L 3 AL 70/19 B ER

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 19 AL 148/19 ER
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AL 70/19 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Zu einem Anspruch auf vorläufige Erteilung einer Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung im Rahmen einer einstweiligen Anordnung.
I. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 9. Mai 2019 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

III. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die vorläufige Erteilung der am 21. Februar 2019 beantragten Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung bis zum 30. April 2020.

Die Antragstellerin wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 4. Dezember 2018 gegründet. Ausweislich der Gewerbeanmeldung vom 22. Januar 2019 ist die Personalvermittlung nach dem Gesetz zur Regelung der Arbeitnehmerüberlassung (Arbeitnehmerüberlassungsgesetz – AÜG) in alle berechtigten Branchen vorgesehen. Geschäftsführer der Antragstellerin ist Y ..., welcher auch 40 % der Gesellschaftsanteile hält. Weitere Gesellschafter sind X ... zu 30 % und derzeit W ... zu 30 %, wobei die Umschreibung auf die W ... & V ... Business rental Services UG notariell beurkundet und beantragt ist. Eine Übernahme der ursprünglich von Y ... betriebenen Einzelfirma AGENTUR-A ... durch die Antragstellerin erfolgte nicht.

Die der Einzelfirma A ... seit dem 11. Mai 2015 erteilte Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung war bis zum 10. Mai 2018 befristet. Am 15. Januar 2018 beantragte Y ... die unbefristete Verlängerung. Nach der am 3. April 2018 erfolgten Stichprobenprüfung der Betriebsunterlagen durch den Prüfdienst der Antragsgegnerin widerrief die Antragsgegnerin nach Anhörung die Erlaubnis mit Bescheid vom 19. April 2018 und lehnte den Antrag auf Erlaubnisverlängerung ab.

Auf den Antrag von Y ... auf Herstellung der aufschiebenden Wirkung des am 27. April 2018 hiergegen eingelegten Widerspruchs, welchen die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 15. Mai 2018 zurückgewiesen hatte, ordnete das Sozialgericht mit rechtskräftigem Beschluss vom 19. Juli 2018 (Az. S 19 AL 207/18 ER) die aufschiebende Wirkung der zwischenzeitlich am 1. Juni 2018 erhobenen und immer noch anhängigen Klage (Az. S 19 AL 209/18) an. Das Gericht könne die Erfolgsaussichten der Klage in der Hauptsache nicht vollständig abschätzen. Zu Recht habe die Antragsgegnerin auf Grund der von ihr in drei Betriebsprüfungen in den Jahren 2016 bis 2018 festgestellten und nur teilweise bestrittenen arbeitsrechtlichen Verstößen Zweifel an der Zuverlässigkeit von Y ... für die Ausübung einer Tätigkeit der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung geäußert. Diese Verstöße würden keinesfalls dem Schutzzweck des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes, welches Missstände bei der Arbeitnehmerüberlassung und Nachteile der in diesem Bereich tätigen Arbeitnehmer verhindern wolle, entsprechen. Jedoch habe Y ... eingeräumt, dass ihm Fehler unterlaufen seien, die er durch konkret dargelegte Maßnahmen korrigieren werde. Vor diesem Hintergrund halte das Gericht es für denkbar, dass der Antragsteller die aufgezeigten Mängel in Zukunft abstellen werde und die Antragsgegnerin Mittel unterhalb der Ebene des Widerrufs oder der Versagung habe. Da zudem glaubhaft gemacht sei, dass ohne die Erlaubnis der Geschäftsbetrieb eingestellt werden müsse und die 15 Leiharbeitnehmer nicht mehr beschäftigt werden könnten, überwiege das öffentliche Interesse am Vollzug des angegriffenen Verwaltungsaktes nicht. Erginge die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage nicht, erwiese sich die Klage in der Hauptsache später als begründet, so entstünden bereits jetzt schwere und kaum wiedergutzumachende Nachteile. Die Folgen einer zeitlichen Verzögerung der Betriebseinstellung würden insofern weniger ins Gericht fallen.

In Ausführung der Entscheidung verlängerte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 26. Juli 2018 die Y ... für die A ... erteilte Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung bis zum 10. Mai 2019.

Y ... stellte aufgrund der bereits am 4. Dezember 2018 erfolgten Neugründung der Antragstellerin und der am 21. Februar 2019 für die Antragstellerin beantragten streitbefangenen neuen Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung keinen weiteren Verlängerungsantrag, so dass die Y ... für die A ... erteilte Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung unstreitig mit Ablauf des 10. Mai 2019 erloschen ist.

Mit E-Mail vom 13. März 2019, 14:51 Uhr, kündigte die Mitarbeiterin der Antragsgegnerin, U ..., Y ..., A ..., eine Prüfung der örtlichen Geschäftsunterlagen auf der Grundlage des § 7 AÜG für den 28. März 2019, 10:00 Uhr, an. Zur Vorbereitung der Prüfung sei bis zum 21. März 2019 eine Übersicht der seit April 2018 überlassenen Arbeitnehmer zuzusenden. Am Tag der Prüfung seien die im Einzelnen konkret aufgelisteten Unterlangen bereitzuhalten.

Streitig ist, ob Y ... unmittelbar nach Eingang der E-Mail, um 15:01 Uhr, mit der Prüferin U ... oder einer anderen Mitarbeiterin der Antragsgegnerin ein Telefongespräch führte und welchen Inhalt dieses hatte. Unstreitig übersandte er am gleichen Tag, um 19:11 Uhr, eine E-Mail mit folgendem Inhalt: "Sehr geehrte Frau U ..., mit Verwunderung lese ich Ihre Prüfungsankündigung die ich aus folgenden Gründen ablehne! 1. Wir haben keinen Weiterbewilligungsantrag gestellt 2. ich lehne Sie als Prüferin ab, da im letzten Jahr mit Ihrer Prüfung zu viele Missverständnisse gab, weil Sie im Auswertem Gespäch was anderes sagten, als im schriftlichen Auswertungen in T ... ankam 3. die AÜ wurde uns nach Ihrer Prüfung entzogen (für ca. 4 Monate), darauf hin waren wir 4 Monate Handlungsunfähig 4. wurden seit der Prüfung keine Leiharbeitnehmer mehr beschäftigt Das gesamte Theater aus 2018 hängt uns durch die Inkompetenz einiger Mitarbeiter im Amt heut noch an und nach, sodass unser Anwalt damit gut Arbeit hat. Also sehen wir von einem Prüftermin umgehend ab!"

Mit E-Mail vom 15. März 2019, um 12:40 Uhr, teilte die Prüferin mit, dass der Prüftermin entfalle "da Sie keine Arbeitnehmer mehr verliehen haben".

Mit Bescheid vom 20. März 2019 lehnte die Antragsgegnerin die Erteilung einer Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung für die Antragstellerin ab. Eine endgültige Entscheidung des Sozialgerichts zu der Y ... als natürliche Person entzogene Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung stehe aus. Dieser sei der Geschäftsführer der Antragstellerin, so dass es maßgeblich auf seine Zuverlässigkeit ankomme. Infolge der fehlenden positiven Prognose bleibe auch unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit der Mittel keine Wahl als die Versagung der Erlaubnis. Durch eine Auflage könne die einem Geschäftsführer per Gesellschaftsvertrag eingeräumte rechtliche Vertretung der GmbH nicht eingeschränkt werden.

Die Antragstellerin legte gegen die Ablehnung am 2. April 2019 Widerspruch ein, den die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 4. April 2019 zurückwies.

Am 18. April 2019 hat die Antragstellerin beim Sozialgericht beantragt, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zur Erteilung einer vorläufigen Arbeitnehmerüberlassung bis zum 30. April 2020 zu verpflichten. Zwar nehme die Anordnung die Hauptsache vorweg, jedoch müsse im Interesse der Effektivität des Rechtsschutzes eine Ausnahme gemacht werden, da ein Abwarten unzumutbar sei. Die vorliegenden und glaubhaft gemachten Tatsachen und Umstände könnten die Prognose einer Unzuverlässigkeit für die Zukunft nicht rechtfertigen. Lediglich fälschlicherweise sei in der E-Mail vom 13. März 2019 ausgeführt worden, dass seit der Prüfung keine Leiharbeitnehmer mehr beschäftigt worden seien. Gemeint gewesen sei, dass keine zusätzlichen Leiharbeitnehmer beschäftigt worden seien. Zudem sei das zuvor geführte Telefongespräch, das durch den Geschäftsführer der Antragstellerin eidesstattlich versichert und durch den Verbindungsnachweis nachgewiesen sei, zu berücksichtigen. Im Rahmen der Prüfung des Antrages auf Erteilung der Erlaubnis hätten als mögliche Auflagen der Ausschluss des Gesellschafters Y ... von der Geschäftsführertätigkeit, eine umfangreiche Berichterstattung und beispielsweise halbjährliche stattfindende Prüfung als mildere Mittel zur Verfügung gestanden. Die Eilbedürftigkeit ergäbe sich aus dem Ablaufen der bis zum 10. Mai 2019 erteilten Erlaubnis. Die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer und die Beschäftigung des Geschäftsführers ständen sonst zur Disposition. Für die GmbH sei eine teure neue Organisationssoftware zum Preis von 11.781,00 EUR brutto angeschafft worden.

Die Antragsgegnerin hat vertreten, dass das Begehren die Hauptsache unzulässig vollständig vorwegnehme, da eine vorläufige Erlaubniserteilung Fakten schaffe. Die Erlaubnisinhaber könnten Personal legal überlassen. An die Glaubhaftmachung von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund seien hohe Anforderungen zu stellen. Es beständen jedoch berechtigte Zweifel an der erforderlichen Zuverlässigkeit. Da mitgeteilt worden sei, dass keine Leiharbeitnehmer mehr beschäftigt worden seien, habe auch keine ergänzende Prüfung erfolgen können. Diese Prüfung habe Y ... durch nicht wahrheitsgemäße Angaben vereitelt. Auch nach der auf die nichterfolgte Überlassung von Arbeitnehmern ausdrücklich gestützten Absage des Prüftermins sei das nunmehr behauptete Missverständnis nicht klargestellt worden. Im Wege der Auflage könne allein untersagt werden, unzuverlässige Personen als Stammpersonal zu beschäftigen. Zudem sei zu berücksichtigen, dass gegen den Geschäftsführer am 4. Juli 2016 eine Bußgeldbuße über 50,00 EUR verhängt worden sei, da er eine Auskunft nach § 7 Abs. 2 Satz 1 AÜG nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erteilt habe, und dass gegen ihn am 18. Mai 2017 nach § 56 Abs. 1 OWiG eine Verwarnung ausgesprochen worden sei, da er als Verleiher seine gemäß § 11 Abs. 2 Satz 4 AÜG bestehende Verpflichtung die Leiharbeitnehmer vor jeder Überlassung darüber zu informieren, das sie als Leiharbeitnehmer tätig werden, nicht nachgekommen sei.

Mit Beschluss vom 9. Mai 2019 hat das Sozialgericht den Antrag abgelehnt. Der Anordnungsanspruch sei nicht ausreichend glaubhaft gemacht. Die Erlaubnis sei zu versagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigten, dass die Antragstellerin, im Falle einer juristischen Person die vertretungsgerechten Organe und somit hier der Geschäftsführer, die erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitze. Das Erfordernis einer Erlaubnis zur Ausübung des Gewerbes stelle als Berufsausübungsregelung im Sinne von Artikel 12 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes (GG) ein verfassungsmäßiges präventives Verbot der Arbeitnehmerüberlassung mit Erlaubnisvorbehalt dar, um unzuverlässige Verleiher vom Gewerbe auszuschließen. Anders als im Verfahren Az. S 19 AL 207/18 ER, welches im Rahmen einer zu Grundes des dortigen Antragstellers ausgehenden Folgenabwägung entschieden worden sei, gehe es vorliegend um eine von der hiesigen Antragstellerin erstmals beantragten Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung. Der Prüfungsmaßstab sei daher ein anderer. Zudem habe sich die Tatsachenlage verändert. Unabhängig von der Frage, ob es zu einem Telefongespräch gekommen sei, habe der Geschäftsführer mit der E-Mail vom 13. März 2019 offensichtlich wahrheitswidrig geantwortet und jedenfalls auf die Absage nicht mit einer Korrektur reagiert. Damit habe er den Prüftermin, der bestehende Zweifel an der Zuverlässigkeit hätten ausräumen können, bewusst vereitelt. Komme der Geschäftsführer seiner Auskunftspflichten nach § 7 Abs. 2 AÜG nicht nach und mache die von der Erlaubnisbehörde für erforderlich gehaltenen Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen unmöglich, stelle dies regelmäßig eine Tatsache dar, die die Annahme der Unzuverlässigkeit im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AÜG rechtfertige. Zudem hätten bereits die Betriebsprüfungen in den Jahren 2016 bis 2018 Zweifel an der Zuverlässigkeit des Geschäftsführers geweckt. Die Möglichkeit und Bereitschaft, die Prüfung nachzuholen, ändere daran nichts. Die Auflage, den Geschäftsführer von der Ausübung von Angelegenheiten des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes auszuschließen, würde, da nur eine Person zur Vertretung berechtigt sei, faktisch zur rechtlichen Handlungsunfähigkeit der Gesellschaft führen. Zudem sei weder dargetan noch ersichtlich, wer an Stelle des bisherigen Geschäftsführers als Geschäftsführer der Antragstellerin agieren würde und wie es hinsichtlich dieser Person mit der Zuverlässigkeit bestellt sei. Mildere, gleich geeignete Mittel, die zu einer vorläufigen Erteilung der Erlaubnis mit Auflagen führen könnten, seien weder ersichtlich noch dargetan.

Gegen den ihm am 13. Mai 2019 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 15. Mai 2019 Beschwerde eingelegt. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts liege die erforderliche Zuverlässigkeit vor und habe die Antragstellerin selbst keine Leiharbeitnehmer eingestellt. Wie ausdrücklich vorgetragen, seien lediglich geplante Arbeitsverträge vorgelegt worden, welche erstellt worden seien, da mit der unproblematischen Erteilung der Erlaubnis gerechnet worden sei. Zudem könne nicht dahinstehen, ob und mit welchem Inhalt das streitige Telefonat stattgefunden habe. Unter Berücksichtigung des Telefonates könne dem Geschäftsführer nur vorgeworfen werden, eine missverständliche E-Mail versandt zu haben. Ein bewusst wahrheitswidriger Vortrag zur Vermeidung der Prüfung könne jedoch nicht vorgeworfen werden. Nach Vorlage des Verbindungsnachweises über 4½ Minuten sei der eidesstattlich versicherte Inhalt des Gesprächs mangels eines gegenteiligen glaubwürdigen Vortrages zu Grunde zu legen. Eine Rufumleitung könne unter Umständen erklären, warum der Einzelverbindungnachweis des Geschäftsführers Y ... ein Gespräch von 4 1/2 Minuten ausweise und eine Erfassung im WebClient Journal der Antragsgegnerin nicht vorliege. Das Gespräch wäre dann aber mit einem anderen Mitarbeiter der Antragsgegnerin geführt worden. Die Diskrepanzen zwischen den Nachweisen seien voraussichtlich im Hauptsacheverfahren durch ein Sachverständigengutachten zu klären. Dem Geschäftsführer könne damit allenfalls vorgeworfen werden, dass er auf die Absage des Termins nicht reagiert habe. Da er für die Einzelfirma keinen Verlängerungsantrag habe stellen wollen, habe ihn die Absage jedoch nicht verwundern müssen. Es liege höchstens eine leicht fahrlässige Ordnungswidrigkeit durch Unterlassen nach § 16 Abs. 1 Nr. 5 AÜG vor, welcher nicht geeignet sei, Zweifel an der Zuverlässigkeit zu begründen, die derart gewichtig seien, die Erlaubnis zu versagen. Fehlerhaft führe das Gericht aus, dass die Betriebsprüfungen 2016 bis 2018 Zweifel an der Zuverlässigkeit begründen würden. Dass die Zweifel 2018 nicht ausreichend gewesen seien, habe das Gericht selbst rechtskräftig festgestellt. Aufgrund dieses Beschlusses sei es der Antragsgegnerin untersagt, von der Unzuverlässigkeit des Geschäftsführers der Antragstellerin auszugehen, solange im Hauptsacheverfahren nichts anderes festgestellt worden sei. Die weiteren Verstöße seien geringfügig gewesen. Bereits im Widerspruchsverfahren sei angeboten worden, die Prüfung nachzuholen, was den Vorwurf relativiere. Soweit das Gericht Auflagen nicht für ein milderes Mittel erachte, könne dies die fehlenden Erwägungen der Antragsgegnerin nicht ersetzen und sei zudem auch in der Sache fehlerhaft. Es liege auf der Hand, dass die weiteren Gesellschafter den Geschäftsbetrieb übernehmen könnten. Deren Zuverlässigkeit sei durch die Antragsgegnerin zu prüfen. Eine Prüfung durch das Gericht könne nicht erwartet werden. Im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens sei zu Gunsten der Antragstellerin zu entscheiden, denn eine ablehnende Entscheidung hätte gravierende nicht wieder gut zu machende Nachteile zur Folge. Auf Artikel 19 Abs. 4 GG und das durch das Grundgesetz geschützte Recht auf Berufsausübung und auf den Beschuss des Landessozialgerichtes Berlin-Brandenburg vom 22. Januar 2018 (Az. L 18 AL 209/17) werde verwiesen. Die nunmehr anberaumte Prüfung, welche bereits vor langer Zeit hätte erfolgen können und müssen, dürfe nicht abgewartet werden.

Die Antragstellerin beantragt,

unter Abänderung des Beschlusses des Sozialgerichts Dresden vom 9. Mai 2019 die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, der Antragstellerin vorläufig eine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis bis zum 30. April 2020 im Sinne des § 1 AÜG zu erteilen, längstens jedoch bis zur Bestandskraft des Widerspruchsbescheides.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Am 13. März 2019 seien telefonische Kontakte der Prüferin um 10:08 Uhr, 10:49 Uhr und 14:05 Uhr zur Fachkraft S ... vom Team Sachbearbeitung in T ... erkennbar, welche mit dem Erlaubnisfall befasst gewesen sei. Das letzte Gespräch am 13. März 2019 sei in anderer Sache um 14:16 dokumentiert. Auch weitergeleitete Anrufe würden erfasst. Die Weiterleitungsfunktion würde von der Prüferin jedoch regelmäßig nicht verwendet. Ein Telefongespräch mit dem Geschäftsführer der Antragstellerin um 15:01 Uhr sei nicht dokumentiert und der Prüferin nicht erinnerlich. Dass ein anderer Mitarbeiter der Antragsgegnerin das Telefonat über die Dienstnummer der Prüferin U ... geführt habe, könne ausgeschlossen werden. Soweit im Antragsschriftsatz vom 18. April 2019 behauptet worden sei, dass im Rahmen des am 13. März 2019 geführten Telefonats mitgeteilt worden sei, dass ein Umschreibung der Erlaubnis auf die GmbH gegen eine Gebühr oder die Neubeantragung möglich sei, habe dies in den E-Mails keinen Niederschlag gefunden. Zudem handele es sich insofern um Themen der Sachbearbeitung in T ..., zu denen sich Mitarbeiter des Prüfteams nicht äußern würden. Der vorliegende Antrag werde allein mit den Vorbereitungshandlungen für die Weiterführung der Geschäfte der neugegründeten GmbH begründet. Für die Frage der Unzuverlässigkeit seien die Feststellungen der Betriebsprüfung 2018 heranzuziehen. Entgegen dem Vortrag der Antragstellerin sei über die Rechtmäßigkeit der daraufhin erfolgten Versagung der Erlaubnis gerade nicht rechtskräftig entschieden worden. Allein im einstweiligen Rechtsschutzverfahren sei ein Beschluss ergangen, mit welchem dem Geschäftsführer der Antragstellerin Gelegenheit gegeben werden sollte, die festgestellten Defizite aufzuarbeiten. Das gerichtliche Verfahren habe sich jedoch wegen des Ablaufs der Erlaubnis in der Hauptsache erledigt. Da ein Verlängerungsantrag nicht gestellt worden sei, bestehe keine Abwicklungsfrist für erlaubt abgeschlossene Verträge gemäß § 2 Abs. 4 Satz 4 AÜG. Auf den ausdrücklichen Wunsch der Antragstellerin sei eine kurzfristige Prüfung der Geschäftstätigkeit des früheren Erlaubnisinhabers, der A ..., am 31. Juli 2019, 10:00 Uhr, anberaumt worden. Bisher sei jedoch in keiner Weise glaubhaft gemacht worden, dass die behauptete Geschäftstätigkeit überhaupt stattgefunden habe.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten aus beiden Verfahrenszügen und des Verfahrens S 19 AL 209/18 sowie die Verwaltungsakte Bezug genommen.

II.

1. Die zulässige Beschwerde (vgl. §§ 172, 173 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]) ist unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht den Antrag der Antragstellerin, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung nach §§ 1 und 2 AÜG bis zum 30. April 2020 zu erteilen, abgelehnt.

a) Die Antragstellerin kann ihr Begehren auf einstweiligen Rechtsschutz unstreitig nicht bereits mit der Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs oder ihrer Klage erreichen (vgl. § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG), da streitbefangen der Anspruch der Antragstellerin auf erstmalige Erteilung einer Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung ist, so dass es einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG bedarf. Denn im Hauptsacheverfahren ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage Erlaubnis (vgl. § 54 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 und 3 SGG) die statthafte Klageart. Dies gilt sowohl für ein Klagebegehren, das bei einer Ermessensreduzierung auf Null auf die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Erteilung der begehrten Erlaubnis gerichtet wäre, als auch für ein Klagebegehren, das bei einem der Antragsgegnerin zustehenden Ermessensspielraum auf deren Verpflichtung zur erneuten Entscheidung über den Erlaubnisantrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (vgl. hierzu § 131 Abs. 3 SGG) gerichtet wäre.

Abweichend vom zuvor geführten Verfahren (Az. S 19 AL 207/18 ER) und den veröffentlichten Entscheidungen der Gerichte (unter anderem: LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 10. November 2017 – L 2 AL 75/17 B ER – NJ 2018, 74 ff. = juris Rdnr. 44; LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19. Februar 2019 – L 20 AL 188/18 B ER – juris Rdnr. 32), wo es regelmäßig um die Ablehnung der Verlängerung der erteilten und kraft Gesetzes befristeten (vgl. § 2 Abs. 4 Satz 1 AÜG) Erlaubnis ging, welche sind nach § 2 Abs. 4 Satz 3 AÜG um ein weiteres Jahr verlängert, wenn die Erlaubnisbehörde die Verlängerung nicht vor Ablauf des Jahres ablehnt, hat die Antragstellerin eine derartige Rechtsposition nicht inne, so dass vorliegend einstweiliger Rechtsschutz allein durch eine einstweilige Anordnung zu erlangen ist (wobei Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG [12. Aufl., 2017], § 86a Rdnr. 31 auch bei der Ablehnung der Verlängerung der Erlaubnis nur eine einstweilige Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG für möglich hält). Eine Übernahme der ursprünglich von Y ... betriebenen Einzelfirma A ... durch die Antragstellerin erfolgte nach dem Vortrag der Antragstellerin nicht. Die ursprünglich Y ... für die Einzelfirma A ... erteilte Erlaubnis ist unstreitig zum 10. Mai 2019 erloschen.

b) Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht in der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (Regelungsanordnung). Voraussetzung für den Erlass einer derartigen einstweiligen Anordnung ist stets, dass sowohl ein Anordnungsgrund, das heißt die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile, als auch ein Anordnungsanspruch, das heißt die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Sache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs, glaubhaft gemacht werden (vgl. § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung [ZPO]).

Der Sachverhalt wird gemäß § 103 SGG von Amts wegen unter Heranziehung der Beteiligten ermittelt, soweit dies unter Berücksichtigung der Eilbedürftigkeit des Rechtsschutzbegehrens geboten ist (vgl. Sächs. LSG, Beschluss vom 31. Januar 2008 – L 3 B 465/07 AS ER – juris Rdnr. 19; Sächs. LSG, Beschluss vom 23. Juni 2014 – L 3 AS 88/12 B ER – juris Rdnr. 30).

Die Tatsachen, auf die der Anordnungsanspruch und der Anordnungsgrund der begehrten einstweiligen Anordnung gestützt werden, sind glaubhaft zu machen (vgl. § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO). Glaubhaftmachung ist die Beweisführung aufgrund überwiegender Wahrscheinlichkeit, was anstelle des Vollbeweises einen geringeren Wahrscheinlichkeitsgrad zulässt (vgl. BGH, Beschluss vom 11. September 2003 – IX ZB 37/03BGHZ 156, 139 [142] = NJW 2003, 3558 ff. = juris Rdnr. 8; Greger, in: Zöller, ZPO [32. Aufl., 2018], § 294 Rdnr. 1, m. w. N.; vgl. hierzu Sächs. LSG, Beschluss vom 1. August 2005 – L 3 B 94/05 AS ER – juris Rdnr. 34; Sächs. LSG, Beschluss vom 8. November 2017 – L 3 AS 997/17 B ER – juris Rdnr. 27).

Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund stehen dabei nicht isoliert nebeneinander. Vielmehr liegt eine Wechselbeziehung der Art vor, dass die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit oder Schwere des drohenden Nachteils, dem Anordnungsgrund, zu verringern sind und umgekehrt. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bilden aufgrund ihres funktionalen Zusammenhangs ein bewegliches System (vgl. Keller, a. a. O., § 86b Rdnr. 27 und 29; Sächs. LSG, Beschluss vom 18. April 2013 – L 3 AL 21/13 B ER – juris Rdnr. 27).

Ist die Klage in der Hauptsache nach vollständiger Aufklärung und eingehender Prüfung der Sach- und Rechtslage offensichtlich unzulässig oder unbegründet, ist der Antrag auf einstweilige Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht vorhanden ist. Ist die Klage in der Hauptsache dagegen offensichtlich begründet, so mindern sich die Anforderungen an einen Anordnungsgrund. Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens, wenn etwa eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich ist, ist im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden. Dabei sind die grundrechtlichen Belange der Antragsteller umfassend in die Abwägung einzustellen (vgl. BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 25. Februar 2009 – 1 BvR 120/09NZS 2009, 674 ff. = juris Rdnr.11; Sächs. LSG, Beschluss vom 23. Januar 2012 – L 3 AS 958/11 B ER – juris Rdnr. 20).

Sinn eines Beschlusses im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist allein eine vorläufige Regelung. Die Vorwegnahme der Hauptsache, im Sinne der Schaffung eines endgültigen Zustandes durch vollständige Befriedigung des Anspruchs, ist im Anordnungsverfahren grundsätzlich nicht möglich. Eine solche ist jedoch dann hinzunehmen, wenn sie nötig ist, um effektiven Rechtsschutz zu gewähren. Je schwerer die Belastungen des Betroffenen wiegen, die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbunden sind, umso weniger darf das Interesse an einer vorläufigen Regelung oder Sicherung der geltend gemachten Rechtsposition zurückgestellt werden. Artikel 19 Abs. 4 GG verlangt auch bei Vornahmesachen jedenfalls dann vorläufigen Rechtsschutz, wenn die ohne Erlass der einstweiligen Anordnung eintretenden Schäden für den Antragsteller unzumutbar, die Folgen nicht reparabel wären oder der Rechtsschutz in der Hauptsache zu spät käme (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25. Oktober 1988 – 2 BvR 745/88BVerfGE 79, 69 ff. = NJW 1989, 827 f. = juris Rdnr. 17; BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1516/93BVerfGE 94, 166 ff. = juris Rdnr. 158). Ausdrücklich hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 25. Februar 2009 (a. a. O., juris Rdnr.11) ausgeführt: "Die Gerichte müssen sich schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen. Dies gilt ganz besonders, wenn es um die Wahrung der Würde des Menschen geht. Eine Verletzung dieser grundgesetzlichen Gewährleistung, auch wenn sie nur möglich erscheint oder nur zeitweilig andauert, haben die Gerichte zu verhindern [.]."

c) Unter Beachtung dieser Grundsätze hat der Antrag keinen Erfolg. Es fehlt sowohl an der hinreichenden Darlegung und Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruchs (1) als auch des Anordnungsgrundes (2).

(1) Einen Anordnungsanspruch auf Erteilung einer Erlaubnis nach § 1 AÜG hat die anwaltlich vertretene Antragstellerin nicht hinreichend dargelegt und glaubhaft gemacht (vgl. § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG, § 920 Abs. 2 ZPO).

(1.1) Die Rechtsgrundlage für den von der Antragstellerin geltend gemachten Anspruch findet sich in §§ 1 und 2 AÜG. Nach § 1 Ab. 1 Satz 1 AÜG bedürfen Arbeitgeber, die Dritten (Entleiher) Arbeitnehmer (Leiharbeitnehmer) im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit zur Arbeitsleistung überlassen wollen, der Erlaubnis. Die Erlaubnis wird auf schriftlichen Antrag erteilt (vgl. § 2 Abs. 1 AÜG) und ist (zunächst) auf ein Jahr zu befristen (vgl. § 2 Abs. 4 Satz 1 AÜG). Die Erlaubnis kann unter Bedingungen erteilt und mit Auflagen verbunden werden, um sicherzustellen, dass keine Tatsachen eintreten, die nach § 3 AÜG die Versagung der Erlaubnis rechtfertigen (vgl. § 2 Abs. 2 Satz 1 AÜG). Sie kann unter dem Vorbehalt des Widerrufs erteilt werden, wenn eine abschließende Beurteilung des Antrags noch nicht möglich ist (vgl. § 2 Abs. 3 Satz 1 AÜG).

Nach § 3 Abs. 1 AÜG ist die Erlaubnis zu versagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Antragsteller – im Fall einer juristischen Person die vertretungsberechtigten Organe (Wank in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrechts [15. Aufl., 2015], § 3 AÜG Rdnr. 4; Schüren/Hamann, Kommentar zum AÜG, § 3 Rdnr. 68) – 1. die für die Ausübung der Tätigkeit nach § 1 AÜG erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt, insbesondere weil er die Vorschriften des Sozialversicherungsrechts, über die Einbehaltung und Abführung der Lohnsteuer, über die Arbeitsvermittlung, über die Anwerbung im Ausland, die Ausländerbeschäftigung, über die Arbeitserlaubnis, die Vorschriften des Arbeitsschutzrechts oder die arbeitsrechtlichen Pflichten nicht einhält; 2. nach der Gestaltung seiner Betriebsorganisation nicht in der Lage ist, die üblichen Arbeitgeberpflichten ordnungsgemäß zu erfüllen; 3. dem Leiharbeitnehmer die ihm nach § 8 AÜG zustehenden Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts nicht gewährt. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 AÜG ist der Verleiher verpflichtet, dem Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung an den Entleiher die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts zu gewähren (Gleichstellungsgrundsatz). Dieser Gleichstellungsgrundsatz wird durch andere Regelungen in § 8 AÜG weiter konkretisiert.

§ 3 Abs. 1 AÜG zählt, wie dem Wort "insbesondere" zu entnehmen ist, nur Beispielsfälle, für die mangelnde Zuverlässigkeit für die Ausübung der Tätigkeit nach § 1 AÜG, auf. Zur Auslegung kann zudem der Zweck der Vorschrift herangezogen werden. Zweck der präventiven Zugangsschranke ist es, im Interesse der Sicherheit des sozialen Schutzes der Leiharbeitnehmer unzuverlässige Verleiher aus dem Bereich der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung auszuscheiden (BT/Drs. VI/2303, S. 9 und S. 11).

Unter Berücksichtigung der Beispielsfälle des § 3 Abs. 1 AÜG und des Schutzzweckes des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes muss ein Antragsteller als unzuverlässig angesehen werden, wenn in seiner Person Tatsachen vorliegen, denen zufolge zu besorgen ist, dass er sein Gewerbe nicht in Einklang mit den bestehenden rechtlichen Vorschriften ausüben wird. Gesetzesverstöße im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 1 AÜG führen zwingend zur Annahme der Unzuverlässigkeit des Verleihers, wenn sie sich gegen Kernpflichten richten, die dem Verleiher gegenüber den Leiharbeitnehmern obliegen. Verhaltensweisen des Verleihers, bei denen es sich um untergeordnetes oder rechtlich umstrittenes Tun oder Unterlassen handelt, das die Rechte der Leiharbeitnehmer im Kern nicht angreift, indizieren die Unzuverlässigkeit des Verleihers nicht ohne weiteres (vgl. Bay. LSG, Urteil vom 14. März 1985 – L 9 AL 146/83 – NZA 1986, 109 f: = juris). Zum Kernbereich zählen die Vergütung, Ansprüche auf Erholungsurlaub und sonstige Ansprüche auf geldwerte Leistungen. Bewusste Pflichtverstöße können als Indiz für die Wiederholungsgefahr berücksichtigt werden, wohingegen einmaligen fahrlässigen Verstößen eine solche Indizwirkung nicht zukommt (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 10. November 2017, a. a. O., Rdnr. 47). Wenn der soziale Schutz der Leiharbeitnehmer in keiner Weise gefährdet wird, wird man in der Regel bei einer nur geringfügigen Verletzung der Pflichten des Verleiharbeitgebers eine Versagung der Erlaubnis nicht rechtfertigen können (vgl. SG Berlin, Beschluss vom 4. Dezember 2017 – S 60 AL 810/17 ER – juris Rdnr. 18 – 23 m. w. N.). Die Unzuverlässigkeit kann sich jedoch auch aus einer Summierung solcher Umstände ergeben, die für sich allein keinen Versagungsgrund rechtfertigen könnten (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 27. Juni 2018 – L 7 AL 22/18 B ER – juris Rdnr. 21; Wank, a. a. O. § 3 AÜG Rdnr. 2 ff.).

Verfassungsrechtlich ist dieser Eingriff in die Berufsfreiheit des Verleihers gemäß Artikel 12 Abs. 1 Satz 2 GG unbedenklich. Als subjektive Zugangsvoraussetzung steht der Versagungsgrund der persönlichen Unzuverlässigkeit nicht außer Verhältnis zu dem angestrebten Zweck, die Verleiher im Interesse der Leiharbeitnehmer zur ordnungsgemäßen Erfüllung ihrer Berufstätigkeit zu verpflichten (vgl. Wank a. a. O. AÜG Einl. Rdnr. 4 und 11 ff.; vgl. auch BVerfG, Urteil vom 4. April 1967 – 1 BvR 84/65 [Arbeitsvermittlungsmonopol]– BVerfGE 21, 261 ff.= NJW 1967, 974 = juris Rdnr. 19 ff. [zur Verfassungswidrigkeit des generellen Verbotes der Leiharbeit]; BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 29. Dezember 2004 – 1 BvR 2283/03 [Arbeitnehmerüberlassung, Leiharbeitnehmer] – NZA 2005, 153 ff. = BB 2005, 495 ff. = juris Rdnr. 21 ff. [ keine Verletzung von Grundrechten durch Neuregelung der Arbeitnehmerüberlassung]).

Der Versagungsgrund der Unzuverlässigkeit stellt einen gerichtlich nachprüfbaren unbestimmten Rechtsbegriff dar (vgl. BSG, Urteil vom 6. Februar 1992 – 7 RAr 140/90 – SozR 3-7815 Art 1 § 3 Nr. 3 = juris Rdnr. 26). Maßgebend ist hierbei eine Prognose für die Zukunft, das heißt ein aus den vorhandenen tatsächlichen Umständen der Vergangenheit und der Gegenwart gezogener Schluss auf ein wahrscheinliches zukünftiges Verhalten der Antragstellerin (vgl. BSG, Urteil vom 6. Februar 1992, a. a. O., Rdnr. 26; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 10. November 2017, a. a. O., Rdnr. 47). Maßgebender Zeitpunkt für die Prüfung der Sach- und Rechtslage ist hinsichtlich des Verpflichtungsbegehrens im Hauptsacheverfahren der Schluss der mündlichen Verhandlung in der letzten Tatsacheninstanz (Berufungsinstanz). Führt die Prognose zu keinem klaren Ergebnis, geht dies zu Lasten der Erlaubnisbehörde (vgl. BSG, Urteil vom 6. Februar 1992, a. a. O., 26 m. w. N.). Zu berücksichtigen ist, dass bei der Erlaubnisprüfung und -versagung zu Gunsten der Behörde eine Beweiserleichterung gilt; sie muss – in einem Klageverfahren – nicht das Vorliegen des Versagungsgrundes selbst beweisen, sondern nur die Tatsachen dartun, die eine solche Annahme rechtfertigen ("wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen"; vgl. Wank, a. a. O., § 3 AÜG Rdnr. 3; Schüren/Hamann, a. a. O., § 3 AÜG Rdnr. 44).

(1.2) Die Prognose zur Zuverlässigkeit der Antragstellerin fällt nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung danach negativ aus. Denn die Antragsgegnerin hat Umstände glaubhaft gemacht, die hinreichende Zweifel an der Zuverlässigkeit des Geschäftsführers der Antragstellerin und damit die Versagung der Erlaubnis zulassen.

Eine abschließende Prüfung des Sachverhaltes ist nicht möglich. Weder ist eine Vernehmung der Mitarbeiterinnen der Antragsgegnerin zu den Feststellungen der in den Jahren 2016 bis 2018 durchgeführten Prüfungen noch eine vollständige Aufklärung zum behaupteten Telefongespräch und der zum 28. März 2019 angekündigten Prüfung möglich. Auch das Ergebnis der wohl seit dem 31. Juli 2019 durchgeführten Prüfung ist nicht abzuwarten, da die Antragstellerin auch in Ansehung der Prüfung das Gericht ausdrücklich um eine sofortige Entscheidung ersucht hat.

Der Senat ist auch nicht mittelbar an die im Verfahren Az. S 19 AL 207/18 ER ergangene rechtskräftige Entscheidung vom 19. Juli 2018 gebunden. Die Entscheidung betraf – wie bereits ausgeführt – die Versagung der Verlängerung und den Widerruf der erteilten Erlaubnis hinsichtlich des früheren Einzelunternehmens des Geschäftsführers der Antragstellerin und nicht die erstmalige Erteilung einer Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung zugunsten der Antragstellerin. Zudem ist ein mehr als ein Jahr späterer Zeitpunkt für die Prüfung der Sach- und Rechtslage der vorliegenden Entscheidung zugrundzulegen. In die Zukunftsprognose sind daher auch alle späteren Entwicklungen einzubeziehen.

Gegen die Zuverlässigkeit des Geschäftsführer der Antragstellerin spricht, dass gegen ihn am 4. Juli 2016 eine Bußgeldbuße über 50,00 EUR verhängt wurde, da er eine Auskunft nach § 7 Abs. 2 Satz 1 AÜG nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erteilte, und gegen ihn am 18. Mai 2017 nach § 56 Abs. 1 OWiG eine Verwarnung ausgesprochen wurde, da er als Verleiher seine gemäß § 11 Abs. 2 Satz 4 AÜG bestehende Verpflichtung die Leiharbeitnehmer vor jeder Überlassung darüber zu informieren, dass sie als Leiharbeitnehmer tätig werden, nicht nachgekommen ist. Nachdem die Antragsgegnerin am 6. April 2016 die Geschäftstätigkeit geprüft und unter anderem Verstöße gegen den Gleichstellungsgrundsatz in § 10 Abs. 4 AÜG, Arbeitszeitverstöße nach § 3 ArbZG, unrechtmäßige Abmeldungen von Arbeitnehmern von der Sozialversicherung oder die Nichtvergütung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit entgegen § 615 BGB moniert hatte, waren viele der Fehler durch Y ... mit dem Hinweis, die Arbeitnehmerüberlassung sei Neuland und künftig werde sorgfältiger gearbeitet, eingestanden worden. Die Verlängerung der Erlaubnis erfolgte unter Auflagen. Auch im Ergebnis der am 10. April 2017 durchführten örtlichen Prüfung der Geschäftstätigkeit erfolgten vielfältige Beanstandungen, die den sozialen Schutz der Leiharbeitnehmer betreffen. Fraglich ist bereits, ob es sich bei den im Einzelnen im Hauptsacheverfahren zu prüfenden Feststellungen um nur geringfügige Verletzungen der Pflichten eines Verleiharbeitgebers handelt, selbst wenn für die Anfangsjahre eine gewisse Unerfahrenheit des Geschäftsführers der Antragstellerin auf dem Gebiet der Arbeitnehmerüberlassung zu berücksichtigen wäre. Denn die weitere Entwicklung und die auf dieser Grundlage zu stellende Prognose sind im Ergebnis streitentscheidend.

Ergänzend sind daher die im Rahmen der am 3. April 2018 von der Antragsgegnerin durchgeführten Stichprobenprüfung der Betriebsunterlagen getroffenen Feststellungen zu bewertet. Erneut erfolgten zahlreiche im Einzelnen aufgelistete Beanstandungen, die die Antragsgegnerin zum Anlass nahm, die Erlaubnis nicht zu verlängern. Diese wurden teilweise eingestanden. Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren (Az. S 19 AL 207/18 ER) bestätigte das Sozialgericht mit Beschluss vom 19. Juli 2018 die bestehenden Zweifel an der Zuverlässigkeit des Geschäftsführers der Antragstellerin für die Ausübung einer Tätigkeit der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung. Es bewertete jedoch sodann im Rahmen der Interessenabwägung, da es sich um einen laufenden Geschäftsbetrieb handelte und eingeräumt wurde, dass Fehler unterlaufen waren, sowie konkret dazu vorgetragen wurde, wie die Fehler in der Zukunft abgestellt werden sollten, die Folgen einer zeitlich verzögerten Betriebseinstellung als weniger einschneidend.

Gerade vor dem Hintergrund dieser dem Geschäftsführer der Antragstellerin bekannten Entscheidung ist in die Zukunftsprognose maßgebend miteinzubeziehen, wie sich der weitere Geschäftsbetrieb gestaltete und welche Maßnahmen konkret unternommen wurden. Hierzu wird durch die Antragstellerin nichts vorgetragen. Zwar wird zu den einzelnen Beanstandungen im Rahmen der Prüfungen am 3. April 2018 im beigezogenen Hauptsacheverfahren (Az. S 19 AL 209/18) rechtlich Stellung genommen und unter anderem die Vernehmung einzelner Arbeitnehmer, welche trotz wiederholter Hinweise eigenmächtig und ohne Abstimmung die Arbeitszeit von 10 Stunden überschritten hätten, angeboten. Weiterer Vortrag zu den folgenden Geschäftsvorfällen und Verträgen und den angekündigten Maßnahmen (Einsatz einer Zeitarbeitssoftware, Beauftragung einer Bürokraft und Anweisungen an das Lohnbüro, um die festgestellten Mängel buchhalterisch abzustellen) erfolgte jedoch nicht. Es ergibt sich allein, dass die R ... Leasing GmbH am 30. August 2018 eine Software für Eventmanagement nebst DATEV Schnittstellen Paket erwarb und die A ... für die Nutzung diese Software der R ... Leasing GmbH erstmals aufgrund Zahlungsplans vom 15. Januar 2019 eine Zahlung zu leisten hatte. Es ist bereits nicht vorgetragen und glaubhaft gemacht, dass die Antragstellerin den Leasingvertrag übernommen hat. Über den konkreten Einsatz und die Auswirkungen auf die Geschäftsabläufe ist nichts bekannt.

Die möglichen Feststellungen im Rahmen der zum 28. März 2019 angekündigten Prüfung der Geschäftsunterlagen hat der Geschäftsführer der Antragstellerin auch aus Sicht des Senats vorsätzlich vereitelt, was unter Berücksichtigung der früheren Beanstandungen in der Summe zu einer negativen Prognose hinsichtlich der notwendigen Zuverlässigkeit führt.

Ob das behauptete Telefongespräch am 13. März 2019 vor der Versendung der E-Mail stattgefunden hat, kann insofern dahinstehen. Denn der Geschäftsführer der Antragstellerin hat lediglich eidesstattlich versichert, dass er nicht erwähnt habe, dass er keine Leiharbeitnehmer beschäftigen würde beziehungsweise keinen Gebrauch von der befristeten Erlaubnis mache. Er habe darauf hingewiesen, dass er dem Geschäftsbetrieb vier Monate nicht habe nachgehen können.

Selbst wenn der Vortrag der Antragstellerseite als wahr unterstellt wird, sind die Angaben in der E-Mail vom 13. März 2019 eindeutig. Denn für die Auslegung der E-Mail ist maßgebend, wie der Empfänger es seinem objektiven Sinngehalt nach verstehen durfte. Auszugehen ist dabei vom Empfängerhorizont eines verständigen Beteiligten, der die relevanten Zusammenhänge berücksichtigt (vgl. BSG, Urteil vom 4. Dezember 2014 – B 5 AL 2/14 R – SozR 4-4300 § 28a Nr. 10 = juris Rdnr. 24, m. w. N.). Die Erklärung, dass "seit der Prüfung keine Leiharbeitnehmer mehr beschäftigt" wurden, konnte von der Antragsgegnerin – auch unter Berücksichtigung des geschilderten Gesprächs – nicht anders verstanden werden als dahingehend, eine Arbeitnehmerüberlassung nicht mehr standgefunden hatte. Jedenfalls aus der Tatsache, dass der Geschäftsführer der Antragstellerin, auf dessen Zuverlässigkeit es ankommt, nachweislich auf die Absage des Termins mit E-Mail vom 15. März 2019 nicht reagierte, obwohl diese Absage ausdrücklich damit begründet wurde, dass er keine Arbeitnehmer verliehen habe, und dies eine Reaktion auf seine eigene E-Mail und Sachverhaltsdarstellung war, folgt zur Überzeugung des Senats, dass er zumindest billigend in Kauf nahm, den Prüftermin durch falsche oder zumindest durch die unstreitig unterlassenen Angaben zu vereiteln.

Danach hätte es – wie bereits ausgeführt – zumindest eines weiteren substantiierten Vortrages zu den von Y ... getroffenen Maßnahmen und ihren Auswirkungen und der Vorlage entsprechender Unterlagen bedurft, die die Annahme rechtfertigen, dass er als alleiniger Geschäftsführer der Antragstellerin die für die Ausübung der Tätigkeit nach § 1 AÜG erforderliche Zuverlässigkeit besitzt. Insofern konnte die Antragstellerin im vorliegenden einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht allein darauf verweisen, dass die Prüfung hätte nachgeholt werden können. Dies zumal die Antragsgegnerin mehrfach begründete, dass sie eine Prüfung mangels bekannter Geschäftsvorfälle nicht für zielführend erachtet, und die Antragstellerin weder konkret zum Umfang der späteren Arbeitnehmerüberlassung vorgetragen noch die bereits mit der Prüfungsankündigung mit E-Mail vom 13. März 2019 angeforderten Unterlagen übersandt hat.

Hinsichtlich der Versagung der Erlaubnis nach § 3 AÜG besteht kein Ermessen.

Zudem hat die Antragsgegnerin auch die Erteilung einer Auflage als milderes Mittel ausweislich der Ausführungen im Widerspruchsbescheid geprüft und im Rahmen des hier bestehenden Ermessens (vgl. § 2 Abs. 2 Satz 1 AÜG) unter Berücksichtigung der konkreten Umstände verneint. Keiner weiteren Erörterung bedarf insofern der Einwand der Antragstellerin, es liege ein Ermessensfehler vor, da der Geschäftsführer entgegen der Ausführungen der Antragsgegnerin im Wege der Auflage von der Ausübung der Angelegenheiten des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes hätte ausgeschlossen werden können. Denn der Geschäftsführer ist allein zur gesetzlichen Vertretung der Gesellschaft berechtigt. Eine entsprechende Auflage würde zur Handlungsunfähigkeit der juristischen Person führen und wäre offensichtlich rechtswidrig. Zudem verfügte – soweit bekannt – allein der Geschäftsführer der Antragstellerin über Kenntnisse auf dem Gebiet der Arbeitnehmerüberlassung. Denn es ist weder vorgetragen noch durch entsprechende eidesstattliche Versicherungen nachgewiesen, dass die weiteren Gesellschafter bereit und tatsächlich zeitlich und aufgrund ihrer Kenntnisse in der Lage wären, diese Aufgabe zu übernehmen.

(2) Nichts anderes würde sich im Rahmen einer zu treffenden Folgenabwägung ergeben. Gründe, die es vorliegend im Interesse der Effektivität des Rechtsschutzes im Hinblick auf Artikel 19 Abs. 4 GG rechtfertigen würden, der Entscheidung in der Hauptsache vorzugreifen, sind weder hinreichend dargelegt bzw. für das Gericht erkennbar noch glaubhaft gemacht.

Richtig ist, dass Artikel 19 Abs. 4 GG besondere Anforderungen an die Ausgestaltung des Eilverfahrens stellt, wenn ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären. Ist dem Gericht daher eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so hat es anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden. Die grundrechtlichen Belange des Antragstellers sind umfassend in die Abwägung einzustellen. Bei einem offenen Ausgang des Hauptsacheverfahrens sind die Folgen, die eintreten würden, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, die Antragstellerin später in der Hauptsache aber Erfolg hätte, gegenüber den Nachteilen abzuwägen, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gegen den Ablehnungsbescheid aber kein Erfolg beschieden wäre (vgl. BVerfG, Einstweilige Anordnung vom 19. Juli 2019 – 1 BvR 1627/19 – juris Rdnr. 2 m. w. N.).

Die Antragstellerin hat solche schwerwiegenden Nachteile nicht nachvollziehbar dargelegt und glaubhaft gemacht. Sie sind auch für den Senat nicht ersichtlich.

Ohne den Erlass einer einstweiligen Anordnung würde die Antragstellerin den Geschäftsbetrieb bis zur Entscheidung in der Hauptsache nicht aufnehmen können. Dies entspricht der grundsätzlichen Konzeption des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes, wonach die Arbeitnehmerüberlassung der Erlaubnis bedarf. Erginge die beantragte einstweilige Anordnung und erwiese sich, dass der Antragstellerin eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung nicht zu erteilen ist, würde sie befristet die Arbeitnehmerüberlassung und somit den Abschluss von Verträgen mit Leiharbeitnehmern und Entleihern ermöglichen, damit befristet zu einer Vorwegnahme der Hauptsache führen und könnte allein für die Zukunft wieder entfallen und dies obwohl zum Beispiel die notwendige Zuverlässigkeit im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AÜG tatsächlich nicht vorlag.

Zwar wird mit der Versagung der Erlaubnis in die durch Artikel 12 und 14 GG geschützte Berufs- und Gewerbefreiheit der Antragstellerin eingegriffen, die einen Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis hat, soweit keine Versagungsgründe vorliegen. Überwiegende öffentliche Belange können es ausnahmsweise jedoch rechtfertigen, den Rechtsschutzanspruch des Grundrechtsträgers im Interesse des allgemeinen Wohls einstweilen zurückzustellen. Die Gründe müssen im angemessenem Verhältnis zu der Schwere des Eingriffs stehen. Der Gesetzgeber hat – wie bereits ausgeführt – verfassungsgemäß die Berufs- und Gewerbefreiheit im Interesse der öffentlichen Belange durch § 3 AÜG beschränkt. Ob Versagungsgründe jedoch tatsächlich bestehen, ist erst im Hauptsacheverfahren abschließend zu klären. Somit hängt es von einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalles ab, ob im Interesse der Effektivität des Rechtsschutzes den Interessen der Antragstellerin Vorrang vor den öffentlichen Interessen einzuräumen ist. Von besonderer Bedeutung ist dabei vorliegend, dass die Antragstellerin bisher keine Tätigkeit der Arbeitnehmerüberlassung ausgeübt hat, kein laufender Geschäftsbetrieb besteht und die auch nur vorläufige Erteilung der Erlaubnis befristet zu einer vollständigen Vorwegnahme der Hauptsache führen würde. Im Verhältnis zu Dritten werden aufgrund der Erlaubniserteilung Rechtsverhältnisse erst geschaffen, die einer Rückabwicklung nicht zugänglich sind. Wer erstmalig die Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung beantragt, kann erst nach Erteilung dieser Erlaubnis Verträge mit Leiharbeitnehmern und Verleihern abschließen. Demgegenüber bestehen bei einem laufenden Geschäftsbetrieb die maßgebenden Verträge jedoch bereits. Somit kann bei der Versagung der Verlängerung der bisher erteilten Erlaubnis und einem bestehenden Geschäftsbetrieb die für die Folgenabwägung entscheidende schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigung bei Versagung des einstweiligen Rechtsschutzbegehrens in der (glaubhaft zu machenden) hinreichenden Wahrscheinlichkeit der Zerstörung des Geschäftsbetriebes liegen. Bei einer begehrten Verpflichtung zur befristeten erstmaligen Erteilung der Erlaubnis im einstweiligen Rechtsschutz würden jedoch gerade erst die rechtlichen Grundlagen für den Aufbau von Geschäftsbeziehungen und den Abschluss von Arbeitsverträgen geschaffen (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG), ohne dass diese nachträglich rückabgewickelt werden können.

Ob die negativen Auswirkungen für den Rechtsverkehr trotz allem unter bestimmt Umständen hinzunehmen wären, kann vorliegend dahinstehen. Die Antragstellerin verweist im Wesentlichen auf die von der Einzelfirma abgeschlossen Arbeitsverträge und aufgebauten Geschäftsbeziehungen sowie die angeschaffte Software. Die vorgelegten Verträge belegen jedoch allein den Abschluss eines Leasingvertrages hinsichtlich der Software durch die Einzelfirma A ... Dass die Zahlungsverpflichtung durch die Antragstellerin übernommen wurde, ist weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht. Auch der weitere Vortrag zu den Arbeitsverträgen und Geschäftsbeziehungen kann keine besonderen Umstände begründen, da ausdrücklich nach der eidesstattlichen Versicherung des Geschäftsführers der Antragstellerin keine Umwandlung der Einzelfirma in die GmbH erfolgte. Auch die besonders betroffenen Interessen des Geschäftsführers rechtfertigen keine andere Entscheidung. Es hätte ihm freigestanden, bis zur Erteilung der Erlaubnis zugunsten der Antragstellerin die weitere Verlängerung der seiner Einzelfirma erteilten Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung zu beantragen.

2. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 197a SGG i. V. m. § 154 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Danach trägt der Unterliegende die Kosten des Verfahrens.

§ 197a SGG ist einschlägig, weil ein Arbeitgeber, der im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit die Arbeitnehmerüberlassung betreibt, kein Leistungsempfänger im Sinne von § 183 SGG ist. Er bedarf nicht eines besonderen sozialen Schutzes im Rahmen des sozialgerichtlichen Kostenrechts, auf den die Kostenprivilegierung des § 183 SGG abzielt,

3. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren richtet sich nach § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) und beträgt 5.000,00 EUR. Denn aus dem Antrag der Antragstellerin ergeben sich keine hinreichender Anhaltspunkte für die Bestimmung des Streitwertes nach der wirtschaftlichen Bedeutung der Sache für sie (vgl. hierzu § 52 Abs. 1 GKG), zumal sie den Geschäftsbetrieb noch nicht erkennbar aufgenommen hat. Es verbleibt somit bei dem Auffangstreitwert (vgl. auch LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 11. März 2011 – L 13 AL 3438/10 ER-B – juris Rdnr. 4; Buchstabe B Ziffer II Nr. 2.1 des Streitwertkatalog für die Sozialgerichtsbarkeit [5. Aufl., 2017; Stand März 2017]).

Eine Reduzierung des Auffangwertes für die begehrte einstweilige Anordnung (vgl. hierzu Buchstabe A Ziffer II Nr. 10 des Streitwertkatalog) erachtet der Senat nicht für geboten. Denn die Antragstellerin erstrebte mit der einstweiligen Erlaubniserteilung, den Geschäftsbetrieb aufnehmen zu können und verfahrensrechtlich die Vorwegnahme der Hauptsacheentscheidung. Die wirtschaftliche Bedeutung des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes entspricht damit dem des Hauptsachverfahrens.

4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 177 SGG). Die Entscheidung über die Festsetzung des Streitwertes ist gemäß § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.
Rechtskraft
Aus
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