L 5 AL 121/00

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 7 AL 775/99
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 5 AL 121/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 25. September 2000 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten, ob der Anspruch des Klägers auf Arbeitslosehilfe vom 5. Januar 1999 bis zum 15. Februar 1999 wegen des Eintritts einer Sperrzeit geruht hat.

Der am XX.XXXXXX 1944 geborene Kläger bezog seit der Ausschöpfung seines Anspruchs auf Arbeitslosengeld im Jahre 1985 im Anschluss an Beschäftigungen als Lagerarbeiter/ Lagermeister bis Ende 1998 mit wenigen Unterbrechungen Arbeitslosenhilfe. Die von ihm wiederholt angekündigte Aufnahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit - Ankündigungen erfolgten im Juli 1993 für Herbst 1993, April 1994 für Sommer 1994, Oktober 1994 für Januar 1995, Juli 1996 für Dezember 1996, Januar 1997 für den 1. April 1997 - kam nicht zu Stande. Versuche der Beklagten, den Kläger in Arbeit zu vermitteln oder ihn zur Teilnahme an einer Bildungsmaßnahme zu veranlassen, hatten keinen Erfolg. Im Herbst 1994 und im Sommer 1996 lehnte der Kläger eine solche Teilnahme jeweils unter Hinweis auf die geplante Selbständigkeit ab. Ihren im Zusammenhang damit am 9. September 1996 erteilten Bescheid über den Eintritt einer Sperrzeit von 12 Wochen vom 2. August 1996 bis zum 24. Oktober 1996 nahm die Beklagte auf den Widerspruch des Klägers zurück. Der Kläger nahm seine Klage gegen die Feststellung des Eintritts einer Sperrzeit von 12 Wochen vom 7. Januar 1997 bis zum 30. März 1997 (Bescheid vom 4. Februar 1997) nach einer geringfügigen Reduzierung des Erstattungsbetrags im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht Hamburg (SG) am 27. November 1999 zurück. Dem Bescheid vorausgegangen war die Weigerung des Klägers, an einer von der Beklagten angebotenen Bildungsmaßnahme teilzunehmen, die am 6. Januar 1997 beginnen und sechs Monate umfassen sollte. Seine Weigerung hatte er im wesentlichen damit begründet, dass die Beklagte ihn in Kenntnis seiner Absicht, in absehbarer Zeit eine selbständige Erwerbstätigkeit aufzunehmen, genötigt habe, sich schriftlich zu verpflichten, innerhalb von vier Jahren nach dem Ende der Maßnahme mindestens drei Jahre lang eine beitragspflichtige Beschäftigung im der Bundesrepublik Deutschland auszuüben.

Vom 30. April 1997 bis zum 27. Juni 1997 nahm er an einer von der Beklagten geförderten Trainingsmaßnahmen bei der Stiftung Berufliche Bildung (SBB) teil. Nachdem er im Anschluss daran wiederholt auch nach Aufforderungen der Beklagten eigene Bemühungen um Arbeit nicht hatte nachweisen können und im Oktober 1998 von der Beklagten unterbreitete Vermittlungsvorschläge erfolglos geblieben waren – er hatte sich unter Vorlage des Gutachtens des ärztlichen Dienstes der Beklagten vom Sommer 1995 beworben, das zum Ergebnis gekommen war, er sei wegen des sehr erhöhten Blutdrucks für sechs Monate nicht arbeitsfähig - , bot die Beklagte ihm am 17. Dezember 1998 - wie in den Vermittlungsunterlagen vermerkt ist: zur Erarbeitung einer beruflichen Perspektive sowie zur Integration auf dem Arbeitsmarkt - eine Trainingsmaßnahme zur beruflichen Orientierung bei der SBB an, die am 4. Januar 1999 beginnen und am 26. Februar 1999 enden und durch Fortzahlung der Arbeitslosenhilfe sowie die Übernahme der Lehrgangs- und sonstiger Maßnahmekosten gefördert werden sollte. Der Kläger lehnte die Teilnahme an dieser Eingliederungsmaßnahme am 4. Januar 1999 mit der Begründung ab, er habe an ihr schon einmal teilgenommen. Es erscheine ihm unsinnig, wieder genau den gleichen Kurs zu machen. Daraufhin hob die Beklagte mit Bescheid vom 11. Januar 1999 die Bewilligung der Arbeitslosenhilfe ab 4. Januar 1999 mit der Begründung auf, der Kläger stehe nicht zur Verfügung und habe keinen Leistungsanspruch, da er nicht bereit sei, alles zu tun, um seine Arbeitslosigkeit zu beenden. Die Auszahlung der Alhi hatte die Beklagte bereits mit Ablauf des 31. Dezember 1998 wegen der ab dem 1. Januar 1999 vorzunehmenden Anpassung der Leistungen an die Leistungsverordnung 1999 unterbrochen. Mit einem weiteren Bescheid vom selben Tage stellte die Beklagte fest, der Anspruch des Klägers auf Arbeitslosenhilfe ruhe vom 5. Januar 1999 bis zum 15. Februar 1999. Während dieser Zeit sei eine Sperrzeit eingetreten weil er die Teilnahme an der vorgeschlagenen beruflichen Eingliederungsmaßnahme trotz Belehrung über die Rechtsfolgen ohne wichtigen Grund abgelehnt habe. Er werde die Leistungen erst wieder nach dem Ablauf der Sperrzeit erhalten. Nachdem sie dem Kläger auf der Grundlage des Änderungsbescheides vom 15. Januar 1999 Arbeitslosenhilfe vom 1. Januar bis zum 3. Januar 1999 gezahlt hatte, bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 3. Februar 1999 Arbeitslosenhilfe ab dem 16. Februar 1999. Mit Ablauf des 30. April 1999 stellte sie die Zahlungen wieder ein. Gegen die Feststellung des Ruhens wegen des Eintritts einer Sperrzeit von 6 Wochen ab dem 5. Januar 1999 erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, er habe im Mai/Juni 1997 bei der SBB einen Kurs mitgemacht, der seine Vermittelbarkeit habe verbessern sollen, dies aber in keiner Weise bewirkt habe. Er halte es für absurd, diesen Kurs noch einmal zu machen. Dieser Auffassung seien auch die Lehrer der SBB gewesen, als er dort am 4. Januar zum Einführungsvortrag erschienen sei und gesagt habe, dass er dasselbe schon einmal mitgemacht habe.

Mit Widerspruchsbescheid vom 26. April 1999 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Kläger habe die Teilnahme an der angebotenen Trainingsmaßnahmen ohne wichtigen Grund abgelehnt. Die Teilnahme sei zumutbar gewesen. Dort habe die Arbeitssuche und die Vermittlung des Arbeitslosen unterstützt werden sollen, insbesondere durch Bewerbungstraining und Beratung über die Möglichkeiten der Arbeitsplatzsuche. Darüber hinaus habe die Arbeitsbereitschaft und Arbeitsfähigkeit des Klägers geprüft werden sollen. Da diesbezüglich in einem vorangegangenen Sozialgerichtsverfahren Zweifel entstanden seien, sei die Teilnahme an der Maßnahme von der Beklagten angeordnet worden. Die Beklagte bezog sich dabei auf den Bericht ihres Vertreters im o. g. Termin vor dem SG, dem zufolge die Kammer nach Zwischenberatung erklärt habe, sie glaube nicht an die Verfügbarkeit des Klägers

Im anschließenden Klageverfahren vor dem SG hat der Kläger seine Ausführungen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und vertieft und ausgeführt, die von der Beklagten als Begründung für die Wiederholung des gleichen Kurses angegebene Notwendigkeit, dem SG Bemühungen um seine Vermittlung in Arbeit nachzuweisen, sei nicht einleuchtend. Der Vermittler selbst sei der Meinung gewesen, dass der Kurs seine Vermittelbarkeit nicht verbessern werde und habe als Zusatzbegründung angegeben: " ... damit sie beschäftigt sind."

Das SG hat nach Anhörung der Beteiligten die Klage durch den Gerichtsbescheid vom 25. September 2000 abgewiesen und zur Begründung auf die Gründe des Widerspruchsbescheides Bezug genommen.

Gegen diesen Gerichtsbescheid, der ihm am 30. Oktober 2000 zugestellt worden ist, hat der Kläger am 30. November 2000 Berufung eingelegt. Er hat in Ergänzung seiner Ausführungen im Verfahren vor dem SG vorgetragen, seinem Arbeitsberater sei bei dem Angebot der Trainingsmaßnahme gar nicht bewusst gewesen, dass er – der Kläger - diesen Kurs schon einmal gemacht habe. Es sei unsinnig, seine Arbeitsbereitschaft und Arbeitsfähigkeit noch einmal genau auf die gleiche Weise zu prüfen, die schon einmal ein in dieser Hinsicht positives Ergebnis erbracht habe.

Der Kläger beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 25. September 2000 sowie den Bescheid der Beklagten vom 11. Januar 1999 i. d. F. des Widerspruchsbescheides zum 26. April 1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Arbeitslosenhilfe auch für die Zeit vom 5. Januar 1999 bis zum 15. Februar 1999 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Der Umstand, dass der Kläger bereits im Jahre 1997 an einer Trainingsmaßnahmen zur beruflichen Orientierung teilgenommen habe, habe dem Kläger keinen wichtigen Grund für die Verweigerung der Teilnahme bzw. den Abbruch der Maßnahme im Jahre 1999 gegeben. Da er mit kurzen Unterbrechungen seit 1986 arbeitslos sei, habe durchaus Anlass bestanden, erneut Arbeitsfähigkeit und Arbeitsbereitschaft des Klägers zu prüfen, habe doch seine Teilnahme an einer Trainingsmaßnahme im Jahr 1997 keinen Erfolg gehabt.

Zu weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der in der Sitzungsniederschrift aufgeführten Akten Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist statthaft (§ 143 Sozialgerichtsgesetz – SGG -), form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 151 Abs. 1 SGG) und auch sonst zulässig. Sie ist jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig. Der Anspruch des Klägers auf Arbeitslosenhilfe hat ab dem 5. Januar 1999 für sechs Wochen bis einschließlich 15. Februar 1999 geruht, da der Kläger die Teilnahme an einer Trainingsmaßnahme ohne wichtigen Grund abgebrochen und damit gem. § 144 Abs. 1 Nr. 4. Sozialgesetzbuch - Drittes Buch - Arbeitsförderung (SGB III) Anlass für den Eintritt einer Sperrzeit gegeben hat. Der Kläger hatte für den Abbruch der am 4. April 1999 begonnenen Trainingsmaßnahme bei der SBB, die bis zum 26. Februar 1999 dauern sollte, objektiv keinen wichtigen Grund, denn die (weitere) Teilnahme an dieser Bildungsmaßnahme war ihm ohne Rücksicht darauf, dass er eine solche Maßnahme im Jahre 1997 schon einmal durchlaufen hatte, durchaus zuzumuten. Angesichts seiner langen Arbeitslosigkeit, fehlender Nachweise für eigene, von der Beklagten mehrfach geforderte Initiativbemühungen um Arbeit, sowie des Inhalts seiner Bewerbungen im Herbst 1998 - mit einem veralteten, überholten ärztlichen Gutachten aus dem Jahre 1995 statt mit dem aktuelleren Gutachten aus dem Jahre 1996, das im Unterschied zu jenem nur unwesentliche Einschränkungen seiner Leistungsfähigkeit dokumentierte -, bestand durchaus Anlass, an seiner Arbeitsbereitschaft und seinem Willen, alle Mittel zur Beendigung seiner Arbeitslosigkeit zu nutzen (§ 119 Abs. 1 Nr. 1 SGB III) zu zweifeln und seine Arbeitsfähigkeit und Arbeitsbereitschaft zu überprüfen. Dies ist regelmäßig Inhalt bzw. gem. § 49 Abs. 1 Nr. 2 SGB III Voraussetzung für die Förderung einer Trainingsmaßnahme. Die Behauptung des Klägers, es habe einer solchen Trainingsmaßnahme nicht bedurft, weil die im ersten Halbjahr 1997 absolvierte erfolgreich gewesen sei, trifft – wie das beschriebene Verhalten des Klägers zeigt, gerade nicht zu. Es kann dahinstehen, ob man dem Kläger zugesteht, er habe sich in einem vermeidbaren aber durchaus nachvollziehbaren, verständlichen Irrtum über das Vorliegen eines wichtigen Grundes befunden. Ein solcher Irrtum ließe den Eintritt einer Sperrzeit unberührt, da ein wichtiger, das Verhalten rechtfertigender und damit eine Sanktion ausschließender Grund objektiv vorliegen muss (Niesel, Kommentar zum SGB III, § 144 Rdnr. 78 m. w. N.). Ein verständlicher, aber vermeidbarer Irrtum kann allenfalls – unter Umständen – die Annahme, der Eintritt einer die Regeldauer umfassenden Sperrzeit beinhalte eine besondere Härte, und eine Herabsetzung der Sperrzeit auf die Hälfte der Regeldauer gemäß § 144 Abs. 3 SGB III rechtfertigen. Eine solche Herabsetzung hat die Beklagte bereits vorgenommen, weil die Dauer der angebotenen Maßnahme nur geringfügig länger als sechs Wochen gedauert hätte und die für eine bis zu sechs Wochen dauernde Maßnahme von Gesetzes wegen vorgesehene Reduzierung der Sperrzeit auf drei Wochen ausgeschlossen war.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG und trägt dem Ausgang des Verfahrens Rechnung.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil hierfür eine Veranlassung im Sinne des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht bestanden hat.
Rechtskraft
Aus
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