L 9 KR 274/18

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 35 KR 98/15
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 9 KR 274/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Krankenversicherung
Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder
hauptberuflich selbstständig Tätiger
Herausrechnung von Zeiten des Krankengeldbezuges bei der Ermittlung der monatlichen Einkünfte
1. Durch die Zuordnungsregel des § 5 Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz BeitrVerfGrsSz wirkt sich der Bezug von Krankengeld eines hauptberuflich selbstständig Tätigen bei der späteren Berücksichtigung des Arbeitseinkommens durch den Einkommensteuerbescheid des Veranlagungsjahres, in dem der Krankengeldbezug vorlag, in der Weise aus, dass die beitragsfreien Zeiten „auszuklammern“ sind. Die
Regelung des § 5 Abs. 2 Satz 2 zweiter Halbsatz BeitrVerfGrsSz ist davon geprägt, dass eine andere Vorgehensweise zu einer doppelten Begünstigung desselben Zeitraumes führen würde.
2. Da die begünstigende Regelung des § 8 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 BeitrVerfGrsSz davon ausgeht, dass
beitragspflichtiges Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen in Zeiten des Krankengeldbezuges entfällt, ist es
nur folgerichtig, diese (beitragsfreien) Zeiten bei der Beitragsberechnung (auf der Grundlage des Einkommensteuerbescheids des Krankengeld-Bezugsjahres) herauszurechnen, ohne dass dies zur
Berücksichtigung einer nur fiktiven Leistungsfähigkeit des Versicherten führt.
3. Die Zuordnungsregel des § 5 Abs. 2 Satz 2 zweiter Halbsatz BeitrVerfGrsSz setzt unter Typisierungsgesichtspunkten die bestehenden gesetzlichen Regelungen um (§ 240 Abs. 1 Satz 2 SGB V - Berücksichtigung der gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit; § 49 Abs. 1 Nr. 1 SGB V - Ruhen des Krg-Anspruchs).
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 03. Mai 2018 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Höhe der Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und zur sozialen Pflegeversicherung vom 07.07.2014 bis 30.09.2015.

Der 1950 geborene Kläger ist Diplom-Ingenieur und war als hauptberuflich Selbstständiger, im streitgegenständlichen Zeitraum bei der Beklagten freiwillig mit Anspruch auf Krankengeld kranken- und pflegeversichert.

Vom 04.04.2013 bis 31.07.2013 bezog der Kläger Krankengeld von der Beklagten. Am 21.03.2014 reichte der Kläger den Einkommenssteuerbescheid vom 13.02.2014 für 2012 bei der Beklagten ein. Vom 05.05.2014 bis 06.07.2014 meldete sich der Kläger bei der Bundesagentur für Arbeit, Agentur für Arbeit Z ... arbeitslos und bezog Arbeitslosengeld I in Höhe von täglich 35,80 EUR.

Am 20.05.2014 ging der Beklagten der Einkommenssteuerbescheid des Klägers vom 09.05.2014 für 2013 zu, welcher Einkünfte aus freiberuflicher selbstständiger Tätigkeit in Höhe von 45.094,00 EUR auswies.

Mit Schreiben vom 16.06.2014 teilte der Kläger mit, seine freiberufliche Tätigkeit ab dem 07.07.2014 fortzusetzen. Auf Grundlage des Einkommensteuerbescheids für 2013 setzte die Beklagte mit zwei Bescheiden vom 06.08.2014 den Beitrag zur Krankenversicherung (im Folgenden: KV-Beitrag) in Höhe von 523,13 EUR und den Beitrag zur Pflegeversicherung (im Folgenden: PV-Beitrag) in Höhe von 69,19 EUR vom 07.07.2014 bis 31.07.2014 fest und ab 01.08.2014 den monatlichen KV-Beitrag in Höhe von 627,75 EUR und den monatlichen PV-Beitrag in Höhe von 83,03 EUR. Bemessungsgrundlage der Beitragsberechnung war die Beitragsbemessungsgrenze in Höhe von 4.050,00 EUR.

Gegen die Beitragsbescheide vom 06.08.2014 legte der Kläger am 12.08.2014 Widerspruch ein. In dem Einkommensteuerbescheid 2013 werde ein zu versteuerndes Einkommen von 36.953,00 EUR ausgewiesen, somit betrage das monatliche Einkommen nur 3.079,42 EUR.

Wegen Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze auf 4.125,00 EUR und der Beitragssätze setzte die Beklagte mit zwei Änderungsbescheiden vom 18.12.2014 ab 01.01.2015 den KV-Beitrag auf monatlich 635,25 EUR und den PV-Beitrag auf monatlich 96,94 EUR fest.

Dagegen legte der Kläger am 09.01.2015 Widerspruch ein und teilte mit, dass er ab 01.10.2015 Regelaltersrente beziehen werde.

Mit Widerspruchsbescheid vom 23.01.2015 wies die Beklagte die Widersprüche gegen die Beitragsbescheide vom 06.08.2014 und 18.12.2014 zurück. Rechtsgrundlage für die Beitragsbemessung freiwillig Versicherter seien § 240 Abs. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) und § 57 Abs. 4 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI), wonach die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Versicherten ohne Rücksicht auf die steuerliche Behandlung der Einnahmen für die Beitragseinstufung zu berücksichtigen sei. Nach § 8 Abs. 3 der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler (BeitrVerfGrsSz) begründe der Krankengeldbezug Beitragsfreiheit für vor dem Leistungsbezug beitragspflichtiges Arbeitseinkommen, soweit und solange es entfalle. Da mit der Beitragsfreiheit von hauptberuflich Selbständigen während des Krankengeldbezuges eine krankheitsbedingte Minderung des Arbeitseinkommens bereits zeitnah (quasi im Vorgriff auf den künftigen Einkommenssteuerbescheid) beachtet werde, sei es sachgerecht, bei der späteren Ermittlung des Arbeitseinkommens aus dem Einkommenssteuerbescheid des Veranlagungsjahres, in dem die Arbeitsunfähigkeit bzw. der Krankengeldbezug vorlag, die beitragsfreien Zeiten zu berücksichtigen. Durch den vollständigen Wegfall des Arbeitseinkommens sei der Kläger vom 04.04.2013 bis 31.07.2013 beitragsfrei gestellt worden. Die Höhe des monatlichen beitragspflichtigen Arbeitseinkommens bestimme sich deshalb nach der Formel:

Jahresbetrag des Arbeitseinkommens x 30 Tage 360 Tage - Anzahl der Tage des Krankengeldbezuges.

Nach dieser Formel errechne sich das monatliche beitragspflichtige Einkommen von 5.567,16 EUR wie folgt: 45.094,00 EUR x 30 Tage 360 Tage - 117 Tage.

Dagegen hat der Kläger am 23.02.2015 Klage beim Sozialgericht Dresden (SG) erhoben. Die von der Beklagten verwandte Formel befinde sich nicht in den BeitrVerfGrsSz. Vielmehr sei der Beitragsberechnung das von ihm erzielte Einkommen in Höhe von 45.094,00 EUR gemäß Einkommensteuerbescheid 2013, geteilt durch zwölf Monate, somit in Höhe von monatlich 3.757,83 EUR zu Grunde zu legen. Durch den Krankengeldbezug bleibe die Verpflichtung aus § 240 Abs. 4 Satz 1 SGB V, wonach Beiträge aus dem Mindesteinkommen zu entrichten sind, unberührt. § 224 SGB V (Beitragsfreiheit bei Krankengeld) sei keine abschließende Sonderregelung gegenüber § 240 Abs. 4 Satz 1 SGB V.

Mit Urteil vom 03.05.2018 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Berechnung der KV- und PV-Beiträge auf der Basis eines monatlichen Arbeitseinkommens in Höhe von 3.757,83 EUR. Rechtsgrundlage für die Beitragsberechnung aus dem Gesamtbetrag der im Einkommensteuerbescheid 2013 ausgewiesenen Einkünfte (45.094,00 EUR) dividiert durch 360 Tage abzüglich der beitragsfreien Krankengeldbezugszeiten sei § 5 Abs. 2 Satz 2 2. Hs. der Beitragsverfahrensgrundsätze, welcher die Zuordnung der laufenden beitragspflichtigen Einnahmen grundsätzlich nach dem Zuflussprinzip regele. Das Arbeitseinkommen sei jeweils dem Beitragsmonat mit einem Zwölftel des dem vorliegenden aktuellen Einkommenssteuerbescheid zu entnehmenden Jahresbetrags zuzuordnen (§ 5 Abs. 2 Satz 2 1. HS BeitrVerfGrsSz). Zeiten der Beitragsfreiheit nach § 8 Abs. 3 BeitrVerfGrsSz seien zu berücksichtigen (§ 5 Abs. 2 Satz 2 2. HS BeitrVerfGrsSz). § 8 Abs. 3 Satz 1, 2. Halbs. BVGrSz ordne über die Regelung des § 224 Abs. 1 Satz 2 SGB V hinaus an, dass während des Krankengeldbezugs auf Arbeitsentgelt und -einkommen, soweit es bislang der Beitragsbemessung zugrunde gelegen habe, ebenfalls keine Beiträge zu erheben seien. Ohne diese begünstigende Regelung hätten alle freiwillig Versicherten mit Beiträgen nach der Mindestbemessungsgrundlage auch während des Krankengeldbezugs Beiträge in derselben Höhe zu zahlen wie zuvor. Der Bezug von Krankengeld würde sich dann in keiner Weise auf die Beitragshöhe auswirken. Damit während des Krankengeldbezugs eine krankheitsbedingte Minderung des Arbeitseinkommens bereits zeitnah (quasi im Vorgriff auf den künftigen Einkommenssteuerbescheid) beachtet werde, sei es sachgerecht, bei der späteren Berücksichtigung des Arbeitseinkommens durch den Einkommensteuerbescheid des Veranlagungsjahres, in dem. der Krankengeldbezug vorgelegen habe, die beitragsfreien Zeiten auszuklammern. Andernfalls würde eine doppelte Begünstigung desselben Zeitraums eintreten. Die Beklagte habe diese Überlegungen durch Anwendung der von ihr ermittelten Formel Jahresbetrag des Arbeitseinkommens x 30 Tage 360 Tage - Anzahl der Tage des Krankengeldbezuges umgesetzt. Diese fiktive Einkommensermittlung sei von der gesetzlichen Regelung des § 240 Abs. 2 Satz 1 SGB V getragen, wonach bei der Bestimmung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit mindestens die Einnahmen des freiwilligen Mitglieds berücksichtigt werden müssten, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung zu Grunde zu legen seien. Auch der versicherungspflichtig Beschäftigte müsse im Anschluss an einen Krankengeldbezug Beiträge sofort wieder in voller Höhe, gemessen an dem beitragspflichtigen Einkommen, entrichten. Hier habe der Kläger Krankengeld in ungekürzter Höhe bezogen. Sollte der Kläger seine selbstständige Tätigkeit auch während seiner Arbeitsunfähigkeit (gegebenenfalls in geringerem Umfang) ausgeübt haben, hätte ihm das Krankengeld nicht ungekürzt zugestanden (§ 49 Abs. 1 Nr. 1 SGB V). Zu Gunsten des Klägers werde jedoch angenommen, dass er im streitigen Zeitraum seine selbstständige Tätigkeit nicht ausgeübt habe. Die Einkünfte in Höhe von 45.094,00 EUR seien mithin während des verbliebenen Zeitraumes (243 Tage) erzielt worden. Den Argumenten im Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 18. Februar 2016 – L 16 KR 293/15 – (Rn. 34, 35 juris) sei nicht zu folgen. Dort habe der Beitragspflichtige nur gekürztes Krankengeld bezogen, weil er seine selbstständige Tätigkeit während der Arbeitsunfähigkeit weiterhin mit 10 % ausgeübt hat (vgl. a. a. O., Rn. 3). Für den Bereich der Pflegeversicherung gelte wegen der Verweisungskette (§ 57 Abs. 4 Satz 1 SGB XI, § 240 SGB V, § 1 Abs. 2 BeitrVerfGrsSz) dasselbe.

Gegen das am 31.05.2018 zugestellte Urteil hat der Kläger am 02.07.2018 Berufung beim Sächsischen Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Die von der Beklagten verwandte Rechenformel sei in den BeitrVerfGrsSz nicht rechtlich wirksam ausgestaltet. Insbesondere werde dadurch nicht berücksichtigt, dass dem Selbstständigen auch in Zeiten der Krankheit Einnahmen zuflössen. Daher sei das im gesamten Wirtschaftsjahr erzielte Einkommen entsprechend auch anteilsmäßig zu berücksichtigen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 03.05.2018 und die Beitragsbescheide vom 06.08.2014 und 18.12.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.01.2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Höhe der Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung im Zeitraum vom 07.07.2014 bis 30.09.2015 auf der Grundlage eines durchschnittlichen Monatseinkommens von 3.757,83 EUR festzusetzen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Sie hält die Ausführungen des SG für zutreffend und nimmt darauf und auf die Begründungen der angefochtenen Bescheide Bezug. Gemäß § 8 Abs. 3 i.V.m. § 5 Abs. 2 der BeitrVerfGrsSz bestehe Beitragsfreiheit während des Krankengeldbezuges, dem Einkommensersatzfunktion zukomme. Somit werde bereits während des Krankengeldbezuges eine krankheitsbedingte Minderung des Arbeitseinkommens zeitnah beachtet. Deshalb sei es sachgerecht, bei der späteren Einkommensermittlung aus dem Einkommenssteuerbescheid des Jahres der Arbeitsunfähigkeit die beitragsfreien Zeiten zu berücksichtigen, um eine doppelte Begünstigung zu vermeiden. Die Berechnungsformel lasse sich aus den BeitrVerfGrsSz entnehmen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge und der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der Beratung und Entscheidungsfindung waren.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht und mit zutreffenden Gründen abgewiesen. Die Beitragsbescheide der Beklagten vom 06.08.2014 und 18.12.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.01.2015 sind zu Recht ergangen. Sie verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten, § 54 Abs. 1, 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die freiwilligen Krankenversicherungs- (KV-) und Pflegeversicherungs- (PV-)Beiträge für die Zeit 07.07.2014 bis 30.09.2015 sind zutreffend in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze (auf der Grundlage eines durchschnittlichen Monatseinkommens von Höhe 5.567,16 EUR) festgesetzt.

Rechtsgrundlage für die Bemessung von KV- und PV-Beiträgen hauptberuflich selbstständiger freiwilliger Mitglieder ist § 240 Abs. 4 Satz 2 SGB V, §§ 2 Abs. 1, 3 Abs. 1 Satz 1 BeitrVerfGrsSz, §§ 20 Abs. 3, 57 Abs. 4 Satz 1 SGB XI.

Gemäß § 240 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V; in der Fassung vom 20.12.2011), wird die Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder einheitlich durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen (SpVBdKK) geregelt. Dabei ist nach § 240 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 1 SGB V sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigt und bei der Bestimmung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit mindestens die Einnahmen des frei-willigen Mitglieds herangezogen werden, die bei einem vergleichbaren versicherungs-pflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung zugrunde zu legen sind. Diesem Rege-lungsauftrag ist der SpVBdKK durch Erlass der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler BeitrVerfGrsSz vom 27.10.2008 nachgekommen (für die hier streitige Zeit ab 01.08.2009 in den Fassungen bis zur vierten Änderung vom 30.05.2011). Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 (BeitrVerfGrsSz) werden die Beiträge nach den beitragspflichtigen Einnahmen des Mitglieds bemessen, wobei die Beitragsbemessung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitglieds zu berücksichtigen hat. Gemäß § 3 Abs. 1 BeitrVerfGrsSz sind als beitragspflichtige Einnahmen das Arbeitsentgelt, das Arbeitseinkommen, der Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung, der Zahlbetrag der Versorgungsbezüge sowie alle Einnahmen und Geldmittel, die für den Lebensunterhalt verbraucht werden oder verbraucht werden können, ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung zugrunde zu legen. Die Einnahmen sind nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten abzugrenzen; eine die beitragspflichtigen Einnahmen mindernde Berücksichtigung von Zwecksetzungen einzelner Einnahmen findet grundsätzlich nicht statt. Weil § 240 Abs. 1 Satz 2 SGB V an die "gesamte" wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mit-glieds anknüpft, besteht die Beitragspflicht unabhängig davon, ob diese Einnahmen dem Arbeitsentgelt vergleichbar sind und grundsätzlich auch unabhängig davon, ob mit einer Zuwendung ein bestimmter Zweck verfolgt wird oder nicht (BSG, Urteil vom 19. August 2015 – B 12 KR 11/14 R –, SozR 4-2500 § 240 Nr. 29, Rn. 17, juris). Mit diesen Regelun-gen hat der SpVBdKK die Vorgaben des § 240 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 SGB V zulässig umgesetzt (BSG, Urteil vom 19. August 2015 - B 12 KR 11/14 R - SozR 4-2500 § 240 Nr.29, Rn. 16, juris). Die BeitrVerfGrsSz für sich genommen stehen in Einklang mit höher-rangigem (Gesetzes- und Verfassungs-) Recht (vgl. BSG, Urteil vom 10. Oktober 2017 – B 12 KR 16/16 R –, SozR 4-2500 § 240 Nr. 32, Rn. 15 m. w. N. juris).

Der im Einkommensteuerbescheid für 2013 festgestellte Gewinn aus der freiberuflichen Tätigkeit zählt als Arbeitseinkommen zu den beitragspflichtigen Einnahmen des Klägers. Arbeitseinkommen ist gemäß § 15 Abs. 1 Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV) der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbstständigen Tätigkeit (Satz 1); Einkommen ist als Arbeitseinkommen zu werten, wenn es als solches nach dem Einkommensteuerrecht zu bewerten ist (Satz 2). § 15 SGB IV erfasst damit Gewinneinkünfte aus selbstständiger Tätigkeit im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Einkommensteuergesetz (EStG).

Die Beitragsbemessung abweichend von dem in § 5 Abs. 2 Satz 2 erster Halbsatz BeitrVerfGrsSz beschriebenen Grundsatz (Jahresbetrag geteilt durch zwölf) nach der Formel Jahresbetrag des Arbeitseinkommens multipliziert mit 30 Tagen geteilt durch 360 Tage abzüglich der Anzahl der Tage der Beitragsfreiheit auf Grund des Krankengeldbezugs als Bemessungsgrundlage für die zu zahlenden freiwilligen KV- und PV-Beiträge ist rechtmäßig. Die Bescheide der Beklagten sind sowohl durch die BeitrVerfGrsSz als auch durch die Ermächtigung in § 240 SGB V gedeckt.

Nach § 5 Abs. 2 Satz 2 erster und zweiter Halbsatz BeitrVerfGrsSz ist das Arbeitseinkommen dem jeweiligen Beitragsmonat mit einem Zwölftel des dem vorliegenden aktuellen Einkommensteuerbescheid zu entnehmenden Jahresbetrags zuzuordnen; Zeiten der Beitragsfreiheit nach § 8 Abs. 3 sind zu berücksichtigen. Nach § 8 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 BeitrVerfGrsSz begründet der Bezug von Krankengeld nach § 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 oder 3 SGB V oder Krankengeld im Wahltarif nach § 53 Abs. 6 SGB V Beitragsfreiheit für vor dem Leistungsbezug beitragspflichtiges Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen, soweit und solange es entfällt; § 240 Abs. 4 Sätze 1 bis 3 SGB V gelten in diesen Fällen für die Dauer des Leistungsbezugs nicht. § 57 Abs. 2 SGB XI bleibt unberührt.

Die Zuordnungsregel des § 5 Abs. 2 Satz 2 erster und zweiter Halbsatz BeitrVerfGrsSz setzt in Anbetracht des dem SpVBdKK eingeräumten Regelungsermessens unter Typisierungsgesichtspunkten (BSG, Urteil vom 15. Oktober 2014 – B 12 KR 10/12 R –, SozR 4-2500 § 240 Nr. 24, Rn. 27, juris) bestehende gesetzliche Regelungen um. So sieht § 240 Abs. 1 Satz 2 SGB V ausdrücklich vor, dass bei Erlass der Regelungen nach § 240 Abs. 1 Satz 1 SGB V sicherzustellen ist, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigt. § 240 Abs. 2 Satz 1 SGB V konkretisiert diesen Regelungsauftrag dahingehend, dass bei der Bestimmung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit mindestens die Einnahmen des freiwilligen Mitglieds zu berücksichtigen sind, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung zugrunde zu legen sind. Nach § 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB V wird bei versicherungspflichtig Beschäftigten auch das Arbeitseinkommen der Beitragsbemessung zugrunde gelegt. Das Arbeitseinkommen Selbstständiger entspricht dem Arbeitsentgelt Beschäftigter (BSG, Urteil vom 18. Januar 2018 – B 12 KR 22/16 R –, BSGE 125, 113-120, SozR 4-2500 § 240 Nr. 34, Rn. 16, juris).

Ebenso wie krankenversicherungspflichtige Mitglieder sind auch freiwillig versicherte Mitglieder für die Dauer des Anspruchs auf Krankengeld beitragsfrei (§ 224 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Die Beitragsfreiheit erstreckt sich nach ausdrücklicher Bestimmung des § 224 Abs. 1 Satz 2 SGB V nur auf diese Leistungen. § 8 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 BeitrVerfGrsSz geht darüber hinaus, indem der Bezug von Krankengeld Beitragsfreiheit für vor dem Leistungsbezug beitragspflichtiges Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen begründet, soweit und solange es entfällt; § 240 Abs. 4 Sätze 1 bis 3 SGB V gelten in diesen Fällen für die Dauer des Leistungsbezuges nicht. Diese Regelung ist im Einklang damit zu verstehen, dass der Anspruch auf Krankengeld gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 1 ruht, soweit und solange Versicherte beitragspflichtiges Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erhalten, wobei Arbeitseinkommen gemäß § 15 SGB IV auch der Gewinn ist, der nach dem Einkommensteuerrecht aus einer selbstständigen Tätigkeit ermittelt wird (siehe oben; Joussen in Becker/Kingreen, SGB V, 5. Auflage, 2017, § 49 Rn. 3).

Durch die Zuordnungsregel des § 5 Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz BeitrVerfGrsSz wirkt sich der Bezug von Krankengeld eines hauptberuflichen selbständig Tätigen bei der späteren Berücksichtigung des Arbeitseinkommens durch den Einkommensteuerbescheid des Veranlagungsjahres, in dem der Krankengeldbezug vorlag, in der Weise aus, dass die beitragsfreien Zeiten "auszuklammern" sind. Die Regelung des § 5 Abs. 2 Satz 2 zweiter Halbsatz BeitrVerfGrsSz ist davon geprägt, dass eine andere Vorgehensweise zu einer doppelten Begünstigung desselben Zeitraumes führen würde (Sieben in: Figge, Sozialversicherungs-Handbuch Beitragsrecht, 121. Lieferung 07.2019, Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen, Gesamteinkommen, Einnahmen zum Lebensunterhalt und beitragspflichtige Einnahmen, 5.5.5.1.3, juris). Da die begünstigende Regelung des § 8 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 BeitrVerfGrsSz davon ausgeht, dass beitragspflichtiges Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen in Zeiten des Krankengeldbezuges entfällt, ist es nur folgerichtig, diese (beitragsfreien) Zeiten bei der Beitragsberechnung (auf der Grundlage des Einkommensteuerbescheids des Krankengeld-Bezugsjahres) herauszurechnen, ohne dass dies zur Berücksichtigung einer nur fiktiven Leistungsfähigkeit des Versicherten führt (a. A. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 13. Juli 2018 – L 4 KR 388/17 –, Rn. 29, juris mit Verweis auf Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18. Februar 2016 – L 16 KR 293/15 –, Rn. 34, juris).

Wenn der Argumentation des Klägers gefolgt und nur die Zuordnungsregel des § 5 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz BeitrVerfGrsSz angewendet würde, hätte das zur Folge, dass das Arbeitseinkommen, das der Kläger trotz gleichzeitigem Krankengeld bezogen hat, nicht mit Beiträgen belastet wird, obwohl es die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Klägers erhöht hat und dazu noch mit der Regelung des § 49 Abs. 1 Nr. 1 SGB V nicht zu vereinbaren ist. Vielmehr kann bei freiwillig versicherten Arbeitnehmern mit Krankengeldanspruch diesbezüglich vorausgesetzt werden, dass das zugrunde liegende Arbeitsentgelt bei der Zahlung von Krankengeld wegen Arbeitsunfähigkeit entfällt, da andernfalls der Anspruch auf Krankengeld ruht (§ 49 Abs. 1 SGB V, vgl. Gerlach in: Hauck/Noftz, SGB, 04/18, § 240 SGB V, Rn. 183).

Das Arbeitseinkommen unter Anwendung der oben beschriebenen Formel zu den beitragspflichtigen Einnahmen zu rechnen, ist überdies aus Gründen der Gleichbehandlung mit versicherungspflichtig Beschäftigten geboten; das Arbeitseinkommen Selbstständiger entspricht dem Arbeitsentgelt Beschäftigter (BSG, Urteil vom 18. Januar 2018 – B 12 KR 22/16 R –, BSGE 125, 113-120, SozR 4-2500 § 240 Nr. 34, Rn. 16, juris). Denn legt man als Vergleichsgruppe den Personenkreis der ohne Krankengeldanspruch versicherten hauptberuflich Selbstständigen zugrunde, erfahren diese - im Gegensatz zu den von der Beitragsfreiheit im Sinne des § 8 Abs. 3 BeitrVerfGrsSz erfassten Personen - die beitragsrechtliche Berücksichtigung einer krankheitsbedingten Minderung des Arbeitseinkommens erst zeitversetzt bei Vorlage des Einkommensteuerbescheides für das Veranlagungsjahr, in dem krankheitsbedingt das Arbeitseinkommen reduziert war (Sieben in: Figge, Sozialversicherungs-Handbuch Beitragsrecht, 121. Lieferung 07.2019, Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen, Gesamteinkommen, Einnahmen zum Lebensunterhalt und beitragspflichtige Einnahmen).

Mit der typisierenden (BSG, Urteil vom 18. Dezember 2013 – B 12 KR 3/12 R –, SozR 4-2500 § 240 Nr. 22, Rn. 27, juris) Zuordnungsregel des § 5 Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz BeitrVerfGrsSz hat der SpVBdKK von seiner Befugnis Gebrauch gemacht, die Feststellung der beitragspflichtigen Einnahmen zu konkretisieren, wenn die Feststellung der beitragspflichtigen Einnahmen auf erhebliche Schwierigkeiten stößt, sich dem Gesetz keine eindeutigen Bewertungsmaßstäbe entnehmen lassen oder hierfür verschiedene Berechnungsweisen zur Verfügung stehen (BSG, Urteil vom 15. Oktober 2014 – B 12 KR 10/12 R –, SozR 4-2500 § 240 Nr. 24, Rn. 27; BSG, Urteil vom 22. März 2006 – B 12 KR 8/05 R –, SozR 4-2500 § 240 Nr. 6, Rn. 19, alle juris).

Die Zuordnungsregel des § 5 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz BeitrVerfGrsSz setzt auch nicht voraus, dass der freiwillig Versicherte im jeweiligen Beitragszeitraum tatsächlich (noch) Arbeitseinkommen erzielt (BSG, Urteil vom 18. Januar 2018 – B 12 KR 22/16 R –, BSGE 125, 113-120, SozR 4-2500 § 240 Nr. 34, Rn. 21, juris). Der Regelungsgeber hat eine solche Zuordnungsregelung in Kenntnis der Brüche zwischen Steuer- und Beitragserhebung treffen wollen. Die nachlaufende Zuordnung von Arbeitseinkommen beruht nicht etwa auf unterschiedlichen inhaltlichen Wertungen des Steuer- und Beitragsrechts. Sowohl das Beitrags- (§ 240 Abs. 1 Satz 2 SGB V aF) wie auch das Steuerrecht knüpfen an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Betroffenen an; Die nachlaufende Zuordnung von Arbeitseinkommen beruht darauf, dass § 5 Abs. 2 Satz 2 BeitrVerfGrsSz wegen des Arbeitseinkommens auf den jeweils vorliegenden aktuellen Einkommensteuerbescheid abstellt, dieser aber regelmäßig erst nach Abschluss des steuerlichen Veranlagungszeitraums ergeht. Dieses Vorgehen dient der Verwaltungsvereinfachung. Da ein anderweitig geregeltes System der Einkommensermittlung aus der selbstständigen Tätigkeit, das für die Krankenkassen verwaltungsmäßig ohne größeren Aufwand durchführbar wäre, nicht zur Verfügung steht, liegt es aus Gründen der Verwaltungsökonomie nahe, für die Feststellung des Arbeitseinkommens den Einkommensteuerbescheid heranzuziehen (BSG, Urteil vom 18. Januar 2018 – B 12 KR 22/16 R –, BSGE 125, 113-120, SozR 4-2500 § 240 Nr. 34, Rn. 22, juris).

Für die in der sozialen Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 3 SGB XI versicherungspflichtigen freiwilligen Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung bestimmt § 57 Abs. 4 Satz 1 SGB XI, dass für die Beitragsbemessung § 240 SGB V entsprechend Anwendung findet. Über diese Verweisungsregeln gelten auch die BeitrVerfGrsSz für die Beitragsberechnung der nach § 20 Abs. 3 SGB XI in der sozialen Pflegeversicherung Versicherten.

Gegen weitere Berechnungsfaktoren für die Höhe der festgesetzten Beiträge, bei der auch die monatliche Beitragsbemessungsgrenze zum Tragen kommt (§ 223 Abs. 3 SGB V), hat der Kläger Einwände nicht erhoben. Da auch sonst Rechtsfehler nicht erkennbar sind, legt der Senat die Berechnung der Bemessung auch insoweit als zutreffend zugrunde. II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

III.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG), da keine rechtliche Frage von grundsätzlicher Bedeutung zu klären war.
Rechtskraft
Aus
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