L 3 AL 72/18

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 8 AL 198/14
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AL 72/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der vom Gesetzgeber vorgesehenen Begrenzung auf die Beitragsbemessungsgrenze für die Ermittlung der Höhe eines Insolvenzgeldanspruches bestehen nicht.
2. Die Festsetzung der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze der Arbeitslosenversicherung als Leistungsbemessungsgrenze durch den Bundesgesetzgeber verstößt nicht gegen Europarecht.
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 28. Februar 2018 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten des Klägers sind in beiden Instanzen nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Mit ihrer Berufung wendet sich die Beklagte gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 28. Februar 2018, durch welches sie verurteilt wurde, dem Kläger Insolvenzgeld für die Zeit vom 1. Mai 2008 bis zum 17. August 2008 zu zahlen.

Der Kläger war bei der Firma Z ... GmbH & Co. OHG,. (im nachfolgenden: Z ...) als Dienststellenleiter beschäftigt. Mit Aufhebungsvertrag vom 11. Juni 2008 in der Fassung der Nebenabrede vom 28. Juli 2008 wurde das Arbeitsverhältnis einvernehmlich mit Wirkung zum 17. August 2008 gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von 140.000,00 EUR beendet. In Nummer 3 des Aufhebungsvertrages wurde des Weiteren die Auszahlung eines Bonus für das Geschäftsjahr 2007/2008 geregelt. Ziffer 3 lautete wie folgt: "[ ] nach der Bonus & Incentive Guideline für das Geschäftsjahr 2007/2008 zeitanteilig (1/12 für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses) ausgezahlt. Der Gesamtzielerreichungsgrad wird nach dem Ende des laufenden Geschäftsjahres bewertet. Die Auszahlung erfolgt unter Berücksichtigung der gesetzlichen Abzüge im Monat, in dem die reguläre Auszahlung bei Z ... stattfindet. Voraussetzung für die Auszahlung ist, dass der Mitarbeiter eine gültige Lohnsteuerkarte (Steuerklasse 6) für 2009 vorlegt. [ ]"

Das vertraglich vereinbart Arbeitsentgelt in Höhe von monatlich 4.759,36 EUR (6.300 EUR [brutto] = 4.496,56 EUR [netto] zuzüglich einem Zuschlag für die Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 262,80 EUR) zahlte der Arbeitgeber für die Monate Mai bis Juli 2008 in voller Höhe aus. Im Monat August 2008 erfolgte eine Zahlung in Höhe von 80.733,10 EUR (zeitanteiliger Arbeitslohn in Höhe von 3.300,00 EUR [Brutto] = 2.372,98 EUR [netto], Abfindung in Höhe von 140.000,00 EUR [brutto] = 78.208,65 EUR [netto] und Zuschlag für die Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 151,47 EUR). Der Kläger nahm zum 18. August 2008 ein anderes Beschäftigungsverhältnis auf.

Zu einer Auszahlung der Bonuszahlung, die betriebsüblich bis spätestens 28. Februar 2009 hätte erfolgen sollen, kam es nicht mehr. Wegen Zahlungsunfähigkeit wurde über das Vermögen von Z ... am 1. April 2009 das Insolvenzverfahren eröffnet.

Am 18. Mai 2009 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung von Insolvenzgeld und berief sich auf die ausstehende Bonuszahlung in Höhe von 17.333,33 EUR (brutto) sowie das hierzu beim Arbeitsgericht Dresden (Az. 3 Ca 1182/09) anhängige Klageverfahren. Die Bonuszahlung sei dem Insolvenzgeldzeitraum zuzuordnen. Mit Vereinbarung vom 30. November 2007 sei unter Punkt 5 "Income Planing" vereinbart worden, dass bei 100 %-iger Zielerreichung für das laufende Geschäftsjahr 2007/2008 eine Bonuszahlung erfolge. Entsprechend der individuellen Zielerreichung und der Firmenzielerreichung hätte sich im Fall einer Beschäftigung während des gesamten Geschäftsjahres, das heißt bis zum 30. September 2008, eine Bonuszahlung von 20.800,00 EUR (brutto) ergeben. Wegen seines vorzeitigen Ausscheides zum 17. August 2008 stehe ihm gemäß der Vereinbarung im Aufhebungsvertrag ein zeitanteiliger Anspruch auf den Bonus in Höhe von 10/12 (= 17.333,33 EUR [brutto]) zu.

Das Verfahren vor dem Arbeitsgericht wurde wegen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens unterbrochen. Der Kläger meldete die Forderung in Höhe von 17.333,33 EUR zur Insolvenztabelle an und erhielt am 27. Juli 2017 im Rahmen einer Abschlagsverteilung eine Quote von 25 %, das heißt 4.333,33 EUR.

Eine Insolvenzgeldbescheinigung wurde vom Insolvenzverwalter nicht ausgestellt. Dieser teilte der Beklagten mit, dass der Kläger zu den Arbeitnehmern gehöre, die zwar formal Anspruch auf die Bonuszahlung aus 2007/2008 hätten, denen jedoch aufgrund der bereits zum Austrittsmonat voll ausgeschöpften Beitragsbemessungsgrenze kein gesonderter Anspruch auf Insolvenzgeld zustehe. Mit Bescheid vom 29. Oktober 2009 lehnte die Beklagte daraufhin den Antrag auf Insolvenzgeld unter Verweis auf die vorgenannte Stellungnahme ab. Insolvenzgeld werde lediglich in Höhe des Nettoarbeitsentgeltes geleistet, das sich ergebe, wenn das auf die monatliche Beitragsbemessungsgrenze begrenzte Bruttoarbeitsentgelt um die gesetzlichen Abzüge vermindert werde.

Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 1. Februar 2010 als unbegründet zurück.

Das Sozialgericht hat der am 23. Februar 2010 erhobenen Klage mit Urteil vom 28. Februar 2018 stattgegeben. Der Anspruch auf Insolvenzgeld sei begründet. Im Insolvenzgeldzeitraum vom 17. Mai 2008 bis zum 17. August 2008 stehe dem Kläger eine jährliche Bonuszahlung zu, die den entsprechenden Monaten zuzuordnen und zu gleichen Bruchteilen zu berücksichtigten sei. Der offene Betrag liege unterhalb der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze. Allein maßgebend sei, dass das für die Monate des Insolvenzgeldzeitraumes zuzurechnende offene Arbeitsentgelt unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze liegt. Es sei unerheblich, dass das bereits gezahlte Arbeitsentgelt die Höhe der Beitragsbemessungsgrenze erreicht habe. Versichert sei nach der gesetzgeberischen Zielsetzung das ausgefallene Arbeitsentgelt.

Gegen das ihr am 26. März 2018 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 23. April 2018 Berufung eingelegt. Das Insolvenzgeld sei nach der gesetzlichen Regelung von § 183 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch – Arbeitsförderung – (SGB III) a. F. auf die monatliche Beitragsmessungsgrenze begrenzt. Die gesetzgeberische Beschränkung entspreche auch dem EU-Recht. Da der Kläger im Insolvenzzeitraum bereits das vertraglich vereinbarte Arbeitsentgelt in Höhe von monatlich 6.300,00 EUR (brutto) in voller Höhe erhalten und damit den Grenzwert überschritten habe, stehe ihm ein darüberhinausgehender Anspruch auf Insolvenzgeld nicht zu.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 28. Februar 2018 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er ist der Auffassung, dass die Entscheidung des Sozialgerichts unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht zu beanstanden sei.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten aus beiden Verfahrenszügen sowie die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.

Das Sozialgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 29. Oktober 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Februar 2010 ist rechtmäßig.

Der Kläger hat gemäß § 183 Abs. 1 SGB III (in der hier maßgebenden, vom 12. Dezember 2006 bis zum 31. März 2012 geltenden Fassung von Artikel 2 Nr. 1 des Gesetzes vom 2. Dezember 2006 [BGBl. I S. 2742]; im Folgenden a. F.) keinen Anspruch auf Insolvenzgeld.

1. Nach § 183 Abs. 1 Nr. 1 SGB III a. F. hatten Arbeitnehmer Anspruch auf Insolvenzgeld, wenn sie im Inland beschäftigt waren und bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen ihres Arbeitgebers (Insolvenzereignis) für die vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt hatten.

Diese Voraussetzungen liegen im Fall des Klägers dem Grunde nach vor. Das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arbeitgebers wurde am 1. April 2009 eröffnet. Das Arbeitsverhältnis des Klägers endete am 17. August 2008 und er hat für die vorausgehenden drei Monate, das heißt für die Zeit vom 18. Mai 2008 bis zum 17. August 2008 (Insolvenzgeldzeitraum) gegenüber seinem Arbeitgeber noch offene Ansprüche auf Arbeitsentgelt. Der Kläger hat die mit seinem Arbeitgeber vereinbarte Bonuszahlung für das Geschäftsjahr 2007/2008, auf die er zeitanteilig einen Anspruch in Höhe von 17.333,33 EUR (brutto) abzüglich bereits im Rahmen der Abschlagsverteilung erhaltener 4.333,33 EUR, mithin 13.000,00 EUR, hat, nicht erhalten. Nach der weiten Begriffsbestimmung des § 183 Abs. 1 Satz 3 SGB III a. F. gehören zum Arbeitsentgelt alle Bezüge aus dem Arbeitsverhältnis (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 8. September 2010 – B 11 AL 34/09 RBSGE 106, 290 ff. – SozR 4-4300 § 183 Nr. 13 = juris, jeweils Rdnr. 14 m. w. N.; BSG, Urteil vom 11. März 2014 – B 11 AL 21/12 RBSGE 115, 190 ff. – SozR 4-4300 § 185 Nr. 2 = juris, jeweils Rdnr. 15) und somit auch die Bonuszahlung.

Wie das Sozialgericht zu Recht ausgeführt hat, ist diese grundsätzlich zeitanteteilig, das heißt mit einem Betrag von 1.300,00 EUR je Monat dem Insolvenzgeldzeitraum zuzuordnen. Denn ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts kommt es für die Zuordnung nicht auf die Fälligkeit des Entgeltanspruchs an, sondern darauf, wann das Arbeitsentgelt erarbeitet worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 1. Dezember 1976 – 7 RAr 136/75BSGE 43, 49 ff. = SozR 4100 § 141b Nr.2 = juris Rdnr. 11; BSG, Urteil vom 25. Juni 2002 – B 11 AL 90/01 RBSGE 89, 289 ff. = SozR 3-4100 § 141b Nr. 24 = juris Rdnr. 16; BSG, Urteil vom 6. Mai 2009 – B 11 AL 12/08 RBSGE 103, 142 ff. = SozR 4-4300 § 184 Nr. 1 = juris Rdnr 13; BSG, Urteil vom 11. März 2014, a. a. O., Rdnr. 16). Maßgebend hiernach ist es, ob es sich um eine Gegenleistung für im Insolvenzgeldzeitraum geleistete Dienste handelt. Dafür ist auf den arbeitsrechtlichen Entstehungsgrund und die Zweckbestimmung der Leistung abzustellen (vgl. BSG, Urteil vom 4. März 2009 – B 11 AL 8/08 RBSGE 102, 303 ff. = SozR 4-4300 § 183 Nr. 10 = juris Rdnr. 19; BSG, Urteil vom 11. März 2014, a. a. O.). Bei Einmalzahlungen wie Jahressonderzahlungen ist zu differenzieren. Wenn es sich um eine Vergütung für die in der Vergangenheit erbrachte Arbeitsleistung (sog. "aufgestautes Arbeitsentgelt") handelt, begründet dies einen Anspruch auf Insolvenzgeld in Höhe des auf den Insolvenzgeldzeitraum entfallenden Anteils (also in der Regel 3/12 des Jahresbetrags), und zwar auch dann, wenn die Insolvenz schon vor der Fälligkeit des Gesamtanspruchs eingetreten ist (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 10. September 1987 – 10 RAr 10/86BSGE 62, 131 ff. = SozR 4100 § 141b Nr. 40 = juris Rdnr. 16; BSG, Urteil vom 11. März 2014, a. a. O. = juris Rdnr. 17).

Ausgehend von den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen, insbesondere der Regelung in Nummer 3 des Aufhebungsvertrages ergibt sich hiernach ein zeitanteiliger Anspruch des Klägers auf den Bonus für das Geschäftsjahr 2007/2008 in Höhe von 1/12 für jeden vollen Monat des Bestehens des Beschäftigungsverhältnisses.

2. Allerdings kann die Frage, ob und in welcher Höhe die zuletzt noch offene Bonuszahlung in Höhe von 13.000,00 EUR auf den Insolvenzgeldzeitraum zu verteilen ist, offen bleiben. Denn entgegen der Auffassung des Sozialgerichts im angefochtenen Urteil hat der Kläger keinen Anspruch auf Insolvenzgeld, da er vom Arbeitgeber für den Insolvenzgeldzeitraum bereits Arbeitsentgelt erhalten hat, welches das auf die monatliche Beitragsbemessungsgrenze begrenzte Bruttoarbeitsentgelt bereits übersteigt.

a) Nach § 185 Abs. 1 SGB III (in der hier maßgebenden, vom 1. April 2004 bis zum 31. März 2012 geltenden Fassung von Artikel 1 Nr. 99 des Gesetzes vom 23. Dezember 2003 [BGBl. I S. 2848]; im Folgenden a. F.) wurde Insolvenzgeld in Höhe des Nettoarbeitsentgeltes geleistet, das sich ergab, wenn das auf die monatliche Beitragsbemessungsgrenze (§ 341 Abs. 4 SGB III) begrenzte Bruttoarbeitsentgelt um die gesetzlichen Abzüge vermindert wurde. Beitragsmessungsgrenze ist nach § 341 Abs. 4 SGB III die Beitragsbemessungsgrenze der allgemeinen Rentenversicherung. Dieses wird gemäß § 160 Nr. 2 i. V. m. § 159 des Sozialgesetzbuches Sechstes Buch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI) jährlich von der Bundesregierung durch Rechtsverordnung für die Zeit ab dem 1. Januar des folgenden Jahres festgesetzt. Für das Beitrittsgebiet gilt hierbei gemäß § 228a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI i. V. m. der Tabelle in Anlage 2a eine besondere Beitragsbemessungsgrenze. Im Jahr 2008 betrug die Beitragsbemessungsgrenze (Ost) monatlich 4.500,00 EUR.

b) Ausgehend von dieser Beitragsbemessungsgrenze war das Bruttoarbeitsentgelt hierauf zu begrenzen und um die gesetzlichen Abzüge zu mindern. Der von der Insolvenz betroffene Arbeitnehmer kann nur die Zahlung der Nettoarbeitsentgelte verlangen, die sich aus dem Bruttoarbeitsentgelt, das auf die monatliche Beitragsbemessungsgrenze begrenzt ist, ergeben.

Vorliegend lag das erhaltene Arbeitsentgelt oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze, so dass sich kein weiterer Anspruch auf Insolvenzgeld ergibt. Der Kläger erhielt für die Monate Mai bis Juli 2008 das vertraglich vereinbart Arbeitsentgelt in Höhe von monatlich netto 4.759,36 EUR (6.300,00 EUR [brutto] = 4.496,56 EUR [netto] zuzüglich einem Zuschlag für die Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 262,80 EUR) in voller Höhe ausgezahlt. Im August 2008 wurde ihm Arbeitsentgelt in Höhe von netto 80.733,10 EUR (zeitanteiliger Arbeitslohn in Höhe von 3.300,00 EUR [Brutto] = 2.372,98 EUR [netto], Abfindung in Höhe von 140.000,00 EUR [brutto] = 78.208,65 EUR [netto] sowie einer Zuzahlung zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 151,47 EUR) ausgezahlt. Insoweit hat auch der Insolvenzverwalter zu Recht unter Verweis auf das ausgezahlte Einkommen von der Ausstellung einer Insolvenzgeldbescheinigung nach § 314 Abs. 1 Abs. 1 SGB III (in der hier maßgebenden, vom 1. April 2004 bis zum 31. März 2012 geltenden Fassung von Artikel 1 Nr. 179 des Gesetzes vom 23. Dezember 2003 [BGBl. I S. 2848]) abgesehen. Aufgrund der Begrenzung des in die Berechnung einzustellenden ersatzfähigen Arbeitsentgelts auf die Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 341 Abs. 4 SGB III reicht es entgegen der Auffassung des Klägers für einen Anspruch auf Insolvenzgeld nicht aus, dass lediglich das ausgefallene Arbeitsentgelt unterhalb der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze liegt und die bereits für den Insolvenzgeldzeitraum von Seiten des Arbeitgebers erfolgte Zahlungen von Arbeitsentgelt, die hier bereits die Beitragsbemessungsgrenze überschritten hatten, unbeachtlich bleiben.

3. Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der vom Gesetzgeber vorgesehenen Begrenzung auf die Beitragsbemessungsgrenze bestehen nicht. Die umlagefinanzierte Insolvenzversicherung dient dem Schutz des Arbeitsentgeltanspruchs der im Inland beschäftigten Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers und ersetzt als Sozialleistung im Fall der Insolvenz des Arbeitgebers den Anspruch des Arbeitnehmers auf im Insolvenzzeitraum tatsächlich erarbeitetes Arbeitsentgelt grundsätzlich in Höhe des Nettoarbeitsentgelts, so wie es auch der Arbeitgeber hätte zahlen müssen (vgl. Kühl, Brand/Düe/Hassel/Karmanski/Kühl, SGB III [8. Aufl., 2018], § 165 Rdnr. 3). Das Bruttoarbeitsentgelt ist mit Wirkung vom 1. Januar 2004 im Rahmen des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2848) wie andere Lohnersatzleistungen auf die monatliche Beitragsbemessungsgrenze der Arbeitslosenversicherung (vgl. § 341 Abs. 4 SGB III i. V. m. § 275c SGB VI) als Leistungsbemessungsgrenze begrenzt worden (vgl. E. Schneider, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III [2. Aufl., 2019], § 167 SGB III Rdnr. 2). Zur Begründung der Änderung des § 185 SGB III führte der Gesetzgeber im Gesetzesentwurf vom 5. September 2003 (vgl. BT-Drs. 15/1515, S. 89 [zu Nr. 99]) aus, dass nach geltendem Recht Insolvenzgeld in Höhe des Nettoarbeitsentgeltes ohne beitragsmäßige Begrenzung, das heißt auch für sehr hohe Nettoarbeitsentgelte gezahlt werde. Das erscheine auch im Hinblick auf das starke Ansteigen der Ausgaben für das Insolvenzgeld nicht mehr vertretbar. Das Recht der Europäischen Union ermächtige die Mitgliedsstaaten, die Leistungen bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers zu begrenzen. Von dieser Möglichkeit solle Gebrauch gemacht und das der Berechnung des Insolvenzgeldes zugrunde zu legende Arbeitsentgelt (Bruttoarbeitsentgelt) auf die Höhe der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze begrenzt werden (vgl. auch Hess. LSG, Urteil vom 29. Oktober 2012 – L 9 AL 196/10NZS 2013, 275 = juris Rdnr. 28).

Unabhängig davon ist in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes und des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie in der höchstrichterlichen Rechtsprechung geklärt, dass dem Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des Sozialstaatsprinzips aus Artikel 20 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) und der Ausgestaltung von Sozialleistungen ein Gestaltungsspielraum zusteht (vgl. die umfangreichen Nachweise bei Sächs. LSG, Urteil vom 24. Mai 2012 – L 3 AS 208/11 – juris Rdnr. 40 und Sächs. LSG, Urteil vom 15. Januar 2015 – L 3 AL 30/13 – juris Rdnr. 35; vgl. auch Sächs. LSG, Urteil vom 21. September 2017 – L 3 AL 211/15 – juris Rdnr. 39, m. w. N ...). Es ist dem Gesetzgeber vorbehalten zu entscheiden, in welcher Weise er die Ausgestaltung von Sozialleistungen regelt, und diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an denen er dieselbe Rechtsfolge knüpft. Willkürlich handelt er nicht bereits dann, wenn er unter mehreren Lösungen nicht die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung wählt. Dem Gesetzgeber steht mithin ein Spielraum zu, zu entscheiden, ob und in welchem Umfang er bei welchen steuerfinanzierten Sozialleistungen eine Selbsthilfeobliegenheit sowie eine sie ergänzende Handlungsbefugnis des Sozialleistungsträgers schaffen will (vgl. Sächs. LSG, Urteil vom 24. Januar 2019 – L 3 AS 476/17 –juris Rdnr. 83). Insoweit verstößt die Begrenzung der Höhe des Insolvenzgeldes nach § 185 Abs. 1 SGB III a. F. auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Artikel 3 Abs. 1 GG.

4. Schließlich verstößt die Festsetzung der monatliche Beitragsbemessungsgrenze der Arbeitslosenversicherung als Leistungsbemessungsgrenze durch den Bundesgesetzgeber auch nicht gegen Europarecht (so auch BSG, Urteil vom 11. März 2014, a. a. O., Rdnr. 31; Voelzke, in: Hauck/Noftz, SGB III [Stand: 08/18], § 167 Rdnr. 8; E. Schneider, a. a. O. Rdnr. 9, Kühl, a. a. O., § 165 Rdnr. 3). Hierbei ist zu berücksichtigen, dass auch Artikel 4 Abs. 1 und Abs. 3 der Richtlinie 2008/94/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2008 über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers (ABl. L 283 S. 36) eine Begrenzung der Leistungen bei Zahlungsunfähigkeit auf einen Höchstbetrag ausdrücklich vorsieht (so auch Schmidt, jurisPR-SozR 25/2004 Anm. 2 Buchst. D). Nach Artikel 4 Abs. 1 der Richtlinie 2008/94/EG können die Mitgliedstaaten die in Artikel 3 vorgesehene Zahlungspflicht der Garantieeinrichtungen begrenzen. Nach Artikel 4 Abs. 3 der Richtlinie 2008/94/EG können sie Höchstgrenzen für die von der Garantieeinrichtung zu leistenden Zahlungen festsetzen. Diese Höchstgrenzen dürfen eine mit der sozialen Zielsetzung dieser Richtlinie zu vereinbarende soziale Schwelle nicht unterschreiten.

Abweichendes ergibt sich nicht aus Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. EuGH, Urteil vom 4. März 2004 – C-19/01 [Castellani] – SozR 4-6084 Art. 3 Nr. 2 = juris) zur Begrenzung der Zahlungspflichten der Garantieeinrichtung und zum Abzug geleisteter Abschlagszahlungen. Zwar hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass es einem Mitgliedsstaat nicht erlaubt sei, die Zahlungspflichten der Garantieeinrichtungen auf einen Betrag zu begrenzen, der den notwendigen Lebensunterhalt der Betroffenen deckt und vom dem die Zahlungen abgezogen werden, die der Arbeitgeber während von der Garantie erfassten Zeitraums geleistet hat (vgl. EuGH, a. a. O., Leitsatz Ziffer 1). Wie aber das Bundessozialgericht in seiner Entscheidung vom 11. März 2014 (vgl. BSG, Urteil vom 11. März 2014, a. a. O., Rdnr. 31) ausgeführt hat, umfasst dies nicht die in § 185 Abs. 1 SGB III a. F. durch den Gesetzgeber erfolgte Begrenzung des Bruttoarbeitsentgelts auf die monatliche Beitragsbemessungsgrenze. Vielmehr lässt die Richtlinie, wie oben ausgeführt, im Gegenteil eine summenmäßige Begrenzung des garantierten Arbeitsentgelts zu. Was die konkrete Höhe des dem Arbeitnehmer maximal pro Monat zustehende Insolvenzgeld angeht, besteht der europarechtlich vorgegebene Maßstab in der Einhaltung der sozialen Zweckbestimmung der Richtlinie. Diese liegt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof darin, den betroffenen Arbeitnehmern durch die Befriedigung nicht erfüllter Ansprüche auf Arbeitsentgelt für einen bestimmten Zeitraum einen gemeinschaftsrechtlichen Mindestschutz bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers zu garantieren (vgl. BSG, Urteil vom 11. März 2014, a. a. O., Rdnr. 32 mit Verweis auf EUGH, Urteil vom 4. März 2004, a. a. O.). Durch diese allgemein gehaltene Vorgabe wird den Mitgliedstaaten ein gewisser Einschätzungsspielraum eröffnet (BSG, a. a. O., mit Verweis auf Voelzke, a. a. O., § 165 SGB III Rdnr. 210). Durch die Begrenzung der Garantieleistung auf die monatliche Beitragsbemessungsgrenze wird dieser gesetzgeberische Gestaltungsrahmen ersichtlich nicht überschritten, da die Beitragsbemessungsgrenze immerhin mehr als das Doppelte des Durchschnittsverdienstes beträgt (vgl. Anlage 1 und Anlage 2 zu SGB VI). Noch stärker überdurchschnittliche Einkommen in voller Höhe abzusichern, zwingt die soziale Zweckbestimmung der Richtlinie hingegen nicht (so BSG, Urteil vom 11. März 2014, a. a. O., Rdnr. 32). Im Übrigen ist die Absicherung von Spitzeneinkommen auch nicht Aufgabe der Sozialversicherung (E. Schneider, a. a. O., Rdnr. 9).

II. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).

III. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe dafür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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