschäftigtenversicherung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII. Jedoch ist auch bei Annahme einer Beschäftigung i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII maßgeblich, dass das eigentliche Praktikum bereits abgeschlossen war und der Kläger am 30.07.2013 nicht auf dem Weg war, eine zum Praktikum gehörende Tätigkeit auszuüben. Soweit das Bundessozialgericht aus bestehenden Nebenpflichten Versicherungsschutz ableitet, endet dieser Schutz, wenn der Verletzte zur Mitwirkungshandlung bei der Pflichtenerfüllung des Unternehmers aus dem Beschäftigungsverhältnis nicht verpflichtet war. Dasselbe gilt, wenn die Pflicht des Unternehmers nur entstanden ist, weil der Beschäftigte nach freiem Ermessen ein Recht gegen ihn ausgeübt hatte, das nicht auf die Förderung des Unternehmens gerichtet ist und auf einer gesetzlichen Grundlage beruht, die den Unternehmer hoheitlich für den Staat zugunsten von Verwaltungsverfahren in Dienst nimmt. In beiden Fällen erfüllt nämlich der Beschäftigte keine Haupt- oder Nebenpflichten aus dem Beschäftigungsverhältnis, vielmehr begibt er sich freiwillig in den unternehmerischen Gefahrenbereich, um daraus unmittelbar nur eigene Vorteile zu erlangen (sog. eigenwirtschaftliche Verrichtung). War er zur Mitwirkung nicht verpflichtet, unterlag er dem unternehmerischen Gefahrenbereich nicht kraft des Beschäftigungsverhältnisses, sondern kraft freien Entschlusses, wie z. B. bei einer Gefälligkeit. Entstand die Pflicht des Unternehmers nicht aus dem Beschäftigungsverhältnis, sondern durch die freiwillige Ausübung eines anderweitig begründeten Rechts des Beschäftigten, ist seine Mitwirkungshandlung an der Durchsetzung seines eigenen Rechts nicht "der Beschäftigung geschuldet", sondern allein der Verfolgung eigener Interessen, also gleichfalls ein freiwilliger Eintritt in den unternehmerischen Gefahrenbereich. Das wird durch die Beschäftigtenversicherung nicht versichert. Denn sie soll nur gegen solche Gefahren begründet werden, denen der Beschäftigte wegen der Ausübung seiner Beschäftigung im fremden Gefahrenbereich, nicht aber aus eigenem Entschluss in Verfolgung nur eigener Belange ausgesetzt ist (vgl. für alles BSG, Urteil vom 15.05.2012 – B 2 U 8/11 R – juris Rn. 53 f.) Zwar ist eine Beschäftigung i.S. des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII für den Fall denkbar, dass jemand in der vertretbaren, aber objektiv irrigen Annahme handelt, dazu aufgrund des Beschäftigungsverhältnisses verpflichtet zu sein. Die Annahme dieser Pflicht ist vertretbar, wenn der Beschäftigte nach den besonderen Umständen seiner Beschäftigung zur Zeit der Verrichtung (ex ante) und nach Treu und Glauben annehmen durfte, ihn treffe eine solche Pflicht (vgl. BSG, Urteil vom 15.05.2012 – B 2 U 8/11 R – juris Rn. 57). Auf den Fall des Klägers bezogen ist festzustellen, dass die Fahrt zum Arbeitgeber (bzw. hier zum Praktikumsbetrieb) zur Durchführung eines Abschlussgesprächs angetreten wurde, wie der Kläger im Widerspruchsverfahren gegenüber der Beklagten und im Berufungsverfahren zum Ausdruck gebracht hat. Für diesen Aspekt fehlt Versicherungsschutz. Von Bedeutung ist, dass das vom Kläger absolvierte Praktikum grundsätzlich ein Praktikum im Zusammenhang mit seiner schulischen Ausbildung war. Da nach der dargelegten Rechtsprechung des BSG die besonderen Umständen seiner Beschäftigung den Umfang des Unfallversicherungsschutzes bestimmen, ist vorliegend der schulischen Hintergrund des Praktikums prägend – unabhängig davon, ob aufgrund einer Entgeltzahlung die gewerbliche Berufsgenossenschaft (hier: Beigeladene) oder mangels Entgeltzahlung die Beklagte zuständiger Unfallversicherungsträger ist. Inhalte und Umfang des Praktikums ergaben sich aus der zwischen dem Praktikumsbetrieb und der Schule geschlossenen Praktikumsvereinbarung. Die Pflicht des Klägers, am Praktikum teilzunehmen, resultierte nicht aus einer zwischen ihm und dem Praktikumsbetrieb geschlossenen Vereinbarung, sondern aus seiner Eigenschaft als Schüler gegenüber der Schule. Die schulische Ausbildung in konkreter Form des Betriebspraktikums war aber bereits beendet, der Kläger hatte Ferien. Die Vereinbarung eines nachgehenden Abschlussgespräches ohne konkreten Bezug zum schulisch veranlassten Praktikum unterfällt dann nicht mehr dem gesetzlichen Unfallversicherungsschutz. Es handelte sich um eine überobligatorische Maßnahme des Praktikumsbetriebes, die dann nicht mehr vom Unfallversicherungsschutz umfasst ist und für den Kläger eine eigenwirtschaftliche Verrichtung darstellt. Eine Zeugnisübergabe unterfällt zwar den Nebenpflichten aus einem Beschäftigungsverhältnis und kann auch als entsprechende Nebenpflicht eines Praktikumsverhältnisses gesehen werden. Die diesbezüglich bestehenden Pflichten des Praktikumsbetriebes wurden aber bereits erfüllt, da die Praktikumsbescheinigung – und nur eine solche war ausweislich der abgeschlossenen Vereinbarung gefordert – schon über die Schule an den Kläger ausgehändigt worden war. Die Erstellung eines darüber hinausgehenden Zeugnisses war nach den Mitteilungen des Praktikumsbetriebes im Berufungsverfahren nicht geplant. Den Unfallversicherungsschutz rechtfertigende Umstände waren für den Senat nicht ersichtlich.

Dass dem Kläger im Rahmen des Abschlussgespräches auch eine (weitere) Prämie ausgehändigt werden sollte, rechtfertigt keine andere Einordnung. Zwar ist grundsätzlich die Entgegennahme des Lohns versichert, vorliegend stand jedoch nach den Einlassungen des Klägers im Widerspruchs- und Berufungsverfahren das Abschlussgespräch im Vordergrund, so dass dieses für die Handlungstendenz prägend war.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 193 Abs. 1, 4 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 160 Abs. 2 SGG.
Rechtskraft
Aus
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