Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
1
1. Instanz
SG Altenburg (FST)
Aktenzeichen
S 38 SF 337/15 E
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 1 SF 243/17 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Beschluss des Sozialgerichts Altenburg vom 8. Februar 2017 (S 38 SF 337/15 E) wird wie folgt neu gefasst:
Auf die Erinnerung des Beschwerdegegners wird der Vergütungsfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 27. August 2015 aufgehoben. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Festsetzung einer weiteren Vergütung für das Klageverfahren S 38 AS 3602/09 wird als unzulässig abgelehnt. Die Erinnerung des Beschwerdefüh-rers wird zurückgewiesen.
Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Altenburg vom 8. Februar 2017 (S 38 SF 337/15 E) wird zurückgewiesen.
Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.
Gründe:
I.
Streitig ist die Höhe der Rechtsanwaltsgebühren für das beim Sozialgericht (SG) Altenburg anhängig gewesene Verfahren (S 38 AS 3602/09) der vom Beschwerdeführer vertretenen Klägerinnen zu 1. und 4. und des Klägers zu 2. und 3.
Die Kläger, vertreten durch Rechtsanwalt O., begehrten mit der am 5. Oktober 2009 beim SG erhobenen Klage unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 17. November 2008 (Ablehnung der Gewährung einer Umzugskostenbeihilfe auf Basis der eingereichten Angebote in Höhe von ca. 3.700,00 EUR nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II)) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. September 2009 die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung der eingereichten Angebote. Mit Schriftsatz vom 16. September 2010 beantragte der im März 2010 durch die Kläger beauftragte Beschwerdeführer Einsicht in die Gerichtsakte und Verwaltungsakte der Beklagten. Mit Schriftsatz vom 6. Dezember 2010 begründete er die Klage und bezifferte die Umzugskosten auf 3.041,65 EUR. Diese Kosten seien nicht unangemessen, weil die Klägerin zu 1. mit ihren minderjährigen Kindern nur geringe Möglichkeiten zur Mithilfe beim Umzug gehabt habe. Dennoch hätten ihr jetziger Ehemann und sie beim Umzug geholfen. Dies ergebe sich auch aus der Rechnung der Umzugsfirma. Mit Beschluss vom 12. Februar 2011 bewilligte das SG den Klägern Prozesskostenhilfe (PKH) ohne Ratenzahlungsbestimmung unter Beiordnung des Beschwerdeführers. Nach weiteren kurzen Schriftsätzen nahm er mit Schriftsatz vom 30. Mai 2011 zu dem Bescheid der Beklagten vom 25. Mai 2011 Stellung, mit dem der Antrag auf Übernahme der Umzugskosten erneut abgelehnt worden war. Es erfolgte weiterer Schriftverkehr zwischen den Beteiligten. Mit Gerichtsbescheid vom 20. Juli 2012 wies das SG die Klage ab. Hiergegen legte der Beschwerdeführer Berufung ein. Im Erörterungstermin am 27. Februar 2015 schlossen die Beteiligten einen Vergleich dahingehend, dass die Beklagte der Klägerin 1.500 EUR zahlt und die Kosten gegeneinander aufgehoben werden.
Mit "Kostenaufstellung Prozesskostenhilfe Rechnungs-Nr.: 114 - 12" vom 26. Juli 2012 beantragte der Beschwerdeführer die Festsetzung folgender Gebühren für das Klageverfahren:
Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG, Erhöhungsgebühr Nr. 1008 VV RVG 475,00 EUR Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 200,00 EUR Entgelte für Post- und Telekommunikation Nr. 7008 VV RVG 20,00 EUR Zwischensumme 695,00 EUR Umsatzsteuer Nr. 1008 VV RVG 132,05 EUR Gesamtbetrag 827,05 EUR Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (UdG) veranlasste am 28. August 2012 die Auszahlung des Betrages an den Beschwerdeführer. Unter dem 8. Februar 2013 reichte der Beschwerdeführer eine "korrigierte Kostenaufstellung mit der Bitte um Festsetzung und Auszahlung der weiter geltend gemachten Gebühren" ein. Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG, Erhöhungsgebühr Nr. 1008 VV RVG 699,20 EUR Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 304,00 EUR Entgelte für Post und Telekommunikation Nr. 7008 VV RVG 7008 20,00 EUR Zwischensumme 1.023,20 EUR abzüglich bereits gezahlt -695,00 EUR Summe 328,20 EUR Umsatzsteuernummer Nr. 1008 VV RVG 62,34 EUR Gesamtbetrag 390,54 EUR
Die jetzt geltend gemachten Gebühren in Höhe von 80 v.H. der Höchstgebühren seien angemessen und billig i.S.d. § 14 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG). Insbesondere aufgrund des Umfangs sowie aber auch der besonderen Schwierigkeit der Sache seien 80 v.H. der Höchstgebühren angemessen. Da sich die Terminsgebühr an der Verfahrensgebühr orientiere, sei diese unabhängig davon, ob ein Termin stattgefunden habe oder nicht, mit 80 v.H. der Höchstgebühren anzusetzen.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 27. August 2015 (richtig: Vergütungsfestsetzungsbeschluss) setzte die UdG die (noch) zu erstattende Vergütung auf 266,80 EUR (Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV RVG 699,20 EUR, Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 200,00 EUR, Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR, Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG 174,65 EUR, Zwischensumme 1.093,85 EUR, Abzüge 827,05 EUR) fest.
Hiergegen legte der Beschwerdeführer Erinnerung ein und begehrte die geltend gemachte Terminsgebühr mit 80 v.H. (der Höchstgebühr) festzusetzen und den sich ergebenden Differenzbetrag von 123,734 EUR nachzuzahlen. Der Beschwerdegegner beantragte, die Erinnerung zurückzuweisen. Der Beschwerdeführer habe mit seinem Vergütungsantrag vom 26. Juli 2012 seine Vergütung für das Verfahren erster Instanz mit 827,05 EUR - einer Schlussrechnung - gegenüber der Staatskasse beziffert. Die Gebührenbestimmung sei nicht unbillig gewesen, so dass am 29. August 2012 antragsgemäß die Auszahlung erfolgt sei. Mithin habe der Be-schwerdeführer sein Ermessen bei der Gebührenbestimmung ausgeübt. Hieran sei er gebunden. Dies gelte nur dann nicht, wenn der Anwalt sich eine Erhöhung vorbehalten habe, über Bemessungsfaktoren getäuscht worden sei oder einen gesetzlichen Gebührentatbestand übersehen habe. Dies sei hier nicht der Fall. Der Beschwerdegegner legte ebenfalls Erinnerung ein und beantragte, den Vergütungsfestsetzungsbeschluss vom 27. August 2015 aufzuheben und die Vergütung auf 827,05 EUR festzusetzen. Der Beschwerdeführer vertrat die Ansicht, durch den Vergütungsfestsetzungsbeschluss vom 27. August 2015 genieße er Vertrauensschutz und die Erinnerung des Beschwerdegegners sei zurückzuweisen. Vorsorglich erhebe er den Einwand der Entreicherung.
Mit Beschluss vom 8. Februar 2017, zugestellt am 18. Februar 2017, hat das SG die Erinnerung des Beschwerdeführers zurückgewiesen und auf die Erinnerung des Beschwerdegegners die aus der Staatskasse zu erstattenden Gebühren und Auslagen auf 827,05 EUR festgesetzt. Die Erinnerung des Beschwerdegegners sei zulässig und begründet. Eine Verjährung oder Verwirkung des Rechts sei nicht eingetreten. Dem Kostennachfestsetzungsantrag des Beschwerdeführers vom 6. Februar 2013 fehle bereits das Rechtsschutzbedürfnis, so dass die zu erstattende Vergütung auf insgesamt 827,05 EUR festzusetzen sei. Der Beschwerdeführer sei an sein in der "PKH-Vorschussrechnung" vom 26. Juli 2012 bereits ausgeübtes Ermessen hinsichtlich der Gebührenbestimmung nach § 14 RVG gebunden; er sei nicht mehr berechtigt gewesen, erneut Ermessen hinsichtlich der Gebührenbestimmung auszuüben. Insoweit werde dem Beschluss des Hessischen Landessozialgerichts vom am 28. September 2011- L 2 SF 185/10 E gefolgt. Das sogenannte Verböserungsverbot der "reformatio in peius" gelte hier nicht, weil der Beschwerdegegner ebenfalls Erinnerung eingelegt habe.
Hiergegen hat der Beschwerdeführer am 28. Februar 2017 Beschwerde erhoben. Die Erinnerung des Beschwerdegegners sei zurückzuweisen und an ihn 123,74 EUR nachzuzahlen. Eine Bindungswirkung an die einmal getroffene Gebührenbestimmung sei nicht eingetreten. Er habe - wie das SG zutreffend ausführe - zunächst nur einen PKH-Vorschuss nach § 47 Abs. 1 RVG beansprucht. Ebenso führe das SG zutreffend aus, dass er mit Rechnung vom 6. Februar 2013 gegenüber der Staatskasse nach Abschluss des Verfahrens seine endgültige Vergütung nach § 55 Abs. 1 RVG abgerechnet habe. Dies sei auch von der UdG so verstanden worden, wenn sie in der Begründung ihrer Entscheidung auf die Absetzung des bereits gezahlten Vorschusses in Höhe von 827,05 EUR verweise. Die Erinnerung des Beschwerdegegners sei unzulässig gewesen. Der Beschwerdegegner hat ausgeführt, der Rechnung vom 26. Juli 2012 lasse sich nicht entnehmen, dass lediglich ein Vorschuss nach § 47 RVG zur Zahlung beantragt werde. Einer förmlichen Vergütungsfestsetzung habe es nicht bedurft, weil dem Antrag des Beschwerdeführers ohne Änderung entsprochen worden sei. In seiner Nachberechnung von 6. Februar 2013 habe der Beschwerdeführer selbst angegeben, dass er seine bisherige Kostenaufstellung korrigiere. Schließlich sei die Vergütung nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache mit Gerichtsbescheid vom 20. Juli 2012 auch nach § 8 RVG fällig gewesen. Für die Festsetzung eines Vorschusses sei danach kein Raum mehr gewesen.
Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Beschluss vom 22. Februar 2017) und die Akten dem Thüringer Landessozialgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Zuständig für die Entscheidung ist nach dem aktuellen Geschäftsverteilungsplan des Thüringer Landessozialgerichts i.V.m. dem Geschäftsverteilungsplan des 1. Senats die Berichterstatterin des Senats.
Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen die Festsetzung der Rechtsanwaltsvergütung ist nach §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 Satz 1 RVG statthaft und zulässig. Der Beschwerdewert von 200,00 EUR wird erreicht, weil er insgesamt eine weitere Vergütung in Höhe von 390,54 EUR begehrt.
Die Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
Der Beschwerdeführer hat die Vergütung für das Klageverfahren S 38 AS 3602/09 gemäß seiner Rechnung vom 26. Juli 2012 in Höhe von 827,05 EUR aufgrund der Zahlungsanweisung der UdG vom 29. August 2012 nach eigenen Angaben im September 2012 erhalten. Der An-trag auf die Festsetzung einer höheren Vergütung vom 6. Februar 2015 war bereits unzuläs-sig. Insoweit war der Vergütungsfestsetzungsbeschluss der UdG vom 27. August 2015 auf die Erinnerung des Beschwerdegegners aufzuheben. Die Erinnerung des Beschwerdegegners vom 24. August 2016 gegen den Vergütungsfestsetzungsbeschluss der UdG vom 27. August 2015 war zulässig. Nach § 56 RVG entscheidet über Erinnerungen des Rechtsanwalts und der Staatskasse gegen die Festsetzung nach § 55 RVG das Gericht des Rechtszuges, bei dem die Festsetzung erfolgt ist, durch Beschluss. Danach können sowohl der Rechtsanwalt, als auch die Staatskasse Erinnerung gegen einen Vergütungsfestsetzungsbeschluss der UdG einlegen. Die Erinnerung ist nach § 56 RVG nicht fristgebunden. Anhaltspunkte für eine Verwirkung des Erinnerungsrechts der Staatskasse sind hier nicht ersichtlich (vgl. Senatsbeschluss vom 26. September 2018 - L 1 SF 803/16 B, Rn. 17 ff., m.w.N., nach juris).
Grundlage für die Vergütungsfestsetzung des Rechtsanwaltes ist § 55 RVG. Nach § 55 Abs. 1 Satz 1 RVG werden die aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung und der Vorschuss hierauf auf Antrag des Rechtsanwalts von den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts des ersten Rechtszuges festgesetzt.
Der Beschwerdeführer hat mit der Kostenrechnung vom 26. Juli 2012 die Festsetzung der Vergütung, nicht die Festsetzung eines Vorschusses auf die Vergütung, beantragt. Die Rech-nung enthält keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass es sich nur um einen Vorschuss nach § 47 RVG handeln sollte. Insoweit ist nicht nachvollziehbar, dass die Vorinstanz die ausgezahlte Vergütung als "PKH-Vorschuss" bezeichnet. Zu Recht weist der Beschwerdegegner darauf hin, dass nach Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens durch Gerichtsbescheid vom 20. Juni 2012, die Vergütung des Beschwerdeführers nach § 8 RVG fällig war, so dass auch unabhängig von dem fehlenden Antrag, keine Veranlassung bestanden hätte, einen Vorschuss für das erstinstanzliche Verfahren festzusetzen. Dies ist tatsächlich auch nicht erfolgt.
Mit seiner Kostenrechnung vom 26. Juli 2012 hat der Rechtsanwalt nach § 14 Abs. 1 RVG die Gebühr bestimmt. An dieses einmal ausgeübte Ermessen bei der Bestimmung der angefallenen Gebühren innerhalb des Gebührenrahmens ist der Rechtsanwalt gebunden. Denn die Ausübung des Ermessens ist Bestimmung der Leistung durch eine Vertragspartei - hier des Rechtsanwaltes - und erfolgt nach § 315 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil. Die Bestimmung ist rechtsgestaltender Natur, ihre Abgabe somit Ausübung des Gestaltungsrechts. Da das Gestaltungsrecht durch seine Ausübung verbraucht ist, kann die Bestimmung, sobald die Erklärung wirksam geworden ist (§ 130 Abs. 1 BGB) nicht mehr geändert oder widerrufen werden; es ist also auch für den Rechtsanwalt als Bestimmenden bindend, es sei denn, er hat sich eine Erhöhung ausdrücklich und erkennbar vorbehalten oder er ist über Bemessungsfaktoren getäuscht worden oder er hat einen gesetzlichen Gebührentatbestand übersehen (vgl. Meyer in Gerold/Schmidt, RVG, 23. Aufl. 2017, § 14, Rn. 4). Diese Grundsätze gelten auch, wenn der Rechtsanwalt seine Vergütung gegenüber der Staatskasse geltend macht. Die einmal geltend gemachte Vergütung ist verbindlich, es sei denn die getroffene Bestimmung ist unbillig (vgl. Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 30. Mai 2013 - L 6 SF 293/13 B, Rn. 20, Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 30. April 2013 - L 15 SF 160/12 B, L 15 SF 161/12 B, Rn. 15, beide nach juris; Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, a.a.O., § 55, Rn. 31). Die beim SG mit Kostenrechnung vom 26. Juli 2012 geltend gemachten Gebühren waren nicht unbillig und die UdG veranlasste die Auszahlung der Gebühren. Einer Bekanntgabe des Beschlusses der UdG bedurfte es nicht, weil dem Vergütungsantrag des Beschwerdeführers ohne Änderung entsprochen wurde (vgl. Müller-Rabe in Gerold/Schmidt RVG, a.a.O., § 55, Rn. 53, 54).
Der Beschwerdeführer hat die überzahlte Vergütung in Höhe von 266,80 EUR zu erstatten. Auf Entreicherung kann er sich nicht berufen, weil auf den öffentlich-rechtlichen Rückzahlungsanspruch der Staatskasse § 818 Abs. 3 BGB nicht anwendbar ist (vgl. Burhoff in Gerold/Schmidt, RVG, a.a.O., § 58 Rn. 79).
Die Beschwerde ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Satz 2 und 3 RVG). Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt (§§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).
Auf die Erinnerung des Beschwerdegegners wird der Vergütungsfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 27. August 2015 aufgehoben. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Festsetzung einer weiteren Vergütung für das Klageverfahren S 38 AS 3602/09 wird als unzulässig abgelehnt. Die Erinnerung des Beschwerdefüh-rers wird zurückgewiesen.
Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Altenburg vom 8. Februar 2017 (S 38 SF 337/15 E) wird zurückgewiesen.
Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.
Gründe:
I.
Streitig ist die Höhe der Rechtsanwaltsgebühren für das beim Sozialgericht (SG) Altenburg anhängig gewesene Verfahren (S 38 AS 3602/09) der vom Beschwerdeführer vertretenen Klägerinnen zu 1. und 4. und des Klägers zu 2. und 3.
Die Kläger, vertreten durch Rechtsanwalt O., begehrten mit der am 5. Oktober 2009 beim SG erhobenen Klage unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 17. November 2008 (Ablehnung der Gewährung einer Umzugskostenbeihilfe auf Basis der eingereichten Angebote in Höhe von ca. 3.700,00 EUR nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II)) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. September 2009 die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung der eingereichten Angebote. Mit Schriftsatz vom 16. September 2010 beantragte der im März 2010 durch die Kläger beauftragte Beschwerdeführer Einsicht in die Gerichtsakte und Verwaltungsakte der Beklagten. Mit Schriftsatz vom 6. Dezember 2010 begründete er die Klage und bezifferte die Umzugskosten auf 3.041,65 EUR. Diese Kosten seien nicht unangemessen, weil die Klägerin zu 1. mit ihren minderjährigen Kindern nur geringe Möglichkeiten zur Mithilfe beim Umzug gehabt habe. Dennoch hätten ihr jetziger Ehemann und sie beim Umzug geholfen. Dies ergebe sich auch aus der Rechnung der Umzugsfirma. Mit Beschluss vom 12. Februar 2011 bewilligte das SG den Klägern Prozesskostenhilfe (PKH) ohne Ratenzahlungsbestimmung unter Beiordnung des Beschwerdeführers. Nach weiteren kurzen Schriftsätzen nahm er mit Schriftsatz vom 30. Mai 2011 zu dem Bescheid der Beklagten vom 25. Mai 2011 Stellung, mit dem der Antrag auf Übernahme der Umzugskosten erneut abgelehnt worden war. Es erfolgte weiterer Schriftverkehr zwischen den Beteiligten. Mit Gerichtsbescheid vom 20. Juli 2012 wies das SG die Klage ab. Hiergegen legte der Beschwerdeführer Berufung ein. Im Erörterungstermin am 27. Februar 2015 schlossen die Beteiligten einen Vergleich dahingehend, dass die Beklagte der Klägerin 1.500 EUR zahlt und die Kosten gegeneinander aufgehoben werden.
Mit "Kostenaufstellung Prozesskostenhilfe Rechnungs-Nr.: 114 - 12" vom 26. Juli 2012 beantragte der Beschwerdeführer die Festsetzung folgender Gebühren für das Klageverfahren:
Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG, Erhöhungsgebühr Nr. 1008 VV RVG 475,00 EUR Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 200,00 EUR Entgelte für Post- und Telekommunikation Nr. 7008 VV RVG 20,00 EUR Zwischensumme 695,00 EUR Umsatzsteuer Nr. 1008 VV RVG 132,05 EUR Gesamtbetrag 827,05 EUR Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (UdG) veranlasste am 28. August 2012 die Auszahlung des Betrages an den Beschwerdeführer. Unter dem 8. Februar 2013 reichte der Beschwerdeführer eine "korrigierte Kostenaufstellung mit der Bitte um Festsetzung und Auszahlung der weiter geltend gemachten Gebühren" ein. Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG, Erhöhungsgebühr Nr. 1008 VV RVG 699,20 EUR Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 304,00 EUR Entgelte für Post und Telekommunikation Nr. 7008 VV RVG 7008 20,00 EUR Zwischensumme 1.023,20 EUR abzüglich bereits gezahlt -695,00 EUR Summe 328,20 EUR Umsatzsteuernummer Nr. 1008 VV RVG 62,34 EUR Gesamtbetrag 390,54 EUR
Die jetzt geltend gemachten Gebühren in Höhe von 80 v.H. der Höchstgebühren seien angemessen und billig i.S.d. § 14 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG). Insbesondere aufgrund des Umfangs sowie aber auch der besonderen Schwierigkeit der Sache seien 80 v.H. der Höchstgebühren angemessen. Da sich die Terminsgebühr an der Verfahrensgebühr orientiere, sei diese unabhängig davon, ob ein Termin stattgefunden habe oder nicht, mit 80 v.H. der Höchstgebühren anzusetzen.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 27. August 2015 (richtig: Vergütungsfestsetzungsbeschluss) setzte die UdG die (noch) zu erstattende Vergütung auf 266,80 EUR (Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV RVG 699,20 EUR, Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 200,00 EUR, Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR, Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG 174,65 EUR, Zwischensumme 1.093,85 EUR, Abzüge 827,05 EUR) fest.
Hiergegen legte der Beschwerdeführer Erinnerung ein und begehrte die geltend gemachte Terminsgebühr mit 80 v.H. (der Höchstgebühr) festzusetzen und den sich ergebenden Differenzbetrag von 123,734 EUR nachzuzahlen. Der Beschwerdegegner beantragte, die Erinnerung zurückzuweisen. Der Beschwerdeführer habe mit seinem Vergütungsantrag vom 26. Juli 2012 seine Vergütung für das Verfahren erster Instanz mit 827,05 EUR - einer Schlussrechnung - gegenüber der Staatskasse beziffert. Die Gebührenbestimmung sei nicht unbillig gewesen, so dass am 29. August 2012 antragsgemäß die Auszahlung erfolgt sei. Mithin habe der Be-schwerdeführer sein Ermessen bei der Gebührenbestimmung ausgeübt. Hieran sei er gebunden. Dies gelte nur dann nicht, wenn der Anwalt sich eine Erhöhung vorbehalten habe, über Bemessungsfaktoren getäuscht worden sei oder einen gesetzlichen Gebührentatbestand übersehen habe. Dies sei hier nicht der Fall. Der Beschwerdegegner legte ebenfalls Erinnerung ein und beantragte, den Vergütungsfestsetzungsbeschluss vom 27. August 2015 aufzuheben und die Vergütung auf 827,05 EUR festzusetzen. Der Beschwerdeführer vertrat die Ansicht, durch den Vergütungsfestsetzungsbeschluss vom 27. August 2015 genieße er Vertrauensschutz und die Erinnerung des Beschwerdegegners sei zurückzuweisen. Vorsorglich erhebe er den Einwand der Entreicherung.
Mit Beschluss vom 8. Februar 2017, zugestellt am 18. Februar 2017, hat das SG die Erinnerung des Beschwerdeführers zurückgewiesen und auf die Erinnerung des Beschwerdegegners die aus der Staatskasse zu erstattenden Gebühren und Auslagen auf 827,05 EUR festgesetzt. Die Erinnerung des Beschwerdegegners sei zulässig und begründet. Eine Verjährung oder Verwirkung des Rechts sei nicht eingetreten. Dem Kostennachfestsetzungsantrag des Beschwerdeführers vom 6. Februar 2013 fehle bereits das Rechtsschutzbedürfnis, so dass die zu erstattende Vergütung auf insgesamt 827,05 EUR festzusetzen sei. Der Beschwerdeführer sei an sein in der "PKH-Vorschussrechnung" vom 26. Juli 2012 bereits ausgeübtes Ermessen hinsichtlich der Gebührenbestimmung nach § 14 RVG gebunden; er sei nicht mehr berechtigt gewesen, erneut Ermessen hinsichtlich der Gebührenbestimmung auszuüben. Insoweit werde dem Beschluss des Hessischen Landessozialgerichts vom am 28. September 2011- L 2 SF 185/10 E gefolgt. Das sogenannte Verböserungsverbot der "reformatio in peius" gelte hier nicht, weil der Beschwerdegegner ebenfalls Erinnerung eingelegt habe.
Hiergegen hat der Beschwerdeführer am 28. Februar 2017 Beschwerde erhoben. Die Erinnerung des Beschwerdegegners sei zurückzuweisen und an ihn 123,74 EUR nachzuzahlen. Eine Bindungswirkung an die einmal getroffene Gebührenbestimmung sei nicht eingetreten. Er habe - wie das SG zutreffend ausführe - zunächst nur einen PKH-Vorschuss nach § 47 Abs. 1 RVG beansprucht. Ebenso führe das SG zutreffend aus, dass er mit Rechnung vom 6. Februar 2013 gegenüber der Staatskasse nach Abschluss des Verfahrens seine endgültige Vergütung nach § 55 Abs. 1 RVG abgerechnet habe. Dies sei auch von der UdG so verstanden worden, wenn sie in der Begründung ihrer Entscheidung auf die Absetzung des bereits gezahlten Vorschusses in Höhe von 827,05 EUR verweise. Die Erinnerung des Beschwerdegegners sei unzulässig gewesen. Der Beschwerdegegner hat ausgeführt, der Rechnung vom 26. Juli 2012 lasse sich nicht entnehmen, dass lediglich ein Vorschuss nach § 47 RVG zur Zahlung beantragt werde. Einer förmlichen Vergütungsfestsetzung habe es nicht bedurft, weil dem Antrag des Beschwerdeführers ohne Änderung entsprochen worden sei. In seiner Nachberechnung von 6. Februar 2013 habe der Beschwerdeführer selbst angegeben, dass er seine bisherige Kostenaufstellung korrigiere. Schließlich sei die Vergütung nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache mit Gerichtsbescheid vom 20. Juli 2012 auch nach § 8 RVG fällig gewesen. Für die Festsetzung eines Vorschusses sei danach kein Raum mehr gewesen.
Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Beschluss vom 22. Februar 2017) und die Akten dem Thüringer Landessozialgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Zuständig für die Entscheidung ist nach dem aktuellen Geschäftsverteilungsplan des Thüringer Landessozialgerichts i.V.m. dem Geschäftsverteilungsplan des 1. Senats die Berichterstatterin des Senats.
Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen die Festsetzung der Rechtsanwaltsvergütung ist nach §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 Satz 1 RVG statthaft und zulässig. Der Beschwerdewert von 200,00 EUR wird erreicht, weil er insgesamt eine weitere Vergütung in Höhe von 390,54 EUR begehrt.
Die Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
Der Beschwerdeführer hat die Vergütung für das Klageverfahren S 38 AS 3602/09 gemäß seiner Rechnung vom 26. Juli 2012 in Höhe von 827,05 EUR aufgrund der Zahlungsanweisung der UdG vom 29. August 2012 nach eigenen Angaben im September 2012 erhalten. Der An-trag auf die Festsetzung einer höheren Vergütung vom 6. Februar 2015 war bereits unzuläs-sig. Insoweit war der Vergütungsfestsetzungsbeschluss der UdG vom 27. August 2015 auf die Erinnerung des Beschwerdegegners aufzuheben. Die Erinnerung des Beschwerdegegners vom 24. August 2016 gegen den Vergütungsfestsetzungsbeschluss der UdG vom 27. August 2015 war zulässig. Nach § 56 RVG entscheidet über Erinnerungen des Rechtsanwalts und der Staatskasse gegen die Festsetzung nach § 55 RVG das Gericht des Rechtszuges, bei dem die Festsetzung erfolgt ist, durch Beschluss. Danach können sowohl der Rechtsanwalt, als auch die Staatskasse Erinnerung gegen einen Vergütungsfestsetzungsbeschluss der UdG einlegen. Die Erinnerung ist nach § 56 RVG nicht fristgebunden. Anhaltspunkte für eine Verwirkung des Erinnerungsrechts der Staatskasse sind hier nicht ersichtlich (vgl. Senatsbeschluss vom 26. September 2018 - L 1 SF 803/16 B, Rn. 17 ff., m.w.N., nach juris).
Grundlage für die Vergütungsfestsetzung des Rechtsanwaltes ist § 55 RVG. Nach § 55 Abs. 1 Satz 1 RVG werden die aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung und der Vorschuss hierauf auf Antrag des Rechtsanwalts von den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts des ersten Rechtszuges festgesetzt.
Der Beschwerdeführer hat mit der Kostenrechnung vom 26. Juli 2012 die Festsetzung der Vergütung, nicht die Festsetzung eines Vorschusses auf die Vergütung, beantragt. Die Rech-nung enthält keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass es sich nur um einen Vorschuss nach § 47 RVG handeln sollte. Insoweit ist nicht nachvollziehbar, dass die Vorinstanz die ausgezahlte Vergütung als "PKH-Vorschuss" bezeichnet. Zu Recht weist der Beschwerdegegner darauf hin, dass nach Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens durch Gerichtsbescheid vom 20. Juni 2012, die Vergütung des Beschwerdeführers nach § 8 RVG fällig war, so dass auch unabhängig von dem fehlenden Antrag, keine Veranlassung bestanden hätte, einen Vorschuss für das erstinstanzliche Verfahren festzusetzen. Dies ist tatsächlich auch nicht erfolgt.
Mit seiner Kostenrechnung vom 26. Juli 2012 hat der Rechtsanwalt nach § 14 Abs. 1 RVG die Gebühr bestimmt. An dieses einmal ausgeübte Ermessen bei der Bestimmung der angefallenen Gebühren innerhalb des Gebührenrahmens ist der Rechtsanwalt gebunden. Denn die Ausübung des Ermessens ist Bestimmung der Leistung durch eine Vertragspartei - hier des Rechtsanwaltes - und erfolgt nach § 315 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil. Die Bestimmung ist rechtsgestaltender Natur, ihre Abgabe somit Ausübung des Gestaltungsrechts. Da das Gestaltungsrecht durch seine Ausübung verbraucht ist, kann die Bestimmung, sobald die Erklärung wirksam geworden ist (§ 130 Abs. 1 BGB) nicht mehr geändert oder widerrufen werden; es ist also auch für den Rechtsanwalt als Bestimmenden bindend, es sei denn, er hat sich eine Erhöhung ausdrücklich und erkennbar vorbehalten oder er ist über Bemessungsfaktoren getäuscht worden oder er hat einen gesetzlichen Gebührentatbestand übersehen (vgl. Meyer in Gerold/Schmidt, RVG, 23. Aufl. 2017, § 14, Rn. 4). Diese Grundsätze gelten auch, wenn der Rechtsanwalt seine Vergütung gegenüber der Staatskasse geltend macht. Die einmal geltend gemachte Vergütung ist verbindlich, es sei denn die getroffene Bestimmung ist unbillig (vgl. Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 30. Mai 2013 - L 6 SF 293/13 B, Rn. 20, Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 30. April 2013 - L 15 SF 160/12 B, L 15 SF 161/12 B, Rn. 15, beide nach juris; Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, a.a.O., § 55, Rn. 31). Die beim SG mit Kostenrechnung vom 26. Juli 2012 geltend gemachten Gebühren waren nicht unbillig und die UdG veranlasste die Auszahlung der Gebühren. Einer Bekanntgabe des Beschlusses der UdG bedurfte es nicht, weil dem Vergütungsantrag des Beschwerdeführers ohne Änderung entsprochen wurde (vgl. Müller-Rabe in Gerold/Schmidt RVG, a.a.O., § 55, Rn. 53, 54).
Der Beschwerdeführer hat die überzahlte Vergütung in Höhe von 266,80 EUR zu erstatten. Auf Entreicherung kann er sich nicht berufen, weil auf den öffentlich-rechtlichen Rückzahlungsanspruch der Staatskasse § 818 Abs. 3 BGB nicht anwendbar ist (vgl. Burhoff in Gerold/Schmidt, RVG, a.a.O., § 58 Rn. 79).
Die Beschwerde ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Satz 2 und 3 RVG). Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt (§§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).
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