L 3 U 67/01

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 24 U 118/00
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 3 U 67/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 07. September 2001 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 12. Januar 1993 streitig.

Die 1955 geborene Klägerin stürzte während ihrer beruflichen Tätigkeit am 12. Januar 1993 auf einer nassen Treppe und erlitt dabei laut Durchgangsarztbericht des Chirurgen Dr. E. vom 12. Januar 1993 eine Prellung der Lendenwirbelsäule sowie eine Nierenprellung links. Bei Vorstellung am 14 Januar 1998 bei dem Orthopäden Dr. R. wurde eine Thoraxprellung und eine Gesäßprellung links diagnostiziert. Als unfallunabhängige Erkrankungen wurden ein Bandscheibenvorfall L 4/5 und eine Fußoperation rechts angegeben. Der Urologe Dr. W. konnte Unfallfolgen im Bereich der Nieren nicht feststellen. Die Behandlung durch Dr. R. er-folgte bis zum 1. März 1993. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit bestand bis zum 12. März 1993. Bis zu diesem Datum wurden der Klägerin auch Verletztengeld sowie die Kosten für eine Haushaltshilfe von der Beklagten gewährt.

Im Mai 1996 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung einer Verletztenrente. Es bestünden noch gesundheitliche Folgen des Arbeitsunfalls, die nicht abgeheilt seien. Im Rahmen ihrer Ermittlungen zog die Beklagte Unterlagen der zuständigen Krankenkasse bei. Der Orthopäde Dr. P. teilte in seinem Bericht vom 2. Dezember 1996 mit, dass bei der Klä-gerin eine alte Kompressionsfraktur der Deckplatte von Th 12/L 1 vorliege. Ob diese auf den Arbeitsunfall zurückzuführen sei, erfordere einen Abgleich mit den unmittelbar nach dem Unfall gefertigten Röntgenaufnahmen. Das Gleiche schrieb Dr. P. in seinem ersten Renten-gutachten vom 12. Februar 1997. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit ( MdE ) wurde von ihm mit 10 v.H. bewertet.

Mit Bescheid vom 18. März 1998 lehnte daraufhin die Beklagte die Gewährung einer Verletz-tenrente ab. Die über den 12. März 1993 hinausgehende Arbeitsunfähigkeit und Behand-lungsbedürftigkeit seien auf vorbestehende unfallunabhängige Rückenerkrankungen und den bereits im Jahr 1992 erlittenen Bandscheibenvorfall zurückzuführen. Im nachfolgenden Widerspruchsverfahren zog die Beklagte medizinische Unterlagen der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte ( BfA ) bei. In einem darin enthaltenen Gutach-ten vom 11. Februar 1993 werden die von Dr. E. am Unfalltag gefertigten Röntgenaufnah-men dahingehend befundet, dass dort ein möglicher älterer leicht sklerosierter oberer Deck-plattenbruch beschrieben wird.

Nachdem der Chirurg Dr. S. in seinem Gutachten vom 07. Oktober 1998 zu dem Ergebnis gekommen war, es lägen keinerlei Unfallfolgen bei der Klägerin vor, wies die Beklagte den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 29. Juli 1999 zurück.

Das nachfolgende Klageverfahren ist erfolglos geblieben. Das Sozialgericht hat die Klage durch Gerichtsbescheid vom 07. September 2001 abgewiesen.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Durch den Arbeitsunfall vom 12. Januar 1993 sei bei ihr eine bleibende gesundheitliche Beeinträchtigung entstanden. Sie verweist auf ein Attest der Nervenärztin Dr. H. vom 8. Mai 2002, wonach bei ihr ein multi-funktionales Krankheitsbild besteht und nicht auszuschließen sei, dass es in Folge des Un-falls vom 12. Januar 1993 zu einer Akzentuierung der bestehenden seelischen und körperli-chen Beschwerden gekommen sei.

Die Klägerin beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 07. September 2001 sowie den Bescheid der Beklagten vom 18. März 1998 in der Fassung des Widerspruchs-bescheides vom 29. Juli 1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Kläge-rin wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 12. Januar 1993 eine Verletztenrente zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 07. September 2001 zurückzuweisen.

Das Gericht hat Befundberichte der behandelnden Ärzte beigezogen. Nachdem sich die Be-teiligten mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter als Einzelrichter einverstanden erklärt hatten, ist zum Termin am 10. August 2004 der Orthopäde Dr. N. als Sachverständi-ger geladen worden, der die Klägerin am 23. Juni 2004 untersucht und das Gutachten vom gleichen Tag eingereicht hat. Darin kommt er zu dem Ergebnis, dass die Klägerin bei dem Ereignis am 12. Januar 1993 lediglich Prellungen erlitten habe, die folgenlos ausgeheilt seien und keine MdE bedingten.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der in der Sitzungsniederschrift vom 10. August 2004 auf-geführten Akten und Unterlagen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung des Senats gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin ( §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz – SGG - ) ist unbegründet. Das Sozialge-richt hat die auf Gewährung von Verletztenrente gerichtete Klage aus zutreffenden Gründen abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig. Entgegen ihrer Auffassung hat die Klägerin keinen Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung.

Auf den Rechtsstreit sind noch die Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO) an-zuwenden, weil ein Versicherungsfall vor dem Inkrafttreten des Siebten Sozialgesetzbuches, Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) am 1. Januar 1997 geltend gemacht wird (vgl. Art. 36 Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz, § 212 SGB VII).

Nach § 581 Abs. 1 Nr. 2 RVO setzt die Gewährung einer Verletztenrente voraus, dass die Erwerbsfähigkeit des Verletzten infolge des Arbeitsunfalls um mindestens 20 v.H. gemindert ist. Entgegen der Auffassung der Klägerin bedingen die Folgen des Arbeitsunfalls vom 12. Januar 1993 nicht diesen erforderlichen Grad der MdE. Vielmehr sind erwerbsmindernde Auswirkungen des Unfalls seit dem 12. März 1993 nicht - mehr - feststellbar. Das steht zur Überzeugung des Senats nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens, insbesondere nach Auswertung der während des Verwaltungs- und des Berufungsverfahrens eingeholten medi-zinischen Gutachten fest. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsscha-den mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehen muss, ohne dass eine völli-ge Gewissheit zu fordern ist. Demgegenüber genügt für den Ursachenzusammenhang der Gesundheitsstörung mit dem Unfall eine hinreichende Wahrscheinlichkeit, d.h. es müssen mehr Gesichtspunkte dafür als dagegen sprechen. Allerdings ist die bloße Möglichkeit eines Zusammenhangs nicht ausreichend.

Zwar steht aufgrund der insoweit übereinstimmenden Beurteilung aller behandelnden Ärzte und tätig gewordenen medizinischen Sachverständigen fest, dass die Klägerin bei dem Un-fall am 12. Januar 1993 Prellungen im Bereich der Lendenwirbelsäule, der Nieren und des Gesäßes erlitten hat. Zutreffend hat allerdings bereits das Sozialgericht ausgeführt, dass Folgen dieser Prellungen über den 12. März 1993 hinaus nicht vorgelegen haben, zumal es nicht zu Verletzungen der knöchernen Strukturen gekommen ist. Soweit bei der Klägerin ein Bandscheibenvorfall L 4/5 sowie fragliche Zeichen einer Kom-pressionsfraktur der Deckplatte von Th 12/L 1 vorliegen, sind diese nicht mit der erforderli-chen Wahrscheinlichkeit ursächlich auf das Ereignis vom 12. Januar 1993 zurückzuführen. Zutreffend hat bereits das Sozialgericht darauf verwiesen, dass der Bandscheibenvorfall be-reits 1990 befundet worden war und die Veränderungen im Bereich des ersten Lendenwir-belkörpers sich schon auf den von Dr. E. am Unfalltag gefertigten Röntgenaufnahmen als älterer möglicher Deckplattenbruch darstellten. Beide Gesundheitsstörungen lagen somit eindeutig bereits vor dem Unfall am 12. Januar 1993 vor und können deshalb nicht durch diesen verursacht worden sein. Für eine unfallbedingte Verschlimmerung gibt es keinerlei Anhaltspunkte. Andere auf den Unfall zurückzuführende organische Gesundheitsstörungen sind für die Zeit ab 12. März 1993 ebenfalls nicht ersichtlich.

Soweit sich die Klägerin zur Stütze ihres Vorbringens auf das eingereichte Attest der behan-delnden Nervenärztin Dr. H. vom 08. Mai 2002 beruft, wonach bei ihr ein multifunktionales Krankheitsbild bestehe und nicht auszuschließen sei, dass es in Folge des Unfalls vom 12. Januar 1993 zu einer Akzentuierung der bestehenden körperlichen und seelischen Be-schwerden gekommen sei, verkennt sie, dass mit diesem Attest lediglich die – für die An-nahme eines Ursachenzusammenhanges nicht ausreichende – Möglichkeit einer unfallbe-dingten Verschlimmerung beschrieben wird. Im Übrigen lassen sich konkrete Anhaltspunkte eines Zusammenhanges der bei der Klägerin nach dem Befundbericht der Nervenärztin Dr. H. vom 23. Juni 2003 bestehenden allgemeinen Belastungsreduzierung auf dem Boden viel-fältiger psychosomatischer Beschwerden mit dem Unfallereignis weder diesem Attest noch den sonstigen Unterlagen entnehmen. Auch die behandelnde Nervenärztin stellt in dem Be-fundbericht einen derartigen Zusammenhang nicht her.

Nach alledem haben sich über den 12. März 1993 hinaus bestehende Folgen des Arbeitsun-falls vom 12. Januar 1993 nicht mit dem erforderlichen Grad der Wahrscheinlichkeit feststel-len lassen. Damit fehlt es an der Grundvoraussetzung für die von der Klägerin begehrte Ge-währung einer Verletztenrente.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und entspricht im Ergebnis dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache.

Der Senat hat die Revision gegen das Urteil nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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